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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 18.06.2008
Aktenzeichen: 19 B 870/08
Rechtsgebiete: APO-GOSt


Vorschriften:

APO-GOSt § 13 Abs. 6
APO-GOSt § 23 Abs. 3
APO-GOSt § 23 Abs. 3 Satz 1
APO-GOSt § 23 Abs. 3 Satz 2
APO-GOSt § 24
APO-GOSt § 37 Abs. 2
APO-GOSt § 37 Abs. 2 Halbsatz 1
APO-GOSt § 37 Abs. 2 Halbsatz 2
APO-GOSt § 37 Abs. 4
Auch bei gebundenen Verwaltungsentscheidungen ist zu prüfen, ob die vorgesehene Rechtsfolge dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht.

Bei einer vom Schüler zu vertretenden Säumnis in der mündlichen Prüfung im vierten Abiturfach ist deshalb zu prüfen, ob die in Nordrhein-Westfalen zwingend vorgeschriebene Bewertung der mündlichen Prüfung wie eine ungenügende Leistung den konkreten Verhältnissen des Einzelfalles gerecht wird.


Tatbestand:

Der Antragsteller erschien nicht zu der für ihn am 14.5.2008 um 8.05 Uhr vorgesehenen mündlichen Prüfung im vierten Abiturfach. Eine Mitschülerin konnte ihn telefonisch um 11.30 Uhr erreichen. Zu diesem Zeitpunkt hielt der Antragsteller sich in D auf, um dort Bekleidung für die mündliche Prüfung zu kaufen. Er hatte irrtümlich angenommen, dass die mündliche Prüfung am 15.5.2008 stattfinde. Um 13.30 Uhr traf der Antragsteller in der Schule ein. Der zuständige Fachprüfungsausschuss war vorbehaltlich der Entscheidung des Zentralen Abiturausschusses bereit, ihn trotz der Säumnis zu prüfen. Der Zentrale Abiturausschuss lehnte aber am 14.5.2008 eine Nachholung der mündlichen Prüfung ab und bewertete die Prüfung wie eine ungenügende Leistung mit der Begründung, der Antragsteller habe zu vertreten, dass er zu dem angesetzten Prüfungstermin nicht erschienen sei. Das VG lehnte den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Begehren auf Nachholung der mündlichen Prüfung ab. Auf die Beschwerde des Antragstellers gab das OVG dem Eilantrag statt.

Gründe:

An die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes und -anspruches sind gesteigerte Anforderungen zu stellen. Denn der Antragsteller erstrebt mit seinem Begehren auf erneute mündliche Prüfung im 4. Abiturfach Englisch eine (vorläufige) Vorwegnahme der Hauptsache.

Ein Anordnungsgrund ist in einem solchen Fall nur dann glaubhaft gemacht, wenn es dem Antragsteller schlechthin unzumutbar ist, die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten. Das ist hier der Fall. Dem Antragsteller ist es schlechthin unzumutbar, sein Prüfungswissen, das er sich für die Prüfung im 4. Abiturfach erarbeitet hat, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu erhalten. Derzeit ist nämlich nicht absehbar, wann in zeitlicher Hinsicht mit einer unanfechtbaren Entscheidung im Widerspruchs- und einem sich gegebenenfalls anschließenden Klageverfahren zu rechnen ist. Einem Prüfling ist es aber schlechthin unzumutbar, sein Prüfungswissen für einen unabsehbaren Zeitraum zu erhalten.

Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 22.1.2008 - 14 B 1888/07 -, juris, Rdn. 6 f., m. w. N.

Ein Anordnungsanspruch ist glaubhaft gemacht, weil bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Antragsteller einen Anspruch auf erneute mündliche Prüfung im 4. Abiturfach Englisch hat. Er hat aufgrund seiner Zulassung zur Abiturprüfung einen Anspruch darauf, (auch) im 4. Abiturfach ordnungsgemäß geprüft zu werden. Diesen Anspruch hat der Antragsgegner noch nicht erfüllt. Die Entscheidung des Zentralen Abiturausschusses vom 14.5.2008, die Prüfung des Antragstellers im 4. Abiturfach wie eine ungenügende Leistung zu bewerten und ihm keine Gelegenheit zur Nachholung der mündlichen Prüfung zu geben, ist rechtswidrig. Der Antragsteller hat zwar die mündliche Prüfung aus einem von ihm zu vertretenden Grund versäumt. Die Bewertung der mündlichen Prüfung wie eine ungenügende Leistung verstößt jedoch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Bei mündlichen Abiturprüfungen sind die Schülerinnen und Schüler verpflichtet, zum angegebenen Termin zur jeweiligen Prüfung anwesend zu sein (§ 37 Abs. 2 Halbsatz 1 APO-GOSt); andernfalls gilt § 23 Abs. 3 APO-GOSt (§ 37 Abs. 2 Halbsatz 2 APO-GOSt). Der Verpflichtung, zum angegebenen Termin der mündlichen Prüfung im 4. Abiturfach anwesend zu sein, ist der Antragsteller nicht nachgekommen. Er sollte am 14.5.2008 um 8.05 Uhr in der Schule erscheinen. Die Vorbereitungszeit sollte um 8.15 Uhr und die Prüfung um 8.45 Uhr beginnen. Der Antragsteller war jedoch um 8.05 Uhr nicht anwesend. Nach dem Vermerk des Fachlehrers vom 26.5.2005 über ein am 14.5.2008 um 13.30 Uhr mit dem Antragsteller geführtes Gespräch war der Antragsteller erst zu diesem Zeitpunkt in der Schule. Die mündliche Prüfung war entgegen der Annahme des Antragstellers auch nicht durch den Fachprüfungsausschuss auf den Nachmittag des 14.5.2008 neu angesetzt worden. Nach dem Vermerk des Fachlehrers war dem Antragsteller mitgeteilt worden, dass nur der Zentrale Abiturausschuss über eine Nachholung der mündlichen Prüfung entscheiden könne. Der Zentrale Abiturausschuss hat aber eine Nachholung am 14.5.2008 abgelehnt.

Nach § 37 Abs. 2 Halbsatz 2 APO-GOSt gilt aufgrund des Nichterscheinens des Antragstellers zum angegeben Termin der mündlichen Prüfung im 4. Abiturfach § 23 Abs. 3 APO-GOSt. Danach wird ein Prüfungsteil wie eine ungenügende Leistung bewertet, wenn ein Prüfling den Prüfungsteil aus einem von ihm zu vertretenden Grund versäumt; die Entscheidung trifft der Zentrale Abiturausschuss (§ 23 Abs. 3 Satz 2 APO-GOSt). In § 37 Abs. 2 Halbsatz 2 APO-GOSt wird nicht nur auf die sich aus § 23 Abs. 3 Satz 1 APO-GOSt ergebende Rechtsfolge verwiesen. Vielmehr werden auch die Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 Satz 1 APO-GOSt in § 37 Abs. 2 Halbsatz 2 APO-GOSt in Bezug genommen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Normgeber beabsichtigt, auch im Falle einer nicht zu vertretenden Säumnis, etwa einer solchen aus Krankheitsgründen, die für das Ergebnis der Abiturprüfung schwerwiegende Rechtsfolge des § 23 Abs. 3 Satz 1 APO-GOSt zwingend eingreifen zu lassen. Letzteres wäre auch verfassungsrechtlich unzulässig.

Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 Satz 1 APO-GOSt sind hier erfüllt. Der Antragsteller hat seine Säumnis zu vertreten. Aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses gehört es zu den Mitwirkungspflichten der Schülerinnen und Schüler, sich mit der gebotenen Sorgfalt über Prüfungstermine zu informieren. Dieser Pflicht ist der Antragsteller nicht hinreichend nachgekommen. Aus dem vorgelegten Prüfungsplan für den 14. und 15.5.2008 geht sein Prüfungstermin am 14.5.2008 zweifelsfrei hervor. Soweit er geltend macht, er sei beim Lesen irrtümlich eine Zeile tiefer, nämlich in die Zeile der Mitschülerin M "gerutscht", liegt darin ein Sorgfaltsverstoß, weil die Namen des Antragstellers und der Schülerin durch eine Leerzeile optisch deutlich voneinander getrennt sind. Hinzu kommt, dass dem Nachnamen des Antragstellers der Zusatz "-a" und dem der Mitschülerin der Zusatz "-b" hinzugefügt worden ist. Soweit der Antragsteller die Zusätze als irritierend bezeichnet, folgt der Senat dem nicht. Die Zusätze dienen der (weiteren) Unterscheidung. Diese Funktion ist zweifelsfrei erkennbar. Die Zusätze sind zudem geeignet, ihre Funktion zu erfüllen.

Aufgrund der zu vertretenden Säumnis ist die mündliche Prüfung des Antragstellers im 4. Abiturfach gemäß § 37 Abs. 2 i. V. m. § 23 Abs. 3 Satz 1 APO-GOSt zwingend wie eine ungenügende Leistung zu bewerten. Nach dem Wortlaut des § 23 Abs. 3 Satz 1 APO-GOSt steht dem Zentralen Abiturausschuss bei seiner Entscheidung gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 APO-GOSt ein Ermessen nicht zu. Dies ist grundsätzlich auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Denn die Anknüpfung in § 23 Abs. 3 Satz 1 APO-GOSt an eine zu vertretende Säumnis stellt bei typisierender Betrachtung für den Regelfall sicher, dass die Anwendung der Vorschriften im Einzelfall verhältnismäßig ist. Mit dem Bestehen der Abiturprüfung wird den Schülerinnen und Schülern die allgemeine Hochschulreife zuerkannt. Diese setzt auch die allgemeine Fähigkeit voraus, diejenige Sorgfalt anwenden zu können, die erforderlich ist, um sich über anstehende Prüfungstermine hinreichend verlässlich zu informieren und den gesetzten Prüfungsterminen pünktlich nachzukommen. Die Regelungen § 37 Abs. 2 i. V. m. § 23 Abs. 3 APO-GOSt dienen darüber hinaus dem Grundsatz der Chancengleichheit aller Schülerinnen und Schüler (Art. 3 Abs. 1 GG) und der Begrenzung des personellen und organisatorischen Aufwandes der Schule.

Auch bei gebundenen Verwaltungsentscheidungen ist aber zu prüfen, ob die vorgesehene Rechtsfolge den konkreten Verhältnissen des Einzelfalls gerecht wird. Dies gilt insbesondere bei Regelungen, die aufgrund ihrer typisierenden Betrachtung zwangsläufig nicht jeden im Einzelfall erheblichen Aspekt mit dem ihm gebührenden Gewicht erfassen können. In diesen Fällen würde die schematische Anwendung der Regelungen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen.

BVerfG, Beschluss vom 10.8.2007 - 2 BvR 535/06 -, juris, Rdn. 19 und 26, m. w. N.

Eine solche typisierende Regelung, die eventuell bei der Anwendung im konkreten Einzelfall nicht alle unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten maßgeblichen Aspekte erfasst, enthalten auch § 37 Abs. 2 i. V. m. § 23 Abs. 3 Satz 1 APO-GOSt. Die Regelung hat die Rechtsnatur einer Sanktion, weil die Bewertung der mündlichen Prüfung wie eine ungenügende Leistung nicht das Ergebnis einer Bewertung des Leistungsvermögens des Antragstellers, sondern ausschließlich seiner von ihm zu vertretenden Säumnis ist. Dabei differenziert die Regelung nicht nach der Art und Schwere der zu vertretenden Säumnis. Sie unterscheidet sich daher erheblich etwa von §§ 13 Abs. 6, 24 APO-GOSt, die bei Täuschungshandlungen und anderen von der Schülerin oder dem Schüler zu vertretenden Unregelmäßigkeiten je nach Art und Schwere des Verhaltens abgestufte Sanktionen vorsehen.

Bei der danach gebotenen Verhältnismäßigkeitsprüfung im konkreten Einzelfall ist zu berücksichtigen, dass zwischen dem Abitur und der anschließenden Berufsausbildung und -tätigkeit einer enger Zusammenhang besteht. Die Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen der Abiturprüfung und die erreichte Abiturdurchschnittsnote können in die Freiheit der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) eingreifen, wenn ein Beruf oder eine Berufsausbildung angestrebt wird, für die das Bestehen des Abiturs und/oder das Erreichen einer bestimmten Abiturdurchschnittsnote Voraussetzung ist.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 17.4.1991 - 1 BvR 419/81 und 213/83 -, BVerfGE 84, 34 (45), und vom 13.11.1979 - 1 BvR 1022/78 -, BVerfGE 52, 380 (388); BVerwG, Urteile vom 1.12.1978 - 7 C 68.77 -, NJW 1979, 2417 (2418), und vom 7.5.1971 - VII C 51.70 -, BVerwGE 38, 105 (113).

Je empfindlicher die Freiheit der Berufswahl beeinträchtigt wird, desto gewichtiger müssen die Interessen des Gemeinwohls sein, denen die Norm zu dienen bestimmt ist.

BVerfG, Urteil vom 13.12.2000 - 1 BvR 335/97 -, BVerfGE 103, 1 (10), Beschlüsse vom 17.10.1990 - 1 BvR 283/85 -, BVerfGE 83, 1 (18), und vom 2.10.1973 - 1 BvR 459, 477/72 -, BVerfGE 36, 47 (59).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist hier zu berücksichtigen, dass die Bewertung der mündlichen Prüfung im 4. Abiturfach wie eine ungenügende Leistung eine erhebliche nachteilige Wirkung für den Antragsteller hat. Denn die Note der mündlichen Prüfung im 4. Abiturfach geht mit vierfacher Wertung in die Berechnung der Abiturdurchschnittsnote ein (§ 39 Abs. 1 i. V. m. § 29 Abs. 2 Satz 2 APO-GOSt). Ein gewichtiges Gemeinwohlinteresse, das diese für den Antragsteller nachteilige Wirkung fordert oder rechtfertigt und seine Interessen an einer Leistungserbringung und der Bewertung seiner Leistungen im 4. Abiturfach überwiegt, liegt nicht vor. Er hat zwar entgegen § 37 Abs. 2 Halbsatz 1 APO-GOSt den für ihn vorgesehenen Prüfungstermin am 14.5.2008 aus von ihm im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 APO-GOSt zu vertretenden Gründen versäumt. Es liegt jedoch aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts keine vorsätzliche, sondern eine fahrlässige Säumnis vor. Darüber hinaus ist die Bewertung der mündlichen Prüfung im 4. Abiturfach wie eine ungenügende Leistung weder zur Vermeidung eines unzumutbaren personellen und organisatorischen Aufwandes der Schule noch zur Wahrung der Chancengleichheit aller Schülerinnen und Schüler geboten.

Die Anberaumung eines erneuten Prüfungstermins wäre zwar nach den Angaben des Antragsgegners und des Fachlehrers mit zusätzlichem Aufwand verbunden gewesen. Es ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Schule diesen Aufwand nicht in zumutbarer Weise tragen konnte.

Der Grundsatz der Chancengleichheit verlangt, dass die Abiturprüfungen unter gleichen Prüfungsbedingungen durchgeführt werden. Mit diesem Grundsatz stünde es nicht in Einklang, einem Prüfling, der einen Prüfungstermin aus einem von ihm zu vertretenden Grund versäumt hat, eine weitere Prüfungschance zu geben. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass dem Antragsteller, wenn ihm eine weitere Prüfungschance gegeben worden wäre, nicht hinnehmbare Vorteile gegenüber den Mitschülerinnen und -schülern erwachsen wären.

Ein erneuter Prüfungstermin hätte zeitnah nach der Säumnis des Antragstellers am 14.5.2008 festgesetzt werden können. Nach den Angaben des Fachlehrers, der Fachprüfer in dem für den Antragsteller zuständigen Fachprüfungsausschuss ist, hätte er noch am 14.5.2008 eine neue Aufgabenstellung für den Antragsteller erstellen und die Aufgabenstellung mit den übrigen zwei Mitgliedern des Fachprüfungsausschusses im Sinne des § 37 Abs. 4 APO-GOSt abstimmen können. Der Antragsteller hätte damit jedenfalls am Nachmittag des 15.5.2008 geprüft werden können. Ob, wie der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren geltend macht, angesichts der Regelung in Nr. 37.43 Satz 1 der - die Verwaltungsgerichte nicht bindenden - Verwaltungsvorschriften zur APO-GOSt, nach der die Sitzungen der Fachprüfungsausschüsse "innerhalb" von zwei Schultagen vor der mündlichen Prüfung stattfinden, der Antragsteller aus Rechtsgründen erst am Nachmittag des 16.5.2008 geprüft werden konnte, kann dahinstehen. Die erneute Prüfung hätte jedenfalls 2 1/2 Tage nach dem versäumten Prüfungstermin und damit auch in diesem Fall zeitnah durchgeführt werden können.

Es ist nicht erkennbar, dass der Zeitraum von 2 1/2 Tagen dem Antragsteller relevante Vorteile verschafft hätte. Nach Aktenlage war der Antragsteller nicht auf eine zusätzliche Vorbereitungszeit angewiesen. Er ist unstreitig am Vormittag des 14.5.2008 nach D gefahren, um sich dort Bekleidung für seine mündliche Abiturprüfung zu kaufen. Dieses Verhalten des Antragstellers lässt erkennen, dass er für sich die Prüfungsvorbereitung abgeschlossen hatte. Bis zum 14.5.2008 stand ihm auch ein ausreichender Zeitraum von zumindest nahezu drei Wochen zur Vorbereitung auf die mündliche Abiturprüfung im 4. Fach zur Verfügung. Denn die letzte zentrale Abiturklausur ist in Nordrhein-Westfalen am 24.4.2008 geschrieben worden. Angesichts dieser langen Vorbereitungszeit ist nicht ersichtlich, dass eine zusätzliche Vorbereitungszeit von maximal 2 1/2 Tagen dem Antragsteller erhebliche Vorteile gebracht hätte. Wäre die nicht näher substantiierte Auffassung des Antragsgegners, schon ein Tag zusätzlicher Vorbereitungszeit sei von Vorteil, in dieser Allgemeinheit zutreffend, hätten diejenigen Schülerinnen und Schüler, die, wie die Mitschülerin M, am 15.5.2008 geprüft worden sind, einen chancengleichheitswidrigen Vorteil gegenüber den bereits am 14.5.2008 geprüften Schülerinnen und Schüler gehabt. Darüber hinaus greift auch der Vortrag des Antragsgegners nicht durch, der Antragsteller hätte sich durch Befragung von zwei Mitschülerinnen, die am Vormittag des 14.5.2008 von dem auch für den Antragsteller vorgesehenen Fachprüfungsausschuss im Fach Englisch geprüft worden sind, Kenntnis der geprüften Themen und damit Erkenntnisse für seine eigene Prüfung verschaffen können. Der Antragsteller hätte hierdurch keine die Anwendung des § 37 Abs. 2 i. V. m. § 23 Abs. 3 APO-GOSt rechtfertigenden Vorteile erhalten. Denn er musste damit rechnen, dass, selbst wenn auch in seiner Prüfung die bereits am 14.5.2008 geprüften Themen behandelt würden, ihm allerdings veränderte Aufgaben und Fragen gestellt würden. Sonstige Vorteile des Antragstellers hat auch der Antragsgegner nicht konkret angesprochen. Der vorliegende Fall ist damit nicht mit den Fällen vergleichbar, in denen Prüflinge schriftliche Leistungen nicht zu dem festgelegten Prüfungstermin abgeben. Bei schriftlichen Leistungen können auch geringfügige Überschreitungen der Prüfungszeit Vorteile für den Prüfling haben.

Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.5.1992 - 9 S 1210/90 -, juris, Rdn. 15.

Ende der Entscheidung

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