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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 12.03.2003
Aktenzeichen: 8 A 2398/02
Rechtsgebiete: IHKG


Vorschriften:

IHKG § 5
1. Eine Regelung in der Wahlordnung einer IHK, die lediglich die Einspruchsfrist gegen die Feststellung des Wahlergebnisses normiert, ist keine materielle Präklusionsvorschrift, die das Einspruchsrecht des Wahlberechtigten auf rechtzeitig vorgebrachte Einspruchsgründe begrenzt.

2. Ist ein Wahlausschuss nicht entsprechend der für die angegriffene Wahl geltenden Wahlordnung zusammengesetzt, besteht die Möglichkeit einer Beeinflussung des Wahlergebnisses.

3. Führt der Wahlausschuss die Wahl zu einem großen Teil nicht selbst durch und trifft er wesentliche Entscheidungen im Zusammenhang mit der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses nicht selbst, so liegt ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften vor.


Tatbestand:

Die Klägerin ist ein Unternehmen im Bezirk der Beklagten zu 1., einer IHK. Sie wendet sich gegen die Wahl zur Vollversammlung der Beklagten zu 1. 2001. Nach § 2 der Satzung der Beklagten zu 1. wählen die Kammerzugehörigen eine Vollversammlung, die aus 82 unmittelbar gewählten Mitgliedern und bis zu 10 mittelbar zugewählten Mitgliedern besteht. Die Mitglieder werden nach § 1 der Wahlordnung für die Dauer von fünf Jahren gewählt. Aktiv wahlberechtigt sind die Kammerzugehörigen, die nach ihrer Branchenzugehörigkeit in acht Wahlgruppen eingeteilt sind. In jeder Wahlgruppe wird eine in § 7 der Wahlordnung festgelegte Anzahl von Mitgliedern der Vollversammlung gewählt. Für fünf Wahlgruppen sind Wahlbezirke gebildet worden, denen jeweils eine bestimmte Anzahl an Sitzen zugeordnet worden ist. Der Geschäftsführer der Klägerin trat in der Wahlgruppe VI im Wahlbezirk Kreis L. als Kandidat an und wurde gewählt. Die Klage hatte in 2. Instanz Erfolg.

Gründe:

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zu 2. (Vollversammlung der IHK), die Ungültigkeit der Wahl zur Vollversammlung 2001 festzustellen und eine Wiederholungswahl anzuordnen (§ 113 Abs. 5 S.1 VwGO).

1. Nach § 14 Abs. 2 der Wahlordnung stellt der Wahlausschuss das Wahlergebnis fest. Einsprüche gegen die Feststellung des Wahlergebnisses sind nach § 15 Abs. 1 der Wahlordnung zulässig. Nähere Voraussetzungen für die Begründetheit eines Einspruchs nennt die Wahlordnung nicht. Für die Regelung des Wahlrechts und des Wahlprüfungsrechts hat § 5 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18.12.1956 (BGBl. I S. 920) zuletzt geändert durch Art. 6 des Neunten Euro-Einführungsgesetzes vom 10.11.2001 (BGBl. I S. 2992) - IHKG - dem Satzungsgeber weitgehende Gestaltungsfreiheit eingeräumt. Zu beachten sind aber die Grenzen, die sich aus den allgemeinen Wahlrechtsgrundsätzen ergeben.

Frentzel/Jäkel/Junge, a.a.O. § 5 Rdnr. 28.

Ob im Hinblick auf das Demokratieprinzip eine einschränkende Auslegung des § 15 Abs. 1 der Wahlordnung dahin geboten ist, dass nur ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften, durch den das Wahlergebnis beeinflusst werden kann, zur Ungültigkeit der Wahl führt, kann letztlich dahin stehen. Dafür spricht allerdings, dass der Bestandsschutz einer gewählten Vertretung es ausschließt, Wahlfehler einfacher Art und ohne jedes Gewicht ohne weiteres zum Wahlungültigkeitsgrund zu erheben. Der Eingriff in die Zusammensetzung einer gewählten Vertretung durch eine wahlprüfungsrechtliche Entscheidung muss vor diesem Bestandserhaltungsinteresse gerechtfertigt werden. Je tiefer und weiter die Wirkungen eines Eingriffs in die Zusammensetzung einer gewählten Vertretung reichen, desto schwerer muss der Wahlfehler wiegen, auf den dieser Eingriff gestützt wird.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 8.2.2001 - 2 BvF 1/00 -, NJW 2001, 1048 (1051 f.).

Im vorliegenden Verfahren liegt jedenfalls ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften vor, durch den das Wahlergebnis beeinflusst werden konnte.

2. Rechtsgrundlage für die angefochtene Wahl ist § 5 IHKG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 der Satzung der Beklagten zu 1. sowie der Wahlordnung. Danach wählen die Kammerzugehörigen in gleicher, allgemeiner, unmittelbarer und geheimer Wahl 82 Mitglieder der Vollversammlung, während bis zu weitere 10 Mitglieder in mittelbarer Wahl von den unmittelbar gewählten Vollversammlungsmitgliedern gewählt werden können, § 1 der Wahlordnung.

Die Wahl zur Vollversammlung der IHK ist nicht - wie die Klägerin meint - schon deshalb ungültig und zu wiederholen, weil die der Wahlordnung zu Grunde liegende Vorschrift des § 5 Abs. 3 IHKG verfassungswidrig (dazu 2.2.) oder die Wahlordnung der Beklagten zu 1. wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig (dazu 2.3.) wäre. Die Wahl leidet jedoch an einem ergebnisrelevanten Wahlfehler (dazu 2.4.). Dies führt zur Verpflichtung der Beklagten zu 2., die Wahl für ungültig zu erklären und eine Wiederholungswahl anzuordnen.

2.1. Die Prüfung des Senats ist dabei nicht auf die von der Klägerin innerhalb der Einspruchsfrist vorgebrachten Gründe beschränkt. § 15 der Wahlordnung enthält keine materielle Präklusionsvorschrift, die das Einspruchsrecht des Wahlberechtigten auf rechtzeitig vorgebrachte Einspruchsgründe begrenzt. Nach seinem Wortlaut bestimmt § 15 Abs. 1 der Wahlordnung lediglich die Einspruchsfrist. Anhaltspunkte für eine Präklusionsregelung ergeben sich daraus nicht. Der Vorschrift lässt sich nicht entnehmen, dass nach Ablauf der Einspruchsfrist erhobene Einwendungen keine Bedeutung für die Wahlprüfung haben und dass im gerichtlichen Verfahren nicht auch solche Gesichtspunkte geprüft werden dürfen, auf die sich der jeweilige Kläger nicht gestützt hat. Sinn und Zweck der Bestimmung erfordern auch unter Berücksichtigung der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Vollversammlung der IHK keine Auslegung dahin, dass nicht innerhalb der Einspruchsfrist substantiiert geltend gemachte Gründe für eine Wahlanfechtung präkludiert sind. Die Wirksamkeit der Beschlüsse der Vollversammlung wird durch den Einspruch nämlich nicht berührt, solange die Bestellung der Vollversammlungsmitglieder nicht rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.1998 - 1 C 7.98 -, BVerwGE 108, 169 (176 f.).

Hätte die Wahlordnung einem gleichwohl noch bestehenden Interesse an der raschen und verbindlichen Klärung der Zusammensetzung des Vertretungsorgans entscheidendes Gewicht beimessen und daher in einem bestimmten Umfang eine Präklusion anordnen wollen, hätte dies angesichts der Tragweite einer solchen Regelung eindeutig und unmissverständlich in der Wahlordnung angeordnet werden müssen. Dies gebieten einerseits die subjektiven Rechte des Anfechtungsberechtigten und andererseits die rechtsstaatlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26.6.2002 - 6 C 21.01 -, GewArch 2002, 432 (433 f.) zu § 101 Abs. 3 Satz 1 HwO, und Beschluss vom 13.5.1998 - 6 P 9.97 -, BVerwGE 106, 378 (380 ff.) zu § 22 LPVG NRW; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 17.2.1999 - 7 K 8643/97 -, UA S. 9 ff. (zur Wahlordnung der Ärztekammer Nordrhein), Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt durch OVG NRW, Beschluss des Senats vom 14.3.2000 - 8 A 2193/99 -.

Zu keinem anderen Ergebnis führt die Rechtsprechung des BVerfG in Wahlprüfungssachen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.10.1998 - 2 BvC 5/88 - BVerfGE 79, 50.

Das dort anerkannte Gebot, den Wahleinspruch innerhalb der Einspruchsfrist substantiiert zu begründen, findet seine Grundlage in den jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen über die Gültigkeit von politischen Wahlen. Nach § 2 Abs. 3, Abs. 4 Satz 1 WahlPrüfG ist der Einspruch schriftlich zu begründen und muss innerhalb der festgelegten Einspruchsfrist beim Bundestag eingehen. Bereits dieser Wortlaut legt eine Auslegung nahe, die Wahlprüfung ausschließlich auf Gründe zu erstrecken, die innerhalb der Einspruchsfrist angeführt wurden. Die Rechtfertigung jenes Gebots ergibt sich aus dem Interesse an der raschen und verbindlichen Klärung der ordnungsgemäßen Zusammensetzung des Parlaments.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.5.1998, a.a.O., S. 383 f.

Demgegenüber bietet die Wahlordnung der Beklagten zu 1. nicht einmal einen Anhalt dafür, dass der Wahleinspruch zu begründen ist.

Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass es der Dispositionsmaxime und Mitwirkungspflicht der Beteiligten widersprechen würde, wenn die Gerichte ohne erkennbaren und aktenkundigen Anlass Wahlunterlagen beiziehen, um nach Gründen zu forschen, aus denen sich die Ungültigkeit der Wahlergebnisse ergeben könnte. Der Gedanke einer Beschränkung der gerichtlichen Wahlprüfung im Wesentlichen auf das, was durch das Vorbringen der Beteiligten veranlasst worden ist, verdient im Interesse einer schnellen Durchsetzung des Wählerwillens durch Entscheidung über das mit der Antragsbegründung zum Ausdruck gebrachte Wahlprüfungsbegehren Beachtung. Weder ein rechtzeitig gestellter, in der Sache uneingeschränkter Antrag noch der Untersuchungsgrundsatz verpflichten die Gerichte, ungefragt sämtlichen hypothetischen Wahlrechtsverstößen nachzugehen. Allerdings sind die Verwaltungsgerichte nicht gehindert, nicht von vornherein ausscheidende Wahlanfechtungsgründe zum Anlass zu nehmen, auch ungerügte Wahlrechtsverstöße zu prüfen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.5.1998, a.a.O., S. 384.

2.2. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 5 Abs. 3 Satz 2 IHKG, auf dem die Wahlordnung beruht, bestehen nicht. Es verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, dass bei der nach dieser Vorschrift vorgesehenen Gruppenwahl der Erfolgswert der Stimmen nicht von Gruppe zu Gruppe gleich ist. Der für politische Wahlen geltende Grundsatz der streng formalen Wahlgleichheit ist auf die Kammerwahl nicht übertragbar. Die Kammerwahl zielt nicht auf die Schaffung einer parlamentarischen Vertretung im politischen Raum, sondern auf die Wahl eines Repräsentativorgans im Rahmen der funktionalen Selbstverwaltung.

Vgl. Frentzel/Jäkel/Junge, a.a.O., § 5 Rdnr 28; Oebbecke, Demokratische Legitimation nicht-kommunaler Selbstverwaltung, VerwArch 1990, 349, 364 ff.

Die gesetzlich angeordnete Aufteilung der Kammerzugehörigen in besondere Wahlgruppen verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Ein hinreichender sachlicher Grund für die Gruppenwahl und den damit verbundenen unterschiedlichen Erfolgswert der Stimmen ist die unterschiedliche gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Gewerbegruppen. Die Vollversammlung soll nach § 5 Abs. 3 Satz 2 IHKG nicht das rechnerische Ergebnis aus der Anzahl der abgegebenen Stimmen, sondern ein Spiegelbild der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kammerbezirks darstellen. Hätte jede Stimme den gleichen Erfolgswert, würden die für den Kammerbezirk bedeutenderen Wirtschaftszweige in der Vollversammlung nicht ausreichend berücksichtigt.

Vgl. zu § 93 Abs. 1 HwO: BVerwG, Urteil vom 26.6.2002, a.a.O., S. 434, das die Verfassungsmäßigkeit der Gruppenwahl nicht in Frage stellt.

2.3. Auch die von der Klägerin gegen die Wahlordnung erhobenen Bedenken greifen nicht durch.

2.3.1. Nicht zu beanstanden ist, dass die Wahlordnung eine Kombination aus unmittelbarer Gruppenwahl und mittelbarer Wahl (hier von bis zu 10 weiteren Mitgliedern der Vollversammlung) vorsieht. Der in § 5 IHKG gezogene gesetzliche Rahmen enthält keine Festlegung auf nur ein bestimmtes Wahlsystem, sondern überlässt die Einzelheiten u.a. über "die Ausübung des Wahlrechts" und die "Durchführung der Wahl" dem Satzungsgeber. Dieser ist in der Wahl und Ausgestaltung eines Wahlsystems weitgehend frei. Er muss allerdings sicherstellen, dass die Mitglieder der Vollversammlung überhaupt durch Wahlakt bestimmt, zur Unzulässigkeit der sog. Friedenswahl BVerwG, Beschluss vom 27.3.1980 - 5 C 2.79 -, GewArch 1980, 296, sowie die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks und die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Gewerbegruppen Berücksichtigung finden und dass die Wahlberechtigten zu diesem Zweck in besondere Wahlgruppen aufgeteilt werden (§ 5 Abs. 3 Satz 2 IHKG).

Einen Vorrang der unmittelbaren vor der mittelbaren Wahl gibt es danach im Kammerwahlrecht nicht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 3.9.1963 - I C 113.61 -, BVerwGE 16, 312 (316); Hess. VGH, Urteil vom 2.8.1961 - OS II 148/59 -, ESVGH 14, 16 (20 ff.); Nds. OVG, Urteil vom 15.6.1992 - 8 L 43/90 -, GewArch 1992, 420 (421); Frentzel/Jäkel /Junge, a.a.O., § 5 Rdnr 37 ff.

Eine begrenzte Zuwahl durch die Mitglieder der Vollversammlung, die insoweit als Wahlmänner fungieren, kann insbesondere deshalb sachgerecht sein, um eine Ergänzung der Vollversammlung durch Vertreter von - für das Bild des Kammerbezirks - bedeutsamen Wirtschaftszweigen zu ermöglichen, die über das Wahlgruppenverfahren keinen Sitz erlangt haben, oder um im Laufe der Amtsperiode Gewichtsverschiebungen zwischen den Wahlgruppen auszugleichen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 3.9.1963, a.a.O., Frentzel/Jäkel/Junge, a.a.O.

Vor diesem Hintergrund ist es auch unbedenklich, dass die Zuwahl von Kammerzugehörigen möglich ist, die bei der unmittelbaren Wahl als Bewerber angetreten, aber nicht gewählt worden sind. Von der befürchteten Verfälschung des Wählerwillens kann insoweit nicht die Rede sein.

2.3.2 Die konkrete Wahlgruppenaufteilung in § 7 der Wahlordnung ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

2.3.2.1 Die Wahlgruppeneinteilung ist entgegen der Annahme der Klägerin bestimmt genug. Die von ihr monierten Begriffe "Industrie", "Einzelhandel", "Verkehrsgewerbe" und "sonstige Dienstleistungsgewerbe (genauer: sonstige überwiegend unternehmensbezogene bzw. sonstige verbraucherbezogene Dienstleistungen)" sind hinreichend klar. Die Abgrenzung geht im Wesentlichen von den Begriffen aus, die das Statistische Bundesamt für die Klassifikation der Wirtschaftszweige (Ausgabe 1993 bzw. nunmehr 2003) verwendet.

Vgl. www.destatis.de/allg/d/klassif/wz93.htm.

Diese Einteilung geht zurück auf die Verordnung (EWG) Nr. 761/93 der Kommission vom 24.3.1993 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3037/90 des Rates betreffend die statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft, Abl. EG Nr. L 83,1.

Der Einwand der Klägerin, die Bezeichnung "Industrie" sei diffus, ist unbegründet. Gegen die Verwendung dieses Oberbegriffs bestehen keine Bedenken. Die Klägerin erläutert diesen Begriff insoweit selbst zutreffend entsprechend dem allgemeinem Sprachgebrauch mit "Herstellung/Produktion". Zudem kann im Einzelfall bei Zweifelsfragen die Zuordnung zu einer Wahlgruppe nach § 9 der Wahlordnung auch noch im Wahlverfahren geändert werden.

2.3.2.2 Auch die von der Klägerin beanstandete Sitzverteilung hält einer rechtlichen Überprüfung stand.

2.3.2.2.1 Zunächst verkennt die Klägerin, dass es nach der Formulierung des Gesetzes nicht erforderlich ist, die abstrakten Maßstäbe für die Aufteilung der Wahlberechtigten in Wahlgruppen in der Wahlordnung zu verankern, da sich diese Maßstäbe - wirtschaftliche Besonderheiten im Kammerbezirk und gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Gewerbegruppen - bereits aus dem Gesetz ergeben. Sie normativ noch weiter zu konkretisieren,

vgl. hierzu Oebbecke, a.a.O., S. 366 f.

ist jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn die Wahlordnung - wie hier in § 7 Abs. 3 der Wahlordnung - die konkrete Sitzverteilung für die einzelnen Gruppen und Bezirke festlegt. Im Hinblick auf diese Regelung ist kein Grund dafür ersichtlich, abstrakte Maßstäbe für die Verteilung der Sitze in die Wahlordnung aufzunehmen. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob die konkrete Sitzverteilung rechtlich zu beanstanden ist (s.u.).

Die Rüge, in der Vollversammlung am 5.12.2000 sei die Sitzverteilung ohne Hinweis auf die angewandten Kriterien, die über § 7 Abs. 1 Satz 2 der Wahlordnung hinaus gegangen seien, zur Abstimmung gestellt worden, führt zu keinem anderen Ergebnis. Ob insoweit eine - wie die Klägerin meint - bewusst verkürzende Informationspolitik statt gefunden hat und wie die vorgeschlagene Sitzverteilung in der Vollversammlung im Einzelnen begründet worden ist, ist hier letztlich ohne Belang. Die streitige Satzungsregelung würde auch ohne weiter gehende Erörterung in der Vollversammlung nicht an einem zur Rechtswidrigkeit führenden Abwägungs- oder Begründungsdefizit leiden. Ebenso wie die Überprüfung der Vertretbarkeit einer gesetzgeberischen Einschätzung in der Regel nicht auf die vom Gesetzgeber angestellten und gegebenenfalls dokumentierten Überlegungen beschränkt ist,

vgl. VerfGH NRW, Urteil vom 17.12.1990 - VerfGH 2/90 -, NWVBl. 1991, 187 (189),

kann sich auch die Vereinbarkeit der streitigen Satzungsregelung mit § 5 Abs. 3 Satz 2 IHKG aus objektiven Gründen ergeben. Nach den Angaben der Beklagten zu 2. im Berufungsverfahren zu der maßgeblichen Formel für die Sitzverteilung bestehen hinreichende objektive Gründe, die die Entscheidung der Vollversammlung im Ergebnis als vertretbar erscheinen lassen (dazu im Folgenden).

2.3.2.2.2 Die Wahlordnung hat bei der Sitzverteilung die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks und die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Gewerbegruppen in nicht zu beanstandender Weise berücksichtigt. Die Sitzverteilung kann aus den bereits angeführten Gründen nicht ohne weiteres an den aus dem Bereich staatlicher politischer Wahlen übernommenen Maßstäben gemessen werden. Das Kammerwahlsystem muss dem Ziel dienen, eine Abbildung der besonderen wirtschaftlichen Strukturen in der Vollversammlung zu erreichen. Weil die praktische Verwirklichung dieses Ziels in erster Linie eine Frage des Einzelfalls ist, hat der Satzungsgeber - ausgerichtet am Maßstab des § 5 Abs. 3 Satz 2 IHKG - auch bei der Abgrenzung der Wahlgruppen einen weiten Gestaltungsspielraum. Die Entscheidung des Satzungsgebers ist hinzunehmen, solange nicht sachwidrige oder willkürliche Kriterien zugrunde gelegt werden.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 3.9.1963 - I C 113.61 -, a.a.O., S. 316 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 15.6.1992 - 8 L 43/90 -, a.a.O., S. 421; Frentzel/Jäkel /Junge, a.a.O., § 5 Rdnr. 54 ff.

Die Beklagte zu 2. hat hierzu im Einzelnen die Formel zur Errechnung der auf die einzelnen Gruppen entfallenen Sitze dargelegt und erläutert. Diese berücksichtigt die in § 7 Abs. 1 Satz 2 der Wahlordnung ausdrücklich genannten Kriterien des Gewerbeertrags, der Anzahl der Beschäftigten und der Zahl der Kammerzugehörigen. Der Einwand der Klägerin, es fehle an einer Legitimation dafür, dass die Gewerbeerträge doppelt gewichtet und darüber hinaus auf die Anzahl der Ausbildungsverhältnisse und die Sozialversicherungspflichtigkeit der Beschäftigungsverhältnisse abgestellt worden sei, stellt die Rechtmäßigkeit der Sitzverteilung nicht in Frage. § 7 Abs. 1 Satz 2 der Wahlordnung steht der angewendeten Formel schon deshalb nicht entgegen, weil die Vorschrift nicht abschließend ist, sondern nur die Kriterien nennt, nach denen sich die Sitzverteilung "insbesondere" richten soll. Ungeachtet dessen hat die Wahlordnung selbst - wie dargelegt - die Sitzverteilung normativ festgelegt.

Hiervon ausgehend und gemessen an den dargestellten gesetzlichen Vorgaben ist die doppelte Gewichtung der Gewerbeerträge als wesentliches Kriterium für die wirtschaftliche Bedeutung der Kammerzugehörigen und damit der jeweiligen Wahlgruppen nicht zu beanstanden. Auch die zusätzlich in die Formel eingestellten Kriterien halten sich in dem - wie angeführt - weiten Ermessensrahmen. Die Anzahl der Ausbildungsverhältnisse und der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse erscheinen als sachgerechte Indikatoren für die Bewertung der gesamtwirtschaftlichen Bedeutung der Gewerbegruppen. Die Ausführungen der Klägerin geben keinen Anlass, die Vertretbarkeit der angewandten Kriterien in Frage zu stellen. Der Vortrag der Klägerin ist widersprüchlich, wenn zunächst die besondere Gewichtung des Gewerbeertrags moniert, andererseits die Bedeutung, die der Anzahl der Ausbildungsverhältnisse zukommt, beanstandet wird, schließlich aber eingeräumt wird, dass die "Sonderstellung" des Gewerbeertrags durch die Berücksichtigung der Ausbildungsverhältnisse "mehr als aufgehoben wird".

Im Übrigen wird die Beklagte zu 2. zu beobachten haben, ob das von der Klägerin gerügte Kriterium der "Sozialversicherungspflichtigkeit" der Beschäftigungsverhältnisse auch unter veränderten arbeits- und sozialrechtlichen Rahmenbedingungen und der tatsächlichen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ein geeigneter Indikator für die Bewertung der gesamtwirtschaftlichen Bedeutung der Gewerbegruppen sein kann. Auf der anderen Seite ist die Beklagte zu 2. jedoch auch nicht gehindert, aus Gründen der Praktikabilität von einer weiter gehenden Verfeinerung der anzustrebenden Spiegelbildlichkeit der Zusammensetzung der Vollversammlung abzusehen.

2.3.3 Die Bildung der Wahlbezirke: Stadt E., Kreis X. und Kreis L. in den Wahlgruppen I, II, III, VI und VII lässt keine Rechtsfehler erkennen.

Die Beklagte zu 2. hat auch hinsichtlich der Aufteilung der Wahlgruppen in Wahlbezirke einen Gestaltungsspielraum. Es ist der Satzungsregelung überlassen, in welcher Weise die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks bei der Aufteilung innerhalb der einzelnen Gruppen berücksichtigt werden. Dies kann je nach den Verhältnissen unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten geschehen. Eine Verteilung der auf die einzelnen Gruppen entfallenden Mitglieder der Vollversammlung auf Landkreise und kreisfreie Städte ist grundsätzlich zulässig. Denn dadurch können mosaikartig die wirtschaftliche Struktur des Kammerbezirks erfasst und durch Zusammenfügung der Erkenntnisse das Gesamtbild im Bezirk ermittelt werden. Da die Verteilung auf einzelne Kreise nicht als selbständiges Kriterium im Gesetz bestimmt ist, kann die Einbeziehung der Kreise in den Aufteilungsmaßstab allerdings nur verfeinernde Bedeutung haben, indem dadurch die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks und die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Gruppen genauer erfasst werden.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26.6.2002, a.a.O., S. 434 f.; zu § 5 IHKG: Nds. OVG, a.a.O., S. 421.

Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Bildung der Wahlbezirke in fünf der acht Wahlgruppen nicht zu beanstanden. Die Beklagten haben die Gründe für die Aufteilung im Berufungsverfahren im Einzelnen dargelegt. Das Abstellen auf die Größe der aufgeteilten Wahlgruppen, die Verfeinerung der Spiegelbildlichkeit in der Zusammensetzung der Vollversammlung und die regionale Abgrenzung nach den wirtschaftlichen Schwerpunkten lässt keine Verletzung des Gleichheitssatzes erkennen. Für die Zuteilung der Sitze auf die Wahlbezirke ist derselbe Maßstab wie bei der Sitzverteilung auf die Wahlgruppen angelegt worden. Damit wird auch innerhalb der Wahlgruppen die Zusammensetzung der Vollversammlung unter Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Bedeutung verfeinert. Die Einschätzung, dass die Wahlgruppen IV,V und VII so überschaubar seien, dass eine Aufteilung in Wahlbezirke nicht notwendig, sondern die Anzahl der zu verteilenden Vollversammlungssitze dafür zu klein sei, ist ebenfalls anhand der vorgelegten Unterlagen nachvollziehbar.

2.3.4. Der Einwand der Klägerin, es fehle an einer Kontrolle der Durchführung und des festgestellten Ergebnisses der Wahl durch ein unabhängiges Gremium, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Wahlordnung.

Nach § 5 Abs. 3 IHKG regelt die Wahlordnung u.a. das Nähere über die Ausübung des Wahlrechts und die Durchführung der Wahl. Damit ist es der Satzungsautonomie der Beklagten überlassen, die Kontrolle der Durchführung der Wahl und der Feststellung des Ergebnisses zu regeln. Die Wahlordnung sieht hierzu im Einzelnen Regelungen über die Bildung und Zusammensetzung des Wahlausschusses, der für die Durchführung der Wahl, die Feststellung der Gültigkeit der abgegebenen Stimmen und des Wahlergebnisses verantwortlich ist, vor. Der Wahlausschuss besteht aus Vollversammlungsmitgliedern, die von der Vollversammlung zu wählen sind. Die Bildung eines solchen Gremiums ist auch bei politischen Wahlen üblich, soll eine gegenseitige Kontrolle gewährleisten und Unkorrektheiten damit weitgehend ausschließen.

Vgl. OVG Rh.-Pf., Urteil vom 4.12.1990 - 7 A 11827/90 -, NVwZ 1991, 598 (599); VG Gelsenkirchen, Urteil vom 17.2.1999 - 7 K 8642/97, UA S. 12 f.

Ein weiter gehender Grundsatz der Art, dass eine "unabhängige" Kontrolle der Wahl durch Dritte bzw. nicht Wahlberechtigte und/oder Wahlbewerber gewährleistet sein müsste, ergibt sich weder aus dem Recht der Industrie- und Handelskammern noch aus sonstigem allgemeinen Wahlverfahrensrecht.

2.3.5. Rechtlich nicht zu beanstanden ist, dass nach § 14 Abs. 2 der Wahlordnung lediglich die Namen der gewählten Bewerber bekannt gemacht werden. Die von der Klägerin zusätzlich verlangte Angabe der Zahl der Wahlberechtigten, der Zahl der abgegebenen Stimmen, der Zahl der gültigen Stimmen und der Zahl der gültigen Stimmen je Kandidat sind für eine wirksame Bekanntgabe des Wahlergebnisses nicht erforderlich.

VG Karlsruhe Urteil vom 11.4.2002 - 9 K 778/01 -, juris; Frentzel/Jäkel/Junge, a.a.O., § 5 Rdnr. 77.

Unter der Bekanntgabe des Wahlergebnisses ist nicht mehr zu verstehen als die Mitteilung, welche Kandidaten gewählt wurden. Die zusätzlichen Angaben, die die Klägerin vermisst, sind zwar beispielsweise für Nachrücker durchaus von erheblichem Interesse. Dennoch handelt es sich bei diesen Angaben nur um eine Begründung, weshalb es zu dem bekannt gegebenen Wahlergebnis gekommen ist, nicht aber um einen Teil des Wahlergebnisses selbst. Daher besteht auch keine Pflicht der Beklagten, diese Angaben zusammen mit den Namen der gewählten Bewerber zu veröffentlichen. Abgesehen davon wäre ein Fehler bei der Veröffentlichung des Wahlergebnisses unbeachtlich, da sich ein diesbezüglicher Mangel auf die Zusammensetzung des gewählten Gremiums nicht ausgewirkt hätte.

Vgl. VG Karlsruhe, a.a.O.

2.4. Die Wahl zur Vollversammlung 2001 weist jedoch in ihrer praktischen Durchführung einen Wahlfehler auf, der sich auf das Wahlergebnis ausgewirkt haben kann.

2.4.1 Nicht zu beanstanden ist allerdings die Bekanntmachung der Kandidatenliste in der Juli/August-Ausgabe der Zeitschrift "Thema Wirtschaft" und die Gestaltung dieser Ausgabe im Übrigen. (wird ausgeführt)

2.4.3. Auch die Gestaltung der Stimmzettel ist nicht zu beanstanden. Die Stimmzettel haben keinen irreführenden Hinweis enthalten, der einen erheblichen Verstoß gegen ungeschriebenes Wahlverfahrensrecht bedeuten würde. Zusätze auf den Stimmzetteln dürfen unkundige Wähler nicht davon abzuhalten, von ihrem Stimmrecht vollen Gebrauch zu machen. Dass ein Wähler sich wenigstens auf die Richtigkeit der Angaben auf dem Stimmzettel uneingeschränkt verlassen können muss, ist selbstverständlich und bei jeder Wahl zu beachten.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.6.1990 - 6 P 2.90 -, PersV 1990, 536.

Sind Stimmzettel unrichtig gestaltet, so führt dies dann zur Ungültigkeit der gesamten Wahl, wenn die Gestaltung unklare, Gültigkeitsfragen aufwerfende Stimmabgaben zur Folge hat, die der Zahl nach für das Wahlergebnis erheblich sind. Dies folgt aus dem allgemeinen Gebot, Abstimmungsvorgänge klar und eindeutig abzuwickeln, und zwar sowohl im Allgemeininteresse an der Verwirklichung des Demokratieprinzips (Sicherung der Mehrheitsfindung) als auch im Einzelinteresse der Wahlberechtigten (Sicherung der Stimmgültigkeit).

Vgl. Saarl. OVG, Urteil vom 16.12.1993 - 1 R 50/92 -, juris.

Nach diesen Grundsätzen muss der Stimmzettel einen eindeutigen Hinweis darauf enthalten, wie viele Bewerber wählbar sind. Dieser Anforderung ist genügt. Der Stimmzettel ist auch nicht deshalb irreführend, weil - wie die Klägerin meint - nicht hinreichend deutlich gemacht geworden sei, dass auch weniger als in dem jeweiligen Wahlbezirk bzw. der jeweiligen Wahlgruppe höchstens zu wählende Bewerber hätten angekreuzt werden dürfen. Nach § 12 Abs. 4 der Wahlordnung darf der Wähler höchstens so viele Bewerber ankreuzen, wie in dem Wahlbezirk der Wahlgruppe zu wählen sind. Der Stimmzettel der Wahlgruppe VI - Wahlbezirk L. - hebt im Fettdruck hervor, dass vier Vollversammlungsmitglieder zu wählen seien. Dies entspricht der Anzahl der höchstens wählbaren Bewerber. Dieser Satz kann - isoliert betrachtet - (auch) dahin verstanden werden, dass der Wähler für einen gültigen Stimmzettel (zwingend) vier Bewerber zu wählen habe. Ein ausdrücklicher Hinweis darauf, dass es sich hierbei um die maximal zu wählende Anzahl an Bewerbern handelt und auch weniger Kandidaten angekreuzt werden können, fehlt. Der Stimmzettel ist deshalb jedoch weder fehlerhaft noch irreführend. Denn jedenfalls in Verbindung mit der nachfolgenden Erläuterung im zweiten Satz ergibt sich hinreichend deutlich, dass die Wähler für eine gültige Stimmabgabe auf dem Stimmzettel auch weniger als vier Bewerber ankreuzen können. Unter a) bis d) wird dort im Einzelnen ausgeführt, unter welchen Voraussetzungen ein Stimmzettel nach § 13 der Wahlordnung ungültig ist. Einen Hinweis darauf, dass das Ankreuzen von weniger als vier Bewerbern zur Ungültigkeit führen könnte, enthält der Stimmzettel gerade nicht. Entscheidend gegen die Annahme, der Stimmzettel erwecke einen falschen oder irreführenden Eindruck, spricht insoweit der ausdrücklich unter c) genannte Fall, dass ein Stimmzettel ungültig ist, in dem mehr Bewerber angekreuzt sind, als in dem Wahlbezirk der Wahlgruppe zu wählen sind. Jedenfalls durch diese Erläuterung wird hinreichend deutlich, dass die Möglichkeit besteht, auch weniger als vier Bewerber anzukreuzen.

2.4.4 Ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften, der zur Ungültigkeit der Wahl führt, liegt jedoch vor, weil die Wahl von einem Wahlausschuss durchgeführt wurde, der den Vorschriften der maßgeblichen Wahlordnung nicht entspricht. Zudem hat er die wesentlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses nicht selbst getroffen.

2.4.4.1 Nach § 8 Abs. 1 der Wahlordnung wählt die Vollversammlung zur Durchführung jeder Wahl einen Wahlausschuss, der aus fünf Personen besteht; der Wahlausschuss wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden. Der Wahlausschuss ist beschlussfähig, wenn mindestens drei Mitglieder anwesend sind, § 8 Abs. 1 Satz 4 der Wahlordnung.

Die Beklagte zu 2. hat jedoch in der Vollversammlung am 5.12.2000, in der die zum Zeitpunkt der Wahl in Kraft getretene und damit für die angefochtene Wahl maßgebliche Wahlordnung beschlossen wurde, noch nach § 8 der Wahlordnung a.F. einen neunköpfigen Wahlausschuss und zugleich den Vorsitzenden gewählt. Mit Inkrafttreten der neuen Wahlordnung konnte und durfte jedoch - mangels einer Übergangsregelung - nur noch ein den neuen Vorschriften entsprechender Wahlausschuss die Wahl durchführen.

Fehlerhaft, weil nicht mit der maßgeblichen Wahlordnung vereinbar, ist danach bereits die unmittelbare Wahl des Vorsitzenden durch die Vollversammlung sowie die Größe des Wahlausschusses. Auch die Regelung über die Beschlussfähigkeit des Wahlausschusses nach § 8 Abs. 1 Satz 4 der Wahlordnung, wonach lediglich drei Mitglieder, also ein Drittel des tatsächlich gewählten Wahlausschusses, anwesend sein müssen, während nach der alten Fassung die Anwesenheit von fünf Mitgliedern erforderlich gewesen wäre, macht deutlich, dass der tätig gewesene Wahlausschuss kein Wahlausschuss im Sinne der für die Wahl maßgeblichen Wahlordnung war.

Die Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2., der Wahlausschuss sei ein Organ der Beklagten zu 1. oder 2., das auf Dauer gewählt und im Bestand von der Fassung der jeweiligen Wahlordnung unabhängig sei, geht fehl. Dies folgt bereits aus § 8 Abs. 1 der Wahlordnung, wonach zur Durchführung "jeder Wahl" ein Wahlausschuss gewählt wird. Entsprechend ist auch die Beklagte zu 2. verfahren, die für die Wahl 2001 einen Wahlausschuss gewählt hat. Diese Ansicht wird auch von der Beklagten zu 1. vertreten, wie ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung erläutert hat.

Dieser Fehler führt zur Ungültigkeit der Wahl und zur Anordnung einer Wiederholungswahl. Nur der den Vorschriften entsprechende Wahlausschuss ist Wahlausschuss im Sinne der Wahlordnung und als solcher befugt, die dem Wahlausschuss übertragenen Aufgaben zu erfüllen und Entscheidungen zu treffen, die für den Ablauf und das Ergebnis der Wahl von Bedeutung sind. Entsprach der Wahlausschuss in seiner Zusammensetzung nicht den Wahlvorschriften, folgt daraus stets die Möglichkeit einer Beeinflussung des Wahlergebnisses und der Anfechtbarkeit der Wahl.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.11.1959 - VII P 18.58 -, BVerwGE 9, 357 (361).

2.4.4.2 Ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften ergibt sich auch daraus, dass der Wahlausschuss die Wahl zu einem großen Teil nicht selbst durchgeführt und wesentliche Entscheidungen im Zusammenhang mit der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses nicht selbst getroffen hat.

Die Durchführung der Wahl obliegt - wie bereits dargelegt - nach §§ 8 ff. der Wahlordnung einem von der Vollversammlung gewählten Wahlausschuss. Der Senat muss im vorliegenden Verfahren nicht abschließend entscheiden, welche Schritte bei der Durchführung der Wahl der Wahlausschuss selbst vornehmen muss und in welchen Fällen er sich gemäß § 8 Abs. 1 Satz 5 der Wahlordnung bei der Wahrnehmung seiner Tätigkeit der Unterstützung durch die Geschäftsführung bedienen kann. Diese Vorschrift ermöglicht es dem Wahlausschuss, bei seiner Arbeit in personeller und sachlicher Hinsicht Hilfe durch die Geschäftsführung der Beklagten zu 1. in Anspruch zu nehmen. Danach dürfte auch im Hinblick auf die ehrenamtliche Tätigkeit der Vollversammlungsmitglieder und bei einem verhältnismäßig langen Zeitraum für die schriftliche Stimmabgabe eine Hilfeleistung durch die Geschäftsführung in einem weiten Rahmen zulässig sein. Die Möglichkeit zur Heranziehung von Wahlhelfern kann den Wahlausschuss aber nicht von der Verpflichtung zur Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben entbinden. Jedenfalls bei der eigentlichen Ermittlung des Wahlergebnisses - nämlich bei der Entscheidung über gültige und ungültige Stimmen sowie beim Auszählen der gültigen Stimmen - handelt es sich um die originäre Aufgabe des Wahlausschusses. Zwar regelt die Wahlordnung nicht ausdrücklich, wer die Auszählung der Stimmen vorzunehmen hat. Da der Wahlausschuss nach § 8 Abs. 1 der Wahlordnung aber für die "Durchführung" der Wahl insgesamt zuständig ist, besteht keine Veranlassung zu der Annahme, die Wahlordnung lasse für diesen wesentlichen Teil der Wahl eine Übertragung der Aufgaben durch den Wahlausschusses auf Dritte zu.

Die Hinzuziehung von Wahlhelfern mag danach auch bei der Auszählung der Stimmen zulässig sein. Eine Übertragung der Kompetenzen auf Wahlhelfer zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung kommt insoweit jedoch auch nicht auf der Grundlage des § 8 Abs. 1 Satz 5 der Wahlordnung in Betracht. Diese Vorschrift lässt (lediglich) eine "Unterstützung" des Wahlausschusses "bei der Wahrnehmung seiner Tätigkeit", aber keine Übertragung auf bzw. Wahrnehmung der wesentlichen Aufgaben des Wahlausschusses durch Dritte an Stelle des Wahlausschusses zu. Insoweit hat der Wahlausschuss die Entscheidungen als Ganzes zu treffen und nicht Dritten zu überlassen. Die Feststellung des Ergebnisses der Wahl ist - wie dargelegt - dem Wahlausschuss, der aus einer Mehrzahl von Vollversammlungsmitgliedern besteht, überantwortet worden, damit eine gegenseitige Kontrolle gewährleistet ist und Unkorrektheiten weitgehend ausgeschlossen werden. Dies gilt in besonderem Maße bei der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses, die noch mehr als die Wahlhandlung selbst die Gefahr von Inkorrektheiten in sich birgt.

Vgl. OVG Rh.-Pf., , Urteil vom 4.12.1990, a.a.O., S. 598; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 17.2. 1999, a.a.O., S. 12 f.; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 27.11.1997 - 1 A 878/97. PVB -, UA S. 19 ff.

Diese Grundsätze sind bei der angefochtenen Wahl nicht beachtet worden. Nach der Ergebnisniederschrift über seine 2. Sitzung beschloss der Wahlausschuss, zur Entgegennahme und Öffnung der Wahlbriefe, zur Aufsicht bei der Bearbeitung der Wahlbriefe und bei der Auszählung der Stimmen geeignete Mitglieder der Geschäftsführung und Mitarbeiter der Kammer durch den Verwaltungsleiter der Kammer benennen zu lassen. Zur Begründung wurde angegeben, eine unmittelbare Wahrnehmung der Tätigkeiten durch den Wahlausschuss sei praktisch nicht möglich. Wie sich aus der Niederschrift über den Wahlablauf ergibt, "wurde die Auszählung von Mitarbeitern der Kammer vorgenommen, die gemäß Ermächtigung des Wahlausschusses vom 21.05.2001 vom Verwaltungsdirektor bestimmt worden waren. Die Aufsicht führten gemäß dem genannten Ermächtigungsbeschluss Ass. H. und Ass. I. Während der gesamten Auszählung waren ferner der Vorsitzende des Wahlausschusses, Herr Klaus T., und als Mitglied des Wahlausschusses Herr Dr. T. zugegen, um den ordnungsgemäßen Ablauf zu kontrollieren."

Damit steht fest, dass kein Mitglied des Wahlausschusses am Auszählvorgang unmittelbar beteiligt gewesen ist. Die Aufsicht bei der Stimmenauszählung übten nicht die beiden anwesenden Wahlausschussmitglieder - was ohnehin unzureichend gewesen wäre -, sondern Beschäftigte der Beklagten zu 1. aus. Der Wahlausschuss ist am Tag der Auszählung der Stimmen nicht einmal beschlussfähig gewesen, um über die Gültigkeit oder Ungültigkeit der Stimmen in Zweifelsfällen entscheiden zu können.

Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht, dass nach der Ergebnisniederschrift über seine 3. Sitzung der Wahlausschuss zwei Wochen nach der Auszählung die bei der Auszählung von den Bearbeitern getroffene Entscheidung über die Gültigkeit bzw. Ungültigkeit der Stimmzettel gebilligt und das Wahlergebnis festgestellt hat. Den Ausschussmitgliedern wurde in dieser Sitzung, wie sich aus dem Protokoll ergibt, über den Wahlablauf berichtet und eine Liste über das vorläufige Ergebnis der Wahl zugänglich gemacht. Die beiden Wahlausschussmitglieder, die bei der Auszählung anwesend waren, "ergänzten, dass diese reibungslos abgelaufen sei." Weiter heißt es, dass die für die Auszählung verwandten Strich- und Zähllisten, die Stimmzettel und Wahlumschläge, zurückgewiesene Wahlbriefe sowie die Wahlscheine sämtlicher Wahlgruppen und -bezirke während der Sitzung ausgelegen hätten. Diese Vorgehensweise genügt nicht ansatzweise den dargelegten Anforderungen, die die Wahlordnung an die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses durch den Wahlausschuss stellt.

Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob auch dieser Verstoß zu einer Wiederholungswahl führen würde oder ob insoweit nur die Anordnung einer erneuten Auszählung und Feststellung des Ergebnisses in Betracht gekommen wäre.

Denn jedenfalls die nicht vorschriftsmäßige Zusammensetzung des Wahlausschusses führt zur Anordnung der Wiederholungswahl. Ob darüber hinaus die Feststellung des Wahlergebnisses auch nicht "unverzüglich" im Sinne des § 14 Abs. 2 der Wahlordnung erfolgt ist, kann hier offen bleiben.

Ende der Entscheidung

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