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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 28.01.2005
Aktenzeichen: 21 A 4463/02
Rechtsgebiete: 21. BImSchV, OWiG, StPO, VAwS, VwGO


Vorschriften:

21. BImSchV §§ 3 ff.
OWiG § 85 Abs. 2
StPO § 359
VAwS § 4
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
Die zuständige Umweltbehörde war nach § 7 21. BImSchV nicht verpflichtet, einem Mineralölkonzern aus Gründen, die nicht in den besonderen Umständen einer einzelnen Tankstelle begründet sind, eine Ausnahmegenehmigung (Fristverlängerung) für die Umrüstungspflicht auf ein Gasrückführungssystem ("Saugrüssel") zu erteilen (hier: unzulässige und unbegründete Fortsetzungsfeststellungsklage).
Tatbestand:

Die Klägerin, ein Mineralölunternehmen, war Betreiberin einer Tankstelle. Den Antrag ihrer Rechtsvorgängerin, die Frist zur Erfüllung der ihr durch die 21. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes über die Begrenzung der Kohlenwasserstoffemissionen bei der Betankung von Kraftfahrzeugen (21. BImSchV) auferlegten Verpflichtung, die Tankstellenanlage bis zum 31.12.1996 mit einem Gasrückführungssystem auszustatten, um ein Jahr zu verlängern, weil sie die Anforderungen der 21. BImSchV nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand erfüllen könne, lehnte der Beklagte ab. Das Widerspruchsverfahren blieb erfolglos. Nach Klageerhebung wurde an der Tankstelle U. Straße ein Gasrückführungssystem installiert.

Das VG wies die Fortsetzungsfeststellungsklage ab. Im Verlaufe des Zulassungsverfahrens ging die ursprüngliche Klägerin im B.-Konzern auf. Das Verfallsverfahren gegen die Klägerin wurde eingestellt. Die Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg.

Gründe:

I. Die Klage ist bereits unzulässig. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist nicht gegeben... Hierfür muss ein nach der Sachlage anzuerkennendes schutzwürdiges Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art an der begehrten Feststellung gegeben sein. Die gerichtliche Entscheidung muss geeignet sein, die Position des Klägers in einem der genannten Bereiche zu verbessern; er muss mit der Entscheidung "etwas anfangen" können.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 27.3.1998 - 4 C 14.96 -, BVerwGE 106, 295 (296 f.); Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 113 Rn. 129 f., m.w.N.; Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand September 2004, § 113 Rn. 90, m.w.N.

1. Ein Feststellungsinteresse der Klägerin kann nicht damit begründet werden, dass dem Ausgang des vorliegenden Verfahrens präjudizielle Wirkung für andere Fälle zukäme, in denen der Beklagte gegen die Klägerin Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen des Betreibens einer Tankstelle ohne Gasrückführungssystem und ohne Ausnahmegenehmigung eingeleitet hat. Denn für den Anspruch auf Genehmigung einer Ausnahme nach § 7 der 21. BImSchV in der zum maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts des erledigenden Ereignisses, vgl. dazu Gerhardt, a.a.O., § 113 Rn. 103, geltenden Fassung (Verordnung zur Begrenzung der Kohlenwasserstoffemissionen bei der Betankung von Kraftfahrzeugen vom 7.10.1992, BGBl. I 1730) kommt es auf die besondere Situation des jeweiligen Einzelfalls an, so dass eine Sachentscheidung im vorliegenden Verfahren ohne Aussagekraft für die Fälle anderer Tankstellen wäre. Für dieses Verständnis spricht neben dem Wortlaut der Vorschrift deren Sinn und Zweck sowie die in der amtlichen Begründung zum Ausdruck gekommene Auffassung des Verordnungsgebers.

Gemäß § 7 der 21. BImSchV kann die zuständige Behörde auf Antrag des Betreibers Ausnahmen von den Anforderungen der §§ 3 bis 6 zulassen, soweit unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls einzelne Anforderungen der Verordnung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand erfüllt werden können und Gefahren für Beschäftigte und Dritte sowie schädliche Umwelteinwirkungen nicht zu erwarten sind.

Bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung geht hervor, dass für die Zulassung einer Ausnahme besondere Umstände des Einzelfalls gegeben sein müssen. Soll eine Ausnahme "unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls" zugelassen werden können, setzt das voraus, dass solche Umstände auch vorliegen; sonst könnten sie nicht berücksichtigt werden. Legt man die Auffassung der Klägerin zugrunde, wonach Umstände des Einzelfalls nicht zwingend gegeben sein müssen, wäre umgekehrt das Tatbestandsmerkmal "unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls" überflüssig. Die Wendung "besondere Umstände des Einzelfalls" betont demgegenüber das Erfordernis des Vorliegens eines atypischen Sachverhalts, der nicht bei umzurüstenden Tankstellen generell oder auch nur regelmäßig gegeben sein darf.

Dieses aus dem Wortlaut der Norm zu gewinnende Ergebnis wird gestützt durch die amtliche Begründung zu § 7 der 21. BImSchV, die mit der Wendung "Im Einzelfall kann es notwendig sein..." eingeleitet und in deren Beispielsfällen überdies gleichfalls auf besondere, in Einzelfällen eventuell auftretende Umstände abgehoben wird: Genannt werden dort die Verfehlung der Anforderungen nur in geringem Maße, das Betroffensein eines kleinen oder mittleren Unternehmens in besonderer Weise, eine bevorstehende Geschäftsaufgabe und die Verzögerung durch Lieferschwierigkeiten.

Vgl. BR-Drs. 522/92, S. 19.

Für ein Verständnis, wonach für die Zulassung einer Ausnahme besondere Umstände des Einzelfalls gegeben sein müssen, spricht ferner das generelle Verhältnis von Ausnahmevorschriften zu Verhaltenspflichten: Mit jenen soll regelmäßig Härten Rechnung getragen werden, die bei einer Befolgung der Pflichten im Einzelfall auftreten können. Die mit einer Normierung verbundene Abstraktion oder doch Verallgemeinerung kann zu einer Unausgewogenheit zwischen dem Regelungsinhalt und dem hinter der Regelung stehenden Schutzgut führen. Eine Regelung, die nicht für den konkreten Fall erfolgt, läuft immer Gefahr, Sachverhalten, die aus dem Rahmen fallen, nicht gerecht zu werden.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 14.7.1972 - 4 C 69.70 -, BVerwGE 40, 268 ff.

Damit wird das Wesen von Ausnahmevorschriften jedenfalls für den Regelfall zutreffend beschrieben, wenn das BVerwG diese Erwägungen auch zu der Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB formuliert hat. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist in diesem Zusammenhang unerheblich, dass die Regelung des § 7 der 21. BImSchV sich sowohl im Regelungsgegenstand als auch im Wortlaut von § 31 Abs. 1 bzw. § 31 Abs. 2 BauGB unterscheidet.

Gegen das Bestreben der Klägerin, eine Ausnahme von der Umrüstungsverpflichtung allein unter Hinweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wegen Schwierigkeiten, die alle Tankstellen oder jedenfalls ein großer Teil der Tankstellen zu bewältigen haben, zu erstreiten, spricht schließlich das systematische Argument, dass der Verordnungsgeber bei der Umrüstungsverpflichtung nach der 21. BImSchV dem Verhältnismäßigkeitsprinzip für den Regelfall bereits mit der Abstufung der Übergangsfristen, wie sie § 9 der 21. BImSchV vorgesehen ist, Rechnung getragen hat.

Kommt es nach allem maßgeblich auf die Situation im Einzelfall an, ist die begehrte Feststellung ohne Bedeutung für die andere Tankstellen betreffenden Verfahren. Es kann daher auf sich beruhen, ob der Hinweis auf andere Ordnungswidrigkeitenverfahren auch aus weiteren Gründen nicht zur Annahme des Feststellungsinteresses im vorliegenden Fall zu führen geeignet ist. Bedenken bestehen insoweit etwa deshalb, weil auch ein Obsiegen der Klägerin im vorliegenden Verfahren nichts daran ändern würde, dass die betreffenden anderen Tankstellen ohne Gasrückführung und ohne Ausnahmegenehmigung betrieben worden sind und damit gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 7 BImSchG i.V.m. § 8 Nr. 1 der 21. BImSchV ein Ordnungswidrigkeitentatbestand verwirklicht worden ist. Würde nachträglich festgestellt, dass eine - gar nicht erst beantragte oder bestandskräftig abgelehnte - Ausnahme wegen des Vorliegens der materiellen Voraussetzungen hätte zugelassen werden müssen ("Genehmigungsfähigkeit"), änderte dies an der Tatbestandsmäßigkeit des klägerischen Verhaltens nichts und bildete auch keinen Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgrund.

Ganz h.M., vgl. Cramer/Heine, in: Schönke/ Schröder, StGB, 26. Aufl. 2001, vor §§ 324 ff. Rn. 19, m.w.N.; Horn, in: Rudolphi/Horn/ Günther (Hrsg.), SK-StGB Bd. 2, Stand Juli 2001, vor § 324 Rn. 20; Tröndle/Fischer, StGB, 51. Aufl. 2003, vor § 324 Rn. 10 m.w.N.; Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg/ Stöckel (Hrsg.), KMR-StPO, Stand Januar 2003, § 359 Rn. 117, m.w.N.; Jarass, BImSchG, 6. Aufl. 2005, § 23 Rn. 11, § 62 Rn. 15; Feldhaus (Hrsg.), Bundesimmissionsschutzrecht, Bd. 1 - Teil I, 2. Auflage, Stand Oktober 2004, § 62 BImSchG Rn. 27; Weber, in: GK-BImSchG, Stand September 2000, vor § 62 Rn. 72, m.w.N.; OLG Hamburg, Urteil vom 23.11.1979 - 1 Ss 164/79 -, JZ 1980, 110; OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.4.1977 - 3 Ss 107/77 -, NJW 1978, 116.

Ob ein Strafaufhebungsgrund vorläge, wird uneinheitlich beurteilt.

Ablehnend Horn, a.a.O., vor § 324 Rn. 20; Kloepfer, Umweltrecht, 2. Aufl. 1998, § 7 Rn. 12, m.w.N.; bejahend Cramer/Heine, a.a.O., vor §§ 324 ff. Rn. 19; Weber, a.a.O., vor § 62 Rn. 73 m.w.N.

Eine derartige Wirkung einer Entscheidung für ein Ordnungswidrigkeitenverfahren, das eine ganz andere Tankstelle betrifft, dürfte schon vom Ansatz her ausscheiden.

2. Ein Feststellungsinteresse der Klägerin ist ferner nicht im Hinblick darauf gegeben, dass ihrem wegen des Weiterbetreibens der Tankstelle ohne Gasrückführung verurteilten Mitarbeiter Q. durch die begehrte Feststellung die Möglichkeit eröffnet würde, ein Wiederaufnahmeverfahren zu betreiben. Zwar kann ein Feststellungsinteresse gegeben sein, wenn der verwaltungsgerichtlichen Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts Bedeutung für ein eingeleitetes Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren zukommt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.1968 - VIII CB 45.67 -, Buchholz 310 § 113 VwGO, Nr. 38; OVG NRW, Beschluss vom 8.7.2004 - 13 B 1790/03 -; Kopp/Schenke, a.a.O., § 113 Rn. 139, m.w.N.; Gerhardt, a.a.O., § 113 Rn. 94.

Die Wiederaufnahme des Verfahrens des Herrn Q. aufgrund einer Sachentscheidung im vorliegenden Verfahren ist aber aus Rechtsgründen ausgeschlossen.

Die Wiederaufnahme eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens zugunsten des Betroffenen, die auf neue Tatschen und Beweismittel gestützt wird (§ 85 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 359 Nr. 5 StPO), ist gemäß § 85 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 OWiG nicht zulässig, wenn seit Rechtskraft der Bußgeldentscheidung drei Jahre verstrichen sind. Das ist hier der Fall. ... Bei der Frist des § 85 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 OWiG handelt es sich um eine absolute Ausschlussfrist.

Göhler, OWiG, 13. Aufl. 2002, § 85 Rn. 13, m.w.N.

Auch eine Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Herrn Q. nach § 85 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 359 Nr. 5 StPO kommt nicht in Betracht. Gemäß § 359 Nr. 4 StPO ist ein Wiederaufnahmegrund gegeben, wenn ein zivilgerichtliches Urteil, auf welches das Strafurteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urteil aufgehoben wird. Diese Voraussetzungen sind ersichtlich nicht erfüllt. Grundlage der Verurteilung des Herrn Q. zu einem Bußgeld war vielmehr, dass die 21. BImSchV, eine Rechtsverordnung, die fristgerechte Umrüstung von Tankstellen vorsah und ein Verwaltungsakt, durch den eine Verlängerung der Umrüstungsfrist hätte angeordnet werden können, gerade nicht erlassen worden war.

Eine ausdehnende Anwendung des Wiederaufnahmegrundes des § 359 Nr. 4 StPO auf diese Konstellation ist ausgeschlossen. Zwar wird die Bestimmung erweiternd auch dann angewandt, wenn die straf- bzw. ordnungswidrigkeitenrechtliche Verurteilung auf ein verwaltungsgerichtliches Urteil gründet.

Vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl., § 359 Rn. 17; ablehnend Eschelbach, a.a.O., § 359 Rn. 115, m.w.N.

Darüber hinaus wird erwogen, den Anwendungsbereich des § 359 Nr. 4 StPO weiter auf Fälle zu erstrecken, in denen das Strafurteil auf einem - später aufgehobenen - Verwaltungsakt beruht.

Vgl. Redeker/Dahs, DVBl. 1988, 809 (810); Horn, a.a.O., vor § 324 Rn. 20; dagegen Kleinknecht/ Meyer-Goßner, a.a.O., § 359 Rn. 17, m.w.N.

Bereits dies begegnet jedoch wegen der Exklusivität des Katalogs gesetzlicher Wiederaufnahmegründe Bedenken, nachdem damit über den Wortlaut des § 359 Nr. 4 StPO deutlich hinausgegangen wird. Zudem ist für ein Wiederaufnahmeverfahren die Rechtskraft der aufhebenden Entscheidung Voraussetzung; Verwaltungsakte können jedoch nicht in Rechtskraft erwachsen.

Eschelbach, a.a.O., § 359 Rn. 115, 117, m.w.N.

Jedenfalls aber ist es nicht zulässig, auch die - hier gegebene - Fallgestaltung, in der die Ordnungswidrigkeit darauf beruht, dass ein von einer generell bestehenden Verpflichtung befreiender Verwaltungsakt nicht erlassen worden ist, unter § 359 Nr. 4 StPO zu fassen. Dieses Verständnis wäre so weit vom Wortlaut der Vorschrift gelöst, dass dies nicht mehr mit dem abschließenden Charakter des gesetzlichen Katalogs der Wiederaufnahmegründe, der von der Rechtsprechung nicht zu erweitern ist, und dem Gebot der Rechtsmittelklarheit vereinbar wäre.

Vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., § 359 Rn. 1, m.w.N., und vor § 359 Rn. 1; Eschelbach, a.a.O., § 359 Rn. 115.

Dabei kann offen bleiben, ob für die Frage, ob ein Feststellungsinteresse mit Blick auf ein straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtliches Wiederaufnahmeverfahren gegeben ist, ein Offensichtlichkeitsmaßstab anzulegen ist. Daran ist zu denken, weil nach der Rechtsprechung des BVerwG in Fällen, in denen der Kläger einen zivilgerichtlichen Amtshaftungsprozess zu führen beabsichtigt, nur bei dessen offensichtlicher Aussichtslosigkeit ein Feststellungsinteresse verneint werden kann.

Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 29.4.1992 - 4 C 29.90 -, DVBl. 1992, 1230; abweichend für Ordnungswidrigkeitenverfahren allerdings BVerwG, Beschluss vom 16.10.1989 - 7 ER 620.89 -, juris.

Dass in einer Konstellation wie der vorliegenden ein Wiederaufnahmeverfahren nicht geführt werden kann, ist indessen offensichtlich und damit auch bei Anlegung dieses Maßstabs zu verneinen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Dreijahresfrist des § 85 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 OWiG überschritten ist; auch wird eine ausdehnende Anwendung des § 359 Nr. 4 StPO auch auf die hier gegebene Konstellation soweit ersichtlich zu Recht nicht vertreten.

3. Ein Feststellungsinteresse ist ferner nicht im Hinblick darauf anzuerkennen, dass durch die begehrte Feststellung die rufschädigende Wirkung einer Verurteilung zu einem Bußgeld teilweise wiedergutgemacht werden könnte.

Abzustellen ist dabei richtigerweise darauf, ob eine Rehabilitation mit Blick darauf geboten ist, dass die von der Klägerin begehrte Ausnahme gemäß § 7 der 21. BImSchV, um die es vorliegend allein geht, nicht zugelassen worden ist. Die Ablehnung einer solchen Ausnahmegenehmigung hat indessen keinerlei diskriminierenden Charakter.

Aber selbst wenn - worauf die Klägerin hinaus will - auf die Verurteilung wegen einer Ordnungswidrigkeit abgestellt würde, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, wäre ein Rehabilitationsinteresse nicht gegeben. Zum Einen ist nicht die Klägerin selbst verurteilt worden; das gegen sie gerichtete Verfallsverfahren ist vielmehr eingestellt worden. Dass die Verurteilung des Herrn Q. - eine andere steht nicht in Rede - den Ruf der Klägerin beschädigt hätte, ist aus mehreren Gründen nicht ersichtlich. Es ist davon auszugehen, dass außer den Verfahrensbeteiligten so gut wie niemand von dieser Verurteilung, der jede Öffentlichkeitswirksamkeit fehlte und die zudem noch mit der Klägerin in Verbindung zu bringen gewesen wäre, erfahren hat. Im Übrigen ist mit der Verhängung einer Geldbuße wegen einer Ordnungswidrigkeit ohnehin kein "sozialethisches Unwerturteil" verbunden, Vgl. Kloepfer, a.a.O., § 7 Rn. 71 m.w.N.; Lässig, NVwZ 1988, 410, m.w.N., das eine Rehabilitation nötig erscheinen lassen könnte.

Würde nachträglich festgestellt, dass die Ausnahmegenehmigung gemäß § 7 der 21. BImSchV zu erteilen gewesen wäre, würde das - wie oben ausgeführt - schließlich nichts an der Rechtmäßigkeit der Verurteilung des Herrn Q. zu einem Bußgeld ändern, so dass eine rufschädigende Wirkung derselben - so sie denn eingetreten wäre - allenfalls unvollkommen hätte wiedergutgemacht werden können.

II. Die Klage wäre im Übrigen nicht begründet. Die Ablehnung der Ausnahmegenehmigung gemäß § 7 der 21. BImSchV war rechtmäßig. Der Beklagte war nicht verpflichtet, die Frist zur Einrichtung eines Gasrückführungssystems betreffend die Tankstelle B. im Wege der Zulassung einer Ausnahme zu verlängern.

1. Die von der Klägerin beantragte Ausnahme war erforderlich (wird ausgeführt).

2. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 der 21. BImSchV für die Zulassung einer Ausnahme sind nicht erfüllt. Besondere Umstände des Einzelfalls, unter deren Berücksichtigung einzelne Anforderungen der Verordnung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand erfüllt werden können, sind nicht gegeben.

Wie oben dargelegt, ist Tatbestandsvoraussetzung für die Zulassung einer Ausnahme gemäß § 7 der 21. BImSchV das Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalls. Im Hinblick darauf, dass die diese Besonderheiten des konkreten Falls unter Verhältnismäßigkeitsgründen geeignet sein müssen, eine Ausnahme von der generell geltenden Umrüstungsverpflichtung und damit eine Besserstellung gegenüber anderen Tankstellenbetreibern zu rechtfertigen, ist ferner zu fordern, dass die besonderen Umstände des Einzelfalls nicht allein durch Entscheidungen des die Ausnahmegenehmigung Begehrenden selbst begründet worden sind. Der Tankstellenbetreiber hätte es sonst in der Hand, (mindestens) das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Ausnahmebestimmungen herbeizuführen, was Wettbewerbsverzerrungen befürchten ließe. Die Wendung "unter Berücksichtigung ..." lässt eine dahingehende Wertung schon auf der Tatbestandsseite zu.

In keinem der von der Klägerin vorgebrachten Gründe können besondere Umstände des Einzelfalls gesehen werden, die aus Verhältnismäßigkeitsgründen die Zulassung einer Ausnahme rechtfertigen.

Das gilt zunächst, soweit die Klägerin auf den hohen von ihr zu bewältigen Gesamtaufwand für ihr Tankstellennetz verweist. Hierin liegen bereits keine Umstände des Einzelfalls. Es handelt sich im Gegenteil um ein allein aus der Gesamtbetrachtung zu gewinnendes Argument, das sich für jede Tankstelle, die zu einem Mineralöl(groß)unternehmen gehört, und damit wohl für die Mehrzahl der Tankstellen in Deutschland als zutreffend darstellt, und bei dem zu unterstellen ist, dass es der Verordnungsgeber bei der von ihm getroffenen generellen Regelung berücksichtigt hat. Dem hohen Aufwand stehen dabei der Größe des Unternehmens entsprechende organisatorische Ressourcen gegenüber. Ähnliches gilt für die Einteilung der streitbefangenen Tankstelle in das "Programmjahr" 1996, bei der es sich zudem allein um eine unternehmerische Entscheidung der Klägerin handelt.

Erst recht traf die Umrüstungsverpflichtung nach der VAwS (Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe vom 12.8.1993, GV. NRW S. 676, geändert durch Verordnung vom 10.10.1994, GV. NRW S. 958) alle Tankstellen, so dass die Annahme besonderer Umstände des Einzelfalls gestützt hierauf von vornherein ausgeschlossen ist. Nach § 4 Abs. 1 i.V.m. Nr. 2.2 des Anhangs zu § 4 Abs. 1 VAwS müssen Tankstellen mit flüssigkeitsdichter Fahrbahn ausgestattet sein. Gemäß Fn. 3 Satz 2 zu Ziff. 2.2 des Anhangs zu § 4 Abs. 1 VAwS waren bestehende Tankstellen bis zum 31.12.1998 nachzurüsten. Weder der Wortlaut des § 7 der 21. BImSchV noch der Sinn dieser Regelung bieten eine Grundlage für die Forderung der Klägerin, allein wegen der hinzukommenden Verpflichtung, die Anforderungen nach der VAwS zu erfüllen, müsse die nach § 9 der 21. BImSchV einzuhaltende Pflicht generell verlängert werden. Jede der einzuhaltenden Fristen ist vielmehr für ihren Bereich maßgeblich. Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen, ob die Frist zur Erfüllung der Anforderungen aus der VAwS durch eine Rechtsnorm festgelegt und wenn ja, ob sie verhältnismäßig ist, obwohl die Möglichkeit der Fristverlängerung dabei nicht eröffnet ist, sind für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Bedeutung.

Soweit die Klägerin auf die Mehrkosten verweist, die bei getrennter Durchführung der Maßnahmen in Umsetzung der 21. BImSchV und der VAwS entstehen, hat das VG überdies zutreffend auf die Möglichkeit verwiesen, die aufgrund der VAwS durchzuführenden Maßnahmen vorzuziehen und es so zu vermeiden, dass Aufwendungen für die Installation der Gasrückführung bzw. der flüssigkeitsdichten Fahrbahn doppelt anfallen.

Gleichermaßen betrifft die von der Klägerin als wettbewerblich erforderlich bezeichnete Ausstattung der Tankstelle mit Mehrstoffzapfsäulen jedenfalls einen großen Teil der Tankstellen und macht die streitbefangene Tankstelle nicht zum atypischen Sonderfall. Im Übrigen rechtfertigt die Entscheidung der Klägerin, erst und gerade im Jahre 1997 an der Tankstelle Mehrstoffzapfsäulen zu installieren, als von ihr allein zu verantwortende unternehmerische Entscheidung nicht die Zulassung einer Ausnahme.

Auch der Umstand, dass vorliegend mittelbar ein kleines oder mittleres Tankstellenunternehmen betroffen sein mag, führt nicht zum Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 der 21. BImSchV. Zwar ist in der amtlichen Begründung zu § 7 der 21. BImSchV ausgeführt, ein unangemessener Aufwand im Zusammenhang mit der Erfüllung einzelner Anforderungen könne beispielsweise vorliegen, wenn kleine oder mittlere Tankstellenunternehmen durch die Umstellung besonders betroffen seien.

BR-Drs. 522/92, S. 19.

Soweit es um die Einhaltung der Vorgaben der 21. BImSchV geht, ist vorliegend unmittelbar ein kleines oder mittleres Unternehmen indes nicht betroffen, denn ausweislich des vorgelegten Vertrages liegen die tanktechnischen Einrichtungen sowie die Einholung darauf bezogener behördlicher Genehmigungen und damit die Erfüllung der in Rede stehenden Anforderungen im Verantwortungsbereich der Klägerin. Selbst wenn man ein mittelbares Betroffensein ausreichen lassen wollte, läge eine "besondere Betroffenheit" der X. KG, die die Zulassung einer Ausnahme rechtfertigte, deshalb nicht vor, weil die Verhandlungen der Klägerin mit ihrem Stützpunktpartner nach eigenen Angaben letztlich damit geendet haben, dass die Klägerin der X. KG Zuschüsse in Höhe von 191.000 DM zzgl. Umsatzsteuer gewährt hat, damit diese die von ihr durchzuführenden Umrüstungsmaßnahmen finanzieren konnte. Das zeigt, dass das hier in Rede stehende "kleine" Unternehmen erforderlichenfalls durch die Klägerin, einen großen Mineralölkonzern, Unterstützung erwarten konnte und sich damit nicht in der Situation eines üblichen kleinen oder mittleren Unternehmen befand.

Ende der Entscheidung

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