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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 25.08.2005
Aktenzeichen: 7 D 2/05.NE
Rechtsgebiete: BauGB, BauNVO, LEPro NRW


Vorschriften:

BauGB § 1 Abs. 4
BauGB § 1 Abs. 6 a.F.
BauGB § 1 Abs. 7 n.F.
BauGB § 2 Abs. 2
BauGB § 34 Abs. 1 a.F.
BauGB § 42 Abs. 2
BauGB § 42 Abs. 3
BauNVO § 11 Abs. 3
LEPro NRW § 24 Abs. 3
Will eine Gemeinde durch Bebauungsplan ein Sondergebiet für ein Einkaufszentrum mit 70.000 m² Verkaufsfläche nahe der Stadtgrenze zu einer Nachbargemeinde festsetzen, in deren Innenstadt ca. 62.000 m² Verkaufsfläche vorhanden sind, hat sie die städtebaulichen Konsequenzen ihrer Planung im Hinblick auf die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung in der Nachbargemeinde und im Hinblick auf deren Zentrenstruktur abzuwägen.

Die Abwägung der städtebaulichen Konsequenzen für die Nachbargemeinde ist auch dann nicht entbehrlich, wenn der Bebauungsplan einen Bereich erfasst, in dem nach § 34 Abs. 1 BauGB a.F. aufgrund der faktischen Gegebenheiten ein Anspruch auf Genehmigung entsprechender (weiterer) Einzelhandelsnutzungen bestand. In die Abwägung können zum Schutz der Nachbargemeinde durch den Bebauungsplan festzusetzende Sortimentsbeschränkungen einzubeziehen sein, und zwar auch dann, wenn die Gemeinde Planschadensersatzansprüche befürchtet.


Tatbestand:

Die Antragstellerin ist eine Stadt mit ca. 86.000 Einwohnern. Im Süden des Stadtgebiets grenzt der Bereich der Antragsgegnerin an. Die Antragsgegnerin hat fast 40.000 Einwohner. Die Antragstellerin wandte sich mit dem Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan - "Sondergebiet Einkaufszentrum" - der Antragsgegnerin. Das vom Bebauungsplan überplante, tatsächlich überwiegend bebaute Gebiet liegt unweit der gemeinsamen Stadtgrenze von Antragstellerin und Antragsgegnerin in einer Entfernung zum Stadtzentrum der Antragstellerin von etwa 4 km.

Das vom Bebauungsplan erfasste Gebiet ist ca. 15 ha groß. Die Verkaufsfläche der dort vorhandenen Einzelhandelsbetriebe ermittelte die Antragsgegnerin mit rund 62.000 m2. Der Bebauungsplan gibt ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung "Einkaufszentrum" vor. Ausweislich der textlichen Festsetzungen darf die Verkaufsfläche aller Einzelhandelsbetriebe insgesamt 70.000 m2 nicht überschreiten. Die textlichen Festsetzungen geben folgende Nutzungen an, die im Sondergebiet zulässig sind: großflächige Möbelmärkte, großflächige Bau- und Gartenmärkte, Einzelhandelsbetriebe, sonstige großflächige Einzelhandelsbetriebe, Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude, Tankstellen, Schank- und Speisewirtschaften, Vergnügungsstätten bis max. 200 m2 Nutzfläche, Anlagen für Verwaltungen sowie kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe, die aufgrund ihrer Emissionen in einem Abstand bis 100 m zur Wohnbebauung zulässig sind, Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter. Als nicht zulässig sind Wohngebäude und Betriebe des Beherbergungsgewerbes genannt.

Der Normenkontrollantrag hatte Erfolg.

Gründe:

Der Bebauungsplan ist mit den Anforderungen des Abwägungsgebots in ihrer Ausprägung durch das interkommunale Abstimmungsgebot nicht vereinbar.

Befinden sich benachbarte Gemeinden objektiv in einer Konkurrenzsituation, so darf keine von ihrer Planungshoheit rücksichtslos zum Nachteil der anderen Gebrauch machen. Der Gesetzgeber bringt dies in § 2 Abs. 2 BauGB unmissverständlich zum Ausdruck. Diese Bestimmung verleiht dem Interesse der Nachbargemeinde, vor Nachteilen bewahrt zu werden, besonderes Gewicht. Das Gebot, die Bauleitpläne benachbarter Gemeinde aufeinander abzustimmen, ist als gesetzliche Ausformung des in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts zu verstehen. § 2 Abs. 2 BauGB liegt die Vorstellung zugrunde, dass benachbarte Gemeinden sich mit ihrer Planungsbefugnis im Verhältnis der Gleichordnung gegenüberstehen. Die Vorschrift verlangt einen Interessenausgleich zwischen diesen Gemeinden und fordert dazu eine Koordination der gemeindlichen Belange. Die Nachbargemeinde kann sich unabhängig davon, welche planerischen Absichten sie für ihr Gebiet verfolgt oder bereits umgesetzt hat, gegen unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf dem benachbarten Gemeindegebiet zur Wehr setzen. Rein wettbewerbliche bzw. wirtschaftliche Auswirkungen reichen hierfür allerdings nicht aus. Das interkommunale Abstimmungsgebot schützt nicht den in der Nachbargemeinde vorhandenen Einzelhandel vor Konkurrenz, sondern nur die Nachbargemeinde als Selbstverwaltungskörperschaft und Trägerin eigener Planungshoheit. Die befürchteten Auswirkungen müssen sich folglich auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung in der Nachbargemeinde beziehen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 1.8.2002 - 4 C 5.01 -, BRS 65 Nr. 10.

Städtebauliche Konsequenzen einer Planung zeigen sich etwa dann, wenn eine Schädigung des Einzelhandels in der Nachbargemeinde die verbrauchernahe Versorgung der dortigen Bevölkerung in Frage stellt oder die Zentrenstruktur der Nachbargemeinde nachteilig verändert wird. Im Zusammenhang mit der Planung von Einzelhandelsprojekten kann insoweit der Abfluss bislang in der Nachbargemeinde absorbierter Kaufkraft einen wesentlichen Indikator darstellen. Der Kaufkraftabfluss ist typischerweise die Kenngröße, anhand derer die Intensität der Belastung der Nachbarkommune ermittelt werden kann. Allerdings handelt es sich bei dem Kriterium "Kaufkraftabfluss" zunächst um eine wirtschaftliche Bezugsgröße, deren städtebauliche Bedeutung sich erst bei Überschreiten der städtebaulichen Relevanzschwelle ergibt. Nichts anderes gilt für den Umstand, dass sich das wirtschaftliche Umfeld des Einzelhandels in der Nachbargemeinde verändert und sich dessen Konkurrenzsituation verschlechtert. Überschritten ist die städtebauliche Relevanzschwelle erst dann, wenn ein Umschlag von rein wirtschaftlichen zu städtebaulichen Auswirkungen stattzufinden droht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 1.8.2002 - 4 C 5.01 -, a.a.O.

Im vorliegenden Fall bestehen schwerwiegende Anhaltspunkte für derartige Auswirkungen. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus der Bebauungsplanungsbegründung. Denn danach hat das nach Einschätzung der Antragsgegnerin vorhandene faktische Einkaufszentrum bereits zu einer erheblichen Schwächung der Einzelhandelsstruktur der Innenstadt der Antragstellerin geführt (Bebauungsplanbegründung S. 5). Derartige Gegebenheiten drängen sich im Übrigen angesichts der Umstände auf, dass das vorhandene Einkaufszentrum eine Verkaufsfläche von rund 62.000 m2 und damit eine Verkaufsfläche in der Größenordnung der gesamten Verkaufsfläche der Innenstadt der Antragsstellerin aufweist und zudem unmittelbar nahe der Stadtgrenze errichtet ist. Der Einwand der Antragsgegnerin, es sei unklar, welche Bereiche die Antragstellerin der Innenstadt zuordne und wie sich dort die Verkaufsflächenzahl ermittele, geht von einem Ansatz aus, der nicht berücksichtigt, dass es ihr als der planenden Gemeinde oblegen hat, die für die Abwägung bedeutsamen Umstände zu ermitteln. Die Planungshoheit entbindet die Antragsgegnerin nicht von einer den Anforderungen des § 1 Abs. 6 BauGB (nunmehr § 1 Abs. 7 BauGB n.F.) genügenden Abwägung. Hätte die Antragstellerin tatsächlich Zweifel gehabt, ob die Innenstadt der Antragsgegnerin durch die Bebauungsplanung nachhaltig beeinträchtigt werden kann, weil es keinen entsprechend abgrenzbaren Innenstadtbereich gebe oder dort keine Einzelhandelsstrukturen vorhanden seien, die in erheblichem Umfang beeinträchtigt werden könnten, hätte es ihr oblegen, bei der Antragstellerin um ergänzende Angaben nachzusuchen. Im übrigen spricht wenig für die Annahme, der Antragsgegnerin wären die Stadtstrukturen der Nachbarstadt nicht bekannt. Die Innenstadt der Antragstellerin entspricht in ihrer Lage der ehemaligen mittelalterlichen Stadt, die von den Straßen ... ringförmig umschlossen wird. Dass dort rund 61.000 qm Verkaufsfläche 1996 vorhanden waren, hat die Einzelhandelsstrukturuntersuchung der Antragstellerin aus Februar 1997 aufgezeigt. Dass sich hieran bis zum Zeitpunkt des Beschlusses über den Bebauungsplan Wesentliches geändert hätte, ist nicht ersichtlich. Letztlich kommt es auf weitere Einzelheiten insoweit aber auch gar nicht an, denn die Antragsgegnerin ist - wie ausgeführt - ausweislich der Bebauungsplanbegründung selbst davon ausgegangen, dass schon das faktisch vorhandene Einkaufszentrum zu einer erheblichen Schwächung der Einzelhandelsstruktur der Innenstadt der Antragstellerin geführt hat, also von entsprechenden Auswirkungen ist. Diese Auswirkungen durfte die Antragsgegnerin bei der Ermittelung der von der Bebauungsplanung berührten Belange nicht deshalb gewissermaßen außen vor lassen, weil sich auf Grundlage des Bebauungsplans keine beachtlichen zusätzlichen Auswirkungen ergeben könnten. Das Gegenteil ist der Fall.

Der Bebauungsplan beschränkt sich nicht darauf, eine bauliche Erweiterung um ca. 10 % der Verkaufsflächen zuzulassen, sondern ermöglicht auf der gesamten Nutzungsfläche, die er anhand der Verkaufsflächen beschreibt, ein Nutzungsspektrum, das über das tatsächliche Nutzungsspektrum im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses weit hinausreicht, namentlich eine Nutzungsentwicklung zulässt, die deutlich gravierendere Auswirkungen auf die Innenstadtstruktur der Antragstellerin haben kann, als dies gegenwärtig der Fall ist. Diese Gegebenheiten ergeben sich offenkundig bereits auf Grund der in der Bebauungsplanbegründung wiedergegebenen Nutzungsstrukturen. Ein namhafter Teil der Nutzungen entfällt auf solche Nutzungen, die nicht oder nur bedingt für die Nutzungsstrukturen der angrenzenden Innenstadtlage der Antragsgegnerin von Bedeutung sind. (wird ausgeführt)

Der Einwand der Antragsgegnerin, auch ohne Bebauungsplan wären entsprechende Nutzungsänderungen rechtlich zulässig gewesen, verfängt nicht. Um eine sachgerechte Abwägung überhaupt erst zu ermöglichen, hatte die Antragsgegnerin die in die Abwägung einzustellenden Belange zunächst zutreffend zu ermitteln und zu bewerten. Erst wenn die Antragsgegnerin der Frage nachgegangen wäre, wie sich die tatsächlich gegebene Situation, die durch die im Plangebiet vorhandenen Einzelhandelsbetriebe geprägt wurde, auf Grundlage der durch den Bebauungsplan als zulässig bestimmten Nutzungsmöglichkeiten auch im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Nachbarstadt ändern kann, wäre ihr die weitere Abwägung auf hinreichend sicherer Grundlage möglich gewesen, ob sie es eben nicht bei einer Planung belässt, die die noch nicht eingetretenen Nutzungsänderungen weiterhin ermöglicht oder diese beschränkt.

Darüber hinaus kann entgegen der pauschalen Einschätzung der Antragsgegnerin eine Erweiterung der vorhandenen Verkaufsflächen um etwa 10 % zu einer weiteren Schwächung der Einzelhandelsstruktur der Antragstellerin führen. Beispielsweise hätte die Antragsgegnerin in Rechnung stellen müssen, dass bislang geschwächte, aber gerade noch überlebensfähige Einzelhandelsbetriebe durch eine Ausweitung des Nutzungsmaßes im Bereich des Einkaufszentrums die gerade noch bestehende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verlieren können. Ermittlungen, ob dies tatsächlich der Fall ist, hat die Antragsgegnerin unterlassen.

Irgendwelche Ermittlungen, ob solche Entwicklungen zu befürchten sind, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung in der Nachbarstadt oder die Entwicklung ihrer zentralen Versorgungsbereiche gefährden könnten, hat die Antragsgegnerin unterlassen, obwohl u.a. von der Antragstellerin im Planaufstellungsverfahren die Einholung eines Marktgutachtens angemahnt worden ist. Es besteht zwar, wie die Antragsgegnerin zutreffend ausführt, keine gesetzliche Verpflichtung zur Einholung eines Gutachtens. Die Antragsgegnerin hat es jedoch unterlassen, das zur sachgerechten Abwägung erforderliche Abwägungsmaterial zusammenzutragen. Konnte sie sich nicht auf andere Weise eine hinreichende Abwägungsgrundlage schaffen, oblag es allerdings ihr - und nicht etwa der Antragstellerin -, sich gegebenenfalls auch gutachterlicher Hilfe zu bedienen.

Die Abwägung der Antragsgegnerin ist ferner insoweit fehlerhaft, als sie schon nicht ermittelt hat, in welchem Umfang tatsächlich ausgeübte Einzelhandelsnutzungen durch Bebauungsplanfestsetzungen auf den Bestand festgeschrieben werden konnten, ohne Planschadensersatzansprüche befürchten zu müssen, und - wenn eine Festsetzung auf den Bestand ohne Ersatzanspruch für einige Bereiche des Plangebiets nicht in Betracht zu ziehen gewesen sein sollten - in welcher Höhe mit einem Planschadensersatzanspruch denn überhaupt zu rechnen war. Auch wenn in dem überplanten Gebiet die bislang vorhandenen baulichen Nutzungen einem faktischen Einkaufszentrum entsprochen haben mögen, hinderte dies nicht, die baulichen Nutzungen entsprechend den tatsächlichen Gegebenheiten (Flächenaufteilung für die jeweiligen Sortimente in Übereinstimmung mit den jeweils erteilten Baugenehmigungen) auf das vorhandene Maß zu beschränken. Zwar wäre eine Nutzungsänderung im Hinblick wohl auch auf den Verkauf solcher Sortimente zulässig gewesen, die in bestimmten Bereichen nicht angeboten wurden. Die Beschränkung zulässiger Nutzungsänderungen kann jedoch nur dann zu einem (eine Bebauungsplanung etwaig faktisch beeinträchtigenden oder gar hindernden) Planungsschaden führen, wenn sie innerhalb von sieben Jahren ab Zulässigkeit der Nutzungsänderung erfolgt (vg. § 42 Abs. 2 BauGB). Spätestens 1984 bestanden jedoch Nutzungsänderungsmöglichkeiten für große Gebietsteile. Dies belegt die Entscheidung des 11. Senats des OVG NRW vom 9.2.1988 - 11 B 2505/87 -. Ob für andere Teilbereiche des Bebauungsplangebiets erst später und erst sieben Jahre vor dem Satzungsbeschluss entsprechende Nutzungsmöglichkeiten eröffnet wurden, bedarf keiner näheren Betrachtung. Jedenfalls für wesentliche Bereiche des Bebauungsplangebiets bestand keine bauliche Entwicklung, deren Festschreibung für die Antragsgegnerin die Befürchtung begründet hätte, einem Planschadensersatzanspruch ausgesetzt zu werden. Ferner hat die Antragsgegnerin jede Ermittlung in dieser Richtung unterlassen. Schließlich kann sich eine aus der wechselseitigen kommunalen Rücksichtnahmeverpflichtung abgeleitete Planungspflicht gerade auch in solchen Fallkonstellationen ergeben, in denen eine Gemeinde durch bewusste planerische Untätigkeit eine weitere Schädigung der Nachbargemeinde in Kauf nimmt, um möglicherweise drohenden Ersatzansprüchen wegen Planungsschäden zu entgehen.

So BVerwG, Urteil vom 17.9.2003 - 4 C 14.01 -, BRS 66 Nr. 1.

Unbehelflich ist schließlich der Vortrag der Antragsgegnerin und auch der Beigeladenen, die Antragstellerin selbst schütze ihre Innenstadt nicht; sie behauptet noch nicht einmal, die zwischenzeitlich genehmigten Einzelhandelsnutzungen hätten (im maßgebenden Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses) zu Beeinträchtigungen der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung in der Nachbarstadt oder zu einer Gefährdung der Entwicklung ihrer zentralen Versorgungsbereiche geführt. Darauf kommt es auch schon deshalb nicht an, weil die Antragsgegnerin in ihrer Abwägung auf eine solche Entwicklung nicht abgehoben hat. Ohnehin würde eine gewissermaßen hausgemachte Beeinträchtigung der eigenen Versorgungsstrukturen die Nachbargemeinde nicht berechtigen, die Situation einschränkungs- und abwägungslos zu verschärfen.

Da die Antragsgegnerin die für eine sachgerechte Abwägung erheblichen Belange schon nicht in ausreichendem Maße ermittelt hat, war ihr eine sachgemäße Bewertung der Belange namentlich der Antragstellerin nicht möglich. Eine Gewichtung der Belange hat der Sache nach in wesentlichen Punkten allenfalls formal, nicht aber unter Berücksichtigung des Gewichts der Belange stattgefunden (Abwägungsausfall). Ohne Abschätzung, in welcher Höhe Planschadensersatzansprüche konkret zu erwarten waren und welche Folgen die Planung für die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung in der Nachbarstadt sowie die Entwicklung ihrer zentralen Versorgungsbereiche haben kann, konnte bereits nicht eingeschätzt werden, ob eine nicht mit einer (teilweisen) Sortimentsbeschränkung verbundene Überplanung des vorhandenen Bestands von hinreichend gewichtigen Belangen getragen war. Dass ein etwaiger Planschadensersatzanspruch (ungeachtet seiner konkreten Höhe) keine absolut vorrangige Bedeutung gegenüber den zu berücksichtigenden Interessen der Nachbargemeinde hat, ist oben bereits ausgeführt.

Die Mängel der Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials hätten der Antragsgegnerin bekannt sein müssen. U.a. die Antragstellerin hat auf die Notwendigkeit hingewiesen, zur sachgerechten Abwägung ein Gutachten einzuholen. Der Mangel der Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials ist offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Dies gilt auch für die Mängel der (der Sache nach unterbliebenen) Gewichtung der von der Planung betroffenen Belange der Antragstellerin. Bei fehlerfreier Abwägung hätten andere Bebauungsplanfestsetzungen in Betracht zu ziehen gewesen sein können. Auch insoweit ist darauf zu verweisen, dass die Antragstellerin bereits im Bebauungsplanverfahren darauf hingewiesen hat, es könne eine den Bestand sichernde Bebauungsplanung unter Begrenzung nicht nur der Verkaufsflächen, sondern auch der Warensortimente in Betracht zu ziehen sein.

Es bedarf nach alledem keiner Entscheidung, ob der Bebauungsplan auch gegen Ziele der Raumordnung verstößt (vgl. § 1 Abs. 4 BauGB). Insbesondere ist nicht entscheidungserheblich, ob § 24 Abs. 3 LEPro NRW auch unter Berücksichtigung der Entscheidungen des BVerwG vom 15.4.2003 - 4 BN 25.03 -, BRS 66 Nr. 7, vom 17.9.2003 - 4 C 14.01 -, a.a.O., und vom 18.9.2003 - 4 CN 20.02 -, BRS 66 Nr. 5, als Ziel der Raumordnung anzusehen ist, vgl. OVG NRW, Urteil vom 7.12.2000 - 7a D 60/99.NE -, BRS 63 Nr. 34; Urteile vom 6.6.2005 - u.a. 10 D 145/04.NE -, und ob der Bebauungsplan der Antragsgegnerin den sich aus § 24 Abs. 3 LEPro NRW etwaig ergebenden Bindungen genügt.

Ende der Entscheidung

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