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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 27.04.2006
Aktenzeichen: 6 A 2267/04
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

1. Erfolglose Klage eines Studienrates gegen die Weisung des Schulleiters, im Schuljahr 2000/2001 die Aufgaben eines Klassenlehrers zu übernehmen.

2. Dass ein Lehrer einer hohen Arbeitszeitbelastung unterworfen ist, schließt es nicht aus, ihm die mit zusätzlicher Arbeit verbundene Leitung einer Klasse zuzumuten, wenn dies aus dienstlichen Gründen erforderlich ist.


Tatbestand:

Der Kläger ist als Studienrat an einem Gymnasium tätig. Nachdem er sich unter Verweis auf seine hohe Arbeitsbelastung geweigert hatte, eine Klassenleitung zu übernehmen, wies ihn der Schulleiter an, die Aufgaben eines Klassenlehrers für die Klasse 8b im Schuljahr 2000/2001 wahrzunehmen. Die gegen diese Anweisung gerichtete Klage blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg.

Gründe:

Aus den im Zulassungsverfahren dargelegten Gründen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Das VG hat angenommen, dass die Verfügung des Schulleiters des Städtischen L.-Gymnasiums vom 31.8.2000, mit der dieser den Kläger angewiesen hat, die Aufgaben eines Klassenlehrers für die Klasse 8b im Schuljahr 2000/2001 weiterhin wahrzunehmen, rechtmäßig sei und den Kläger nicht in seinen Rechten verletze. Diese im Einzelnen umfangreich begründete Annahme ist auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens nicht zu beanstanden.

Die pauschale Behauptung des Klägers, das VG habe sich mit seiner Argumentation nicht ernsthaft auseinandergesetzt, stellt für sich genommen die Richtigkeit des Entscheidungsergebnisses - auf das es hier allein ankommt - nicht in Frage. Im Übrigen trifft die Behauptung nicht zu, denn das VG hat sich - soweit es dies von seinem Rechtsstandpunkt aus für erforderlich hielt - mit den Ausführungen des Klägers ausdrücklich befasst. Dass sich nicht alle Argumente aus dem Klagevortrag in den Urteilsgründen detailliert wiederfinden, bedeutet zudem nicht, dass diese Argumente bei der Entscheidungsfindung nicht auf ihre Entscheidungsrelevanz untersucht und berücksichtigt worden sind.

Zweifelhaft ist die Richtigkeit des angefochtenen Urteils auch nicht insoweit, als das VG unter Berufung auf den von ihm angenommenen beschränkten Prüfungsrahmen davon ausgegangen ist, dass der Schulleiter des Städtischen L.-Gymnasiums im Schuljahr 2000/2001 seiner Verpflichtung gerecht geworden sei, die wahrzunehmenden Aufgaben möglichst gleichmäßig unter den Lehrkräften der Schule zu verteilen.

Der Kläger bemängelt zwar, dass sich das VG bei dieser Einschätzung ausschließlich auf die schriftliche Stellungnahme des Schulleiters vom 2.8.2000 bezogen, diese ungeprüft übernommen und ihn - den Kläger - nicht zur Substanziierung seines gegenteiligen Vortrages aufgefordert habe, doch hat er damit keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung dargetan. Das VG hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass es allein dem pflichtgemäßen Ermessen des Schulleiters obliege, die für oder gegen die Übertragung der Aufgaben eines Klassenlehrers sprechenden Umstände zu gewichten und etwa diejenigen Lehrer von der Klassenleitung freizustellen, denen sonstige zusätzliche Aufgaben übertragen seien, deren unterrichtlicher Einsatz die Übertragung der Klassenleitung als nicht zweckmäßig erscheinen lasse oder bei denen beachtliche persönliche Gründe entgegenstünden. Bei der Gewichtung der jeweiligen Umstände sei dem Schulleiter zudem eine Einschätzungsprärogative zuzubilligen, die gerichtlich nur in engen Grenzen überprüfbar sei. Diesen grundlegenden Annahmen ist der Kläger mit dem Zulassungsantrag nicht entgegengetreten. Auch die weitere - näher begründete - Annahme des VG, Ermessensfehler seien im Zusammenhang mit der für das Schuljahr 2000/2001 erfolgten Aufgabenverteilung nicht ersichtlich, wird durch die oben beschriebenen Einwände des Klägers nicht erschüttert. Das VG hatte - auch unter Berücksichtigung des Klagevortrags - keine Veranlassung, an der inhaltlichen Richtigkeit des an die Bezirksregierung gerichteten Schreibens des Schulleiters vom 2.8.2000 zu zweifeln. In diesem Schreiben hat der Schulleiter zur Aufgabenverteilung insbesondere ausgeführt, dass im fraglichen Schuljahr alle Lehrer und Lehrerinnen, die vollständige Lerngruppen mindestens ein ganzes Schuljahr unterrichten könnten, mit einer Klassen- oder Jahrgangsstufenleitung betraut oder als Stellvertreter eingesetzt würden. Dass die vom Kläger benannten weniger belasteten Kollegen und Kolleginnen im Schuljahr 2000/2001 eine vollständige Lerngruppe mindestens ein ganzes Schuljahr hätten unterrichten können und auch nach den sonstigen Umständen für die Übernahme einer Klassenleitung geeignet gewesen wären, hat der Kläger nicht substanziiert dargelegt, sodass das VG auch nicht gehalten war, zur Aufklärung möglicher Widersprüche den Schulleiter als Zeugen zu vernehmen. Einer Aufforderung des Klägers zur Substanziierung seines Klagevorbringens bedurfte es ebenfalls nicht. Laut Sitzungsprotokoll vom 9.3.2004 ist die Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung erörtert und dem Kläger anschließend Gelegenheit gegeben worden, seinen Klageantrag zu begründen.

Soweit der Kläger schließlich die wertende Beurteilung des VG angreift, ihm werde durch seine Bestimmung zum Klassenlehrer keine unzumutbare Mehrbelastung auferlegt, verkennt der Senat nicht, dass die Lehrkräfte an einer Schule bei tatsächlicher Betrachtung unterschiedlichen Arbeitszeitbelastungen unterliegen und diese Unterschiede erheblich sein können. Diese Unterschiede in der Arbeitszeitbelastung ergeben sich vor allem aus den jeweils unterrichteten Fächern und dem damit verbundenen Aufwand für Korrekturen sowie für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts. Darüber hinaus können beispielsweise die Zusammensetzung der unterrichteten Lerngruppen, die (freiwillige) Übernahme sonstiger Aufgaben oder die Anforderungen, die der einzelne Lehrer selbst in qualitativer Hinsicht an seine Arbeit stellt, eine wesentliche Rolle spielen. Die im Berufsalltag tatsächlich festzustellenden unterschiedlichen Arbeitszeitbelastungen der Lehrkräfte können Anlass für eine Reduzierung der Pflichtstundenzahl geben (vgl. zuletzt OVG NRW, Beschluss vom 24.2. 2005 - 6 A 4527/02 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 21.9.2005 - 2 B 25.05 -), müssen aber nicht zwingend durch die Entbindung von Klassenlehreraufgaben ausgeglichen werden.

Der Senat geht auf Grund des Akteninhalts davon aus, dass der Kläger ein engagierter Lehrer mit hohem pädagogischen Anspruch und insgesamt einer erheblichen Arbeitszeitbelastung unterworfen ist. Das schließt es indes nicht aus, ihm - wie auch anderen ebenso stark oder sogar stärker belasteten Kollegen - die mit zusätzlicher Arbeit verbundene Leitung einer Klasse zuzumuten, wenn dies - wie im Schuljahr 2000/2001 - aus dienstlichen Gründen erforderlich ist. Sollte die individuelle Belastungssituation derart angespannt sein, wie sie der Kläger für sich selbst schildert, kann von einem Lehrer verlangt werden, bei den außerhalb des Unterrichts anfallenden Tätigkeiten Schwerpunkte zu setzen und gegebenenfalls selbst definierte Qualitätsanforderungen zurückzustellen, um seine Dienstpflichten innerhalb der für ihn geltenden regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen zu können.

Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die durch eine Klassenleitung bedingte Mehrbelastung dem Kläger im Schuljahr 2000/2001 aus Krankheitsgründen nicht zumutbar war - der Kläger verweist in seinem Zulassungsantrag lediglich pauschal auf Tinnitus, Herzrhythmusbeschwerden und hohen Blutdruck - liegen nicht vor. Dass die angesprochenen Erkrankungen seine Leistungsfähigkeit im fraglichen Schuljahr trotz medizinischer Behandlung spürbar beeinträchtigt haben, hat der Kläger nicht einmal ansatzweise belegt. Zudem hat der Schulleiter - wie das VG zutreffend ausgeführt hat - der individuellen Belastungssituation des Klägers dadurch Rechnung getragen, dass er ihn nicht in der Oberstufe und darüber hinaus in parallelen Lerngruppen eingesetzt hat.

Ende der Entscheidung

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