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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 04.12.2006
Aktenzeichen: 7 A 568/06
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB


Vorschriften:

VwGO § 68
VwGO § 69
VwGO § 70
BauGB § 5 Abs. 2
BauGB § 9 Abs. 1
BauGB § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5
Die Widerspruchsbehörde darf einen verfristeten Widerspruch des Bauherrn gegen einen seinen Bauantrag versagenden Bescheid auch dann in der Sache bescheiden, wenn die Gemeinde ihr Einvernehmen zum Bauvorhaben versagt hat.

Die Darstellung einer Konzentrationszone für Windenergieanlagen im Flächennutzungsplan ist unwirksam, wenn der Flächennutzungsplan die Zulässigkeit der Windenergieanlagen an die Voraussetzung knüpft, sie dürften nur mit einer Leistung von bis zu einem Megawatt und nur mit "pitch-Steuerung" betrieben werden.

Verunstaltet eine Windenergieanlage aus einigen, nicht unerheblichen Sichtbereichen die Landschaft, kommt es nicht darauf an, ob aus anderen Sichtbereichen noch keine Verunstaltung eintritt, sondern eine (nur) kompensationsfähige Sichtbeeinträchtigung besteht.


Tatbestand:

Den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung einer Windenergieanlage lehnte der Beklagte ab, nachdem die beigeladene Gemeinde ihr Einvernehmen versagt hatte. Den verfristeten Widerspruch wies die Widerspruchsbehörde als unbegründet zurück. Klage und Berufung hatten keinen Erfolg.

Gründe:

Die Klage ist zulässig.

Die Klägerin hat ein hinreichendes Vorverfahren durchgeführt. Zulässigkeitsvoraussetzung der Verpflichtungsklage ist gemäß § 68 Abs. 1, Abs. 2 VwGO ein Vorverfahren, das durch den Widerspruch eingeleitet wird, der fristgebunden zu erheben ist (vgl. §§ 69, 70 Abs. 1 VwGO). Die Klägerin hat die Frist von einem Monat für die Erhebung des Widerspruchs versäumt, denn sie hat gegen den Bescheid des Beklagten verspätet Widerspruch erhoben. Ob sie die Frist schuldhaft versäumt hat oder ob ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden konnte (vgl. §§ 70 Abs. 2, 60 VwGO), bedarf keiner Entscheidung. Denn die Verpflichtungsklage ist grundsätzlich - und so auch hier - auch dann zulässig, wenn ein Widerspruch zwar verspätet erhoben wurde, die Widerspruchsbehörde den Widerspruch jedoch nicht als unzulässig, sondern als unbegründet zurückgewiesen hat.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 13.12.1967 - IV C 124.65 -, BVerwGE 28, 305, und vom 7.1.1972 - IV C 61.69 -, Buchholz 310 § 70 VwGO Nr. 6.

Bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung, die den einen begünstigen und den anderen belasten, ist allerdings zu beachten, dass sie unanfechtbar werden und damit in Bestandskraft erwachsen, wenn sie nicht innerhalb der Frist des § 70 VwGO angefochten werden. Diese Bestandskraft vermittelt dem von einer Genehmigung Begünstigten eine gesicherte Rechtsposition, die ihm durch eine einen verfristeten Widerspruch in der Sache bescheidende Widerspruchsentscheidung nur dann entzogen werden darf, wenn hierfür eine besondere Ermächtigungsgrundlage besteht. Aus diesem Grunde steht etwa die Bestandskraft einer Baugenehmigung einer Sachentscheidung der Widerspruchsbehörde über den verspäteten Widerspruch des Nachbarn entgegen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 17.7.1980 - 7 C 101.78 -, DVBl. 1980, 1001, und vom 4.8.1982 - 4 C 42.79 -, BRS 39 Nr. 160.

Eine vergleichbare Rechtsposition der Beigeladenen, in die die Bezirksregierung durch den Widerspruchsbescheid eingegriffen haben könnte, ergibt sich aus dem den Bauantrag zurückweisenden Bescheid des Beklagten jedoch nicht. Mit dem Bescheid wurde (zunächst bestandskräftig) festgestellt, dass die Klägerin den behaupteten Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung nicht hat; hieraus ergibt sich jedoch keine Rechtsposition der Beigeladenen. Ungeachtet dessen, dass die Gründe des Bescheides an seiner Bestandskraft nicht teilhaben, ergibt sich auch aus ihnen keine Rechtsposition der Beigeladenen, die eine Sachentscheidung der Bezirksregierung über den verfristeten Widerspruch gehindert hätte. Der Bescheid ist zum einen darauf gestützt, dass das Vorhaben mit der Veränderungssperre für den Bereich des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans nicht vereinbar sei. Die Veränderungssperre ist mittlerweile vom Rat der Beigeladenen aufgehoben worden. Der Bescheid ist ferner darauf gestützt, die Beigeladene habe das von ihr im Sinne des § 36 Abs. 1 BauGB zu erklärende Einvernehmen versagt. Die Regelung des § 36 BauGB begründet hinsichtlich der materiellen Planungshoheit jedoch keine Rechte der Gemeinde, sondern setzt sie voraus.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.8.2004 - 4 C 16.03 -, BVerwGE 121, 339, Beschluss vom 10.1.2006 - 4 B 48.05 -, BauR 2006, 815.

Aus dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde lässt sich im vorliegenden Zusammenhang nicht mehr ableiten als aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.9.1970 - IV C 78.69 -, DVBl. 1971, 864.

Auf einen dem Prinzip der Rechtssicherheit zuzuordnenden Vertrauensschutz kann sich die Beigeladene jedoch nicht berufen, und zwar schon deshalb nicht, weil der den Bauantrag der Klägerin versagende Bescheid des Beklagten einem neuerlichen Bauantrag der Klägerin nicht entgegengestanden hätte, der dann ebenfalls sachlich, also ohne Rückgriff auf die Bestandskraft des Versagungsbescheides zu bescheiden gewesen wäre.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 6.6.1975 - IV C 15.73 -, BVerwGE 48, 271.

Die zulässige Klage ist jedoch unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung, da ihrem im bauplanungsrechtlichen Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegiert zulässigen Vorhaben öffentliche Belange entgegenstehen. Ob dies der Fall ist, ist grundsätzlich im Wege einer "nachvollziehenden" Abwägung zu ermitteln.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 27.1.2005 - 4 C 5.04 -, BVerwGE 122, 364.

Selbst wenn privilegierten Vorhaben ein besonders starkes Gewicht zukommt, folgt daraus nicht, sie seien an jedem Standort im Außenbereich zulässig. Auch für privilegierte Anlagen gilt das Gebot der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs. Mit § 35 Abs. 1 BauGB hat der Gesetzgeber den Außenbereich nicht generell als Baubereich freigegeben, sondern ihre Zulässigkeit vielmehr von der Einzelfallprüfung abhängig gemacht, ob ihnen an dem konkreten Standort öffentliche Belange entgegenstehen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.6.1991 - 4 C 11.89 -, BRS 52 Nr. 78.

Zu den dem Vorhaben der Klägerin entgegenstehenden öffentlichen Belangen zählen die Darstellungen des Flächennutzungsplans in der Fassung seiner 18. Änderung allerdings nicht, denn die 18. Änderung des Flächennutzungsplans ist unwirksam. Die Beigeladene war nicht ermächtigt, durch Flächennutzungsplan vorzugeben, welche Leistung die in der Konzentrationszone zulässigen Windenergieanlagen aufweisen dürfen (mit bis zu einem Megawatt) und über welche Anlagentechnik sie verfügen müssen (mit Pitchregelung).

Der Flächennutzungsplan stellt ein gesamträumliches Entwicklungskonzept für das Gemeindegebiet dar.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.2.2003 - 4 BN 9.03 -, BauR 2003, 838 = BRS 66 Nr. 43, Urteil vom 21.10.1999 - 4 C 1.99 -, BVerwGE 109, 371 = BRS 62 Nr. 38.

Der Gemeinde kommt auf der Ebene des Flächennutzungsplans keine Befugnis zu, mehr darzustellen, als die Art der Bodennutzung in den Grundzügen. Dabei darf sie Darstellungen in den Flächennutzungsplan aufnehmen, die über den nicht abschließenden Katalog des § 5 Abs. 2 BauGB hinausgehen, ist in ihren Darstellungsmöglichkeiten jedoch durch § 9 Abs. 1 BauGB begrenzt; Aussagen, die nicht Gegenstand einer zulässigen Festsetzung in einem Bebauungsplan werden können, sind auch im Flächennutzungsplan unzulässig.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.8.2005 - 4 C 13.04 -, BVerwGE 124, 132.

Die Darstellungen des Flächennutzungsplans zur Leistung der Windenergieanlage und zu ihrer Regelungstechnik sind schon nicht auf die Art der Bodennutzung bezogen, denn sie beziehen sich auf Merkmale von Windenergieanlagen, die nicht von bodenrechtlicher Relevanz hinsichtlich der Nutzungsart sind. Dies bedarf hier keiner näheren Ausführungen, da es sich zudem um Darstellungen handelt, die auch durch Bebauungsplan nicht festgesetzt werden könnten. Ein Sachzusammenhang besteht allenfalls zu § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB, der zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen auch die Festsetzung baulicher und sonstiger technischer Vorkehrungen ermöglicht. Die Beschränkung der Leistung einer Windenergieanlage auf ein Megawatt ist jedoch aus sich heraus keine Festsetzung/Darstellung, der eine Aussage über die konkret vorzunehmenden baulichen oder sonstigen technischen Maßnahmen zu entnehmen sein könnte. Sie garantiert noch nicht einmal, dass der Betrieb der Windenergieanlage ein bestimmtes Emissionsverhalten nach sich zieht. Beispielsweise ist der durch eine Windenergieanlage verursachte Lärm nur zu einem Teil von ihrer Leistung, wesentlich aber von der Anlagentechnik abhängig. Die Darstellung/Festsetzung der Regelungstechnik (Pitchsteuerung) ist allerdings eine solche, die die Anlagentechnik betrifft, ohne dass damit zugleich die Aussage möglich wäre, die Darstellung/Festsetzung der Pichsteuerung sei eine solche, mit der ein bestimmter Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen erreicht wird. Pitchgesteuerte Windenergieanlagen arbeiten mit einer dynamischen Blatteinstellwinkelverstellung. Nach dem Erreichen der Nennleistung werden die Rotorblätter so verdreht, dass sie dem Wind eine geringere Angriffsfläche bieten. Hierdurch wird die dem Wind entnommene Leistung begrenzt. Die Schallimmissionen einer pitchgesteuerten Anlage bleiben nach Erreichen der Nennleistung nahezu konstant.

Vgl. Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen, Sachinformationen zu Geräuschemissionen- und immissionen von Windenergieanlagen, S. 1 f.

Welche Immissionen eine pitchgesteuerte Anlage jedoch tatsächlich verursacht, ergibt sich aus der Art der Steuerungstechnik alleine nicht.

Die Unwirksamkeit der Darstellung zur Steuerungstechnik der Windenergieanlage und zu ihrer höchstzulässigen Leistung führt zur Unwirksamkeit der 18. Änderung des Flächennutzungsplans insgesamt (wird ausgeführt).

Dem Vorhaben der Klägerin stehen jedoch andere, das Interesse an der Windenergienutzung überwiegende öffentliche Belange entgegen. Das Vorhaben führt zu einer Verunstaltung der Landschaft.

In der Rechtsprechung ist grundsätzlich geklärt, dass eine Verunstaltung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB voraussetzt, dass das Bauvorhaben dem Orts- oder Landschaftsbild in ästhetischer Hinsicht grob unangemessen ist und auch von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfunden wird. Dieser Grundsatz gilt auch gegenüber im Außenbereich privilegierten Vorhaben einschließlich Windenergieanlagen. Zwar sind diese Anlagen durch § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB grundsätzlich dem Außenbereich zugewiesen. Eine Entscheidung über den konkreten Standort hat der Gesetzgeber damit jedoch nicht getroffen. Ihre Zulässigkeit steht deshalb unter dem Vorbehalt, dass die Anlage das Orts- oder Landschaftsbild im Einzelfall nicht verunstaltet. Ob die Schwelle der Verunstaltung überschritten ist, hängt von den konkreten Umständen der jeweiligen Situation ab.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.3.2003 - 4 B 7.03 -, BauR 2004, 295 = BRS 66 Nr. 103.

Bei dieser den Tatsachengerichten obliegenden wertenden Einschätzung kann insbesondere auch die anlagentypische Drehbewegung der Rotorblätter nicht außer Betracht bleiben.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.10.2001 - 4 B 69.01 -, BRS 64 Nr. 100.

Gemessen an diesen Maßstäben muss zu Lasten der Klägerin eine Verunstaltung der Landschaft durch die Windenergieanlage festgestellt werden, die sie zu errichten beabsichtigt. Die den Vorhabenstandort umgebende Landschaft ist - wie die Augenscheinseinnahme durch den Berichterstatter ergeben hat, deren Ergebnis er dem Senat anhand der in den Akten befindlichen Fotos und Pläne vermittelt hat - durch folgende Gegebenheiten gekennzeichnet: Die Windenergieanlage soll nördlich der höchsten Erhebungen des hier in etwa aus nordwestlicher in südöstlicher Richtung verlaufenden A.-Waldes errichtet werden. Die Abfolge der dortigen bewaldeten Erhebungen wird durch mulden- bzw. talartige Einschnitte unterbrochen, so dass sich das Bild eines sanft geschwungenen Höhenzugs ergibt. Dieser Höhenzug tritt wegen seiner verhältnismäßig geringen Nordsüdausdehnung und des im Verhältnis zu den umgebenden Landschaftsbereichen relativ deutlich ansteigenden Geländeverlaufs markant aus den südlich und nördlich folgenden Landschaftsbereichen heraus. In nördlicher Richtung fällt das Gelände in mehr oder weniger gemäßigtem Verlauf zunächst deutlich ab. In diesen Bereich schiebt sich vom Hauptkamm des A.-Waldes ein ihm zugerechneter Höhenrücken in nördlicher Richtung. Auch dieser Höhenrücken weist die typischen, den A.-Wald kennzeichnenden Landschaftselemente auf, nämlich eine Abfolge bewaldeter Hügel und dazwischen liegender, häufig als Acker- oder Grünlandfläche genutzter Täler. Zum Landschaftsbild gehören zahlreiche Einzelgehöfte und kleinere Siedlungen am Fuß des Höhenzuges sowie zahlreiche Gewässer, die von den Kuppen des A.-Waldes herabströmen.

Dieses Landschaftsbild würde durch die Windenergieanlage, die die Klägerin zu errichten beabsichtigt, verunstaltet.

Östlich der Ortslage von O. steigt das Gelände zum I. (236,2 m ü NN) an. Von hier fällt das Gelände bis auf etwa 210 m ü NN zur Vorhabenfläche ab. Die Fläche ist selbst nicht bewaldet, sondern wird als Acker- bzw. Grünland genutzt. Nach Norden folgt der ebenfalls bewaldete M. (228 m ü NN). Die Bewaldung besteht zum Teil aus Laubwald, zum Teil aus Nadelgehölzen. Zwischen den bewaldeten Hügelkuppen erstreckt sich die Grünland- bzw. Ackerfläche, die sich vom Vorhabenstandort in südöstlicher Richtung aufweitet. Auf der flächigen Acker- und Wiesenfläche stehen Einzelbäume bzw. im weiteren Verlauf kleine Baumgruppen. Markante Einzelbäume stehen im weiteren Einwirkungsbereich der Windenergieanlage. Einzelne Bachläufe, wie der Bach nördlich des Hofs K. sind von Gehölzen gesäumt. In der Nähe verlaufen einige Wanderwege. Diese wechsel- und reizvolle Landschaft, der Erholungsfunktion zukommt, ist ihrem Erscheinungsbild gemäß durch den Landschaftsplan unter förmlichen Landschaftsschutz gestellt. Ihr besonderer Schutzwert kommt auch in der Gebietsentwicklungsplanung zum Ausdruck. Zerschneidungen des in den maßgebenden Blickrichtungen in landschaftsästhetischer Hinsicht völlig unbelasteten Bereichs wie beispielsweise durch auffällige Hochspannungsleitungen einschließlich ihrer Masten fehlen völlig. Die vom Gutachten L. angesprochene Geruchsbelastungen, die von "Gülle und Tierställen" ausgingen, beeinflussen das Landschaftsbild nicht, jedenfalls nicht in bemerkbarer Weise. Zu einem Sendemast auf dem B. in 8 km Entfernung mag "vom Eingriffsbereich" eine Sichtbeziehung bestehen; der Sendemast wird jedoch beim Blick auf die Windenergieanlage, die die Klägerin zu errichten beabsichtigt, aus den Richtungen, in denen diese sich verunstaltend auswirkt, nicht in einem Zusammenhang wahrgenommen. Nichts anderes gilt für eine in 4 km Entfernung im Bereich G. stehende 133 m hohe Windenergieanlage. Die abwechslungsreichen Grenzlinien zwischen vielfältigen Strukturen des bewegten Geländes und dem freien Himmel sind nahezu ausnahmslos von störenden baulichen Elementen frei. Die baulichen Substanzen ordnen sich dem Fuß der Hanglage zu. In vielfältiger Hinsicht bestehen Sichtbeziehungen, die das Panorama der dem A.-Wald noch zuzurechnenden Kuppenabfolge erfahrbar machen. Da die Acker- und Wiesenflächen sich von der Vorhabenfläche in Richtung Südosten aufweiten und in sanft geschwungenem Verlauf abfallen, besteht von dort, vom Nordwestrand der etwa 1600 m entfernt gelegenen Ortslage H. eine freie Sichtbeziehung zum Vorhabenstandort, die einen besonderen Reiz durch die den Standort gewissermaßen seitlich umfassenden Waldkuppen des I. und des M. erfährt. Aus dieser Blickrichtung würde die Windenergieanlage die bestehenden Sichtbeziehungen auf eine geradezu bedrückende Weise zerstören. Die derzeit prägenden Landschaftselemente würden durch die sie gewissermaßen maßstablos überragende Windenergieanlage dominiert. Der Blick würde auf die Windenergieanlage gezwungen, da sie wegen ihrer Höhe und des sich drehenden Rotors sowie der die Windenergieanlage umsäumenden Waldkuppen unwillkürlich in das Zentrum der Betrachtung rückt. Der in dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten des Sachverständigen L. wiedergegebene Begriff der Horizontverschmutzung beschreibt einen Teil des Eindrucks vom Landschaftsbild aus südöstlicher Richtung plastisch und zutreffend. Allerdings würde durch die Windenergieanlage nicht nur der Horizont "verschmutzt", sondern ein krasser Gegensatz auch zu den gewissermaßen unterhalb des Horizonts bestehenden landschaftlichen Gegebenheiten an dieser Stelle geschaffen, die deren Liebreiz weitgehend entwertet.

Bereits diese Gegebenheiten schließen die Genehmigungsfähigkeit der Windenergieanlage wegen ihrer landschaftsverunstaltenden Wirkung aus. Es kommt insbesondere nicht darauf an, ob die Windenergieanlage von allen denkbaren Standorten aus im gleichen Maße dem Landschaftsbild grob unangemessen ist. Die in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob die in der Landschaftsbildempfindlichkeitsuntersuchung aus Mai 2005 dargestellte "visuelle Eingriffsprognose" im Detail zutreffend ist, ob die Windenergieanlage also an allen der dort flächig dargestellten Bereiche sichtbar ist oder nicht, ist deshalb letztlich nicht entscheidungserheblich. Das der visuellen Eingriffsprognose zugrundeliegende Verfahren von Nohl ("Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes durch mastenartige Eingriffe; Materialien für die naturschutzfachliche Bewertung und Kompensationsermittlung") ist im vorliegenden Zusammenhang von eher geringer Bedeutung; der dort unternommene Versuch einer Bewertung des durch eine Landschaftsbildbeeinträchtigung ausgelösten Kompensationsbedarfs mag bei einem zulässigen und deshalb kompensationsfähigen Vorhaben von Belang sein und in diesem Zusammenhang auch eine Rolle spielen, in welchen Bereichen eine (kompensationsfähige) Sichtbeeinträchtigung auftritt. Darum geht es im vorliegenden Zusammenhang aber nicht, da bereits aus einigen, nicht unerheblichen Sichtbereichen eine Landschaftsbildverunstaltung eintritt, die nicht mehr kompensationsfähig ist. Im Übrigen ist es durchaus unzutreffend, dass nur bei einem Blick aus südöstlicher Richtung das Landschaftsbild durch die Windenergieanlage verunstaltet würde. Es gibt vielmehr weitere Sichtbeziehungen, bei denen das Maß einer unter Abwägung des Interesses an der Nutzung der Windenergie noch hinnehmbaren Beeinträchtigung des Landschaftsbildes wegen des Ausmaßes der verunstaltenden Wirkung der Windenergieanlage überschritten ist (wird ausgeführt).

Ende der Entscheidung

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