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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 26.10.2007
Aktenzeichen: 2 A 126/07
Rechtsgebiete: BAföG


Vorschriften:

BAföG § 7 Abs. 1
BAföG § 7 Abs. 3
Die Tochter eines Spätaussiedlers, die in der Russischen Föderation ein Lehramtsstudium mit den Fächern Deutsch und Englisch als Fremdsprachen erfolgreich abgeschlossen hat und deren Ausbildungsabschluss in der Bundesrepublik Deutschland nicht als gleichwertig anerkannt wird, hat Anspruch auf Ausbildungsförderung für ein nunmehr betriebenes Studium der Sozialen Arbeit nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG. § 7 Abs. 1 Satz 2 BAföG schließt in diesem Fall die Förderung nicht aus.

Das in der Russischen Föderation betriebene Lehramtsstudium ist keine förderungsrechtlich relevante bisherige Ausbildung, weil sie mit keinem Studiengang an einer deutschen Hochschule vergleichbar ist.

Die Klägerin, Tochter einer Spätaussiedlerin, begehrte Ausbildungsförderung nach § 7 Abs. 1 BAföG für ein Studium "Soziale Arbeit" an einer deutschen Hochschule, nachdem sie ein Lehramtsstudium "Deutsch und Englisch" an einer Hochschule in der Russischen Föderation bereits abgeschlossen hatte. Eine Anerkennung/Gleichstellung der russischen Lehramtsprüfung war mangels fachlicher Gleichwertigkeit mit einem deutschen Lehramtsstudium abgelehnt worden. Das beklagte Amt für Ausbildungsförderung bewilligte der Klägerin im Wege des Vorabentscheids Ausbildungsförderung dem Grunde nach für das nunmehr betriebene Fachhochschulstudium "Soziale Arbeit" für die Dauer von vier Semestern als Zuschuss und zinsfreies Darlehen und im Übrigen nur als Anspruch auf ein verzinsliches Bankdarlehen, weil die Klägerin mit dem neuen Studium einen Fachrichtungswechsel im Sinne des § 7 Abs. 3 BAföG vorgenommen habe, für den kein unabweisbarer Grund vorliege. Die Klage auf Ausbildungsförderung in der Form hälftigen Zuschusses und zinsfreien Darlehens für die gesamte förderungsfähige Studiendauer hatte vor dem VG Erfolg. Das OVG wies die Berufung der Beklagten zurück.


Gründe:

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch nach § 46 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 des BAföG i.d.F. vom 6.6.1983 (BGBl I S. 645, ber. S. 1680), zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 9 des Gesetzes zur Neuorganisation der Bundesfinanzverwaltung und zur Schaffung eines Refinanzierungsregisters vom 22.9.2005 (BGBl I S. 2809, 2811), auf Vorabentscheidung dem Grunde nach darüber, dass die Förderungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 BAföG für ein Studium der Fachrichtung "Soziale Arbeit: Management und Beratung" an der Universität A. vorliegen. Der Klägerin steht auch für den Zeitraum vom Wintersemester 2006/2007 bis einschließlich Sommersemester 2008 Ausbildungsförderung nach § 17 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 BAföG zu. Der Bescheid des Beklagten vom 18.11.2004 und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Köln vom 1.7.2005 sind insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

1. § 46 Abs. 5 BAföG ermöglicht hier in entsprechender Anwendung eine Entscheidung darüber, dass die Förderungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 BAföG vorliegen. Zwar ist die Vorschrift ihrem Wortlaut nach nur in den dort aufgezählten Fällen und nicht auch im Fall einer Erstausbildung nach § 7 Abs. 1 BAföG anzuwenden. Nach der Rechtsprechung des BVerwG ist eine Vorabentscheidung aber in entsprechender Anwendung des § 46 Abs. 5 BAföG auch über die Frage möglich, ob die Förderungsvoraussetzungen für eine zusätzliche Ausbildung im Rahmen des Grundanspruchs nach § 7 Abs. 1 BAföG vorliegen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.2.1994 - 11 C 55.92 -, FamRZ 1994, 927.

Die in dieser Entscheidung entwickelten Maßgaben gelten auch für den vorliegenden Fall. Zwar geht es hier nicht um eine zusätzliche Ausbildung im Sinne des § 7 Abs. 1 BAföG, das heißt, um eine Ausbildung, die begonnen wird, nachdem der Auszubildende bereits eine förderungsfähige Ausbildung absolviert, bei dieser Ausbildung aber den zeitlichen Mindestumfang nicht ausgeschöpft hat, sondern - wie zu zeigen sein wird - um eine Erstausbildung nach Durchführung einer nicht einem deutschen Ausbildungsgang vergleichbaren Ausbildung im Ausland. Auch in diesem Fall wäre es aber sachlich nicht vertretbar, die Zulässigkeit eines Antrags auf Vorabentscheidung und das Bestehen eines entsprechenden verfahrensrechtlichen Anspruchs davon abhängig zu machen, ob die angestrebte Ausbildung noch Erstausbildung oder schon nach § 7 Abs. 2 BAföG als weitere oder nach § 7 Abs. 3 BAföG als andere Ausbildung anzusehen ist, zumal dies oft erst nach eingehender Prüfung der materiellen Rechtslage entschieden werden kann.

Vgl. auch Kreutz, in: Rothe/Blanke, Bundesausbildungsförderungsgesetz, 5. Aufl., Stand: Februar 2007, § 46 Rdnr. 22.

Zu den Förderungsvoraussetzungen, über die vorab entschieden werden kann, gehört auch die Förderungsart.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.4.1980 - 5 C 66.78 -, FamRZ 1980, 1170.

2. Die Klägerin erfüllt die persönlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 1 BAföG. Sie ist nach ihren unbestrittenen Angaben deutsche Staatsangehörige. Als Abkömmling eines Spätaussiedlers nach § 4 Abs. 3 BVFG i.d.F. der Bekanntmachung vom 10.8.2007 (BGBl I S. 1902) ist sie Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 des GG.

3. Das von der Klägerin angestrebte Studium ist eine förderungsfähige Erstausbildung im Sinne des § 7 Abs. 1 BAföG. Ihre in der Russischen Föderation durch ein Diplom abgeschlossene Ausbildung als Lehrerin für Deutsch und Englisch im Fachgebiet Philologie steht dem Anspruch auf Ausbildungsförderung nach § 7 Abs. 1 BAföG nicht entgegen.

a) Die Klägerin hat ihren Grundanspruch auf Förderung einer Erstausbildung nach § 7 Abs. 1 BAföG noch nicht ausgeschöpft. Zwar ist das in der Russischen Föderation durchgeführte und abgeschlossene Studium an der Staatlichen Pädagogischen Hochschule zu Magnitogorsk als Hochschulausbildung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BAföG eine im Grundsatz förderungsfähige Ausbildung im Sinne der §§ 2 und 3 BAföG. Das Studium hat der Klägerin jedoch keinen berufsqualifizierenden Abschluss im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG vermittelt. Wie aus dem Ablehnungsbescheid der Bezirksregierung über die Anerkennung von Lehramtsprüfungen aus Russland hervorgeht, berechtigt der im Ausland erworbene Studienabschluss die Klägerin nicht zu einer Berufsausübung als Lehrerin für die Fächer Deutsch und Englisch als Fremdsprachen in der Bundesrepublik Deutschland. Auch die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2 BAföG kann der Klägerin nicht entgegengehalten werden. Nach deren Wortlaut ist ein Ausbildungsabschluss auch dann berufsqualifizierend, wenn er im Ausland erworben wurde und dort zur Berufsausübung befähigt. Nach der Rechtsprechung des BVerwG ist die Regelung allerdings ihrem Maßnahmezweck entsprechend eingeschränkt auszulegen und gilt nur für diejenigen Auszubildenden, die sich trotz Ausbildungsmöglichkeit im Inland für eine Ausbildung im Ausland entschieden und diese mit einem im Ausland berufsqualifizierenden Abschluss beendet haben. Denn diese Auszubildenden sollen förderungsrechtlich nicht besser gestellt werden als diejenigen, die sich für eine (Erst-)Ausbildung im Inland entschieden haben. Die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Satz 2 BAföG gilt dagegen nicht für Ausbildungsabschlüsse, die Vertriebene vor ihrer Aussiedlung im Herkunftsland erworben haben, denn aufgrund der fehlenden Möglichkeit, vor der Aussiedlung eine Ausbildung in der Bundesrepublik Deutschland durchzuführen, ist die Entscheidung, die vor der Aussiedlung begonnene Ausbildung im Herkunftsland durchzuführen, als nicht freiwillig anzusehen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 31.10.1996 - 5 C 21.95 -, BVerwGE 102, 200 ff., und vom 17.4.1997 - 5 C 5.96 -, DVBl 1997, 1436.

Nach diesen Maßgaben ist die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2 BAföG im vorliegenden Fall nicht anzuwenden. Ein sachlicher Grund, zwischen der Ausbildungssituation Vertriebener, die bis zum 31.12.1992 in der Bundesrepublik Deutschland Aufnahme gefunden haben, und derjenigen von Spätaussiedlern, die als deutsche Volkszugehörige nach den Regelungen des Bundesvertriebenengesetzes in der Fassung des zum 1.1.1993 in Kraft getretenen Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes (BGBl I, 829) die Aussiedlungsgebiete nach dem 31.12.1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen haben, und deren Abkömmlingen zu differenzieren, besteht nicht. Auch für den Spätaussiedler und dessen Abkömmlinge ist davon auszugehen, dass sie grundsätzlich keine Möglichkeit haben bzw. hatten, vor der Aussiedlung eine Berufsausbildung in der Bundesrepublik Deutschland aufzunehmen, sodass die Entscheidung, eine Ausbildung im Aussiedlungsgebiet zu beginnen, auch bei Spätaussiedlern und deren Abkömmlingen grundsätzlich als nicht freiwillig anzusehen ist. So ist es zwischen den Beteiligten auch nicht streitig, dass die Klägerin vor ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland am 10.7.2002 eine Berufsausbildung im Inland nicht aufnehmen konnte.

Kann die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2 BAföG der Klägerin damit nicht entgegengehalten werden, hat sie ihren Förderungsanspruch des § 7 Abs. 1 BAföG noch nicht ausgeschöpft. Die von ihr angestrebte Ausbildung an der Universität A. ist ungeachtet des ausländischen Studienabschlusses wegen der insofern fehlenden Berufsqualifikation keine "weitere Ausbildung" im Sinne des § 7 Abs. 2 BAföG.

b) Die Förderungsfähigkeit des von der Klägerin in Aussicht genommenen Studiums "Soziale Arbeit: Beratung und Management" ist hier auch nicht davon abhängig, ob die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 BAföG vorliegen. Allerdings folgt dies nicht bereits daraus, dass hier auf das von der Klägerin im Aussiedlungsgebiet betriebene und dort berufsqualifizierend abgeschlossene Studium für das Lehramt mit den Fächern Deutsch und Englisch die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 BAföG keine Anwendung findet. Mit Blick darauf erscheint auch zweifelhaft, eine Ausbildung, die danach förderungsrechtlich unschädlich berufsqualifizierend abgeschlossen wurde, wie das VG ausführt, als beendet im Sinne des § 15 b Abs. 3 BAföG anzusehen, weshalb § 7 Abs. 3 BAföG nicht eingreife. Letzteres kann hier jedoch offen bleiben. Denn bei der von der Klägerin zuvor betriebenen Ausbildung im Ausland handelt es sich nach den von der Rechtsprechung des BVerwG dazu entwickelten Grundsätzen um eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz nicht relevante Ausbildung, sodass schon deshalb § 7 Abs. 3 BAföG nicht eingreift.

Im Ausland verbrachte Ausbildungszeiten sind förderungsrechtlich als Ausbildung und hinsichtlich eines Fachrichtungswechsels als bisherige Ausbildung zu berücksichtigen, wenn und soweit der Auszubildende im Ausland eine auf die Qualifikation zu einem Beruf ausgerichtete Ausbildung absolviert hat und die ausländische Ausbildungsstätte den inländischen Ausbildungsstätten nach ihren Zugangsvoraussetzungen, nach Art und Inhalt der Ausbildung sowie dem vermittelten Ausbildungsabschluss vergleichbar ist. Die Beurteilung der Vergleichbarkeit setzt einen an der Aufzählung der Ausbildungsstätten in § 2 BAföG orientierten wertenden Vergleich des Ausbildungsganges und der durch diesen vermittelten Berufsqualifikation voraus, wie sie von der ausländischen Ausbildungsstätte einerseits und den inländischen Ausbildungsstätten andererseits angeboten und vermittelt werden. Auf die Frage, in welchem Umfang Zeiten einer Auslandsausbildung auf eine inländische Ausbildung angerechnet werden können, kommt es in diesem Zusammenhang nur mittelbar, nämlich im Sinne eines Indizes für die Vergleichbarkeit der Ausbildungsstätten an.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 30.4.1981 - 5 C 36.79 -, BVerwGE 62, 174 ff., und vom 4.12.1997 - 5 C 28.97 -, BVerwGE 106, 5 ff.

In Anwendung dieser Maßgaben ist die von der Klägerin absolvierte Lehrerausbildung für Deutsch als Fremdsprache im Hauptfach und Englisch als Fremdsprache im Nebenfach an der Staatlichen Pädagogischen Hochschule Magnitogorsk nicht mit einem Ausbildungsgang an einer deutschen Hochschule vergleichbar. Denn bei wertender Betrachtung der als einschlägig anzusehenden Studiengänge ergeben sich Unterschiede, die so wesentlich sind, dass von einer Vergleichbarkeit der von der Klägerin in der Russischen Föderation absolvierten Ausbildung mit einem Studiengang an einer deutschen Hochschule im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BAföG schon im Ansatz nicht gesprochen werden kann.

Um das Fach Deutsch (Germanistik) an einer deutschen Hochschule mit dem Berufsziel der Befähigung für ein Lehramt an öffentlichen Schulen erfolgreich studieren und abschließen zu können, muss ungeachtet der verschiedenen landesrechtlich geregelten Lehrämter (vgl. etwa § 5 des LABG NRW vom 2.7.2002, GV NRW 2002, 325) und ungeachtet der tatsächlichen lehramtsspezifischen Studieninhalte die deutsche Sprache als Muttersprache oder in einem Umfang, der dem muttersprachlichen gleichkommt, beherrscht werden. Dies ist notwendige Voraussetzung dafür, Kinder und Jugendliche, deren Muttersprache Deutsch ist, im Fach Deutsch angemessen unterrichten zu können. Die an einer deutschen Hochschule vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten im Lehramtsfach Deutsch bauen danach mit Blick auf den angestrebten Berufsabschluss unabhängig vom spezifischen Studieninhalt notwendig auf diesem Umfang der Sprachbeherrschung auf. Diese Voraussetzung lässt sich auch dem Grundsatz der allen Lehrämtern gemeinsamen pädagogischen Verantwortung und berufsethischen Verpflichtung dem Schüler gegenüber entnehmen, wie er als Teil der von der Hochschule zu vermittelnden Lehramtsbefähigung etwa im nordrhein-westfälischen Landesrecht gesetzlich normiertes Ausbildungsziel (vgl. §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 5 LABG NRW) und insofern Ausprägung des dem auszubildenden Lehrer auferlegten staatlichen Erziehungsauftrags im Sinne des Art. 7 Abs. 1 GG ist.

Diesem Anspruch genügt ein russisches Studium "Deutsch als Fremdsprache" für ein Lehramt an einer Schule in der Russischen Föderation nicht. Weder setzt ein solches Studium voraus, dass der Student Deutsch als Muttersprache oder gleich einer Muttersprache beherrscht, noch zielt es darauf ab, nach Abschluss des Studiums Kinder und Jugendliche zu unterrichten, deren Muttersprache Deutsch ist. Wie der Studienverlaufsplan, den die Klägerin vorgelegt hat, mit den Fächern Praktische Phonetik, Praktische Grammatik, Theoretischer Kurs in der Hauptfremdsprache, Theorie und Praxis der Übersetzung und dem Fach Sprachübung zeigt, dient das Studium "Deutsch als Fremdsprache" an einer russischen Universität jedenfalls zum Teil erst dem Spracherwerb und basiert daher gerade nicht auf einer umfassenden Sprachbeherrschung. Auch erfordert die Vermittlung des Deutschen als Fremdsprache an Schüler aus dem russischen Sprachraum, die in der Regel ohne Vorkenntnisse des Deutschen in Sprache und Schrift sind, wesentlich andere Kompetenzen und Schwerpunkte in fachspezifischer und fachdidaktischer Hinsicht als Deutschunterricht für Schüler mit Deutsch als Muttersprache. Dies liegt auf der Hand und bedarf keiner Vertiefung. Selbst wenn daher Teile des Lehramtsstudiums Deutsch an einer russischen Universität nach Bezeichnung und Inhalt dem Lehrangebot im Fach Germanistik an einer deutschen Hochschule entsprechen - was in der Natur der Sache liegt und ebenfalls keiner Vertiefung bedarf -, fehlt es wegen der berufszielbedingt notwendigen Voraussetzung, für ein erfolgreiches Lehramtsstudium Deutsch an einer deutschen Hochschule die deutsche Sprache als oder wie eine Muttersprache zu beherrschen, an einer vergleichbaren Grundlage der jeweiligen Ausbildungen als Lehrer für das Fach Deutsch.

Demgegenüber sind etwa bestehende Möglichkeiten der Anrechnung bisheriger Studienleistungen im vorliegenden Fall kein geeignetes Indiz von Gewicht für eine Vergleichbarkeit der Ausbildungsstätten im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Denn weder ist die Anrechnungspraxis der zuständigen Stellen nachvollziehbar, was die Anzahl der anrechnungsfähigen Semester angeht, noch berücksichtigt sie ihrem Inhalt nach die hier mit Blick auf das angestrebte Berufsziel erforderliche umfassende Beherrschung der deutschen Sprache.

Wie aus den von der Beklagten vorgelegten Stellungnahmen hervorgeht, die im Fall der Klägerin einerseits und in einem vergleichbaren Fall einer anderen Auszubildenden andererseits von der jeweils zuständigen Stelle abgegeben worden sind, weichen die Anrechnungsmöglichkeiten von bisherigen Studienleistungen ihrem Umfang nach erheblich voneinander ab: Das Germanistische Institut der Fakultät für Philologie der Ruhr-Universität Bochum will der Auszubildenden in einem gleichgelagerten Fall die in Russland erbrachten Studienleistungen auch unter Berücksichtigung dessen, dass das russische Curriculum "den Spracherwerb der Fremdsprache eindeutig bevorzugt", unter Auflagen als abgeschlossenen Bachelorstudiengang - ein eigenständiger Teil des in Nordrhein-Westfalen versuchsweise eingeführten "Gestuften Studienganges in der Lehrerausbildung" (vgl. § 1 Abs. 4 LABG NRW i.V.m. der Verordnung zur Durchführung des Modellversuchs "Gestufte Studiengänge in der Lehrerausbildung" (VO-B/M) vom 27.3.2003) - für ein Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen anrechnen. Demgegenüber hat das Landesprüfungsamt für Erste Staatsprüfungen für Lehrämter an Schulen - Geschäftsstelle D. - im Fall der Klägerin erklärt, diese könne für einen Studiengang "Lehramt an Grund-, Haupt und Realschulen" im Fach Deutsch in das 3. Fachsemester eingeschrieben werden. Sind diese in Aussicht gestellten Anrechnungsmöglichkeiten schon allein wegen des erheblich divergierenden Umfangs (sechs bzw. zwei Semester) nicht nachvollziehbar, so erweisen sie sich als noch weniger plausibel, wenn man berücksichtigt, dass für ein Studium im Fach Deutsch für das "Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen" die in Russland erbrachte Studienleistung mit einer Semesterzahl angerechnet werden soll, die das Dreifache einer möglichen Anrechnung für ein Studium im Fach Deutsch für das "Lehramt an Grund-, Haupt und Realschulen" beträgt.

Unabhängig davon bleibt bei der Anrechnung erbrachter ausländischer Studienleistungen, die allein aufgrund der vorzulegenden Studienverlaufsdokumentation und der Zeugnisse vorgenommen wird und sich ausschließlich mit der Entsprechung von Studieninhalten befasst, offensichtlich die für den Beruf des Deutschlehrers an einer deutschen öffentlichen Schule nach den vorstehenden Ausführungen unerlässliche umfassende phonetische, grammatikalische und lexikalische Beherrschung der deutschen Sprache außer Betracht. Wie etwa die Stellungnahme des Germanistischen Instituts der Fakultät für Philologie der Ruhr-Universität Bochum zeigt, ist die - möglicherweise - fehlende Beherrschung der deutschen Sprache für die Anrechnung nur insoweit von Belang, als davon ausgegangen wird, dass die Auszubildenden aufgrund des im russischen Curriculum bevorzugten Spracherwerbs der Fremdsprache Deutsch Defizite im Bereich Literaturwissenschaft haben. Ob der Auszubildende dagegen im für die angestrebte Berufsqualifikation als Lehrer unerlässlichen Umfang der deutschen Sprache als Muttersprache oder vergleichbar mächtig ist oder noch werden kann, bleibt bei der Anrechnung - aus welchen Gründen auch immer - unberücksichtigt. Eine solche Anrechnungspraxis im Fach Deutsch läuft in Fällen wie hier - die Klägerin spricht nach eigenen, unbestrittenen Angaben nicht perfekt Deutsch und hat die Lehrerausbildung in der Russischen Föderation dennoch mit Auszeichnung bestanden - dem oben genannten Ziel der Lehrerausbildung zuwider; ihr kann deshalb für die Frage der Vergleichbarkeit der ausländischen mit der inländischen Ausbildung kein entscheidendes Gewicht zukommen.

Erweisen sich damit die Anrechnungsmöglichkeiten in diesem Fall, in dem die umfassende Beherrschung der deutschen Sprache für die Berufsqualifikation unerlässlich ist, nicht als geeignetes Indiz von Gewicht für die Vergleichbarkeit der Ausbildungsgänge an den jeweiligen Ausbildungsstätten, ist das Lehramtsstudium Deutsch als Fremdsprache an einer russischen Hochschule einem Lehramtsstudium Deutsch an einer deutschen Hochschule im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BAföG aufgrund der in wesentlicher Beziehung unterschiedlichen Sprachanforderungen nicht vergleichbar.

Die Klägerin kann auch nicht auf ein an verschiedenen deutschen Universitäten mögliches Masterstudium "Deutsch als Fremdsprache" verwiesen werden.

Vgl. etwa die Beschreibung des Studiengangs "Deutsch als Fremdsprache" an der Universität Bielefeld unter www.uni-bielefeld.de/lili/ studiengaenge/daf/studium/master.

Denn ein solches Studium ist mit dem von der Klägerin absolvierten Studium in Magnitogorsk schon aufgrund des vermittelten Ausbildungsabschlusses nicht vergleichbar. Das Masterstudium "Deutsch als Fremdsprache" zielt nicht auf eine Berufsqualifikation als Lehrer an öffentlichen Schulen, sondern auf andere Berufsfelder in der Sprach- und Kulturvermittlung mit Tätigkeiten in der Erwachsenenbildung, im Hochschulbereich und bei internationalen bzw. international tätigen Organisationen und Einrichtungen.

Ob der von der Klägerin an der Staatlichen Pädagogischen Hochschule Magnitogorsk absolvierte Lehramtsstudiengang "Englisch als Fremdsprache" im Nebenfach einem Lehramtsstudium des Faches Englisch an einer deutschen Hochschule vergleichbar ist, kann offen bleiben. Dagegen sprechen der deutlich geringere Umfang des Nebenfachstudiums in Russland im Vergleich zu einem Studium eines (gleichberechtigten) zweiten Fachs an einer deutschen Hochschule, die fehlende Indizfunktion der Anrechnungsmöglichkeiten aufgrund der auch hier erheblich voneinander abweichenden Stellungnahmen des Englischen Seminars der Fakultät Philologie der Ruhr-Universität Bochum (Anrechnung des Bachelor-Studienganges bei Nachstudieren von ein oder zwei Modulen) und des Landesprüfungsamtes für Erste Staatsprüfungen für Lehrämter an Schulen - Geschäftsstelle D. - (Anrechnung nur eines Fachsemesters) sowie die Unterschiede, die sich daraus ergeben, dass Englisch als Fremdsprache in der Russischen Föderation mit der Korrespondenzsprache Russisch studiert wird, wogegen bei einem Englischstudium an deutschen Hochschulen die deutsche Sprache Korrespondenzsprache des Englischen ist. Die Frage bedarf hier aber letztlich keiner Entscheidung. Denn weil es jedenfalls an der Vergleichbarkeit eines der studierten Fächer fehlt, ist das von der Klägerin in Russland durchgeführte Lehramtsstudium auch seiner spezifischen Fächerkombination nach mit einem Studium an einer deutschen Hochschule nicht vergleichbar. Das Lehramtsstudium an einer nordrhein-westfälischen Hochschule - der Auszubildende ist förderungsrechtlich nicht verpflichtet, sich an sämtlichen Hochschulen im gesamten Bundesgebiet um die förderungsrechtlich günstigste Ausbildung zu bemühen - erfordert nämlich in jedem Fall neben dem erziehungswissenschaftlichen Studium das Studium von zwei Unterrichtsfächern bzw. Fachrichtungen (vgl. §§ 13-16 LABG). Selbst wenn sich die Klägerin daher ihre im Fach Englisch erworbenen Auslandsstudienkenntnisse bei der Aufnahme eines Lehramtsstudiums in der Bundesrepublik Deutschland in bestimmter, anrechenbarer Weise zunutze machen könnte, müsste sie dazu noch (mindestens) ein weiteres Lehramtsfach in vollem Umfang studieren. Die Klägerin steht sich daher wie ein Auszubildender, der im Ausland nur ein Fach studiert hat und dessen Studium an der ausländischen Ausbildungsstätte aus diesem Grund mit einem zwei selbständige und nicht aufeinander aufbauende Fächer umfassenden Lehramtsstudium an einer hiesigen Hochschule nicht vergleichbar ist. Aus denselben Gründen braucht sich die Klägerin auch nicht auf ihre im Rahmen des russischen Lehramtsstudiums erworbenen pädagogischen Kenntnisse verweisen zu lassen. Das erziehungswissenschaftliche Studium ist notwendiger Teil jedes Lehramtsstudiums und vermag die Notwendigkeit eines vollständig neuen Fachstudiums hier nicht zu ersetzen oder greifbar zu verringern.

Ende der Entscheidung

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