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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 30.09.2008
Aktenzeichen: 6 B 826/08
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Wird anlässlich einer Beförderungsentscheidung im Bereich der Polizei bei einem Qualifikationsvergleich der Bewerber eine im Statusamt A 9 BBesO (mittlerer Dienst) erteilte Beurteilung um eine ganze Notenstufe geringer bewertet als eine im Statusamt A 9 BBesO (gehobener Dienst) erteilte Beurteilung, bedarf dies der Plausibilisierung.
Tatbestand:

Die Antragstellerin ist Polizeikommissarin im Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen. Anlässlich einer Beförderungsentscheidung wertete der Antragsgegner eine dienstliche Beurteilung der Antragstellerin aus dem Jahre 2000, die sie im Statusamt einer Polizeiobermeisterin (A 8 BBesO) erhalten hatte, gegenüber den aus demselben Jahr stammenden Beurteilungen der Beigeladenen um zwei Notenstufen ab, da ihnen die Beurteilungen in einem höheren Statusamt (A 9 BBesO gehobener Dienst) erteilt worden waren. Das VG gab dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung auf, die in Rede stehenden Beförderungsstellen nicht mit den Beigeladenen zu besetzen, bis über die Beförderung der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden sei. Die dagegen eingelegte Beschwerde blieb ohne Erfolg.

Gründe:

Die angegriffene Auswahlentscheidung begegnet schon deshalb Bedenken, weil der Antragsgegner den Qualifikationsvergleich der für die Beförderung in Frage kommenden Beamten auf der Grundlage von Durchschnittswerten vorgenommen hat, die jeweils aus den Bewertungen der Hauptmerkmale der aktuellen Beurteilung gebildet waren. Diese Vorgehensweise widerspricht dem Grundanliegen aus 8.1 der Beurteilungsrichtlinien im Bereich der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen - BRL - (RdErl. d. Innenministeriums vom 25.1.1996 - IV B 1 - 3034 H -, SMBL.NRW. 203034), wonach bei der Festsetzung der Gesamtnote einer Beurteilung in Punkten die Bildung eines Punktwertes als arithmetisches Mittel aus den Bewertungen der einzelnen Hauptmerkmale wegen der unterschiedlichen Gewichtung dieser Merkmale nicht gewollt ist. Vielmehr ist die Gesamtnote aus der Bewertung der Leistungs- und Befähigungsmerkmale unter Würdigung ihrer Gewichtung und der Gesamtpersönlichkeit des Beamten zu bilden. Ob der ohne Rücksicht auf die unterschiedliche Gewichtung der Hauptmerkmale angestellte Qualifikationsvergleich die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung zur Folge hat, braucht hier allerdings nicht entschieden zu werden.

Unabhängig davon ist die Auswahlentscheidung des Antragsgegners jedenfalls deshalb fehlerhaft, weil die ihr zu Grunde liegende Gewichtung der in unterschiedlichen Statusämtern erteilten Beurteilungen nicht plausibel ist.

Dass bei einem Qualifikationsvergleich einer in einem höherwertigen Amt erteilten dienstlichen Beurteilung grundsätzlich ein größeres Gewicht zukommt als der gleichlautenden Beurteilung eines Mitbewerbers in einem niedrigeren Amt, erklärt sich aus den mit dem höherwertigen Amt regelmäßig verbundenen höheren Leistungs- und Befähigungsanforderungen. Dementsprechend muss sich die Gewichtung der in unterschiedlichen Statusämtern erteilten Beurteilungen an den abstrakten Anforderungen dieser Statusämter orientieren. Soweit im Bereich der Polizei die in unterschiedlichen Statusämtern erteilten Beurteilungen von Beförderungskonkurrenten zueinander in Beziehung gesetzt werden, entspricht es weithin verbreiteter, von der Rechtsprechung gebilligter Praxis, die um einen Punktwert besser ausgefallene Beurteilung im rangniedrigeren Amt der im ranghöheren Amt erteilten Beurteilung gleichzustellen.

Angesichts dieser Praxis ist die in Rede stehende Auswahlentscheidung nicht plausibel.

Der Antragsgegner hat auf der Grundlage der aktuellen Beurteilungen und der Regelbeurteilungen aus den Jahren 2002/2003 einen Qualifikationsgleichstand zwischen der Antragstellerin und den Beigeladenen angenommen und deshalb unter dem Gesichtspunkt der "Leistungskonstanz" zunächst auf die Regelbeurteilungen aus dem Jahre 2000 zurückgegriffen. Er hat die der Antragstellerin im Statusamt A 8 BBesO erteilte Beurteilung (Gesamtergebnis vier Punkte/Hauptmerkmale zweimal vier und einmal fünf Punkte) gegenüber den Beurteilungen der Beigeladenen (jeweils Gesamtergebnis zwei Punkte/Hauptmerkmale zweimal zwei und einmal drei Punkte), die ihnen im Statusamt A 9 BBesO (gehobener Dienst) erteilt worden waren, um zwei Notenstufen abgewertet.

Laut Niederschrift über die Beförderungskonferenz am 25.1.2008 sei nur so das Leistungsbild der Antragstellerin in Relation zu den im Statusamt A 9 BBesO (gehobener Dienst) beurteilten Beförderungsbewerbern sachgerecht eingeordnet. Diese Behauptung reicht zur Plausibilisierung der Abwertung ebenso wenig aus wie die Ausführungen in der Beschwerdeschrift, wonach eine im Statusamt A 9 BBesO (gehobener Dienst) erteilte Beurteilung um eine Notenstufe höher zu gewichten sei als eine im Statusamt A 9 BBesO (mittlerer Dienst) erteilte Beurteilung und deshalb im Falle der Antragstellerin drei Statusämter hätten zueinander in Beziehung gesetzt werden müssen. Die Überleitung vom Polizeihauptmeister (A 9 BBesO mittlerer Dienst) zum Polizeikommissar (A 9 BBesO gehobener Dienst) erfolgt prüfungsfrei und - soweit ersichtlich - unabhängig von Leistung, Eignung und Befähigung, sodass nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht nachvollziehbar ist, weshalb eine im Statusamt A 9 BBesO (mittlerer Dienst) erteilte Beurteilung um eine ganze Notenstufe geringer zu bewerten sein soll als eine im Statusamt A 9 BBesO (gehobener Dienst) erteilte Beurteilung. Zu den jeweiligen abstrakten Anforderungen der betroffenen Statusämter hat sich der Antragsgegner nicht geäußert.

Soweit das VG es darüber hinaus für bedenklich hält, dass der Antragsgegner vor dem Rückgriff auf frühere Beurteilungen keine weitere Ausschärfung der aktuellen Beurteilungen vorgenommen hat, vermag der Senat darin keinen Fehler im Auswahlverfahren zu erkennen. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner bei einem gegenüber seinen Mitbewerbern aktuell nur in einem Submerkmal um einen Punkt besser bewerteten Beamten keinen hinreichend aussagekräftigen Leistungs- und/oder Eignungsvorsprung annimmt und die Konkurrenten als im Wesentlichen gleich beurteilt sieht.

Ende der Entscheidung

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