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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 24.07.2009
Aktenzeichen: 7 D 130/08.NE
Rechtsgebiete: BauGB, BNatSchG, FFH-Richtlinie, LG NRW


Vorschriften:

BauGB § 136 Abs. 2 Satz 1
BauGB § 136 Abs. 2 Satz 2
BauGB § 136 Abs. 3
BauGB § 141 Abs. 2
BauGB § 146
BNatSchG § 10 Abs. 1 Nr. 12
FFH-Richtlinie Art. 6 Abs. 3
FFH-Richtlinie Art. 6 Abs. 4
LG NRW § 3 b
LG NRW § 48 d
1. Vor dem Erlass einer Sanierungssatzung, deren Geltungsbereich sich auf ein FFH-Gebiet erstreckt (hier: Drachenfels), muss nicht stets eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt werden.

2. Die Tourismusförderung kann unter Berücksichtigung der Anforderungen des Abwägungsgebots ein eine Sanierungssatzung rechtfertigendes Anliegen der Gemeinde sein.


Tatbestand:

Die Antragsteller wandten sich mit dem vorliegenden Normenkontrollantrag gegen die Satzung über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets "Königswinter Drachenfels" - Sanierungssatzung Königswinter-Drachenfels -. Das Sanierungsgebiet liegt innerhalb des Geltungsbereichs der ordnungsbehördlichen Verordnung über das Naturschutzgebiet "Siebengebirge", die Städte Königswinter und Bad Honnef, Rhein-Sieg-Kreis, vom 12. Mai 2005, Amtsblatt für den Regierungsbezirk Köln 2005, 262 (im Folgenden: Naturschutzverordnung).

Der Normenkontrollantrag hatte keinen Erfolg.

Gründe:

Die Sanierungssatzung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

Die gesetzlichen Voraussetzungen des § 142 Abs. 1 BauGB für die förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets "Königswinter-Drachenfels" haben entgegen der Auffassung der Antragsteller vorgelegen.

Gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 BauGB kann die Gemeinde ein Gebiet, in dem eine städtebauliche Sanierungsmaßnahme durchgeführt werden soll, durch Beschluss förmlich als Sanierungsgebiet festlegen (förmlich festgelegtes Sanierungsgebiet). Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen sind Maßnahmen, durch die ein Gebiet zur Behebung städtebaulicher Missstände wesentlich verbessert oder umgestaltet wird (vgl. § 136 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Städtebauliche Missstände wiederum liegen vor, wenn das Gebiet in Satz 2 Nr. 1 dieser Bestimmung genannte Substanzmängel oder die in Satz 2 Nr. 2 genannten Funktionsmängel aufweist. Fälle der Substanzmangelsanierung sind dadurch gekennzeichnet, dass ein Gebiet nach seiner vorhandenen Bebauung oder seiner sonstigen Beschaffenheit den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse oder an die Sicherheit der in ihm wohnenden oder arbeitenden Menschen nicht entspricht. Die Funktionsmangelsanierung kommt demgegenüber in Gebieten in Betracht, die in der Erfüllung der Aufgaben, die ihnen nach Lage und Funktion obliegen, erheblich beeinträchtigt sind. § 136 Abs. 3 BauGB enthält beispielhaft und nicht abschließend, wie sich aus dem Wort "insbesondere" ergibt, diejenigen Merkmale, die für die Beurteilung, ob in einem Gebiet städtebauliche Missstände vorliegen, maßgeblich sind. Ob ein Gebiet städtebauliche Missstände in diesem Sinne aufweist, ist aufgrund des Ergebnisses der vorbereitenden Untersuchungen (vgl. § 141 BauGB) oder ggf. sonstiger hinreichender Beurteilungsgrundlagen (vgl. § 141 Abs. 2 BauGB) zu beantworten. Hierbei steht der Gemeinde ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Die gerichtliche Nachprüfung der Entscheidung über das Vorliegen städtebaulicher Missstände beschränkt sich im Wesentlichen darauf, ob die Gemeinde die maßgeblichen Tatsachen und Umstände rechtsfehlerfrei ermittelt hat oder ob sie von grundsätzlich fehlsamen Voraussetzungen ausgegangen ist.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. 10. 2006 - 7 D 69/05.NE -, BRS 70 Nr. 214.

Entgegen der Auffassung der Antragsteller war das Gebiet, auf das sich die Sanierungssatzung der Antragsgegnerin bezieht, im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung sanierungsbedürftig, da es städtebauliche Missstände i. S. d. § 136 aufwies, und zwar sowohl hinsichtlich der Substanz als auch hinsichtlich der Funktionsfähigkeit. Ob ein Funktionsmangel gegeben ist, hängt auch davon ab, welche Funktion das Gebiet nach dem Sanierungskonzept künftig erhalten soll.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. 7. 1984 - 4 C 14.81 -, BRS 42 Nr. 234.

Die zukünftige Funktion des Gebiets ist zu berücksichtigen; der städtebauliche Missstand kann also auf Grundlage der zukünftigen Struktur und Funktionen des Sanierungsgebiets im gemeindlichen Bereich begründet werden. Zur zukünftigen Funktion gehört sowohl das, was nach dem Sanierungskonzept erhalten, als auch das, was durch einen Funktionswandel erreicht werden soll.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. 7. 1984 - 4 C 14.81 -, BRS 42 Nr. 234.

Entgegen der Auffassung der Antragssteller war das Gebiet, auf das sich die Sanierungssatzung der Antragsgegnerin bezieht, im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung sanierungsbedürftig. Zusammenfassend ist das mit der Sanierung verfolgte Ziel darauf gerichtet, durch im Satzungsgebiet erfolgende Sanierungsmaßnahmen den Tourismus zu stärken. Die Stärkung des Tourismus ist ein beachtliches Anliegen, dass grundsätzlich zulässiges Ziel einer städtebaulichen Sanierung sein kann. Dies zeigt § 136 Abs. 3 Nr. 2 b BauGB auf, wonach die wirtschaftliche Situation und Entwicklungsfähigkeit des Gebiets unter Berücksichtigung seiner Versorgungsfunktion im Verflechtungsbereich erhebliches Kriterium einer Funktionsmangelsanierung sein kann. Der Tourismus kann eine wesentliche Bedeutung für die wirtschaftliche Lage einer Gemeinde habe. Dies ist dem Grunde nach hier nicht zweifelhaft. Der Aufstieg zum Drachenfels gehört seit vielen Jahren zu den bedeutenden Ausflugszielen der Region, was zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist und durch die von den Beteiligten übereinstimmend vorgetragene Zahl von 1.000.000 Besuchern im Jahre 2006 eindrucksvoll bestätigt wird.

Die Formulierung des § 136 Abs. 3 Nr. 2 b BauGB zeigt des Weiteren auf, dass ein städtebaulicher, eine Funktionsmangelsanierung grundsätzlich rechtfertigender Missstand nicht erst dann angenommen werden darf, wenn die wirtschaftliche Situation eines Gebiets bereits eine nachteilige Entwicklung genommen hat, sondern auch schon dann, wenn die tatsächlichen Gegebenheiten hinter den Entwicklungsmöglichkeiten, dem Potential eines Gebiets zurückbleiben. Es kommt daher nicht darauf an, ob sich das Touristenaufkommen am Drachenfels in etwa stabilisiert hat oder gar (zahlenmäßig betrachtet) ein leichter Aufwärtstrend zu verzeichnen ist, denn die Antragsgegnerin geht davon aus, das Potential des Gebiets werde nicht ausgeschöpft. Durch die Sanierungs- und andere Maßnahmen sei mehr zu erreichen, jedenfalls könne einer rückläufigen Entwicklung entgegengewirkt werden. Die insoweit der Antragsgegnerin obliegende Prognose wird durch den Vortrag der Antragsteller nicht entkräftet. Eine der Erwägungen der Antragsgegnerin zielt auf eine (einheitliche) Gestaltung der baulichen Gegebenheiten entlang des Aufstiegs zur Drachenfelsruine. Die Antragsteller halten dem die Überlegung entgegen, mit einer einheitlichen Gestaltung sei gegenüber den bestehenden Verhältnissen nichts gewonnen. Die Erwägung der Antragsgegnerin zeigt indes keinen Prognosemangel auf, zumal die Augenscheinseinnahme eindeutige Schwächen der derzeitigen Gestaltung entlang des Aufstiegs zur Drachenfelsruine bestätigt hat. In seinem unterhalb des Schlosses Drachenburg gelegenen Abschnitt ähnelt die Straße einem asphaltierten Weg, wie er beispielsweise auch durch eine beliebige größere Kleingartenkolonie geführt sein könnte. Beidseits finden sich auf größeren Teilstrecken unattraktive Zaunanlagen und mehr oder weniger geordneter Bewuchs. Zwar sind entlang des Wegs auch, für sich betrachtet, bemerkenswerte Anwesen vorhanden. Sie werden wohngenutzt und sind mit dieser Nutzung dem Sanierungsanliegen nicht (unmittelbar) dienlich, haben aber gleichwohl - wenn denn nicht auch ihre mögliche Nutzungsentwicklung Gegenstand der Sanierungserwägungen sein sollte - in ihrer Gestaltung einschließlich der Grundstückseinfriedungen Einfluss auf den Eindruck vom Aufstieg zum Drachenfels. Die Antragsteller werden dem Sanierungsanliegen nicht gerecht, wenn sie darauf hinweisen, die genannten Objekte seien ansprechend gestaltet, denn die Gestaltung entspricht offenkundig den Vorstellungen des jeweiligen Grundstückseigentümers, ist in sein Belieben gestellt, was besondere Bedeutung erlangt, wenn der Blick in die Zukunft gerichtet wird.

Es kommt etwas Weiteres hinzu: Gegenstand der Sanierungsplanung ist gerade auch, die Potentiale des Gebiets zu erhöhen. Hierzu können durchaus auf die Nutzungsmöglichkeiten der jeweiligen Grundstücke bezogene Erwägungen gehören. Exemplarisch kann hierzu auf die Erwägungen der Antragsgegnerin eingegangen werden, die das Grundstück des Antragstellers zu 2. betreffen und in dem Entwurf eines Sanierungsbebauungsplans zum Ausdruck kommen. Danach beabsichtigt die Verwaltung der Antragsgegnerin nach dem derzeitigen Stand ihrer Überlegungen, für das Grundstück des Antragstellers zu 2. deutlich über den Baubestand hinausgehende überbaubare Grundstücksflächen auszuweisen und damit einer baulichen Entwicklung Raum zu geben, die einerseits in der gegebenen Außenbereichslage sowie der Lage in einem Naturschutzgebiet ohne Bebauungsplangrundlage keine Realisierungsmöglichkeit hätte, andererseits auf diesem Wege die Möglichkeiten für eine intensivere gastronomische Nutzung zu erweitern.

Die Sanierungssatzung durfte ferner erlassen werden, ohne dass die Antragsgegnerin zuvor eine FFH-Verträglichkeitsprüfung hätte durchführen müssen.

Die in Art. 6 Abs. 3 und Abs. 4 der Richtlinie 92/43/EWG des Rats vom 21. 5. 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, Abl. EG L 206, S. 7 (FFH-RL), genannten Erfordernisse der FFH-Verträglichkeitsprüfung einschließlich einer Abweichungsentscheidung ist durch das Landschaftsgesetz, das den rahmenrechtlichen Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes entspricht, in innerstaatliches Recht umgesetzt worden.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. 12. 2007 - 8 A 2810/04 -, BRS 71 Nr. 211; BVerwG, Urteil vom 17. 1. 2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1.

Dass der Landesgesetzgeber den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben nicht genügt hätte, ist nicht ersichtlich und wird von den Antragstellern auch nicht vorgetragen. § 48d Abs. 1 Satz 1 LG NRW schreibt vor, Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung oder eines europäischen Vogelschutzgebietes zu überprüfen. Gem. § 48d Abs. 8 LG NRW finden die Absätze 1 bis 7 des § 48d LG NRW auf Pläne entsprechende Anwendung, soweit dafür nicht die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes oder andere Rechtsvorschriften gelten. Ob die Sanierungssatzung ein Plan im Sinne dieser Bestimmung ist, kann dahinstehen, denn sie ist jedenfalls nach den Umständen des Einzelfalls nicht geeignet, ein Gebiet von gemeinschaftsrechtlicher Bedeutung zu beeinträchtigen.

Gem. § 3b LG NRW iVm § 10 Abs. 1 Nr. 12 BNatSchG in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. 3. 2002, BGBl. I S. 1193, vor Erlass der Sanierungssatzung zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. 6. 2005, BGBl. I S. 1818, nunmehr in der Fassung des Gesetzes vom 22. 12. 2008, BGBl. I S. 2986, sind Pläne solche Pläne (und Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren), die bei behördlichen Entscheidungen zu beachten oder zu berücksichtigen sind, soweit sie, einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten, geeignet sind, ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein europäisches Vogelschutzgebiet erheblich zu beeinträchtigen. Mit dem Tatbestandsmerkmal der "erheblichen Beeinträchtigung" knüpft das deutsche Recht an den Wortlaut von Art. 6 Abs. 3 Satz 1 der FFH-Richtlinie an. Danach sind Pläne (oder auch Projekte), die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des FFH-Gebiets in Verbindung stehen oder hierfür notwendig sind, einer Prüfung auf ihre Verträglichkeit mit den für das FFH-Gebiet festgelegten Erhaltungszielen zu unterziehen, wenn sie das FFH-Gebiet einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten "erheblich beeinträchtigen" könnten. Pläne (oder Projekte) können im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-Richtlinie das Gebiet erheblich beeinträchtigen, "wenn sie drohen, die für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zu gefährden."

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. 1. 2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1 unter Bezug auf EuGH, Urteil vom 7. 9. 2004 - C - 127/02 -, Slg. 2004, I 7405.

Unerheblich dürften im Rahmen des Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie nur Beeinträchtigungen sein, die kein Erhaltungsziel nachhaltig beeinträchtigen können.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. 1. 2007 - 9 A 20.05 -, a. a. O.

Die aus der FFH-Richtlinie folgende Anforderung zur Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung setzt demnach die Möglichkeit einer tatsächlichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele voraus, deren Schutz die FFH-Richtlinie bezweckt. Die zu prüfende Sanierungssatzung ist jedoch von vornherein nicht geeignet, das FFH-Gebiet zu beeinträchtigen. Eine Sanierungssatzung wirkt wie eine Veränderungssperre. Sie dient der Sicherung des status quo, damit die Sanierungsziele konkretisiert und ihre Umsetzung dann durch geeignete Maßnahmen bewirkt werden kann. Welche Sanierungsmaßnahmen letztlich ergriffen werden, gibt die im vorliegenden Verfahren strittige Sanierungssatzung nicht vor. Dass die Sanierungssatzung Grundlage selbst enteignender Maßnahmen sein kann, macht sie nicht zu einer Planung, die das FFH-Gebiet beeinträchtigen kann, denn die Enteignung würde zu einem Eigentumswechsel, nicht aber zu anderen Nutzungsmöglichkeiten des enteigneten Grundstücks führen.

Allerdings umfasst die Durchführung einer Sanierung Ordnungs- und Baumaßnahmen (vgl. §§ 146 ff BauGB). Die danach abstrakt möglichen Maßnahmen sind jedoch deshalb nicht geeignet, das FFH-Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, weil sie auf Grundlage der Sanierungssatzung ohne vorherige FFH-Prüfung nicht durchgeführt werden können, wenn es tatsächlich zu entsprechenden Beeinträchtigungen kommen kann. Dies verhindert die Naturschutzverordnung, der gegenüber auf die Sanierungssatzung gestützte Ordnungs- oder Baumaßnahmen keinen Vorrang haben.

Die in Betracht zu ziehenden Maßnahmen sind - soweit sie nicht ohnehin nur auf eine bloße Rechtsänderung wie den Grundstückserwerb zielen - nach der Naturschutzverordnung von vornherein verboten, soweit sie zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des geschützten Gebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können (vgl. § 5 Nr. 1 Satz 1 NSchVO). Gleiches gilt nach Satz 2 der Nr. 1 für Handlungen, die zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes der in § 3 genannten Biotope sowie der Lebensräume und Populationen der dort genannten Pflanzen- und Tierarten führen können. In § 3 Buchstabe b NSchVO ist im Einzelnen aufgeführt, welche Lebensräume, Tier- und Vogelarten im Sinne der FFH-Richtlinie bzw. der Vogelschutz-Richtlinie erhalten bzw. wiederhergestellt werden sollen. Soweit dennoch Ausnahmen von der Verbotsnorm zugelassen werden und diese zu erheblichen Beeinträchtigungen führen können, sieht das Schutzregime der Naturschutzverordnung eine vorangehende FFH-Verträglichkeitsprüfung vor.

Für eine Befreiung (vgl. § 9 NSchVO) oder eine vertragliche Vereinbarung (vgl. § 10 NSchVO) gelten keine geringeren Anforderungen.

Soweit die Konkretisierung der Sanierungsziele im Verlaufe des Sanierungsverfahrens die Erforderlichkeit weiterer Planungen, wie etwa eines Sanierungsbebauungsplans, ergeben sollte, müsste einem solchen Plan (wenn es sich um einen Plan im Sinne des Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie handelt) eine FFH-Verträglichkeitsprüfung vorangestellt werden.

Die der Sanierung zugrunde liegende Abwägung ist schließlich nicht deshalb abwägungsfehlerhaft, weil die Ziele der Sanierung zu unbestimmt seien, um rechtsstaatlichen Anforderungen zu genügen, die Sanierung es gewissermaßen in das Belieben der Antragsgegnerin stellte, die Ausnutzung der geschützten Rechte Privater - auf lange Sicht - zu unterbinden und sie einer unverhältnismäßigen Belastung ihres Eigentums auszusetzen. So ist die Situation jedoch nicht. Zunächst ist es nicht so, dass sich die Antragsgegnerin zur Beschreibung der mit der Sanierung verfolgten Ziele gewissermaßen auf eine Leerformel bezogen hätte, wie die Antragsteller meinen und die sie in dem Sanierungsziel, den Tourismus zu stärken, sehen wollen. Welchen subsumtionsfähigen Gehalt dieser Begriff im Einzelnen hat, bedarf hier keiner Prüfung. Die Antragsgegnerin hat sich nicht pauschal darauf beschränkt, auf irgendeine nicht näher erläuterte oder nicht jedenfalls beispielhaft umschriebene Weise die Tourismusförderung zum Ziel der Sanierungssatzung zu erklären. Da eine förmliche Begründung der Sanierungssatzung nicht vorgeschrieben ist, kann hier zur Bestimmung des von der Antragsgegnerin Gewollten auf die dem Satzungsbeschluss zu Grunde liegende Vorbereitende Sanierungsuntersuchung Königswinter Drachenfels zurückgegriffen werden. Dort sind eine Vielzahl durchaus subsumtionsfähiger Teilziele genannt. Zwar bedürfen auch die dort genannten Teilziele durchaus noch näherer Konkretisierung. Zu Beginn des Sanierungsverfahrens dürfen aber noch keine hohen Anforderungen an die Konkretisierung der Sanierungsziele gestellt werden. Es muss insbesondere nicht bereits unmittelbar nach Inkrafttreten der Sanierungssatzung erkennbar sein, wie das Sanierungsgebiet im Einzelnen genutzt werden soll.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. 10. 1978 - 4 C 48.76 -, BRS 33 Nr. 198 = BauR 1979, 134; Beschluss vom 27. 5. 1997 - 4 B 98. 96 -, BRS 59 Nr. 248; Urteil vom 4. 3. 1999 - 4 C 8.98 -, BRS 62 Nr. 229.

Dies bedeutet nun nicht, wie die Antragsteller befürchten, dass sie sich auf lange Sicht an deutlich konkretisierungsbedürftigen Sanierungszielen ausrichten müssten und in entsprechendem Maße in ihren Dispositionsmöglichkeiten eingeschränkt wären. Zum früheren Städtebauförderungsrecht hat das BVerwG bezogen auf einen Sanierungsbebauungsplan ausgeführt, den Gemeinden soll für die Verwirklichung ihrer Sanierungsziele bis hin zur Aufstellung eines Sanierungsbebauungsplans hinreichende Zeit zur Verfügung stehen; da das Eindringen von Nutzungen, die die Sanierung erschweren könnten, verhindert werden soll, dürfen zu Beginn des Sanierungsverfahrens keine (zu) hohen Anforderungen an die Konkretisierung der Sanierungsziele gestellt werden. Hingegen müssen im Laufe des Sanierungsverfahrens, besonders unmittelbar vor oder während des Verfahrens zur Aufstellung eines Sanierungsbebauungsplans, die Sanierungsziele sich zunehmend verdichten und damit zunehmend konkreter werden. Aus der anfänglichen umfassenderen Sperrwirkung der Sanierungssatzung - in diesem Stadium mit der Wirkung einer Veränderungssperre vergleichbar - wird deswegen mit zunehmender Verdichtung der Sanierungsziele ein Rechtsinstitut, mit dessen Hilfe nur noch diejenigen Rechtsvorgänge und Vorhaben abgewehrt werden können, die den nunmehr detaillierten Planungsvorstellungen widersprechen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. 9. 1984 - 4 C 20.81 -, BRS 42 Nr. 233; in Bezug genommen von BVerwG, Urteil vom 4. 3. 1999 - 4 C 8.98 -, a. a. O.

Unter Berücksichtigung dieser Zusammenhänge ergibt sich auch aus dem konkreten Vortrag der Antragsteller kein Anhalt, sie könnten durch die Sanierungssatzung rechtsstaatswidrig, insbesondere unverhältnismäßig belastet sein. Die Antragsteller stellen auf abstrakt mögliche rechtliche Schlussfolgerungen einer Sanierungssatzung ab, die für einen Großteil der Grundstücke im Sanierungsgebiet jedoch von vornherein nicht in Betracht zu ziehen sind und daher insoweit auch nicht abwägungserheblich waren. Geht es etwa im Ergebnis für Grundstücke um eine erst noch zu erlassende Gestaltungssatzung und die sich aus ihr ergebenden Bindungen, etwa die Gestaltung von Einfriedungen betreffend, ist schwerlich eine Grundstücksenteignung zur Durchsetzung entsprechender Gestaltungsanforderungen in Betracht zu ziehen. Geht es um genehmigungsbedürftige Vorhaben im Sinne des § 144 Abs. 1 BauGB, liegt ein gewisses Erschwernis für den Grundstückseigentümer zwar darin, eine sanierungsrechtliche Genehmigung einholen zu müssen. Auf die Genehmigung besteht jedoch unter den Voraussetzungen des § 145 Abs. 2 BauGB ein Anspruch. Die sich dennoch ergebenden Einschränkungen sind im Verhältnis zu den mit der Sanierungssatzung verfolgten Zielen von geringerer Bedeutung, zumal sich für die Grundstückseigentümer im Hinblick auf die von den Antragstellern im anderen Zusammenhang betonten bauplanungsrechtlichen und naturschutzrechtlichen Regelungen derzeit Beschränkungen ergeben, gegenüber denen sich für die allermeisten Eigentümer im Plangebiet als Ergebnis der Sanierung Verbesserungen ergeben dürften.

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