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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 10.09.2008
Aktenzeichen: 20 B 1219/07
Rechtsgebiete: WHG


Vorschriften:

WHG § 18a
WHG § 18b
Häusliches Abwasser, das in landwirtschaftlichen Betrieben anfällt und im Rahmen der pflanzenbedarfsgerechten Düngung auf landwirtschaftlich genutzte Böden aufgebracht wird, unterliegt den Anforderungen nach §§ 18a, 18b WHG.

Der Antragsteller ist Landwirt. Er betreibt für die bei der Viehhaltung entstehenden tierischen Ausscheidungen eine Jauchegrube, in die er auch das in seinem Haushalt anfallende Abwasser leitet. Den Inhalt der Jauchegrube bringt er auf landwirtschaftlichen Nutzflächen aus. Der Antragsgegner untersagte ihm durch für sofort vollziehbar erklärte Ordnungsverfügung, das häusliche Abwasser der Jauchegrube zuzuleiten. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs blieb auch im Beschwerdeverfahren ohne Erfolg.


Gründe:

Durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung vom 9. 11. 2005 ergeben sich in Würdigung auch des Beschwerdevorbringens nicht. Die der Ordnungsverfügung zugrundeliegende Auffassung des Antragsgegners, der vorhandene Zustand der Beseitigung des häuslichen Abwassers durch den Antragsteller verstoße gegen verbindliche wasserrechtliche Anforderungen, trifft zu. Ferner ist die Art und Weise, in der der Antragsgegner zur Abwehr der demzufolge gegebenen Gefahr für die öffentliche Sicherheit eingeschritten ist, nicht zu beanstanden.

Abwasser ist so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird (§ 18 a Abs. 1 Satz 1 WHG). Die Beseitigung von Abwasser umfasst das Sammeln, Fortleiten, Behandeln, Einleiten, Versickern, Verregnen und Verrieseln von Abwasser sowie das Entwässern von Klärschlamm im Zusammenhang mit der Abwasserbeseitigung (§ 18 a Abs. 1 Satz 3 WHG). Abwasseranlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass die Anforderungen an das Einleiten von Abwasser insbesondere nach § 7 a WHG eingehalten werden (§ 18 b Abs. 1 Satz 1 WHG). Im Übrigen gelten für Errichtung und Betrieb von Abwasseranlagen die allgemein anerkannten Regeln der Technik (§ 18 b Abs. 1 Satz 2 WHG). Nach § 7 a Abs. 1 Satz 1 WHG darf das Einleiten von Abwasser nur erlaubt werden, wenn die Schadstofffracht des Abwassers so gering gehalten wird, wie dies bei Einhaltung der jeweils in Betracht kommenden Verfahren nach dem Stand der Technik möglich ist. Die zur Festlegung der Anforderungen nach dem Stand der Technik ergangene Abwasserverordnung bestimmt seit 2002 für Abwasser aus Haushaltungen, auch soweit es sich um Kleineinleitungen handelt, Anforderungen in Gestalt einzuhaltender Konzentrationswerte (§ 1 Abs. 1 AbwV i. V. m. Anhang 1 Teil C Abs. 1 Satz 1). Bei Kleineinleitungen gelten die Anforderungen als eingehalten, wenn eine durch allgemeine bauaufsichtliche Zulassung, europäische technische Zulassung nach den Vorschriften des Bauproduktengesetzes oder sonst nach Landesrecht zugelassene Abwasserbehandlungsanlage nach Maßgabe der Zulassung eingebaut und betrieben wird (§ 1 Abs. 1 AbwV i. V. m. Anhang 1 Teil C Abs. 4 Satz 1). Die allgemein anerkannten Regeln der Technik finden, was Kleinkläranlagen für die Abwasserbeseitigung angeht, nach gefestigter Auffassung des Senats, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.8.2003 - 20 B 1411/03 -, bislang Ausdruck in der DIN 4261 und dem in diesem Regelwerk vorgesehenen Erfordernis einer mechanischen sowie biologischen Behandlung des Wassers.

Vgl. hierzu BR-Drs. 421/02, S. 40 (zu Nr. 6).

Den genannten Anforderungen unterliegt auch dasjenige häusliche Abwasser, das in landwirtschaftlichen Betrieben anfällt und im Rahmen der pflanzenbedarfsgerechten Düngung auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Böden aufgebracht wird. Für derartiges häusliches Abwasser gelten, vorbehaltlich gemeindlicher Forderung des Anschlusses an eine öffentliche Abwasseranlage, die Bestimmungen des Abschnitts III. Abwasserbeseitigung des Sechsten Teils des Landeswassergesetzes nicht, allerdings auch nur diese Bestimmungen und nur dann, wenn das Abwasser ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit im Einklang mit den wasserrechtlichen, abfallrechtlichen, bodenschutzrechtlichen, naturschutzrechtlichen und immissionsschutzrechtlichen Bestimmungen aufgebracht wird (§ 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 LWG NRW). Die Herkunft häuslichen Abwassers aus einem landwirtschaftlichen Betrieb und seine Verwendung zum Aufbringen auf landwirtschaftliche Nutzflächen - wie hier - befreien damit von vornherein nicht von der Einhaltung des Anforderungsniveaus, das sich für die Abwasserbeseitigung wasserrechtlich u. a. aus § 18 a, § 18 b WHG ergibt; der Geltungsanspruch dieser Regelungen bleibt ebenso wie derjenige sonstiger - u. a. abfallrechtlicher - Vorschriften unberührt. Eine im Sinne der wasserrechtlichen Anforderungen ordnungsgemäße Reinigung und Beseitigung häuslichen Abwassers ist unabhängig davon geboten, ob das Abwasser auf landwirtschaftliche Flächen zum Zwecke der Düngung aufgebracht werden soll. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn das häusliche Abwasser vor seiner Verwendung zum Düngen mit Gülle vermischt wird. Die besonderen Kriterien, die beim landwirtschaftlichen Düngen mit Gülle einzuhalten sind, lassen sich schon im Ausgangspunkt nicht dafür heranziehen, häusliches Abwasser, das zur landbaulichen Nutzung vorgesehen ist, aus diesem Grund schlechter zu reinigen als anderes häusliches Abwasser. Entsprechendes gilt für die Voraussetzungen für ein Düngen mit Klärschlamm aus kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen. Die wasserwirtschaftlichen Risiken eines Düngens mit Gülle oder Klärschlamm lassen keine Rückschlüsse zu auf die Anforderungen an die Reinigung und Beseitigung häuslichen Abwassers im Falle eines beabsichtigten Ausbringens auf landwirtschaftliche Nutzflächen. Das begegnet auch unter dem Gesichtspunkt der verfassungsmäßig gewährleisteten Grundrechte der Eigentümer und Nutzer landwirtschaftlicher Nutzflächen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Jedermann verpflichtenden wasserwirtschaftlichen Vorschriften, die einer landbaulichen Nutzung unzureichend vorbehandelten häuslichen Abwassers entgegenstehen, dienen der Ordnung des Wasserhaushalts und damit legitimen öffentlichen Interessen (§ 1 a Abs. 1 und 2 WHG).

Soweit der Antragsteller die durch die Abwasserverordnung vorgegebenen Kriterien für eine ordnungsgemäße Abwasserreinigung als verfehlt betrachtet, weil gemeinschaftsrechtliche Anforderungen übererfüllt würden, ist ein Verstoß des nationalen deutschen Rechts gegen Gemeinschaftsrechts weder dargetan noch ersichtlich. Der Antragsteller erläutert nicht, welche Vorschriften des Gemeinschaftsrechts seiner Meinung nach einschlägig sind und geeignet sein könnten, seine Forderung nach einer Beschränkung der Umsetzung auf eine Regelung "eins zu eins" und seine Ansicht, dies sei missachtet worden, zu stützen. Eine gemeinschaftsrechtlich verbindliche Harmonisierung des Abwasserreinigungsniveaus auf einer Schwelle unterhalb der Kriterien der für den Antragsteller maßgeblichen Regelungen u.a. der Abwasserverordnung erschließt sich auch im Übrigen nicht. Sie ist insbesondere nicht der vom Antragsteller erstinstanzlich angesprochenen Richtlinie 91/271/EWG des Rates über die Behandlung von kommunalem Abwasser zu entnehmen. Die dort geregelten Vorgaben für die Ausstattung der Gemeinden mit einer Kanalisation und für die Behandlung in Kanalisationen eingeleiteten kommunalen Abwassers dürfen, auch was individuelle Systeme oder Maßnahmen für den Fall angeht, dass die Einrichtung einer Kanalisation nicht gerechtfertigt ist, lediglich nicht unterschritten werden. Ohnehin verdeutlicht der Antragsteller nicht, dass die Anforderungen nach § 1 Abs. 1 AbwV i. V. m. Anhang 1 Teil C Abs. 1 und 4 über diejenigen hinausgehen, die bei Einbeziehung von Kleineinleitungen aus den Tabellen 1 und 2 zu Anhang I der Richtlinie 91/271/EWG abzuleiten sind.

Es spricht alles dafür, dass der Antragsteller das bei ihm anfallende häusliche Abwasser keiner den vorstehenden Anforderungen genügenden Reinigung unterzieht und damit gegen § 18 a, § 18 b WHG verstößt. (Wird ausgeführt).

Ende der Entscheidung

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