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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 26.02.2007
Aktenzeichen: 4 B 1552/06
Rechtsgebiete: GewO, SpielV


Vorschriften:

GewO § 33 c
GewO § 33 f
SpielV § 6 a
1. Ein Spielgerät, das nach seinem aktuellen Spielablauf als Gewinn spielzeitverlängernde Punkte und damit Berechtigungen zum Weiterspielen anbietet, ist gemäß § 6 a Satz 1 Buchst. a) SpielV verboten.

2. Zu diesem Verbot ist der Verordnungsgeber ermächtigt, weil es sich um ein Spielgerät mit Gewinnmöglichkeit handelt.


Tatbestand:

Der Antragsteller wandte sich gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Anordnung, durch die ihm die Aufstellung und der Betrieb von Unterhaltungsspielgeräten (Fun-Games) untersagt worden ist, weil sie die in der Verfügung näher bezeichneten Voraussetzungen des § 6 a Sätze 1 und 2 SpielV erfüllten. Dazu zählen nach den behördlich getroffenen Feststellungen die Spielgeräte "Magic Games", "Asterix 10000", "Asterix", "Fun City", "Multi Game II" und "Bingo". Diese von der Physikalisch-Technischen-Bundesanstalt nicht zugelassenen oder sonst geprüften Geräte bieten die Möglichkeit, Punkte zu gewinnen, die die Spielzeit verlängern, und verfügen über eine sogenannte Risikotaste zur Chancenerhöhung. Das VG lehnte das Rechtsschutzgesuch ab. Das OVG wies die dagegen erhobene Beschwerde zurück.

Gründe:

1. Die Aufstellung und der Betrieb der Geräte sind nach § 6 a Satz 1 Buchst. a) SpielV (Fassung der Bekanntmachung vom 27.1.2006, BGBl I S. 280) verboten.

Die Vorschrift betrifft Spielgeräte, die keine Bauartzulassung oder Erlaubnis nach den §§ 4, 5, 13 oder 14 SpielV erhalten haben oder die keiner Erlaubnis nach § 5 a SpielV bedürfen. Diese Voraussetzungen sind bei den hier in Rede stehenden Spielgeräten erfüllt.

Ihre Aufstellung und ihr Betrieb sind gemäß § 6 a Satz 1 Buchst. a) SpielV verboten, weil sie als Gewinne Berechtigungen zum Weiterspielen anbieten.

Die Geräte eröffnen dem Spieler die Möglichkeit, durch den Gewinn und die Ansammlung von Punkten die Spielzeit zu verlängern, und gewähren ihm damit eine Berechtigung zum Weiterspielen. Zudem kann das "Punktekonto" durch Betätigung der Risikotaste weiter erhöht werden. Der Umstand, dass weder in der Spielverordnung selbst noch in der Verordnungsbegründung, vgl. BR-Drucks. 655/05 vom 30.8. 2005, S. 17 f., Punktgewinne ausdrücklich erwähnt werden, spricht nicht für die Zulässigkeit solcher spielzeitverlängernden Berechtigungen.

So aber Odenthal, ZfWG 2006, 286, 288.

Der Verordnungsgeber hatte keine Veranlassung, die Ausweisung von Punktgewinnen als solche zu verbieten. Maßgeblich ist unter dem Gesichtspunkt der Eindämmung eines übermäßigen Spieltriebs allein, ob und gegebenenfalls wie sich diese Gewinne auf den weiteren Spielablauf auswirken. Insoweit lässt die Spielverordnung keinen Zweifel daran, dass Berechtigungen zum Weiterspielen ausnahmslos, also auch dann, wenn sie auf Punktgewinnen beruhen, unzulässig sind. Zulässig ist unter den näher bezeichneten Voraussetzungen des § 6 a Satz 3 SpielV allein der Gewinn von maximal sechs Freispielen; um solche Freispiele geht es vorliegend indessen nicht. In der Literatur wird allerdings die Auffassung vertreten, spielzeitverlängernde Punktgewinne seien unter Beachtung gewisser Grenzen den Freispielen gleichzusetzen.

So Odenthal, ZfWG 2006, 286, 288.

Dem kann nicht gefolgt werden. Der Wortsinn des § 6 a SpielV ist insoweit eindeutig, als er zwischen erlaubten Freispielen einerseits und verbotenen Berechtigungen zum Weiterspielen andererseits unterscheidet. Eine Regelungslücke in Bezug auf spielzeitverlängernde Punktgewinne, die - etwa durch eine entsprechende Anwendung des § 6 a Satz 3 SpielV - zu schließen wäre, liegt ebenfalls nicht vor.

2. Der Verordnungsgeber ist nach § 33 f Abs. 1 Nr. 2 GewO ermächtigt, in § 6 a Satz 1 Buchst. a) SpielV die Aufstellung und den Betrieb von solchen Spielgeräten zu verbieten, die als Gewinn Berechtigungen zum Weiterspielen anbieten. Er bestimmt mit dem Verbot den Umfang der Befugnisse und Verpflichtungen bei der Ausübung des Gewerbes. Dies dient in Fällen der vorliegenden Art der Durchführung des § 33 c GewO, weil es sich bei den hier in Rede stehenden Geräten um Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit handelt.

Zum Anwendungsbereich des § 6 a SpielV und zur Problematik der Verordnungsermächtigung vgl. auch Hahn, GewArch 2007, 1,2; ders. in: Friauf, GewO, Anhang 1 und 2 zu §§ 33 c bis 33 i, § 6 a SpielV, Rdnr. 1 und 2 (Stand: Februar 2007).

Sofern diese Geräte mit Blick auf das Inkrafttreten der neuen Spielverordnung zum 1.1.2006 umgerüstet worden sind, dürften sie allerdings nicht schon deshalb unter § 33 c GewO fallen, weil sie früher als Gewinnspielgeräte zu qualifizieren waren.

So aber: OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 8.5.2006 - 6 B 10359/06.OVG -, GewArch 2007, 38, Hess. VGH, Beschluss vom 23.3.2005 - 11 TG 175/05 -, GewArch 2005, 255, VG Gießen, Beschluss vom 12.7.2006 - 8 G 1644/06 -, juris, VG Neustadt, Beschluss vom 8.3.2006 - 4 L 180/06. NW -, juris; vgl. demgegenüber VG Dresden, Beschluss vom 6.7.2006 - 1 K 1186/06 -, GewArch 2006, 476; ferner Odenthal, ZfWG 2006, 286, 288/289 m.w.N..

Hierauf kommt es aber nicht entscheidend an, weil die Spielgeräte bei summarischer Prüfung heute Spielabläufe aufweisen, aufgrund derer sie als Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit, und zwar als Geldspielgeräte anzusehen sind.

Sie sind mit einer den Spielausgang beeinflussenden technischen Vorrichtung ausgestattet und bieten die Möglichkeit eines Gewinns im Sinne der Rechtsprechung des BVerwG.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.11.2005 - 6 C 8.05 -, NVwZ 2006, 600,

Bei reinen Unterhaltungsspielgeräten wird mit dem Einsatz das Spielendürfen bezahlt. Einen anderen Vorteil erhält der Spieler, abgesehen von Freispielen, nicht. Demgegenüber kann der Spieler bei den hier in Rede stehenden Geräten seinen Einsatz ganz oder teilweise dadurch wieder ausgleichen oder darüber hinaus sogar einen Ertrag erzielen, dass er Punkte gewinnt, die das Spiel verlängern. Er erhält damit geldwerte Vorteile, weil ihm Aufwendungen aus dem eigenen Vermögen, die er sonst für eine entsprechende Spielzeit in Gestalt eines weiteren entgeltlichen Einsatzes aufbringen müsste, erspart bleiben. Erzielt der Spieler einen Punktgewinn, der seinem Einsatz entspricht, so hat er immerhin wertmäßig den eingesetzten Geldbetrag, der ohne den Punktgewinn verloren gewesen wäre, zurückgewonnen.

Zur Berücksichtigung geldwerter Vorteile vgl. Hahn, in: Friauf, GewO, § 33 c Rdnr. 6 (Stand: Februar 2007) unter Hinweis auf VG Oldenburg, Beschluss vom 13.8.2003 - 12 B 1906/03 -, GewArch 2003, 421; ferner Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, § 33 c Rdnr.6 (Stand: November 2005).

Der Senat kann bei summarischer Prüfung auch nicht feststellen, dass es sich bei diesen geldwerten Vorteilen um solche von völlig untergeordneter Bedeutung handelt. Sie sind insbesondere nicht mit den Vorteilen vergleichbar, die in Gestalt von Freispielen gewährt werden. Auszugehen ist davon, dass nach allgemeiner Auffassung ein (Unterhaltungs-)Spielgerät nicht schon dadurch gleichsam automatisch zum Spielgerät mit Gewinnmöglichkeit wird, dass es Freispiele anbietet. Das kann aber nur dann gelten, wenn sich die Zahl der Freispiele in einem überschaubaren Rahmen hält, die Aussicht auf den Gewinn von Freispielen das Spiel also nicht beherrscht, sondern - wie etwa beim Flipper - der Spaß am Spiel selbst im Vordergrund steht. Insofern erscheint eine Zahl von maximal sechs Freispielen noch hinnehmbar.

Eine Spielzeitverlängerung, die durch den Gewinn und die Ansammlung von Punkten zustande kommt, ist damit aber nicht vergleichbar. Anders als bei Freispielen, die sich - wie § 6 a Satz 3 SpielV es zutreffend beschreibt - vom entgeltlichen Spiel trennen lassen, gehen durch Gewinnpunkte erzielte Spielzeitverlängerungen im entgeltlichen Spiel gleichsam auf. Eine Differenzierung zwischen bezahlter und gewonnener Spielzeit erfolgt nicht. Der Reiz des Spiel liegt nur noch darin, viele Punkte anzusammeln und dadurch die Spieldauer möglichst lange auszudehnen. Nicht mehr das Spielvergnügen als solches, sondern die Aussicht auf den Gewinn in Form spielzeitverlängernder Punkte prägt das Spielgeschehen. Bestätigt wird dies im Grunde dadurch, dass die Betreiber solcher Fun-Games nach dem Eindruck des Senats in jedem Falle an der Möglichkeit spielzeitverlängernder Punktgewinne festhalten wollen, obwohl eine Umstellung auf Freispiele durch Änderung der Software ohne größeren Aufwand möglich sein dürfte.

Ende der Entscheidung

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