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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 01.10.2008
Aktenzeichen: 7 B 1069/08
Rechtsgebiete: BauO NRW


Vorschriften:

BauO NRW § 6 Abs. 7 Nr. 1
BauO NRW § 73 Abs. 1
Ist bei vorhandener älterer Bausubstanz aus Gründen des Brandschutzes nachträglich ein 2. Rettungsweg (z.B. durch eine Notleiter mit Rückenschutz oder eine Spindeltreppe) anzulegen, der bautechnisch nicht ohne Verstoß gegen das Abstandrecht realisierbar ist, kommt die Zulassung einer Abweichung nach § 73 Abs. 1 BauO NRW in Betracht.
Gründe:

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Regelung der Vollziehung der Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom ... Mit dieser hat der Antragsgegner dem Antragsteller als Eigentümer des Grundstücks X unter Androhung von näher bezifferten Zwangsgeldern u.a. aufgegeben, eine Notleiter mit Zustiegspodesten - nach näheren Maßgaben - zu errichten und innerhalb eines Monats die Auftragsbestätigung einer Fachfirma über die Erstellung der Notleiter sowie eines Sachverständigen über die Prüfung eines Standsicherheitsnachweises vorzulegen.

Die Anschlussbeschwerde hat Erfolg. Das VG hat zu Unrecht dem Begehren auf einstweiligen Rechtsschutz hinsichtlich der vorgenannten Anordnungen stattgegeben.

Soweit das VG darauf abgestellt hat, der Antragsgegner habe sich hinsichtlich des Dachgeschosses nicht in der gebotenen Weise davon überzeugt, die Wohnung im Dachgeschoss des Hinterhauses sei nicht belegt, hat der Antragsgegner jedenfalls im Beschwerdeverfahren ausgeführt, bei einer Besichtigung der Räume sei deren vollständige Möblierung festgestellt worden. Dem ist der Antragsteller nicht entgegengetreten. Darauf, dass er die Räume - wie er behauptet hat - nicht mehr vermietet, kommt es nicht an. Entscheidend ist vielmehr, ob der Antragsgegner, wie dieser zu Recht angenommen hat, mit einer Nutzung dieser Räume durch sich dort aufhaltende Personen rechnen muss.

Soweit das VG der Forderung nach Errichtung einer Notleiter mit Zustiegspodesten deren (mögliche) Unvereinbarkeit mit dem Abstandrecht entgegen gehalten hat, kann letztlich dahinstehen, ob ein Abstandverstoß hier zu bejahen ist. Sollte dies zutreffen, ist der Antragsgegner jedoch zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen einer Abweichung gegeben sind.

Zwar spricht viel dafür, dass abstandrechtlich nach § 6 Abs. 7 Nr. 1 BauO NRW ausdrücklich nur Hauseingangstreppen, nicht aber andere Außentreppen privilegiert sind und auch Notleitern oder Treppenanlagen, die den brandschutztechnisch erforderlichen 2. Rettungsweg sicherstellen sollen, nicht zu den "untergeordneten Bauteilen" im Sinne von Nr. 2 der genannten Vorschrift gehören. Auch scheidet eine Abweichung nach § 73 Abs. 1 BauO NRW, die weiterhin eine grundstücksbezogene Atypik voraussetzt - vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. 7. 2008 - 7 B 195/08 -, juris, m. w. N. -, für solche Anlagen dann aus, wenn sie nur deshalb erforderlich werden, weil der Eigentümer sein Grundstück baulich optimal ausnutzt und infolgedessen den von Anfang an erforderlichen 2. Rettungsweg nur durch abstandwidrige Rettungsanlagen sicherstellen kann.

Vgl. zu alledem: OVG NRW, Urteil vom 17. 1. 2008 - 7 A 2761/06 -, jurs.

Anders liegt es jedoch dann, wenn es wie im vorliegenden Fall darum geht, bei vorhandener älterer Bausubstanz aus brandschutztechnischen Gründen nachträglich einen 2. Rettungsweg - sei es durch eine Notleiter mit Rückenschutz, sei es durch eine Spindeltreppe - sicherzustellen und dieser bautechnisch ohne Verstoß gegen abstandrechtliche Vorschriften nicht realisierbar ist. In einer solchen Fallgestaltung kann die für eine Abweichung erforderliche grundstücksbezogene Atypik - wie hier - zu bejahen sein.

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