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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 02.05.2003
Aktenzeichen: 6 A 2131/00
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

-
Zum Unterschied zwischen einer vor Erstellung der dienstlichen Beurteilung gebotenen Anhörung und einem Beurteilungsgespräch.

Die einem Vorgesetzten dauerhaft obliegende allgemeine Aufgabe, mit dem zu beurteilenden Beamten (fördernde) Gespräche über dessen Leistungen zu führen, gehört nicht zum Beurteilungsverfahren. Eine etwaige Verletzung dieser Aufgabe führt nicht zur Rechtswidrigkeit der dienstlichen Beurteilung.


Tatbestand:

Der Kläger wendete sich gegen eine dienstliche Beurteilung. Die im Beurteilungsverfahren angewandten Beurteilungsrichtlinien für die dienstliche Beurteilung der Beamten im Geschäftsbereich des Innenministeriums NRW - BRL - (Runderlass des Innenministeriums vom 25.5.1991 - II A 1 - 1.39.51 - 1/91, MBl. NRW 1991, 786) sahen vor, dass der Beurteiler die zu beurteilenden Beamten vor der Beurteilung anhörte und dass der Vorgesetzte im Beurteilungszeitraum mit diesen Gespräche über deren Leistungen führte. Nach erfolgloser Klage vor dem VG rügte der Kläger in seinem Antrag auf Zulassung der Berufung u.a., das VG habe ohne Beweisaufnahme unterstellt, das vor der Beurteilung erforderliche "Beurteilungsgespräch" habe stattgefunden. Außerdem sei das VG ohne weitere Aufklärung davon ausgegangen, der Vorgesetzte habe mit ihm im Beurteilungszeitraum Erörterungsgespräche geführt. Beides sei von ihm ausdrücklich bestritten worden. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hatte keinen Erfolg.

Gründe:

Mit seinem Einwand, das VG hätte im Wege der Beweisaufnahme aufklären müssen, ob das gemäß Nr. 10.1 BRL "notwendige Gespräch" zu Beginn des Beurteilungsverfahrens stattgefunden hat, weil das Fehlen dieses "Gesprächs" entgegen der Auffassung des VG nicht im Widerspruchsverfahren heilbar sei, legt der Kläger keinen Grund für die Zulassung der Berufung dar. Er verkennt nämlich bereits den vom VG unter Bezugnahme auf Nr. 10.1 BRL vertretenen rechtlichen Ansatzpunkt. Nach der in Bezug genommenen Verfahrensvorschrift ist der Beamte zu Beginn des Beurteilungsverfahrens durch den Erstbeurteiler anzuhören. Ohne dass dies vom Kläger angegriffen worden wäre, hat das VG dieses Anhörungsgebot konkretisiert als Gebot der "Gelegenheit zur Stellungnahme". Anders als in zeitlich nachfolgenden und auch den aktuellen Beurteilungsrichtlinien (vgl. Runderlass des Innenministeriums vom 12.12.2001, MBl. NRW 2002, 56) - dort Nr. 12.3 - war nach den hier einschlägigen Beurteilungsrichtlinien aus dem Jahre 1991 kein Beurteilungsgespräch zu Beginn des Beurteilungsverfahrens erforderlich, sondern eine Anhörung. Der Einwand des Klägers, dass ein Beurteilungsgespräch im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nicht nachholbar sei, mag berechtigt sein, vgl. dazu Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und Richter, 3. Aufl. März 2003, Teil B V Rdnr. 317, Fn 162 a; a.A.: OVG Rh.-Pf., Urteil vom 19.6.1991 - 2 A 12437/90.OVG -, ZBR 1992, 210, 211, verfehlt deshalb aber den rechtlichen Ausgangspunkt des VG. Dieses ist davon ausgegangen, dass eine Anhörung im Sinne einer "Gelegenheit zur Stellungnahme" mit der Durchführung des Widerspruchsverfahrens nachgeholt werden kann. Dem ist der Kläger weder mit seinen Darlegungen zum Erfordernis eines Beurteilungsgesprächs noch im Übrigen stichhaltig entgegengetreten.

Zu der Frage, ob die Erörterungsgespräche gemäß Nr. 1 BRL stattgefunden haben, legt der Kläger keine Gründe dar, die eine Zulassung der Berufung rechtfertigen. Entgegen seinem Vorbringen hat das VG nicht unterstellt, die Gespräche nach Nr. 1 BRL hätten stattgegefunden. Das angefochtene Urteil enthält zu dieser Frage keine Ausführungen; vielmehr hat sich das VG ausdrücklich allein mit dem Verfahrenserfordernis der Anhörung nach Nr. 10.1 BRL auseinandergesetzt (...). Ein Eingehen auf die Erörterungsgespräche nach Nr. 1 BRL war auch nicht geboten, weil durch ein etwaiges Fehlen dieser Gespräche die Rechtmäßigkeit einer Beurteilung nicht berührt wird. Die Vorgaben in Nr. 1 BRL umschreiben u.a. allgemein die während des gesamten Beurteilungszeitraums geltenden Aufgaben "jedes Vorgesetzten". Danach ist es dessen dauernde Aufgabe, mit seinen Mitarbeitern Arbeitsziele sowie Probleme der Zusammenarbeit und der Leistung zu erörtern. Es soll herausgestellt werden, wo die starken Seiten des Mitarbeiters liegen, sachlich notwendige Kritik geübt und aufgezeigt werden, wie der Mitarbeiter etwa noch vorhandene Mängel beheben und seine Leistungen verbessern kann. Diese allgemeinen Aufgaben eines Vorgesetzten gehören nicht zum Beurteilungsverfahren. Sie gehören vielmehr zu den Pflichten, die ein Vorgesetzter im Rahmen einer ordnungsgemäßen Mitarbeiterführung und -förderung hat. Kommt ein Vorgesetzter diesen Aufgaben nicht oder nicht hinreichend nach, verletzt er gegebenenfalls die ihm im Rahmen der Fürsorgepflicht obliegenden Förderungspflichten, was unter Umständen zu einem Schadensersatzanspruch des Beamten führen kann. Auf die Rechtmäßigkeit einer dienstlichen Beurteilung hat eine derartige Pflichtverletzung demgegenüber keinen Einfluss.

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