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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 13.03.2006
Aktenzeichen: 7 A 3414/04
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 5
BauGB § 35 Abs. 3 Satz 3
Zur Zulässigkeit der Überplanung einer im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszone für Windenergieanlagen durch einen Bebauungsplan, der die Gesamthöhe der Windenergieanlagen auf max. 75 m begrenzt (hier bejaht für eine Gemeinde mit Fremdenverkehrsfunktion im Sauerland).
Tatbestand:

Der Kläger begehrte die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Windenergieanlage mit einer Gesamthöhe von 140 m. Die Anlage sollte in einer im Flächennutzungsplan ausgewiesenen Konzentrationszone errichtet werden. Die Stadt hatte im Laufe des Gerichtsverfahrens für die Konzentrationszone einen Bebauungsplan erlassen, der die Gesamthöhe von Windenergieanlagen auf maximal 75 m begrenzt. Das VG wies die Klage auf Erteilung der Baugenehmigung im Hinblick auf eine zur Sicherung der Planung erlassene Veränderungssperre ab. Das OVG wies die Berufung des Klägers zurück, weil sein Vorhaben mit dem zwischenzeitlich erlassenen Bebauungsplan nicht vereinbar sei; es sah den Bebauungsplan entgegen der Auffassung des Klägers als wirksam an.

Gründe:

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung.

Dass einem Anspruch des Klägers, wie der Beklagte meint, bereits entgegensteht, das Vorhaben des Klägers bedürfe einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, erscheint allerdings zweifelhaft. ...

Letztlich kann allerdings dahinstehen, ob - mit dem Kläger - davon auszugehen ist, dass die von ihm hier zur Genehmigung gestellte Anlage keinen Bestandteil einer Windfarm bildet. In jedem Fall scheitert ein Anspruch des Klägers auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung daran, dass das strittige Vorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig ist.

Für die bauplanungsrechtliche Beurteilung ist hier § 30 BauGB einschlägig, weil das Vorhaben des Klägers im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplans Nr. 117 errichtet werden soll. Die vom Kläger vorgetragenen Bedenken gegen die Wirksamkeit dieses Bebauungsplans greifen nicht durch.

Maßgeblich ist hier die Fassung, die der Bebauungsplan auf Grund des Satzungsbeschlusses vom 13.12.2005 erhalten hat. In dieser Fassung unterliegt der Bebauungsplan nicht den vom Kläger geltend gemachten Bedenken.

Soweit der Kläger rügt, die zur Höhenbegrenzung herangezogene Landschaftsbildbeeinträchtigung hätte bereits auf der Ebene der Flächennutzungsplanung abgearbeitet werden müssen, wendet er sich der Sache nach bereits gegen die städtebauliche Rechtfertigung des Bebauungsplans im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB. Dieser Einwand geht fehl.

Auch wenn in Flächennutzungsplänen, die Rechtswirkungen im Sinne von § 35 Abs. 3 BauGB für nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegierte Windenergieanlagen entfalten sollen, zulässigerweise bereits Darstellungen zur Höhenentwicklung solcher Anlagen getroffen werden können, bedeutet dies nicht, dass die Gemeinde gehindert wäre, solche Höhenbegrenzungen auch nachträglich durch Bebauungsplan festzusetzen. Den Gemeinden ist es nicht verwehrt, die Errichtung von Windenergieanlagen in den im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszonen durch einen Bebauungsplan einer Feinsteuerung - etwa durch Begrenzung der Anlagenhöhe oder Festlegung der Standorte - zu unterziehen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.11.2003 - 4 BN 60.03 -, BRS 66 Nr. 115.

Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie hier - bei der Aufstellung des Flächennutzungsplans kein konkreter Anlass gegeben war, bereits die Darstellung von Höhenbegrenzungen in den Blick zu nehmen, ein solcher sich später aber konkret - hier durch den nach Inkrafttreten des Flächennutzungsplans gestellten Bauantrag des Klägers - ergab. ...

Wenn mit dem wenige Monate nach Inkrafttreten der Neufassung des Flächennutzungsplans gestellten Bauantrag des Klägers in der Konzentrationszone erstmals Windenergieanlagen mit der deutlich höheren Gesamthöhe von 140 m zur Genehmigung gestellt wurden, konnte die Stadt dies zulässigerweise zum Anlass nehmen, aus städtebaulichen Gründen eine verbindliche Bebauungsplanung mit dem Ziel einer Steuerung - auch - der Höhenentwicklung von Windenergieanlagen in der Konzentrationszone durchzuführen. Die insoweit in der Begründung zum Bebauungsplan Nr. 117 angeführte Zielsetzung, die Höhe solcher Anlagen "zur Vermeidung erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen insbesondere auf das Landschaftsbild" zu begrenzen, ist ein legitimes Planziel, wie bereits aus § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. a) BauGB folgt. Seine Verfolgung ist erst Recht städtebaulich gerechtfertigt, wenn dem Landschaftsbild im betroffenen Raum deshalb eine besondere Bedeutung zukommt, weil es sich - wie hier - um ein regionalplanerisch als "Bereich für den Schutz der Landschaft" sowie "Erholungsbereich" ausgewiesenes Gebiet handelt, in dem gerade auch die auf möglichst ruhige Erholung und ungestörte Erlebniswelt ausgerichtete Touristikbranche ein existenzielles Standbein der betroffenen Wirtschaftsregion darstellt.

Der hiernach städtebaulich gerechtfertigte Bebauungsplan Nr. 117 leidet entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht an einem beachtlichen Mangel der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB (früher: § 1 Abs. 6 BauGB).

In erster Linie macht der Kläger geltend, die Stadt habe bei der Festsetzung der Höhenbegrenzung für Windenergieanlagen im Bebauungsplan auf max. 75 m Bauhöhe (Geländeniveau bis höchste Rotorblattspitze) verkannt, dass mit einer solchen Begrenzung faktisch ein wirtschaftlicher Betrieb solcher Anlagen im Plangebiet nicht mehr möglich sei und die Planung damit im Ergebnis auf eine "Verhinderungsplanung" hinauslaufe.

Insoweit verweist der Kläger zutreffend auf die Rechtsprechung des Senats, nach der eine Gemeinde dann, wenn sie die einzige im Flächennutzungsplan dargestellte Konzentrationszone z. B. mit einer Höhenbegrenzung überplant, mit Blick auf die eigentumsrechtlich geschützten Belange insbesondere der Eigentümer der in der Konzentrationszone gelegenen, einer Windkraftnutzung zugänglichen Grundstücke in die Abwägung einstellen muss, ob die Konzentrationszone auch unter Berücksichtigung der beschränkenden Regelungen des Bebauungsplans wirtschaftlich noch sinnvoll genutzt werden kann.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27.5.2004 - 7a D 55/03.NE -, BRS 67 Nr. 10.

Die dortigen Ausführungen lassen sich jedoch nicht, wie der Kläger meint ohne weiteres auf den vorliegenden Fall übertragen. In dem angeführten Urteil hat der Senat beanstandet, dass sich die betreffende Gemeinde keine "substantiierte Vorstellung über die wirtschaftlichen Folgen ihrer Planung" verschafft und nicht erwogen hatte, ob sich unter den im Bebauungsplan getroffenen beschränkenden Festsetzungen für Windenergieanlagen - nur drei konkrete Anlagenstandorte mit einer zulässigen Gesamthöhe von max. 74 m - "noch eine wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit ergibt".

Demgegenüber hatte der Rat der Stadt im vorliegenden Fall schon auf Grund der Ausführungen des Senats in seinem im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bezüglich des Zurückstellungsbescheids ergangenen Beschluss vom 2.7.2002 - 7 B 918/02 - Anlass, sich im Planaufstellungsverfahren dezidiert mit den wirtschaftlichen Folgen einer die Höhe von Windenergieanlagen begrenzenden Bebauungsplanung zu befassen.

Diese Ausführungen des Senats hat die Stadt im Planaufstellungsverfahren zum Anlass genommen, sich - anders als in dem dem Urteil des Senats vom 27.5.2004 zugrunde liegenden Fall - konkret mit den wirtschaftlichen Folgen ihrer Planung zu befassen. Die diesbezüglichen Ermittlungen und Bewertungen sind in der Begründung zum Bebauungsplan dargelegt (wird ausgeführt).

An diesen Erwägungen konnte der Rat der Stadt bei seiner hier maßgeblichen abschließenden Planungsentscheidung auch in Kenntnis der im Planaufstellungsverfahren sowie im ergänzenden Verfahren vorgetragenen Einwendungen des Klägers festhalten. Die beiden tragenden Elemente der dargelegten Wertung des Rates, nämlich dass im betroffenen Bereich jedenfalls mit einer mittleren Windgeschwindigkeit von "ca. 5 m/s in 50 m Höhe" zu rechnen sei und dass angesichts einer solchen Windhöffigkeit in der dargestellten Konzentrationszone auch Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von max. 75 m durchaus noch wirtschaftlich betrieben werden könnten, wurden durch den vom Rat bei seiner Abwägung zu berücksichtigenden Vortrag des Klägers nicht ernsthaft in Frage gestellt.

Im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB hatten die Bevollmächtigten des Klägers darauf hingewiesen, dass die in Bezug genommene Windpotenzialkarte die Besonderheiten der örtlichen Topografie nicht hinreichend berücksichtige und dass sich der Gedanke der Verhinderungsplanung geradezu aufdränge, wie aus der Klagebegründung im vorliegenden Gerichtsverfahren folge. Diese Ausführungen enthielten allerdings keine konkreten Angaben zur Frage der Wirtschaftlichkeit einer Windkraftnutzung ab einer bestimmten Höhe, sondern verwiesen insbesondere auf die durch Verzögerungen infolge der Veränderungssperre zu erwartenden Mindererlöse in Millionenhöhe. Konkrete Angaben zur Frage eines wirtschaftlichen Betriebs von 75 m hohen Windenergieranlagen ergaben sich aus dem Schreiben der Bevollmächtigten des Klägers, das anlässlich der im ergänzenden Verfahren erfolgten Offenlegung des modifizierten Planentwurfs der Stadt vorgelegt wurde. In diesem Schreiben verwiesen sie - nochmals - "auf unsere ausführlichen Darlegungen in den gerichtlichen Verfahren". Zu diesen gehört insbesondere auch die im vorliegenden Verfahren erfolgte Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung, dem Muster-Wirtschaftlichkeitsberechnungen der Fa. Enercon für die Errichtung von Anlagen des Typ ENERCON E-33 bzw. E-48 in dem hier in Rede stehenden Bereich beigefügt waren.

Der Muster-Wirtschaftlichkeitsberechnung für die hier in erster Linie in Betracht kommende Anlage des Typs E-33 lag eine zu erwartende mittlere Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe (= 50 m) von exakt 4,97 m/s zugrunde. Dieser Wert weicht nur geringfügig von den Angaben in der Windpotenzialkarte ab, die von der Stadt berücksichtigt wurde. (wird ausgeführt) Wenn der Rat der Stadt aus alledem den Schluss gezogen hat, die Detailberechnungen im Zuge des die Planung auslösenden Bauantrags des Klägers belegten, dass "zumindest" der Wert von ca. 5 m/s auch am betroffenen Standort zu erwarten sei, unterliegt diese Einschätzung keinen Bedenken. Konkreter Überprüfungen bzw. aufwändiger Überprüfungen vor Ort bedurfte es angesichts der relativ geringen Diskrepanzen zwischen den Angaben in der verwerteten Windkarte und den seitens des Klägers angeführten Werten der Windhöffigkeit nicht.

Fehl geht auch der Einwand des Klägers, die Windpotentialkarte habe schon deshalb nicht verwertet werden dürfen, weil dieses Unternehmen (bzw. das Nachfolgeunternehmen) ein Interesse an einer möglichst geringen Ausnutzung der Windenergie habe. Die Karte basiert, was seitens des Klägers nicht substantiiert in Abrede gestellt wird, auf den Angaben des Deutschen Wetterdienstes. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass diese Daten bei Erstellung der Windpotentialkarte aus sachfremden Motiven manipuliert worden wären, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Ebenso bedenkenfrei ist die Einschätzung des Rates der Stadt, dass in der Konzentrationszone auch lediglich 75 m hohe Windenergieanlagen bei der zu berücksichtigenden mittleren Windgeschwindigkeit von ca. 5 m/s noch wirtschaftlich betrieben werden können. Der Kläger irrt, wenn er meint, die planende Gemeinde müsse bei Beschränkungen der Windenergienutzung in ihre Abwägungsentscheidung stets alle relevanten Rahmenbedingungen für die Wirtschaftlichkeit des Betriebs von Windenergieanlagen einstellen wie Topografie, Geländebewuchs, vorherrschende Windgeschwindigkeit, Kosten der wegemäßigen Erschließung, nächste Einspeisemöglichkeit, im Zeitpunkt der Errichtung der Anlage geltende Vergütung nach dem EEG usw.. Die planende Gemeinde wäre offensichtlich überfordert, wollte man ihr abverlangen, gleichsam von Amts wegen individuelle Gegebenheiten bei einzelnen konkreten potentiellen Antragstellern detailliert zu ermitteln und hieran anknüpfend umfangreiche Wirtschaftlichkeitsberechnungen - ggf. sogar für unterschiedliche repräsentative Standorte im Plangebiet - erstellen zu lassen. Grundsätzlich kann die Gemeinde ihre Annahme der Möglichkeit eines wirtschaftlichen Betriebs von Windenergieanlagen unter bestimmten Randbedingungen (mittlere Windgeschwindigkeit; maximale Anlagenhöhe) vielmehr auf allgemeine Erfahrungswerte stützen, wie sie in den einschlägigen fachlichen Äußerungen aktuell diskutiert werden. Nichts anderes ist hier geschehen.

Zwar mag der Einwand des Klägers zutreffen, dass die in jüngerer Zeit zu verzeichnenden Leistungssteigerungen bei Windenergieanlagen in erster Linie darauf zurückzuführen sind, dass die Rotoren größer werden, was zugleich eine deutliche Erhöhung der Nabenhöhe bedingt. Das ändert jedoch nichts daran, dass grundsätzlich weiterhin von dem bislang einschlägigen Erfahrungssatz ausgegangen werden konnte, ein wirtschaftlicher Betrieb von Windenergieanlagen sei durchaus auch bei mittleren Windgeschwindigkeiten in Bereichen um 5 m/s in 50 m (Naben-)Höhe noch möglich. Für diesen Erfahrungssatz sprechen nicht nur die in der Begründung des Bebauungsplans ausdrücklich herangezogenen Fundstellen. Es trifft vielmehr auch die Aussage in der Planbegründung zu, dass an anderen Stellen gleichfalls ein Windhöffigkeitswert von ca. 5 m/s in 50 m (Naben-)Höhe für einen sinnvollen bzw. wirtschaftlichen Anlagenbetrieb in Binnenlandregionen angeführt wird. Beispielhaft kann insoweit auf folgende, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angesprochene Aussagen im Internet verwiesen werden:

- In dem Bericht "Die Zukunft der Windkraft im Mittelgebirge", www.bund-nrw.de/documents/ReaderWindkraft2004.pdf, der die Ergebnisse einer Tagung verschiedener Verbände vom 26.3.2004 in Lindlar dokumentiert, ist auf S. 40 als ein maßgebliches Kriterium zur Ermittlung geeigneter Suchräume für die Errichtung von Windenergieanlagen eine Windhöffigkeit von in der Regel mind. 4,7 m/s als Jahresmittelwert in 50 m Höhe über Grund angeführt.

- In der Fortschreibung der Untersuchung zur Ermittlung von Vorrangflächen für die Windenergienutzung auf dem Gebiet der Gemeinde Much, www.much.de/windenergie/Fortschreibung2_Gutachten_Text_Mai2004.pdf, ist auf S. 8 darauf verwiesen, dass Bereiche mit einer durchschnittlichen Windge schwindigkeit von 4,7 bis < 5,1 m/s in 50 m Höhe an der unteren Grenze einer wirtschaftlichen Nutzung lägen; höhere Windernten in Bereichen mit geringeren Windhöffigkeiten < 4,7 m/s ließen sich nur durch Windkraftanlagen mit Na benhöhen erreichen, die deutlich über 50 m Höhe über Grund lägen.

Ergänzend ist anzumerken, dass die jetzigen Bevollmächtigten des Klägers in einem beim Senat anhängig gewesenen Verfahren, in dem u.a. die Wirksamkeit einer Flächennutzungsplanung zur Steuerung von Windenergieanlagen strittig war, selbst ausdrücklich vorgetragen hatten, der in der dortigen Flächennutzungsplanung angesetzte Ausschluss von Gebieten mittlerer Windhöffigkeit sei verfehlt, weil eine Windenergienutzung bereits bei Werten von 4,2 bis 4,5 m/s wirtschaftlich darstellbar sei.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19.5.2004 - 7 A 3368/02 -, S. 5 des Urteilsabdrucks.

Die Stadt hatte hiernach keinen Anlass, den genannten Erfahrungssatz in Zweifel zu ziehen und weitere Ermittlungen anzustellen.

Anders läge es allenfalls dann, wenn dem Rat der Stadt im Planaufstellungsverfahren bzw. ergänzenden Verfahren plausibel und nachvollziehbar konkret dargelegt worden wäre, dass jedenfalls unter den hier gegebenen konkreten Umständen die Annahme der Möglichkeit eines wirtschaftlichen Betriebs von Windenergieanlagen an den im Bebauungsplan Nr. 117 festgesetzten Standorten offensichtlich verfehlt war. Das war hier nicht der Fall. Die mit der Begründung des Zulassungsantrags im vorliegenden Gerichtsverfahren vorgelegten Wirtschaftlichkeitsberechnungen, auf die im Rahmen des ergänzenden Planaufstellungsverfahrens verwiesen wurde, gaben bei objektiver Betrachtung keinen hinreichenden Anlass, die Möglichkeit eines wirtschaftlichen Betriebs von 75 m hohen Windenergieanlagen in der Konzentrationszone als offensichtlich ausgeschlossen anzusehen.

In dem vom Kläger vorgelegten Begleitschreiben zu den Wirtschaftlichkeitsberechnungen ist ausgeführt, aus den Berechnungen ergebe sich trotz des hohen Eigenkapitaleinsatzes (30 % der Investitionssumme von 425.000,-- €) ein Liquiditätsverlauf, der von keinem finanzierenden Kreditinstitut akzeptiert würde. Dies besagt noch nicht, dass eine Windenergienutzung hier de facto aus wirtschaftlichen Gründen ausgeschlossen ist. Wenn der Windenergie nach der einschlägigen Rechtsprechung durch die kommunale Bauleitplanung "an geeigneten Standorten eine Chance" zu geben ist, vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, BRS 65 Nr. 95 (S. 458) -, bedeutet dies nicht, dass die Gemeinden eine wirtschaftliche Ertragsoptimierung zu gewährleisten haben. Dem Belang der Förderung der Windenergie muss die Gemeinde nur insoweit den Vorrang einräumen, als ihm keine gegenläufigen Belange gegenüberstehen, die sie als gewichtiger einstufen darf.

Vgl. BVerwG, a.a.O., S. 457.

Sind die einer optimalen Ausnutzung der Windenergie entgegen gehaltenen Belange - wie noch anzusprechen ist - gewichtig, kann die Gemeinde sich auch darauf beschränken, eine nur unter günstigen Bedingungen in der Person des Betreibers durchaus noch wirtschaftliche Nutzung der Windenenergie zuzulassen.

Dass eine solche Nutzung hier ausgeschlossen wäre, folgt aus den vom Kläger vorgelegten Wirtschaftlichkeitsberechnungen, die der Rat der Stadt bei seiner Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen hatte, nicht. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass die vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung für die Errichtung einer Anlage des Typs E-33 trotz des weit überwiegenden Einsatzes von Fremdkapital noch eine Rentabilität von 3 % bei 20-jähriger Laufzeit aufweist. Eine wirtschaftliche "Unmöglichkeit" des Betriebs von Windenergieanlagen ist damit nicht belegt. Dass die Situation bei hohem Einsatz von Fremdkapital für finanzierende Kreditinstitute risikobehaftet sein mag, reicht dafür nicht aus.

Zutreffend weist der Beklagte ferner darauf hin, dass in der Wirtschaftlichkeitsberechnung ausdrücklich auch ein Anteil von 62 % des Referenzertrags ausgewiesen und damit eine Vergütungsfähigkeit nach den Regelungen des EEG durchaus gegeben ist. Dem Einwand des Klägers, es müssten - entsprechend der Praxis von Kreditinstituten - Sicherheitsabschläge berücksichtigt werden, ist der Beklagte mit zutreffenden Erwägungen entgegengetreten, auf die verwiesen werden kann. Dem ist der Kläger im weiteren Verlauf des Gerichtsverfahrens auch nicht mehr substantiell entgegengetreten. Auf die vom Kläger zuletzt vorgelegten neueren Wirtschaftlichkeitsberechnungen, denen abweichende Ansätze zugrunde liegen, kommt es schon deshalb nicht an, weil diese Berechnungen dem Rat der Stadt bei seiner Abwägungsentscheidung nicht vorlagen und schon deshalb nicht von ihm berücksichtigt werden konnten.

Erweist sich nach alledem die Einschätzung des Rates der Stadt, eine - hinreichende - wirtschaftliche Nutzung von Windenergieanlagen sei auch unter den im Bebauungsplan getroffenen Restriktionen im hier betroffenen Bereich durchaus noch möglich, nicht als fehlerhaft, ist auch seine abwägende Entscheidung nicht zu beanstanden, die Interessen der (potentiellen) Nutzer von Windenergie im Plangebiet mit Blick auf das Gewicht der entgegenstehenden landschaftsästhetischen Belange im hier geregelten Ausmaß zurückzusetzen.

Die insoweit einschlägigen Bewertungen bei der abschließenden Abwägungsentscheidung sind in der Begründung des Bebauungsplans Nr. 117, die auf die Ergebnisse der im Planaufstellungsverfahren erstellten Umweltverträglichkeitsstudie gestützt ist, zusammengefasst.

Tragender Gesichtspunkt bei der landschaftsästhetischen Beurteilung war hiernach die Wertung, dass die bei Windenergieanlagen mit einer Höhe von mehr als 75 m aus Gründen der Luftsicherheit vorzunehmende Tageskennung gleichsam einen beachtlichen Qualitätssprung des Beeinträchtigungspotentials bewirkt. Dabei ist der Rat der Stadt davon ausgegangen, dass als Tageskennung bei Anlagen über 75 m Höhe die Rotorblätter im äußeren Bereich durch drei Farbfelder von je 6 m Länge (außen beginnend orange-weiß-orange) zu kennzeichnen seien.

Auch diesen Erwägungen liegt keine Fehleinschätzung zugrunde. Der Stadt war z.B. auf Grund des Schreibens der Wehrbereichsverwaltung vom 16.6.2003 bekannt, dass das gesamte Stadtgebiet innerhalb der "Low Flying Area 3" liegt, in der bauliche Anlagen - auch Windenergieanlagen - bereits ab einer Gesamtbauwerkshöhe von 75 m über Grund als Luftfahrthindernis gekennzeichnet werden müssen. Dabei war nach dem weiteren Schreiben der Wehrbereichsverwaltung vom 7.5.2003 davon auszugehen, dass sich die Tageskennung nach den seinerzeit einschlägigen Richtlinien für die Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen richtete, auf die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen wurde. Diese Richtlinien sahen als Tageskennung grundsätzlich die in der Planbegründung angesprochenen Farbfelder in der Abstufung orange-weiß-orange vor. Dementsprechend hatte die - für die generell erforderliche Kennung von Luftfahrthindernissen über 100 m Höhe zuständige - Bezirksregierung anlässlich des Bauantrags des Klägers für die hier strittige Windenergieanlage in ihrer Stellungnahme ausdrücklich auch eine farbliche Tageskennung "orange-weiß-orange" gefordert.

Bei dieser Sachlage konnte der Rat der Stadt bei seiner Abwägungsentscheidung in der Tat davon ausgehen, dass im hier betroffenen Bereich Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 75 m generell mit einer farblichen Tageskennung zu versehen seien. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch ein alternativ mögliches weißblitzendes Feuer mittlerer Lichtstärke zugelassen werden könnte, lagen nicht vor.

Auch die besondere Schutzwürdigkeit des hier betroffenen Landschaftsbilds unterliegt keinen Bedenken. Sie folgt bereits aus den schon angesprochenen regionalplanerischen Ausweisungen und der Bedeutung des Tourismus im hier betroffenen Raum. Darüber hinaus wird sie bestätigt durch die im Planaufstellungsverfahren ergangenen Stellungnahmen der Bezirksregierung zu den Belangen des Kurortewesens. So ist in der Stellungnahme vom 26.4.2004 ausdrücklich betont, dass bei der Umsetzung des Planvorhabens auch eine nachteilige Beeinflussung des Kurortecharakters und Erholungswertes der Kurorte zu besorgen sei.

Wenn sich der Rat der Stadt nach der hiernach bedenkenfreien Ermittlung und Bewertung der widerstreitenden Belange - wirtschaftliche Interessen der potentiellen Betreiber von Windenergieanlagen einerseits und Bedeutung eines möglichst ungestörten Landschaftsbilds auch und gerade für das von Tourismus und Kurerholung geprägte Umland - dafür entschieden hat, die im Rahmen der Flächennutzungsplanung ermöglichte Nutzung der Windenergie auf ein nach den vorliegenden Erkenntnissen noch als wirtschaftlich anzusehendes Maß zu beschränken, hält sich diese Entscheidung im zulässigen Spektrum der der Gemeinde zustehenden Abwägungsmöglichkeiten. Dies gilt hier umso mehr, als nach den Erkenntnissen, die in der im Planaufstellungsverfahren erstellten Umweltverträglichkeitsstudie niedergelegt sind, Windenergieanlagen mit einer Höhe von deutlich über 75 m in der hier betroffenen Mittelgebirgslandschaft in weiten Bereichen sichtbar sind und bei der hier sachgerechterweise berücksichtigten farblichen Tageskennung in besonderem Maße auffällig in das Blickfeld treten.

Erweisen sich nach alledem die Einwände des Klägers gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 117 als nicht tragend, steht dieser Plan dem strittigen Vorhaben des Klägers schon deshalb entgegen, weil dieses mit seiner Gesamthöhe von 140 m die im Bebauungsplan vorgegebene maximale Höhe bei weitem überschreitet.

Ende der Entscheidung

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