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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 30.10.2006
Aktenzeichen: 6 B 1894/06
Rechtsgebiete: VwGO, LBG NRW, LGG


Vorschriften:

VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6
LBG NRW § 104
LGG § 16 Abs. 3
LGG § 17 Abs. 2
LGG § 19
LGG § 19 Abs. 1 Satz 1
LGG § 19 Abs. 2 Satz 1
Es ist nicht zu beanstanden, dass eine Beamtin, die während eines wesentlichen Teils des Beurteilungszeitraums ausschließlich als Gleichstellungsbeauftragte beschäftigt war, entsprechend den einschlägigen Beurteilungsrichtlinien regelbeurteilt wird. Sie kann anstelle der Regelbeurteilung keine fiktive Nachzeichnung ihrer Laufbahn beanspruchen.
Tatbestand:

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Entscheidung des Antragsgegners, eine Beförderungsstelle, für die auch sie sich beworben hatte, mit dem Beigeladenen zu besetzen. Sie meint, die für sie erstellte aktuelle dienstliche Regelbeurteilung habe im Auswahlverfahren nicht zu Grunde gelegt werden dürfen, da sie im Beurteilungszeitraum als Gleichstellungsbeauftragte tätig gewesen sei. Vielmehr habe es einer fiktiven Nachzeichnung ihrer Laufbahn bedurft. Der Antrag auf Erlass einer einstweilgen Anordnung blieb in beiden Rechtszügen ohne Erfolg.

Gründe:

Aus den in der Beschwerdeschrift dargelegten Gründen, die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, ergibt sich nicht, dass das VG dem erstinstanzlich gestellten Antrag durch Erlass einer einstweiligen Anordnung hätte stattgeben müssen.

Einen Anordnungsanspruch, der gegebenenfalls in der sich aus dem Antrag ergebenden Form zu sichern wäre, hat die Antragstellerin auch im Beschwerdeverfahren nicht glaubhaft gemacht. Sie hat mit der Beschwerde keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die auf eine Verletzung des ihr zustehenden Rechts auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihr Beförderungsbegehren hindeuten könnten.

Insbesondere ist die Annahme des VG, der Antragsgegner habe bei der umstrittenen Auswahlentscheidung die nach den Beurteilungsrichtlinien im Bereich der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen - BRL - (SMBl.NRW.203034) zum Stichtag 1.10.2005 für die Antragstellerin erstellte aktuelle dienstliche Regelbeurteilung zu Grunde legen dürfen, nicht zu beanstanden. Das VG ist zu Recht und mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass die Antragstellerin trotz ihrer ausschließlichen Beschäftigung als Gleichstellungsbeauftragte seit April 2004 der dienstlichen Beurteilung gemäß § 104 LBG NRW zum Stichtag 1. Oktober 2005 unterlag und die von ihr stattdessen geforderte fiktive Nachzeichnung ihrer Laufbahn nicht in Betracht kam.

Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Die Antragstellerin irrt, wenn sie meint, es habe anlässlich ihrer Beteiligung am Auswahlverfahren einer fiktiven Nachzeichnung ihrer Laufbahn bedurft, weil sie als Gleichstellungsbeauftragte in einem Spannungsfeld tätig gewesen sei, das demjenigen freigestellter Personalratsmitglieder gleiche. Entgegen ihrer Auffassung ist die Tätigkeit einer Gleichstellungsbeauftragten nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften nicht auf ständige Auseinandersetzungen mit der jeweiligen Dienststellenleitung angelegt. Die Erfüllung des Verfassungsauftrags aus Art. 3 Abs. 2 GG und die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes (LGG) gehören zu den besonderen Aufgaben der Dienstkräfte mit Leitungsfunktionen (§ 1 Abs. 3 LGG). Die Gleichstellungsbeauftragte nimmt ihre Aufgabe als Angehörige der Verwaltung der Dienststelle wahr (§ 16 Abs. 1 Satz 1 LGG), unterstützt diese und wirkt bei der Ausführung des Landesgleichstellungsgesetzes sowie aller Vorschriften und Maßnahmen mit, die Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frau und Mann haben oder haben können (§ 17 Abs. 1 Satz 1 LGG). Ihr obliegt damit eine Teilaufgabe bei der Bearbeitung von Personalangelegenheiten. Dass sie bei der Erfüllung dieser Aufgabe im Einzelfall eine andere Auffassung vertreten kann als ihr jeweiliger Vorgesetzter und dass sie in solchen Fällen berechtigt ist, von ihrem Widerspruchsrecht gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 LGG und ihrem Recht zur Einholung einer Stellungnahme der übergeordneten Dienststelle gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 LGG Gebrauch zu machen, schließt es nicht aus, sie - wie auch andere Bedienstete, die Personalangelegenheiten bearbeiten - regelmäßig zu beurteilen. Die Wahrnehmung der vorstehend genannten Rechte ist lediglich eine mögliche Form der ihr obliegenden Mitwirkung und damit Teil ihrer Verwaltungstätigkeit. Die Gleichstellungsbeauftragte ist dagegen keine Interessenvertreterin der Bediensteten, die sie - quasi zwangsläufig - in eine Gegenposition zur Dienststellenleitung bringt. Soweit die Antragstellerin ihre Aufgabe gleichwohl in einer solchen Weise versteht, etwa weil nach § 17 Abs. 2 LGG auch die Beratung und Unterstützung der Beschäftigten in Fragen der Gleichstellung zu den Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten gehören, lässt sie unberücksichtigt, dass Gleichstellungsbeauftragte und Dienststellenleitung insoweit demselben Ziel verpflichtet sind. Gelegentliche Meinungsverschiedenheiten bei der Sachbearbeitung zwischen dem der Regelbeurteilung unterworfenen Bediensteten und dem zur Beurteilung berufenen Vorgesetzten sind keine Ausnahme und vor allem nicht kennzeichnend für das Verhältnis von Gleichstellungsbeauftragter und Dienststellenleitung. Zwar ist die Gleichstellungsbeauftragte in fachlicher Hinsicht nicht weisungsgebunden (§ 16 Abs. 1 Satz 2 LGG) und kann ihrer abweichenden Meinung über die in § 19 LGG verankerten Rechte mehr Nachdruck verleihen als andere Bedienstete, die letztlich dem Votum des Vorgesetzten zu folgen haben, doch ergibt sich aus dieser stärkeren Stellung bei etwaigen sachlichen Auseinandersetzungen mit dem Vorgesetzten nicht, dass eine Regelbeurteilung durch eben diesen Vorgesetzten ausscheidet. Dass der Vorgesetzte gehindert ist, solche Auseinandersetzungen zu Lasten der Gleichstellungsbeauftragten in die Regelbeurteilung einfließen zu lassen, ergibt sich aus § 16 Abs. 3 LGG, wonach die Gleichstellungsbeauftragte wegen ihrer Tätigkeit - auch was ihre berufliche Entwicklung betrifft - nicht benachteiligt werden darf. Nach allem ist die Frage, ob die Gleichstellungsbeauftragte der regelmäßigen Beurteilung unterliegt oder ob ihre Laufbahn im Hinblick auf eine angestrebte Beförderung fiktiv nachzuzeichnen ist, im erstgenannten Sinne zu beantworten. Dagegen spielt es für die Beantwortung dieser Frage keine Rolle, ob die "tatsächliche Position" der im Einzelfall betroffenen Gleichstellungsbeauftragten als "Gegenpart zum Dienstherrn" erscheint. Allenfalls ist die erstellte Regelbeurteilung darauf zu untersuchen, ob sich die behauptete Konfrontationsstellung nachteilig für die Gleichstellungsbeauftragte ausgewirkt hat. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der LRD K. die mit der Antragstellerin geführten und in der Beschwerdeschrift näher bezeichneten aufgabenbedingten sachlichen Auseinandersetzungen als Erstbeurteiler zum Nachteil der Antragstellerin bei der umstrittenen Regelbeurteilung berücksichtigt hat, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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