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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 16.10.2008
Aktenzeichen: 9 A 1385/08
Rechtsgebiete: GG, WasEG NRW, WHG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
WasEG NRW § 1
WHG § 3
WHG § 24
Die Erhebung eines Wasserentnahmeentgelts in Nordrhein-Westfalen ist verfassungsgemäß.

Für die Begründung der Entgeltpflicht ist es ohne Bedeutung, ob die Wasserentnahme zugleich eine Benutzung im Sinne des § 3 Abs. 1 WHG darstellt; dementsprechend kommt es nicht darauf an, ob die Wasserentnahme im Rahmen eines Gewässerausbaus (§ 3 Abs. 3 WHG) erfolgt.

Die Entnahme von Wasser, das den Betrieb der Kiesaufbereitungsanlage ermöglicht, erfüllt auch dann den Entgelttatbestand, wenn das Wasser mangels Materialaufgabe nicht unmittelbar zur Kieswäsche eingesetzt wird.

Der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 Nr. 2 WasEG NRW (erlaubnisfreie Benutzungen nach § 24 WHG) findet auf Maßnahmen des Gewässerausbaus keine Anwendung.


Tatbestand:

Die Klägerin betreibt Kieswerke. Das dort geförderte Material (Kies und Sand) wird vor Ort nass aufbereitet. Das für die Kieswäsche benötigte Wasser entnimmt die Klägerin den an den jeweiligen Standorten entstandenen Gewässern, für deren Herstellung und Rekultivierung wasserhaushaltsrechtliche Planfeststellungsbeschlüsse vorliegen. Die Beklagte setzte für das Jahr 2004 eine Vorauszahlung für die Entnahme dieses Waschwassers fest. Das VG wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg.

Gründe:

Die Heranziehung der Klägerin zur Vorauszahlung eines Wasserentnahmeentgeltes für das Veranlagungsjahr 2004 ist in Grund und Höhe gerechtfertigt.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides sind §§ 6 Abs. 1 und 2, 1 Abs. 1 Nr. 2, 2, 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 WasEG. Die Erhebung eines Wasserentnahmeentgelts im Land Nordrhein-Westfalen ist verfassungsgemäß. Das Land ist zu einer solchen Abgabenregelung als einer Maßnahme im Bereich des Wasserhaushaltsrechts nach Art. 70 Abs. 1 GG zuständig, da der Bund von der ihm nach Art. 75 Abs. 1 Nr. 4 GG (in der bis zum 31.8.2006 wirksamen Fassung, vgl. Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes vom 28.8.2006 - BGBl. I 2034) für den Wasserhaushalt zustehenden Rahmenkompetenz nicht in einer Weise Gebrauch gemacht hat, dass die Erhebung eines Wasserentnahmeentgeltes durch die Länder ausgeschlossen wäre.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 7.11.1995 - 2 BvR 413/88, 2 BvR 1300/93 -, BVerfGE 93, 319, und vom 18.12.2002 - 2 BvR 591/95 -, NVwZ 2003, 467, für entsprechende Regelungen im Baden-Württembergischen Wassergesetz, Hessischen Grundwasserabgabengesetz und Grundwasserabgabengesetz für Schleswig-Holstein; an diese Rechtsprechung anknüpfend BVerwG, Urteil vom 28.6.2007 - 7 C 3.07 -, NuR 2007, 611; Nds. OVG, Urteile vom 18.10.2001 - 7 LB 161/01 -, NuR 2003, 40, und vom 29.6.2006 - 13 LC 356/04 -, ZfW 2008, 33; OVG Berlin, Urteil vom 8.11.2002 - 2 B 13.98 -, juris; OVG Bbg., Urteil vom 27.4.2005 - 2 A 373/03 -, juris; OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 17.5.2006 - 2 B 2.06 -, juris ; Sächs. OVG, Urteil vom 25.3.2004 - 5 B 402/03 -, juris.

Das BVerfG hat in den o. g. Beschlüssen auch einen Verstoß der dort geprüften Abgabenregelungen gegen die der grundgesetzlichen Finanzverfassung nach Art. 104a bis 108 GG zugrunde liegende bundesstaatliche Kompetenzordnung verneint. Die in diesen Entscheidungen angestellten Erwägungen lassen sich auf die Entgeltregelung für die Entnahme von Wasser im Land Nordrhein-Westfalen übertragen. Die Entgeltregelung des Wasserentnahmeentgeltgesetzes findet in Abgrenzung zur Steuer ihre erforderliche besondere sachliche Legitimation in der Funktion der Vorteilsabschöpfung. Wasser ist als begrenzte natürliche Ressource ein Gut der Allgemeinheit. An diesem knappen Umweltgut wird dem Benutzer eine Teilhabeposition und damit ein Sondervorteil gegenüber denjenigen eingeräumt, die das Wasser nicht oder nicht in einem derart erhöhten Umfang nutzen dürfen. Es ist sachlich gerechtfertigt, die infolge einer ordnungsrechtlichen Bewirtschaftung durch Verleihung von Umweltgütern entstehenden Sondervorteile abzuschöpfen. Die für eine Qualifizierung als Verleihungsgebühr erforderliche Gegenleistungsabhängigkeit liegt darin, dass dem Einzelnen eine individuelle Leistung zugewendet wird, indem ihm die Möglichkeit zur Nutzung des Wassers eröffnet wird, die nach den bestehenden Vorschriften weitgehend dem zulassungsfreien Gemeingebrauch entzogen ist, und dafür ein Entgelt nach Maßgabe der tatsächlichen Wasserentnahme erhoben wird. Innerhalb des so beschaffenen rechtlichen Rahmens können mit der Entgelterhebung zugleich auch weitere Zwecke, insbesondere auch solche der Verhaltenssteuerung, verfolgt werden, soweit diese Zwecke von der sachlichen Gesetzgebungskompetenz gedeckt sind. So verhält es sich hier: Das Land Nordrhein-Westfalen verfolgt mit der Erhebung und Bemessung des Wasserentnahmeentgeltes sowohl den Vorteilsabschöpfungsgedanken als auch derartige der Wahrung wasserwirtschaftlicher Interessen dienende Lenkungszwecke. Im Gesetzentwurf der Landesregierung - vgl. zu Art. 7 des Gesetzentwurfs der Landesregierung über die Entlastung des Haushalts und über die Erhebung eines Entgelts für die Entnahme von Wasser aus Gewässern vom 3.11.2003, LT-Drs. 13/4528, S. 29 - ist ausgeführt:

"Ein guter Zustand der Gewässer dient nicht nur der Erhaltung und Regeneration naturraumtypischer Lebensgemeinschaften und Ökosysteme, sondern sichert auch die notwendige Nutzung der Gewässer zur Versorgung der Bevölkerung mit hochwertigem Trinkwasser und andere Nutzungen durch die Industrie und das Gewerbe. Dies steht in Einklang mit den Anforderungen der vom Rat der EU beschlossenen Wasserrahmenrichtlinie, die den Gesamtrahmen für die Qualität europäischer Gewässer festlegt. Es entspricht dem Vorsorgeprinzip, dass Maßnahmen des Gewässerschutzes zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines guten Gewässerzustandes getroffen werden. Dies schließt eine auf Schonung des vorhandenen Wasservorkommens angelegte Bewirtschaftungspolitik mit ein. Ein wesentliches Ziel ist es dabei, auf einen gemeinwohlverträglichen und sparsamen Umgang mit der Ressource Wasser hinzuwirken. Dieses soll nicht nur mit den Mitteln des Wasserrechts, sondern auch durch ein Wasserentnahmeentgelt als ökologischer Kostenfaktor geschehen. Die Wasserrahmenrichtlinie gebietet es, bislang externe Umwelt- und Ressourcenkosten den Verursachern in angemessener Weise anzulasten."

Diese Zielsetzung des Landes, die sich in der konkreten Ausgestaltung des Wasserentnahmeentgeltgesetzes widerspiegelt, ist insbesondere in Anbetracht der Staatszielbestimmung des Art. 20a GG - vergleichbar Art. 29a Abs. 1 Verf NRW - nicht zu beanstanden, wonach der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen - wozu vornehmlich die Ressource Wasser zählt - schützt.

Die Notwendigkeit einer Lenkung der Wasserentnahmen durch eine Entgeltregelung wird nicht mit Erfolg durch den insbesondere in der Anhörung zum Gesetzgebungsverfahren von Interessenverbänden und Betroffenen mehrfach erteilten Hinweis in Abrede gestellt, dass in Nordrhein-Westfalen auch während längerer Trockenzeiten kein Wassermangel herrsche und die Qualität sowohl der (meisten) Oberflächengewässer als auch des Grundwassers gut oder sogar sehr gut sei. Nach dem das Umweltrecht prägenden Vorsorgeprinzip sind potentielle Umweltbelastungen bereits unterhalb einer spezifischen Gefahrenschwelle zu verhindern. § 1a Abs. 1 WHG stellt den wasserhaushaltsrechtlichen Grundsatz auf, dass die Gewässer als Bestandteil des Naturhaushalts zu sichern sind. Sie sind so zu bewirtschaften, dass sie dem Wohl der Allgemeinheit und im Einklang mit ihm auch dem Nutzen Einzelner dienen, vermeidbare Beeinträchtigungen ihrer ökologischen Funktionen und der direkt von ihnen abhängenden Landökosysteme und Feuchtgebiete im Hinblick auf deren Wasserhaushalt unterbleiben und damit insgesamt eine nachhaltige Entwicklung gewährleistet wird. Hiernach ist jedermann verpflichtet, bei Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf ein Gewässer verbunden sein können, die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden, um eine Verunreinigung des Wassers oder eine sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften zu verhüten, um eine mit Rücksicht auf den Wasserhaushalt gebotene sparsame Verwendung des Wassers zu erzielen, um die Leistungsfähigkeit des Wasserhaushalts zu erhalten und um eine Vergrößerung und Beschleunigung des Wasserabflusses zu vermeiden (§ 1a Abs. 2 WHG).

Auch der Hinweis auf einen bereits jetzt durch Handwerk und Industrie erreichten hohen Standard sparsamen Wasserverbrauchs, wie er landesweit durch die rückläufigen Verbrauchszahlen belegt werde, ist nicht geeignet, die Verfassungsmäßigkeit des Wasserentnahmeentgeltgesetzes in Frage zu stellen. Zum einen werden mit dem Wasserentnahmeentgelt Vorteile abgeschöpft, die der Einzelne durch die Inanspruchnahme eines Guts der Allgemeinheit erzielt; diese in der Gesetzesbegründung ausdrücklich angesprochene Erwägung trägt unabhängig von der konkret entnommenen Menge Wassers. Zum anderen ist der Stand der Technik nicht statisch, sondern dynamisch; eine (Weiter)Entwicklung der technischen Möglichkeiten mit der Zielsetzung einer noch weiter gehenden Reduktion der Inanspruchnahme der natürlichen Ressourcen ist (nicht zu beanstandendes) Ziel des insoweit auch Lenkungsfunktion entfaltenden Wasserentnahmeentgelts.

Nach diesen Ausführungen erübrigt sich eine vertiefte Stellungnahme zu dem zuweilen vorgetragenen Einwand, bereits die gesetzestechnische Fassung des Wasserentnahmeentgeltgesetzes als Haushaltsbegleitgesetz 2004/2005 offenbare die wahre Zielrichtung des Gesetzgebers, lediglich zur Konsolidierung des Haushalts weitere Einnahmen erzielen zu wollen. Es begründet keine Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des Wasserentnahmeentgeltgesetzes, wenn zur Vorteilsabschöpfungsfunktion weitere Zwecke hinzutreten. Mit einer Vorteilsabschöpfungsabgabe, deren Verfassungsmäßigkeit das BVerfG mehrfach ausdrücklich gebilligt hat, korrespondiert zwangsläufig eine entsprechende Einnahme der öffentlichen Hand. Es ist unerheblich, ob die nachhaltige strukturelle Haushaltsverbesserung die primäre oder "wahre" Motivation des Gesetzgebers gewesen ist, da die Abgabe rechtlich nicht zweckgebunden ist. Auf die Motive für ihre Einführung kommt es demnach nicht an.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.11.1995 - 2 BvR 413/88, 2 BvR 1300/93 -, a. a. O.

Das Wasserentnahmeentgelt widerspricht in seiner Höhe (§ 2 Abs. 2 WasEG) nicht dem Äquivalenzprinzip. Die Abhängigkeit des in Nordrhein-Westfalen erhobenen Wasserentnahmeentgelts von der Gegenleistung bleibt erhalten; dessen Höhe übersteigt den Wert der öffentlichen "Leistung" nicht. Selbst für den höchsten Satz von 0,045 €/m3 ist dies angesichts durchschnittlicher verbrauchsabhängiger Kosten pro Kubikmeter Trinkwasser Anfang 2007 von 1,59 € (2005: 1,55 €) offensichtlich (LDS NRW, Mitteilung vom 17.12.2007, http://www.lds.nrw.de/presse/pressemitteilungen/2007/pres_222_07.html). Das BVerfG hat im o. g. Beschluss vom 7.11.1995 sogar eine Grundwasserabgabe in Höhe von 1,00 DM/m3 (entspricht 0,51 €/m3) für unbedenklich gehalten.

Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Wasserentnahmeentgeltgesetzes sind auch nicht unter dem von der Klägerin thematisierten Aspekt gerechtfertigt, § 2 Abs. 2 WasEG führe zu einer nach Art. 3 Abs. 1 GG unzulässigen Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem; denn obwohl der Gesetzgeber geringere Entgeltsätze festgelegt habe, sofern Kühlwasser dem Gewässer unmittelbar wieder zugeführt werde, habe er diesen Gesichtspunkt bei dem hier vergleichbaren Sachverhalt nicht zum Anlass für geringere Entgeltsätze genommen. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verlangt, dass sich die vom Gesetz vorgenommene unterschiedliche Behandlung der Wasserentnahmen durch die Staffelung der Abgabensätze je nach Verwendungszweck auf einen vernünftigen oder sonstwie einleuchtenden Grund zurückführen lässt.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 7.11.1995 - 2 BvR 413/88 u. a. -, a. a. O., und vom 18.12.2002 - 2 BvR 591/95 -, a. a. O.

Die unterschiedliche Bemessung der Abgabesätze für Kühlwassernutzung (§ 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 WasEG) und sonstige Entnahmen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 WasEG) genügt diesen Anforderungen. Bei der Entscheidung, welche Nutzungsarten privilegiert werden sollen, hat sich der Gesetzgeber nicht allein an der ökologischen Verträglichkeit der Nutzungen orientiert; der Lenkungszweck des Wasserentnahmeentgelts stand hier nicht im Vordergrund. Tragender Grund für einzelne Ausnahmen von der grundsätzlichen Entgeltpflicht (vgl. § 1 Abs. 2 WasEG) oder vom regelmäßigen Entgeltsatz (§ 2 Abs. 2 Satz 1 WasEG) war der politische Wille, einzelne Wirtschaftsbereiche und Nutzungsarten aus den unterschiedlichsten Gründen zu subventionieren. Bei dieser Entscheidung, welche Personen oder Unternehmen durch finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden sollen, ist der Gesetzgeber weitgehend frei. Zwar darf der Staat seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten verteilen. Subventionen müssen sich gemeinwohlbezogen rechtfertigen lassen, sollen sie vor dem Gleichheitssatz Bestand haben.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.11.1995 - 2 BvR 413/88 u. a. -, a. a. O.

Für eine Überschreitung dieses Gestaltungsspielraums des Landesgesetzgebers durch die im Wasserentnahmeentgeltgesetz getroffenen Regelungen mit Subventionswirkung ist nichts ersichtlich. Zwar ist es nicht weiter aufschlussreich, wenn im Gesetzentwurf hierzu zunächst ausgeführt wird, dass das zur Kühlwassernutzung entnommene Wasser dem Naturhaushalt wieder zugeführt werde.

Vgl. LT-Drs. 13/4528, S. 30.

Dies gilt ebenso für eine Vielzahl anderer Wasserentnahmen. Weiter führt dagegen der Hinweis, dass die Differenzierung auch aus dem Prinzip der Vorteilsabschöpfung resultiere.

Vgl. LT-Drs. 13/4528, S. 30.

In der Folge wurde nach dem Expertengespräch des Haushalts- und Finanzausschusses sowie des Ausschusses für Umwelt und Raumordnung festgehalten, dass eine weitergehende Differenzierung der Entgeltsätze sachgerecht sei, um eine ausgewogenere Belastung innerhalb der Kraftwerksindustrie herzustellen.

Vgl. Anhang 1 zu LT-Drs. 13/4890, S. 3.

Hierin zeigt sich die politische Zielrichtung der Begünstigung der Kraftwerksbetreiber, die einen hohen Wasserverbrauch allein zu Kühlzwecken haben. Die Versorgung der privaten Haushalte und gewerblichen Unternehmen mit (kostengünstiger) Energie ist Grundvoraussetzung wirtschaftlichen Wohlstands. Der von den Kraftwerksbetreibern aus der Wasserentnahme gezogene (Sonder)Vorteil relativiert sich angesichts der allgemeinen Nachfrage nach Energie im Allgemeinwohlinteresse. Zur Sicherung dieser wirtschaftlichen Notwendigkeiten Subventionsentscheidungen (formal allein) zugunsten der Kraftwerksbetreiber zu treffen, damit lediglich geringere Kosten an die End- oder Zwischenverbraucher weitergegeben werden, liegt im gesamtwirtschaftlichen Interesse und ist unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Dagegen kann auch nicht mit Erfolg eingewandt werden, die Produkte anderer Industriezweige seien volkswirtschaftlich mindestens ebenso sinnvoll oder erwünscht wie die Zurverfügungstellung von Energie. Diese Entscheidung zu treffen bleibt dem politischen Gestaltungswillen des Gesetzgebers vorbehalten.

Die Klägerin erfüllt den Entgelttatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 2 WasEG, da sie aus oberirdischen Gewässern Wasser zur Kieswäsche entnimmt. Unerheblich ist, ob die Entnahme des Wassers gemäß § 1 Abs. 1 WasEG zugleich eine Benutzung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 WHG darstellt. Dementsprechend ist es für die Begründung der Entgeltpflichtigkeit ohne rechtliche Bedeutung, ob die Entnahme im Rahmen des Ausbaus eines oberirdischen Gewässers erfolgt ist, was gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 WHG keine Benutzung (im Sinne des § 3 Abs. 1 WHG) darstellen würde. Die Auslegung der die Entgeltpflicht auslösenden Entnahmetatbestände des § 1 Abs. 1 WasEG bestimmt sich ausschließlich nach Landesrecht. Die landesgesetzliche Anlehnung an (ausgewählte) Begrifflichkeiten des Wasserhaushaltsgesetzes ersetzt nicht die förmliche Bezugnahme auf dessen Regelungen, wie sie z. B. in § 1 Abs. 2 Nr. 2 WasEG vorgenommen worden ist. Auch der Gesetzesbegründung lässt sich nicht entnehmen, dass für die Auslegung des § 1 Abs. 1 WasEG auf § 3 Abs. 3 WHG zurückgegriffen werden soll. Dort (LT-Drs. 13/4528, S. 30) ist lediglich ausgeführt:

"Absatz 1 benennt den Entgelttatbestand. Die Zahlungspflicht knüpft objektiv an die maßgeblichen wasserrechtlichen Entnahmetatbestände für oberirdische Gewässer (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 WHG) und für das Grundwasser (§ 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG) an."

Diese Auslegung des nordrhein-westfälischen Landesrechts steht nicht im Widerspruch zur von der Klägerin angeführten Rechtsprechung des BVerwG.

Vgl. Urteil vom 28.6.2007 - 7 C 3.07 -, NuR 2007, 611 = NVwZ-RR 2007, 750.

Dort ist ausgeführt, dass das OVG Berlin-Bbg. bei der Anwendung des § 13a des Berliner Wassergesetzes - BWG - angenommen habe, der Landesgesetzgeber habe wegen einer insoweit bestehenden Bindung an § 3 WHG die Erhebung des Entgelts von einer Benutzung des Grundwassers im Sinne dieser Bestimmung abhängig gemacht. So verhält es sich in Bezug auf das Wasserentnahmeentgeltgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen hingegen nicht. Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 BWG wird ein Entgelt von dem "Benutzer" erhoben. Nach den einleitenden Bestimmungen in § 1 Abs. 1 Nr. 1 gilt das Berliner Wassergesetz nur für die in § 1 Abs. 1 WHG in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.8.2002 (BGBl. I S. 3245) in der jeweils geltenden Fassung bezeichneten Gewässer und das nicht aus Quellen wild abfließende Wasser. Eine solche Bezugnahme auf die bundesrechtlichen Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetzes findet sich in den die Entgeltpflicht begründenden Normen des nordrhein-westfälischen Landesrechts nicht. Die o. g. Ausführungen des BVerwG lassen sich auf die hier bestehende Rechtslage mithin nicht übertragen.

Unabhängig hiervon gäbe es selbst für den Fall, dass die Entnahmetatbestände des § 1 Abs. 1 WasEG im Lichte der bundesrechtlichen Vorschriften des § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 6 WHG auszulegen wären, keinen Anhalt dafür, Maßnahmen des Gewässerausbaus von der Entgeltpflichtigkeit auszunehmen. § 3 Abs. 3 WHG stellt klar, dass Ausbaumaßnahmen keine Benutzungen sind und dient damit der Abgrenzung des Erlaubnisverfahrens vom Planfeststellungsverfahren. Ob ein Gewässer benutzt wird und welche Form des behördlichen Überprüfungsverfahrens einschlägig ist, ist jedoch nicht Anknüpfungspunkt des die Entgeltpflicht bestimmenden § 1 Abs. 1 WasEG. Dieser zielt allein darauf, den Sondervorteil, der dem Einzelnen durch die Wasserentnahme zufließt, abzuschöpfen. Auch die weitere Entgeltvoraussetzung, wonach das entnommene Wasser einer Nutzung zugeführt werden muss, betrifft nicht wasserhaushaltsrechtliche Benutzungsregelungen, sondern allein die Frage, ob das Wasser nach dessen Entnahme zu irgendeinem Zweck verwendet wird.

Das entnommene Wasser ist einer Nutzung, nämlich der Kieswäsche, zugeführt worden (§ 1 Abs. 1, letzter Halbs. WasEG). Eine andere Beurteilung wäre allenfalls dann angezeigt, wenn sich die Klägerin des Wassers nach dem Entnahmevorgang schlicht entledigt hätte, was vorliegend bezüglich der streitgegenständlichen Entnahmemengen aber nicht der Fall ist. Insbesondere verhält es sich so nicht mit den von der Klägerin geltend gemachten "Leerlaufzeiten" der Kiesaufbereitungsanlage. Hierbei handelt es sich nach ihrem eigenen Vortrag um deren Vor- und Nachlaufzeiten, während derer zwar Wasser entnommen, dieses Wasser mangels Materialaufgabe jedoch nicht zur Kieswäsche eingesetzt wird. Die Klägerin hat hierzu ausgeführt, dass aus technischen Gründen vor Beginn des Aufbereitungsprozesses sämtliche Anlagenteile der Aufbereitungsanlage mit Wasser beschickt werden müssten. Erst wenn sämtliche Anlagenteile einschließlich der Bandanlagen ausreichend bewässert seien, könne mit dem Gewinnungsprozess und der Materialaufgabe auf die Förderbandanlagen begonnen werden. Die Nachlaufzeiten folgten daraus, dass sich zwischen der Beendigung der Aufbereitung des noch auf den Förderbändern befindlichen Materials und der Abschaltung der Kiesaufbereitungsanlage unvermeidbar gewisse zeitliche Überhänge ergäben, in denen zwar noch Wasser entnommen, aber nicht mehr zum Zwecke der Aufbereitung eingesetzt werde. Dieser klägerische Vortrag bezüglich Vor- und Nachlaufzeiten belegt, dass es sich zwar um "Leerlaufzeiten" in Bezug auf die Wäsche aufgenommenen Materials handeln mag. Gleichwohl wird das während dieser Zeiten entnommene Wasser (weiterhin) der Nutzung im Rahmen des Kiesproduktionsprozesses zugeführt. Für die Vorlaufzeiten ergibt sich dies bereits daraus, dass aus technischen Gründen sämtliche Anlagenteile mit Wasser beschickt werden müssen; dies ist der Nutzungszweck. Für die offensichtlich technisch unvermeidbaren Nachlaufzeiten gilt Entsprechendes. Aus diesen Gründen kommt es auf die von der Klägerin angeregte Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den Vor- und Nachlaufzeiten der Kiesaufbereitungsanlagen und zur pauschalen Abschlagsmenge von 15 % nicht in entscheidungserheblicher Weise an.

Die der Nutzung zugeführten Entnahmemengen sind nicht auf das den Produkten anhaftende Wasser zu beschränken, wie die Klägerin dies im Verwaltungsverfahren zunächst begehrt hat. Für die Begründung des Entgelttatbestands ist punktuell auf den zeitgleich mit oder nach der Wasserentnahme liegenden Zeitpunkt der Nutzungszuführung abzustellen; es findet keine Saldierung mit der Wassermenge statt, die dem Naturhaushalt nach der Entnahme und Nutzungszuführung unmittelbar oder mittelbar wieder zugeführt wird.

Ein die Entgeltfreiheit begründender Tatbestand liegt nicht vor. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 WasEG wird das Entgelt nicht erhoben für erlaubnisfreie Benutzungen u. a. im Sinne des § 24 WHG und § 35 LWG NRW. Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 WHG ist eine Erlaubnis oder eine Bewilligung nicht erforderlich zur Benutzung eines oberirdischen Gewässers durch den Eigentümer oder den durch ihn Berechtigten für den eigenen Bedarf, wenn dadurch andere nicht beeinträchtigt werden, keine nachteilige Veränderung der Eigenschaft des Wassers, keine wesentliche Verminderung der Wasserführung und keine andere Beeinträchtigung des Wasserhaushalts zu erwarten sind. Nach § 35 Abs. 1 LWG NRW dürfen auch die Anlieger in den Grenzen des Eigentümergebrauchs das oberirdische Gewässer ohne Erlaubnis oder Bewilligung benutzen (Anliegergebrauch). Der Benutzungstatbestand wird in § 3 Abs. 1 WHG legal definiert; § 3 Abs. 2 WHG fügt diesem fiktive Benutzungstatbestände hinzu. § 3 Abs. 3 Satz 1 WHG wiederum stellt klar, dass Maßnahmen, die dem Ausbau eines oberirdischen Gewässers dienen, keine Benutzungen sind. Gewässerausbaumaßnahmen in diesem Sinne bedürfen gemäß § 31 Abs. 2 WHG der Planfeststellung. Mit dieser Regelung wird der Vorrang betont, den das Wasserhaushaltsgesetz der Planfeststellung im Verhältnis zur Erlaubnis oder Bewilligung dort einräumt, wo nicht die Verleihung einer individuellen Rechtsposition zur Benutzung eines Gewässers, sondern eine sowohl für den Bestand des Gewässers als auch für die Raumordnung bedeutsame Maßnahme zu seinem Ausbau in Rede steht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.6.2007 - 7 C 3.07 -, a. a. O.

Gewässerausbaumaßnahmen sind hiernach weder Benutzungen noch können sie erlaubnisfrei im Rahmen des Eigentümer- oder Anliegergebrauchs erfolgen.

Dies bedeutet für die Entgeltpflichtigkeit von Wasserentnahmen: Erfolgt die Wasserentnahme im Rahmen des Eigentümergebrauchs, wird kein Entgelt erhoben. Stellt sich die im Übrigen als Eigentümergebrauch zu bewertende Wasserentnahme jedoch als Gewässerausbaumaßnahme dar, bleibt es bei der Entgeltpflichtigkeit. Diese Differenzierung ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Insbesondere liegt keine mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG beanstandungswürdige Ungleichbehandlung vor; jedenfalls lägen ihr sachlich einleuchtende und damit sie rechtfertigende Erwägungen zugrunde. Der Eigentümergebrauch bei der schlichten Benutzung eines Gewässers wird wasserhaushaltsrechtlich durch die Freistellung von der Erlaubnispflicht privilegiert. Das Wasserentnahmeentgeltgesetz greift diese Privilegierung auf und erkennt sie mit der Folge der Entgeltfreistellung an. Entsprechend führt die Begründung zum Gesetzentwurf (LT-Drs. 13/4528, S. 30) zur Privilegierung der erlaubnisfreien wasserrechtlichen Benutzungen aus:

"Ausgehend von der wasserwirtschaftlichen Zielsetzung ist bei diesen Entnahmen kein regulierender Vorgang erkennbar."

Wird eine Wasserbenutzung wasserhaushaltsrechtlich nicht privilegiert, sondern sogar dem förmlichen Verfahren einer Planfeststellung unterworfen, verbleibt es bei der Entgeltpflichtigkeit der Wasserentnahme. Zwar mag der Zweck des Wasserentnahmeentgelts, den mit der Wassernutzung gezogenen Sondervorteil (zum Teil) abzuschöpfen, in beiden Konstellationen gleichermaßen greifen. Es ist aber nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber insoweit aus Lenkungszwecken den aus wasserhaushaltsrechtlicher Sicht weniger bedenklichen Eigentümergebrauch von der Entgeltpflicht freistellt, den planfeststellungsbedürftigen Gewässerausbau hingegen nicht.

Die streitigen Wasserentnahmen der Klägerin dienen, wovon auch beide Beteiligte übereinstimmend ausgehen, insgesamt dem Gewässerausbau (§ 3 Abs. 3 Satz 1 WHG). Der Begriff des Dienens erfordert, dass die Maßnahme den Ausbau bestimmungsgemäß ermöglichen muss, d. h. sie muss objektiv geeignet sein, dem Gewässerausbau zu dienen. Einem Benutzungstatbestand kommt dann Ausbaucharakter zu, wenn die nicht notwendig auf Dauer erforderliche, aber nicht nur förderliche Benutzung eines Gewässers nicht weggedacht werden kann, ohne dass zugleich der Ausbauzustand entfiele. Eine isoliert als Benutzung zu qualifizierende Maßnahme dient daher dann dem Ausbau eines Gewässers, wenn der Ausbau sich ohne die Verwirklichung des Nutzungstatbestandes nicht erreichen oder aufrecht erhalten lässt. Erfasst werden hiervon einerseits solche Maßnahmen, die noch nach dem Abschluss der Bauarbeiten dem Zweck des Gewässers dienen und dauerhaft einen neuen Zustand schaffen. Erfasst sind jedoch auch solche Maßnahmen, die nur vorübergehend während der Ausbauarbeiten erforderlich sind.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.6.2007 - 7 C 3.07 -, a. a. O.

Gemessen hieran sind auch die hier streitigen Wasserentnahmen, die sich wasserhaushaltsrechtlich zunächst als Benutzung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 WHG darstellen, als Maßnahmen des Gewässerausbaus nach § 3 Abs. 3 WHG zu qualifizieren. Sie sind mit dem eigentlichen Gewässerausbau in einer Weise verbunden, dass sie dessen Ausbau dienen und seine Natur teilen. Der einheitlich zu beurteilende Vorgang der Wasserentnahme und der anschließenden Wiedereinleitung ist objektiv geeignet und ausweislich der für das Jahr 2004 maßgeblichen Planfeststellungsbeschlüsse unmittelbar dazu bestimmt, dem Gewässerausbau zu dienen. Hierzu zählt neben der auf Dauer angelegten Herstellung eines Gewässers auch dessen wesentliche Umgestaltung im Rahmen der Rekultivierung u. a. mittels Herstellung von Flachwasserzonen... (wird ausgeführt)

Dass die in den Ausbauarbeiten zur Herstellung der Gewässer eingebundenen Eingriffe in das Gewässer nach ihrer subjektiven Zwecksetzung auch der Kieswäsche und damit dem Gewerbe der Klägerin zugute kommen, ist ebenso ohne Belang wie der Umstand, dass es sich nur um Eingriffe vorübergehender und nicht dauerhafter Natur handelt. Das Merkmal der Dauerhaftigkeit ist nur für den Ausbau erforderlich, nicht aber für jede ihm dienende Maßnahme.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.6.2007 - 7 C 3.07 -, a. a. O.

Die Entgeltpflicht entfällt schließlich nicht gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 WasEG. Insbesondere stellt sich die Wasserentnahme nicht als eine behördlich angeordnete Benutzung dar. Die Freistellung von der Entgeltpflicht soll nur für den Fall eintreten, dass schon die wasserrechtliche Benutzung als solche im Allgemeinwohlinteresse durch eine Behörde angeordnet worden ist.

Vgl. LT-Drs. 13/4528, S. 30.

So verhält es sich vorliegend jedoch nicht. Es handelt sich bereits - wie dargelegt - um keine Benutzung, sondern einen Gewässerausbau. Unabhängig hiervon dienen Wasserentnahme und Wiedereinleitung nicht dem Allgemeinwohlinteresse, sondern allein der Ermöglichung der im privatwirtschaftlichen Interesse der Klägerin liegenden Kiesgewinnung.

Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Nr. 2, 2. Var. WasEG liegen ebenfalls nicht vor. Es ist nicht behördlich angeordnet worden, dass die Klägerin das entnommene Wasser zur Kieswäsche benutzen müsste. Sofern auf die behördlich aufgegebene Herstellung von Flachwasserzonen verwiesen wird, ändert dies nichts daran, dass der Nutzungszweck im rein privaten wirtschaftlichen Interesse der Klägerin liegt und die wasserrechtlichen Auflagen allein der Ermöglichung dieses Vorhabens dienen.

Ende der Entscheidung

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