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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 29.10.2008
Aktenzeichen: 8 A 3743/06
Rechtsgebiete: StVO


Vorschriften:

StVO § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3
1. Eine Orientierung an den Richtwerten der 16. BImSchV bei der Beurteilung zumutbaren Verkehrslärms wird den lärmrelevanten Besonderheiten des Einzelfalls umso weniger gerecht, je mehr der Verkehr sich in atypischer Weise von dem auf öffentlichen Straßen üblicherweise auftretenden Verkehr unterscheidet.

2. Die Heranziehung der 16. BImSchV scheidet aus, wenn sich das Verkehrsaufkommen an einem Immissionsort ausschließlich oder ganz überwiegend aus Motorrädern zusammensetzt.


Tatbestand:

Der Kläger begehrt das straßenverkehrsrechtliche Einschreiten des Beklagten gegen die an seinem Wohnhaus auftretende Verkehrslärmbelastung. Er ist Eigentümer eines im Außenbereich gelegenen landwirtschaftlichen Betriebes, der über einen im Eigentum der Gemeinde stehenden Privatweg erschlossen wird. Über den Privatweg erschlossen wird auch ein Speise- und Beherbergungsbetrieb, die "G". Der Betrieb bietet neben der Verköstigung und Unterbringung der Gäste in erster Linie die Durchführung von Veranstaltungen sowie Thementagen und -wochenenden für Motorradfahrer an. Der Kläger wendet sich gegen den von den motorradfahrenden Gästen der "G" verursachten Verkehrslärm. Der Widerspruch des Klägers gegen den ablehnenden Bescheid des Beklagten blieb ohne Erfolg. Das VG wies die Klage des Klägers ab. Die zugelassene Berufung des Klägers hatte teilweise Erfolg.

Gründe:

Die tatbestandlichen Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 i. V. m. Abs. 9 StVO für ein straßenverkehrsrechtliches Einschreiten des Beklagten liegen hinsichtlich der durch den Zu- und Abgangsverkehr der "G" verursachten Verkehrsimmissionen vor, vgl. dazu unter 1. Die vom Beklagten getroffene Entscheidung erweist sich als ermessensfehlerhaft, vgl. dazu unten 2. b). Der geltend gemachte Anspruch auf Unterbindung des Verkehrs zur "G" steht dem Kläger indessen nicht zu.

1. Nach § 45 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen beschränken oder verbieten oder den Verkehr umleiten. § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO verlangt zudem für Beschränkungen des fließenden Verkehrs, dass die Anordnung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen auf Grund besonderer Umstände zwingend geboten ist. Nach Satz 2 dieser Bestimmung ist eine Gefahrenlage erforderlich, die auf besondere örtliche Verhältnisse zurückzuführen ist und das allgemeine Risiko einer Rechtsgutbeeinträchtigung erheblich übersteigt.

Vgl. zu § 45 Abs. 9 StVO: BVerwG, Urteil vom 5.4.2001 - 3 C 23.00 -, NJW 2001, 3139; OVG Bremen, Urteil vom 10.11.1998 - 1 BA 20/97 -, VRS 98 (2000), Nr. 21, 53 ff.

a) § 45 Abs. 1 StVO ist grundsätzlich auf den Schutz der Allgemeinheit gerichtet. Der Einzelne hat nur dann einen auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörde gerichteten Anspruch auf verkehrsregelndes Einschreiten, wenn eine Verletzung seiner geschützten Individualinteressen in Betracht kommt. Die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung im Sinne des § 45 Abs. 1 StVO umfassen nicht nur die Grundrechte wie körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) und Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG). Dazu gehört auch der Schutz vor Einwirkungen des Straßenverkehrs, die das nach allgemeiner Anschauung zumutbare Maß übersteigen, insbesondere soweit § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO Anordnungen zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen vorsieht. Soweit die Bestimmung gegen derartige grundrechtsgefährdende oder billigerweise nicht mehr zuzumutende Verkehrseinwirkungen schützen will, kann ein öffentlich-rechtlicher Individualanspruch eines Straßenanliegers gegeben sein.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 4.6.1986 - 7 C 76.84 -, BVerwGE 74, 234; BayVGH, Urteil vom 18.2.2002 - 11 B 00.1769 -, VRS 103 (2002), Nr. 12, 34 ff.

b) Ein Einschreiten zum Schutz vor Verkehrsimmissionen setzt nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO nicht voraus, dass gesetzlich bestimmte Schall- oder Schadstoffgrenzwerte überschritten werden; maßgeblich ist vielmehr, ob die Verkehrsimmissionen Beeinträchtigungen mit sich bringen, die jenseits dessen liegen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im konkreten Fall als ortsüblich hingenommen und damit zugemutet werden muss.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 4.6.1986 - 7 C 76.84 -, BVerwGE 74, 234.

Die Vorschriften der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) können bei der Beurteilung der zumutbaren Lärmbelästigung im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO jedoch als Orientierungshilfe herangezogen werden, weil sie ganz allgemein die Wertung des Normgebers zum Ausdruck bringen, von welcher Schwelle an eine nicht mehr hinzunehmende Beeinträchtigung anzunehmen ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22.12.1993 - 11 C 45.92 -, DVBl. 1994, 758; BayVGH, Urteil vom 18.2.2002 - 11 B 00.1769 -, VRS 103 (2002), Nr. 12, 34 ff.; OVG NRW, Urteil vom 6.12.2006 - 8 A 4840/05 -, NWVBl. 2007, 272.

Die Lärmwertberechnungen nach der 16. BImSchV tragen der linienförmigen Ausbreitung der Verkehrsimmissionen Rechnung und berücksichtigen die durch Pegelspitzen geprägte, typische Geräuschcharakteristik des Straßenverkehrslärms.

c) Eine Orientierung an den Richtwerten der 16. BImSchV wird den lärmrelevanten Besonderheiten allerdings umso weniger gerecht, je mehr der Verkehr sich im Einzelfall in atypischer Weise von dem auf öffentlichen Straßen üblicherweise auftretenden Verkehr unterscheidet.

Auf Hauptverkehrsstraßen werden die Lärmimmissionen ganz überwiegend von Personen- und Lastkraftwagen verursacht. Diese Immissionen treten im fließenden Verkehr tags und nachts auch mehr oder weniger regelmäßig auf.

Diese tatsächlichen Gegebenheiten spiegeln sich auch im Regelwerk der 16. BImSchV wider. Grundlage der Berechnung der Mittelungspegel nach § 3 der 16. BImSchV i.V.m. der Anlage 1 zu der 16. BImSchV und den maßgeblichen Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen - Ausgabe 1990 - (RLS-90, VkBl. 1990, lfd. Nr. 79) ist die Verkehrsstärke in Kraftfahrzeugen je Stunde. Neben dem Anteil der Lkw am Gesamtverkehr werden noch die Straßenoberfläche, die zulässige Höchstgeschwindigkeit, der Einfluss von Steigungen und Gefällen sowie die erhöhte Störwirkung von lichtzeichengeregelten Kreuzungen und Einmündungen eingestellt. Jahreszeit- oder witterungsbedingte Abweichungen im Kraftfahrzeugaufkommen bleiben dagegen außer Betracht, da sie im Regelfall über das Jahr hinweg gesehen von untergeordneter Bedeutung sind und im fließenden Verkehr untergehen. Dies gilt insbesondere auch für den - Schwankungen unterliegenden - Anteil der Motorräder am Gesamtverkehr.

Zwar beträgt der Anteil der motorisierten Zweiräder mit 5,6 Millionen gemessen am Kraftfahrzeugbestand des Jahres 2005 mit 56,2 Millionen bereits etwa 10% und ist damit seit 1991 um 49% angestiegen.

Quelle: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen 2006 (Hrsg): Verkehr in Zahlen 2006/2007, rech. im Internet unter www.umweltbundesamt-umwelt-deutschland.de/umweltdaten, Stichwort "Kraftfahrzeugbestand".

Motorräder werden indes regelmäßig nicht ganzjährig genutzt. Vielfach werden sie als Freizeitobjekt und dann bevorzugt im Sommerhalbjahr, an Wochenenden und bei Sonnenschein benutzt. Auch im Berufsverkehr erfolgt der Einsatz meist saisongebunden.

Allerdings haben Motorräder nicht nur deutlich schlechtere Abgaswerte als Personenkraftwagen, sie sind ihrer Lautstärke nach auch eher mit Lastkraftwagen zu vergleichen. Sie weisen darüber hinaus eine vom Betroffenen als besonders lästig empfundene Geräuschstruktur auf. Merkmale der Belästigung sind die Auffälligkeit, die Rauigkeit des Klanges, die Frequenzzusammensetzung und die Informationshaltigkeit des Geräuschs. Bei Beschleunigungsvorgängen wird der Lärm von Motorrädern zudem wegen des besonders hohen Einflusses der Gaswechselgeräusche (Ansaug- und Auspuffgeräusche) als deutlich unangenehmer empfunden als der von Personen- oder Lastkraftwagen. Von Bedeutung für die Beurteilung der Lästigkeit ist ferner die Ballung des Motorradaufkommens an klimatisch schönen Wochenenden, Feiertagen und in Ferienzeiten, die auf die Erwartungshaltung der sich dann verstärkt im Freien aufhaltenden und Erholung suchenden Anlieger trifft, sowie die Vermeidbarkeit des Geräuschs.

Vgl. die Dokumentation des Bundesumweltministeriums "Motorrad und Umwelt", S. 15, S. 30 ff. und S. 44 ff., sowie Kühne, Lärmprobleme mit motorisierten Zweirädern in: Lärmbekämpfung, Bd. 3 (2008) Nr. 5.

Je nachdem, ob der Motorradanteil im Gesamtverkehr - wie im Regelfall - untergeht oder - in atypischer Weise - in den Vordergrund tritt, kann neben der uneingeschränkten oder modifizierten Heranziehung der 16. BImSchV auch in Betracht kommen, von deren Anwendung abzusehen, um zu sachgerechten Ergebnissen zu gelangen. Die rechnerische Berücksichtigung des Motorradanteils entsprechend dem Lkw-Anteil im Rahmen der Anwendung der 16. BImSchV kann zwar bei der Beurteilung der Lärmbelastung selbst bei einem überproportional hohen Motorradanteil am Gesamtverkehr an einer Hauptverkehrsstraße je nach Sachlage noch einen zuverlässigen Anhalt für den Grad der Belästigung bieten. Selbst eine derart modifizierte Anwendung der 16. BImSchV wird der spezifischen Lästigkeit des Motorradlärms allerdings umso weniger gerecht, je höher der Anteil der Motorräder am Gesamtverkehr im Einzelfall ist. Die akustische Situation am Immissionsort ist jedenfalls bei einem Verkehrsaufkommen, das sich ausschließlich oder ganz überwiegend aus Motorrädern zusammensetzt, mit einem Mittelungswert nicht mehr angemessen beschrieben. Die Heranziehung der 16. BImSchV scheidet dann insgesamt aus.

Im Rahmen der Prüfung, welcher Verkehrslärmschutz rechtlich und zulässig im Einzelfall geboten ist, sind ferner andere Besonderheiten des Einzelfalles maßgeblich. So ist auf die gebietsbezogene Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit sowie auf das Vorhandensein bzw. das Fehlen einer bereits gegebenen Lärmvorbelastung abzustellen. Von Bedeutung für die Bewertung der Zumutbarkeit des Lärms ist insbesondere auch, ob der ihn auslösende Verkehr die betroffenen Straßen funktionsgerecht oder funktionswidrig in Anspruch nimmt.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 15.2.2000 - 3 C 14.99 -, NJW 2000, 2121, vom 4.6.1986 - 7 C 76.84 -, BVerwGE 74, 234, und vom 27.8.1998 - 4 C 5.08 -, NVwZ 1999, 523; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.5.1997 - 5 S 1842/95 -, NVwZ-RR 1998, 682.

Ein Anlieger hat nämlich grundsätzlich nur den Verkehr zu dulden, der der funktionsgerechten Inanspruchnahme der Straße dient.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 15.2.2000 - 3 C 14.99 -, NJW 2000, 2121; OVG NRW, Urteil vom 6.12.2006 - 8 A 4840/05 -, NWVBl. 2007, 272.

Letzteres gilt auch für die abgasbedingte Immissionsbelastung.

d) Gemessen an diesen Grundsätzen liegen die tatbestandlichen Vorgaben des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Abs. 9 StVO für ein straßenverkehrsrechtliches Einschreiten des Beklagten gegen die Verkehrsimmissionen vor, die aufgrund des Zu- und Abgangsverkehrs der "G" an dem Wohnhaus des Klägers auftreten. Diese Immissionsbelastung ist dem Kläger schon deshalb nicht zumutbar, weil der X.-Weg insoweit nicht funktionsgerecht in Anspruch genommen wird.

Der auf einer Straße ablaufende Verkehr ist nicht mehr funktionsgerecht, wenn er sich nicht im Einklang mit dem Straßen- und Straßenverkehrsrecht befindet.

vgl. BVerwG, Urteil vom 15.2.2000 - 3 C 14.99 -, NJW 2000, 2121.

Der Verkehr auf dem X.-Weg läuft den straßenrechtlichen Vorgaben zuwider.

Die straßenrechtliche Funktion des X.-Weges, dem - wovon die Beteiligten zu Recht ausgehen - nicht die rechtliche Qualität einer öffentlichen Straße im Sinne des Straßenrechts, sondern eines Privatweges zukommt, bestimmt sich nach der Reichweite des mit Wissen und Wollen der Gemeinde als Eigentümerin zugelassenen Verkehrs. Als Teil des sog. Markenweges dient der Weg unter anderem der verkehrlichen Erschließung des im Bebauungsplan vom 1.4.1987 ausgewiesenen Erholungsgebiets "Z." einschließlich der Erholungssondergebiete nach § 10 BauNVO. Der dieser Zwecksetzung zu Grunde liegende Planungswille der Gemeinde umfasst notwendig ihren Willen als Eigentümerin der Straße, den entsprechenden Verkehr zuzulassen, begrenzt diesen allerdings auch. Das von einem mit dem Planungswillen der Gemeinde nicht mehr zu vereinbarenden Betrieb hervorgerufene Verkehrsaufkommen ist daher auch straßenrechtlich funktionswidrig.

So liegt der Fall hier.

2. Die ablehnende Entscheidung des Beklagten über den Antrag des Klägers auf straßenverkehrsrechtliches Einschreiten ist ermessensfehlerhaft. Der Kläger kann deshalb die Neubescheidung seines Antrags verlangen. Ein Anspruch auf Unterbindung des Verkehrs zur "G" steht ihm jedoch nicht zu; das Ermessen des Beklagten ist insoweit nicht auf Null reduziert.

a) Für den Einzelnen folgt aus § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO auch dann grundsätzlich "nur" ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, wenn die Lärmbeeinträchtigungen so intensiv sind, dass sie etwa im Rahmen einer Planfeststellung Schutzauflagen auslösen würden. Denn bei straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen ist eine Gesamtbilanz vorzunehmen. Zu prüfen ist, ob die Verhältnisse nur um den Preis gebessert werden können, dass an anderer Stelle neue Unzuträglichkeiten auftreten. Im Ergebnis würde sich die Gesamtsituation verschlechtern, wenn die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs in nicht hinnehmbarer Weise beeinträchtigt oder wegen Änderungen von Verkehrsströmen noch gravierendere Lärmbeeinträchtigungen von Anliegern anderer Straßen drohen würden. Bei der Entscheidung über die Anordnung von Lärmschutzmaßnahmen hat die zuständige Behörde im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens daher sowohl die Belange des Straßenverkehrs und der Verkehrsteilnehmer zu würdigen als auch die Interessen der Anlieger anderer Straßen in Rechnung zu stellen, ihrerseits vor übermäßigem Lärm verschont zu bleiben, der als Folge verkehrsberuhigender oder verkehrslenkender Maßnahmen eintreten kann.

Die Straßenverkehrsbehörde darf von Maßnahmen umso eher absehen, je geringer der Grad der Lärmbeeinträchtigung ist, dem entgegen gewirkt werden soll. Auch bei erheblichen Lärmbeeinträchtigungen kann sie von verkehrsbeschränkenden Maßnahmen ermessensfehlerfrei absehen, wenn dies mit Rücksicht auf die damit verbundenen Nachteile gerechtfertigt erscheint. In einem solchen Fall müssen die der Anordnung verkehrsberuhigender oder verkehrslenkender Maßnahmen entgegenstehenden Verkehrsbedürfnisse und Anliegerinteressen allerdings schon von einigem Gewicht sein, wenn mit Rücksicht auf diese Belange ein Handeln der Behörde unterbleibt.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.10.1999 - 3 B 105.99 -, NZV 2000, 386, und Urteil vom 4.6.1986 - 7 C 76.84 -, BVerwGE 74, 234; OVG NRW, Urteile vom 2.12.1997 - 25 A 4997/96 -, NWVBl. 1998, 266, vom 1.6.2005 - 8 A 2350/04 -, NWVBl. 2006, 145, und vom 6.12.2006 - 8 A 4840/05 -, NWVBl. 2007, 272.

Darüber hinaus hat die Straßenverkehrsbehörde zu prüfen, ob und welche Verkehrsregelungen, die den Verkehr zum Zwecke der Verkehrssicherheit oder -ordnung lenken oder beschränken sollen, zu dem angestrebten Zweck geeignet und erforderlich sind.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 25.4.1980 - 7 C 19.78 -, DVBl. 1980, 1045, und vom 27.1.1993 - 11 C 35.92 -, BVerwGE 92, 32; Beschluss vom 23.3.1990 - 3 B 25.90 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 2.12.1997 - 25 A 4997/96 -, NWVBl. 1998, 266.

Bei Beurteilungspegeln, die die in den Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm - Lärmschutz-Richtlinien-StV vom 23.11.2007 - aufgeführten Richtwerte überschreiten, kann sich das Ermessen der Behörde zur Pflicht zum Einschreiten verdichten; eine Ermessensreduzierung auf Null ist aber auch dann nicht zwangsläufig gegeben.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 4.6.1986 - 7 C 76.84 -, BVerwGE 74, 234; BayVGH, Urteil vom 18.2.2002 - 11 B 00.1769 -, VRS 103 (2002), Nr. 12, 34 ff.; OVG NRW, Urteil vom 2.12.1997 - 25 A 4997/96 -, NWVBl. 1998, 266.

Das Gericht kann die Ermessensentscheidung nur darauf überprüfen, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens eingehalten und ob sie von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat , vgl. § 114 Satz 1 VwGO. Ein Ermessensfehler liegt dann vor, wenn das Ermessen überhaupt nicht ausgeübt wurde, wenn in die Entscheidung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den jeweiligen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Ermessenfehlerhaft ist ein Verwaltungsakt insbesondere, wenn die Behörde bei ihrem Handeln von unzutreffenden, in Wahrheit nicht gegebenen, unvollständigen oder falsch gedeuteten tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen ausgeht, Gesichtspunkte tatsächlicher oder rechtlicher Art berücksichtigt, die nach Sinn und Zweck des zu vollziehenden Gesetzes oder aufgrund anderer Rechtsvorschriften oder allgemeiner Rechtsgrundsätze dabei keine Rolle spielen können oder dürfen, oder umgekehrt wesentliche Gesichtspunkte außer acht lässt, die zu berücksichtigen wären. Dasselbe gilt, wenn sie sachfremde, nicht durch den Zweck des Gesetzes gedeckte Erwägungen anstellt.

b) Ausgehend von diesen Maßstäben weist die Ermessensentscheidung des Beklagten Ermessensfehler auf. Der Beklagte hat die schutzwürdigen Belange des Klägers nicht mit dem ihnen angemessenen Gewicht in die Abwägung eingestellt.

Ende der Entscheidung

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