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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 26.07.2004
Aktenzeichen: 6 B 1228/04
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 67 Abs. 1
1. Der Vertretungszwang nach § 67 Abs. 1 VwGO gilt in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes schon für die Einlegung der Beschwerde beim VG, und zwar auch dann, wenn mit der Beschwerde noch kein Antrag gestellt wird.

2. Zur Heranziehung älterer dienstlicher Beurteilungen im Rahmen der Auswahlentscheidung bei der Besetzung eines Beförderungsdienstpostens (im Anschluss an BVerwG, Urteile vom 19.12.2002 - 2 C 31.01 - DÖD 2003, 200, vom 27.2.2003 - 2 C 16.02 -, DÖD 2003, 202, und vom 21.8.2003 - 2 C 14.02 -).

3. Bei Mitbewerbern mit nach dem Gesamturteil gleichwertigen Vorbeurteilungen, die teils in der 1., teils in der 2. Säule des gehobenen Polizeidienstes erzielt worden sind, darf der Dienstherr den Angehörigen der 2. Säule den Vorzug geben.


Tatbestand:

Der Antragsteller und der Beigeladene, die als Oberkommissare im Polizeivollzugsdienst stehen, konkurrieren um eine Beförderungsstelle nach der Besoldungsgruppe A 11 BBesO (Hauptkommissar) beim Polizeipräsidium A. Das VG untersagte dem Dienstherrn (Antragsgegner) im Wege der einstweiligen Anordnung, die Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden sei. Die Beschwerde des Beigeladenen hatte Erfolg. Die vom Antragsgegner eingelegte Beschwerde wurde als unzulässig verworfen.

Gründe:

I. Die Beschwerde des Antragsgegners ist unzulässig, weil die mit Schriftsatz vom 7.6.2004 eingelegte Beschwerde nicht dem Vertretungserfordernis des § 67 Abs. 1 VwGO genügt und dieser Mangel innerhalb der Beschwerdefrist nicht geheilt worden ist.

Nach § 67 Abs. 1 Satz 1 VwGO muss sich vor dem OVG jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit der Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt u. a. auch für Beschwerden und sonstige Nebenverfahren, in denen in der Hauptsache Vertretungszwang besteht, mit Ausnahme der Beschwerde gegen Beschlüsse in Verfahren der Prozesskostenhilfe (§ 67 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied angehören, vertreten lassen (§ 67 Abs. 1 Satz 3 VwGO).

Diesen Anforderungen entspricht die am 8.6.2004 beim VG vorab per Telefax eingegangene Beschwerdeschrift vom 7.6.2004 nicht, denn der Unterzeichner der Beschwerdeschrift, Leitender Polizeidirektor B, gehört nicht zu dem nach § 67 Abs. 1 VwGO vertretungsberechtigten Personenkreis. Dies hat zur Folge, dass die Einlegung der Beschwerde unwirksam ist.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2.6.2004 - 6 B 1012/04 -.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners und des Beigeladenen erfasst der Vertretungszwang schon die Einlegung der Beschwerde beim VG, und zwar auch dann, wenn mit der Beschwerde noch kein Antrag gestellt wird. Dies entspricht der im Gesetzgebungsverfahren mit der Änderung des § 67 Abs. 1 Satz 2 VwGO verfolgten Absicht (vgl. BT-Drs. 14/7744 S. 1). Eine Unterscheidung nach einer ohne Vertretungszwang möglichen Einlegung der Beschwerde und deren Begründung nebst Stellung eines Sachantrages vor dem OVG durch eine nach § 67 Abs. 1 VwGO vertretungsberechtigte Person macht im Übrigen auch keinen Sinn, weil das VG zu einer Abhilfeentscheidung nicht berechtigt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 5 2. Halbsatz VwGO).

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23.3.2004 - 22 B 307/04 -.

Der Senat geht deshalb in ständiger Praxis davon aus, dass in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bereits für die Einlegung der Beschwerde der Vertretungszwang gilt.

So auch OVG NRW, Beschlüsse vom 19.9. 2003 - 10 B 1904/03 - und vom 6.2.2004 - 13 B 219/04 -; Nds.OVG, Beschluss vom 19.5.2003 - 8 ME 75/03 -, NVwZ-RR 2003, 691; Bader, in: Bader u.a., VwGO, 2. Aufl., § 67 RdNr. 14; Seibert, NVwZ 2002, 269; a.A. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., RdNrn. 19 ff.

Der vorbezeichnete Mangel ist weder durch den von Herrn C, einem nach § 67 Abs. 1 Satz 3 VwGO vertretungsberechtigten Beamten, unterzeichneten Schriftsatz vom 22.6.2004, der den Sachantrag und die Beschwerdebegründung enthält, noch durch die weitere "vorsorgliche" Beschwerdeeinlegung durch Herrn C (Schriftsatz vom 29.6.2004) geheilt worden, weil die Beschwerdefrist bei Eingang der genannten Schriftsätze bereits abgelaufen war. Da der angefochtene Beschluss des VG dem Antragsgegner am 28.5.2004 zugestellt worden ist, endete die zweiwöchige Beschwerdefrist (§ 147 Abs. 1 VwGO) am Freitag, dem 11.6.2004.

Die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO gilt hier nicht, denn dem Antragsgegner ist - entgegen seiner nicht näher begründeten Auffassung - keine unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt worden.

Unrichtig erteilt ist eine Rechtsmittelbelehrung, wenn die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben fehlen oder wenn sie unrichtige oder irreführende Zusätze enthält, die generell geeignet sind, die Einlegung des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs nennenswert zu erschweren, etwa indem sie bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen und/oder die materiellen Voraussetzungen des Rechtsmittels hervorrufen und diesen davon abhalten können, das Rechtsmittel - überhaupt, rechtzeitig oder in geeigneter Weise - einzulegen.

Vgl. BVerwG, st. Rspr, z. B. Urteile vom 21.3.2002 - 4 C 2.01 -, DVBl. 2002, 1553, und vom 13. 12.1978 - 6 C 77.78 -, BVerwGE 57, 188.

Die dem Beschluss des VG vom 24.5.2004 beigefügte Rechtsmittelbelehrung belehrt - wie es § 58 Abs. 1 VwGO fordert - über den Rechtsbehelf, das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz des Gerichts und die einzuhaltende Frist für die Einlegung der Beschwerde und die Beschwerdebegründung. Sie belehrt ferner - unter Wiedergabe des Gesetzeswortlauts - über den Inhalt der Begründungspflicht (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) und enthält einen zutreffenden Hinweis auf das Vertretungsgebot nach § 67 Abs. 1 VwGO. Weshalb diese Rechtsmittelbelehrung - wie der Antragsgegner meint - nicht den Erfordernissen des § 58 VwGO entsprechen soll, ist dem Senat unerfindlich.

II. Die Beschwerde des Beigeladenen hat dagegen Erfolg. Sie ist zulässig und begründet.

Der Antragsteller und der Beigeladene verrichten als Oberkommissare der Besoldungsgruppe A 10 BBesO Dienst beim Polizeipräsidium A. Der Antragsteller nahm 1993 an einem Verfahren zur Auswahl lebensälterer Kommissarbewerber teil, wurde aber aufgrund des ihm bescheinigten "Rangordnungswertes" nicht zum nächsten Aufstiegslehrgang zugelassen. Im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtete das VG den Antragsgegner, den Antragsteller zu dem anstehenden Aufstiegslehrgang mit anschließender II. Fachprüfung für Lebensältere zuzulassen. Der Antragsteller nahm an dem Aufstiegslehrgang teil und legte die Fachprüfung mit Erfolg ab. Mit Wirkung vom 24.5.1995 wurde der Antragsteller auf der Grundlage eines Erlasses des Innenministeriums, der einen prüfungsfreien Aufstieg bis zu einem Amt der Besoldungsgruppe A 11 BBesO ermöglichte, zum Polizeikommissar ernannt. Am 15.10.1997 wurde er zum Polizeioberkommissar befördert. Nachdem das BVerwG in dem Hauptsacheverfahren wegen der Zulassung zum Aufstiegslehrgang durch Urteil vom 12.4.2001 - 2 C 8.00 - festgestellt hatte, dass sich das Verfahren mit dem Bestehen der II. Fachprüfung durch den Antragsteller in der Hauptsache erledigt habe, teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit Schreiben vom 22.11.2001 mit, dass er ihn mit sofortiger Wirkung als Beamten des gehobenen Polizeivollzugsdienstes der "Zweiten Säule" führen werde.

Der Beigeladene wurde nach Bestehen der II. Fachprüfung am 3.4.1995 zum Polizeikommissar ernannt und am 17.11.1999 zum Polizeioberkommissar befördert.

Die letzten dienstlichen Regelbeurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen zum Beurteilungsstichtag 1.6.2002 haben das Beurteilungsergebnis "Die Leistung und Befähigung ... übertreffen die Anforderungen" (4 Punkte). Die vorangegangenen Regelbeurteilungen unterscheiden sich im Beurteilungsergebnis. Der Antragsteller erhielt in der Regelbeurteilung vom 26.5.2000 (Beurteilungszeitraum 1.7.1997 bis 31. 12.1999) das Beurteilungsergebnis "Die Leistung und Befähigung ... übertreffen die Anforderungen" (4 Punkte). Dem Beigeladenen wurde in seiner Regelbeurteilung zum Beurteilungsstichtag 1.6.1999 das Beurteilungsergebnis "Die Leistung und Befähigung ... übertreffen die Anforderungen in besonderem Maße" (5 Punkte) zuerkannt.

Das Polizeipräsidium A sieht den Beigeladenen nach den Ergebnissen der Vorbeurteilungen als noch höher qualifiziert als den Antragsteller an. Es hat hierzu dem Antragsteller mit Schreiben vom 10.2.2004 mitgeteilt, dass die zurückliegende Beurteilung aus der 1. Säule vom Stichtag 1.1.2000 mit 4 Punkten im Amt der Besoldungsgruppe A 10 nicht als leistungsgleich mit einer 4-Punkte-Beurteilung im Statusamt A 10 in der 2. Säule bzw. - wie hier vorliegend - einer Beurteilung mit 5 Punkten im Statusamt A 9 in der 2. Säule angesehen werden könne.

Auf den Antrag des Antragstellers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat das VG dem Antragsgegner durch den angefochtenen Beschluss im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die dem Polizeipräsidium A zum 1.2.2004 zugewiesene Stelle der Besoldungsgruppe A 11 BBesO (2. Säule) mit dem Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist. Der Antragsteller habe glaubhaft gemacht, dass ihm neben einem Anordnungsgrund auch der geltend gemachte Anordnungsanspruch zustehe. Die vom Antragsgegner beabsichtigte Beförderung des Beigeladenen begegne bei summarischer Überprüfung durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil der Antragsgegner sein Auswahlermessen fehlerhaft ausgeübt habe. Die vom Polizeipräsidium A im Fall der Konkurrenz von "PAC-Beamten" und Beamten mit II. Fachprüfung vorgenommene Bewertung, das Gesamturteil von 4 Punkten in der Vorbeurteilung des Antragstellers aus dem Amt der Besoldungsgruppe A 10 der 1. Säule sei nicht als leistungsgleich mit demselben Gesamturteil in einer Beurteilung der Besoldungsgruppe A 10 der 2. Säule anzusehen und dementsprechend sei die 5-Punkte-Beurteilung des Beigeladenen im Amt der Besoldungsgruppe A 9 der 2. Säule als leistungsstärker zu bewerten, sei rechtlich nicht vertretbar. Diese Betrachtungsweise führe jedenfalls zu einer Benachteiligung der Beamten der 1. Säule, die wie der Antragsteller bereits 1993 an einem Auswahlverfahren zum Aufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst teilgenommen hätten.

Die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung, welche auf die mit der Beschwerde des Beigeladenen dargelegten Gründe beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO), führt zu einem Erfolg des Rechtsmittels. Ein Anordnungsanspruch des Antragstellers ist entgegen der Auffassung des VG zu verneinen. Die Entscheidung des Antragsgegners, die dem Polizeipräsidium A zum 1.2.2004 zugewiesene Stelle der Besoldungsgruppe A 11 BBesO (2. Säule) mit dem Beigeladenen zu besetzen, ist nach der in Verfahren der vorliegenden Art vorzunehmenden summarischen Prüfung rechtlich nicht zu beanstanden.

Die vom Antragsgegner getroffene Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen steht mit der neueren Rechtsprechung des BVerwG,

vgl. Urteile vom 19.12.2002 - 2 C 31.01 -, DÖD 2003, 200, vom 27.2.2003 - 2 C 16.02 -, DÖD 2003, 202, und vom 21.8.2003 - 2 C 14.02 -,

im Einklang. Hiernach sind für Auswahlentscheidungen in erster Linie aktuelle Beurteilungen maßgebend, die den gegenwärtigen Leistungsstand wiedergeben. Ältere dienstliche Beurteilungen können daneben als zusätzliche Erkenntnismittel berücksichtigt werden. Sie stellen keine Hilfskriterien für die Auswahlentscheidung dar. Es handelt sich vielmehr um Erkenntnisse, die über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beurteilten Aufschluss geben und die deswegen gegenüber Hilfskriterien vorrangig heranzuziehen sind. Zwar verhalten sie sich nicht zum aktuell erreichten Leistungsstand im gegenwärtigen statusrechtlichen Amt. Gleichwohl können sie Rückschlüsse und Prognosen über die künftige Bewährung in einem Beförderungsamt ermöglichen. Sie können im Rahmen einer Gesamtwürdigung der vorhandenen dienstlichen Beurteilungen positive oder negative Entwicklungstendenzen aufzeigen. Das gilt auch für in früheren Beurteilungen enthaltene Einzelaussagen über Charaktereigenschaften, Kenntnisse, Fähigkeiten, Verwendungen und Leistungen. Die zusätzliche Berücksichtigung vorangegangener dienstlicher Beurteilungen bei der Auswahl ist deswegen mit Blick auf Art. 33 Abs. 2 GG geboten, wenn eine Stichentscheidung unter zwei oder mehr aktuell im Wesentlichen gleich beurteilten Beamten zu treffen ist.

Zwar muss nach der Rechtsprechung des Senats bei einer Auswahlentscheidung nicht immer ein chronologisch rückwärts gerichteter Vergleich älterer Beurteilungen zwingend den Ausschlag geben. Vielmehr kommt es darauf an, ob die den Konkurrenten früher erteilten Beurteilungen miteinander vergleichbar sind und inwieweit sie Aufschluss darüber geben, wer für die zu besetzende Stelle besser qualifiziert ist.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17.12.2003 - 6 B 2172/03 - , vom 22.12.2003 - 6 B 2321/03 - und vom 21.4.2004 - 6 B 71/04 -.

Diesen Maßgaben genügt die zu Gunsten des Beigeladenen getroffene Beförderungsentscheidung.

Der Antragsgegner leitet einen Qualifikationsvorsprung des Beigeladenen gegenüber seinem Konkurrenten, dem Antragsteller, aus einem wertenden Vergleich der den aktuellen Beurteilungen vorausgegangenen Regelbeurteilungen her. Dies ist vor dem Hintergrund, dass die aktuellen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen mit dem gleichen Beurteilungsergebnis abschließen und sich eine inhaltliche Ausschöpfung der aktuellen Regelbeurteilungen nach Aktenlage nicht aufdrängt, rechtlich nicht zu beanstanden.

Entgegen der Auffassung des VG hält sich die durch das Polizeipräsidium A vorgenommene Bewertung, die mit dem Beurteilungsergebnis von 5 Punkten abschließende Beurteilung des Beigeladenen im Amt der Besoldungsgruppe A 9 der 2. Säule sei gegenüber der 4-Punkte-Beurteilung des Antragstellers im Amt der Besoldungsgruppe A 10 der 1. Säule als leistungsstärker zu bewerten, im Rahmen des dem Dienstherrn eingeräumten, gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraums. Im gedanklichen Ausgangspunkt hat der Antragsgegner zunächst die 5-Punkte-Beurteilung des Beigeladenen im Amt der Besoldungsgruppe A 9 (2. Säule) rechtlich bedenkenfrei einer Beurteilung mit 4 Punkten im statusrechtlich höheren Amt der Besoldungsgruppe A 10 (2. Säule) gleichgestellt. Auf dieser Grundlage hat der Antragsgegner sodann in einem zweiten gedanklichen Schritt die Beurteilung des Antragstellers, die im Amt der Besoldungsgruppe A 10 während seiner Zugehörigkeit zur 1. Säule erteilt worden ist, gegenüber einer Beurteilung im Amt der Besoldungsgruppe A 10 (2. Säule) als geringerwertig angesehen. Auch dagegen lässt sich von Rechts wegen nichts einwenden. Die Erwägung des VG, diese Betrachtungsweise werde dem Umstand nicht gerecht, dass der Antragsteller bereits 1994 den Befähigungsnachweis für den Laufbahnabschnitt II erbracht habe, hält der Senat nicht für stichhaltig. Im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang geht es nicht um die Frage, seit wann der Antragsteller die Voraussetzungen für eine Führung in der 2. Säule erbracht hat, sondern allein darum, welcher objektive Aussagewert der Regelbeurteilung vom 26.5.2000 beizumessen ist. Insoweit ist allein maßgebend, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt der Beurteilung in der 1. Säule geführt wurde und daher tatsächlich dem Beurteilungsmaßstab in einer anderen Vergleichsgruppe unterlag. Da es auf den objektiven Aussagewert der Beurteilung in Bezug auf den Leistungsgrundsatz ankommt, ist auch kein Raum für den Gesichtspunkt des "Nachteilsausgleichs" in Anknüpfung an die "verspätete" Aufnahme des Antragstellers in die 2. Säule.

Der vergleichenden Gewichtung der Beurteilungen durch den Antragsgegner liegt die zutreffende Annahme zugrunde, dass die in der 1. Säule geführten Beamten des gehobenen Polizeivollzugsdienstes im Rahmen der jeweiligen Beurteilungsrunden einer anderen Vergleichsgruppe angehörten und deshalb jedenfalls faktisch einem anderen Vergleichsmaßstab unterlagen als die Beamten der 2. Säule im jeweils gleichen statusrechtlichen Amt. Diese Annahme rechtfertigt sich schon daraus, die Beamten der 1. Säule grundsätzlich prüfungsfrei in den gehobenen Dienst aufgestiegen waren, während die Beamten der 2. Säule ausnahmslos die II. Fachprüfung abgelegt hatten. Die Existenz getrennter Vergleichsgruppen spiegelt sich in den unterschiedlichen Stichtagen der Beförderungsrunden und setzt sich haushaltsrechtlich darin fort, dass auch die weiteren Beförderungsämter nur innerhalb der jeweiligen Säule vergeben wurden. Dies konnte je nach Stellenlage sogar zu einer früheren Beförderungsmöglichkeit eines Beamten der 1. Säule gegenüber einem gleich beurteilten Beamten der 2. Säule führen. Vor diesem Hintergrund erscheint die durch den Antragsgegner angenommene Höherwertigkeit einer Beurteilung aus der Vergleichsgruppe der 2. Säule gegenüber der Beurteilung eines Beamten der 1. Säule im gleichen statusrechtlichen Amt nicht sachwidrig. Dabei kann offen bleiben, ob die vergleichende Gewichtung die Abweichung um eine ganze Notenstufe rechtfertigt, wie vom Antragsgegner angenommen. Jedenfalls kann die Annahme eines - wenn auch nur geringen - Beurteilungsvorsprungs nicht beanstandet werden.

Die im vorliegenden Einzelfall vorgenommene Gewichtung der Vorbeurteilungen im Hinblick auf einen Qualifikationsvergleich der Beförderungsbewerber stellt sich entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht als Aufstellung einer Beurteilungsrichtlinie im Sinne von § 72 Abs. 4 Nr. 16 LPVG dar, so dass ein Mitbestimmungstatbestand nicht gegeben ist.

Sonstige leistungsbezogene Merkmale, welche dem Antragsgegner möglicherweise hätten Veranlassung geben müssen, seine Auswahlentscheidung unabhängig von den Vorbeurteilungen zugunsten des Antragstellers zu treffen oder jedenfalls im Rahmen des Auswahlermessens erkennbar zu berücksichtigen, sind nicht dargetan und treten auch nicht aus den Akten hervor.



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