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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 11.11.2003
Aktenzeichen: 9 A 2821/01
Rechtsgebiete: BauO NRW 1995, KÜGebO, SchfG


Vorschriften:

BauO NRW 1995 § 43 Abs. 7
KÜGebO § 1
KÜGebO § 11
SchfG § 13
1. Auch beim Auswechseln einer Feuerstätte hat sich der Bauherr nach § 43 Abs. 7 Satz 1 BauO NRW 1995 vom Bezirksschornsteinfegermeister bescheinigen zu lassen, dass der Schornstein oder die Abgasanlage sich in einem ordnungsgemäßen Zustand befindet und für die angeschlossene Feuerstätte geeignet ist.

2. Die Gebühr nach §§ 1, 11 KÜGebO für die Prüfung und Begutachtung von Schornsteinen oder Abgasleitungen und die Ausstellung der Bescheinigung nach § 43 Abs. 7 BauO NRW 1995 fällt auch dann an, wenn der Bauherr den Bezirks-schornfegermeister nicht beauftragt hatte, die Arbeiten aber tatsächlich durchgeführt worden sind.


Tatbestand:

Nachdem die Klägerin in einer Wohnung ihres Hauses eine Gastherme ausgetauscht und an den Schornstein angeschlossen hatte, bescheinigte der beigeladene Bezirks-schornsteinfegermeister der Klägerin nach Prüfung und Begutachtung, dass der Schornstein sich in einem ordnungsgemäßen Zustand befinde und für die angeschlossene Feuerstätte geeignet sei. Da die Klägerin die vom Beigeladenen hierfür geforderte Gebühr trotz Mahnung nicht bezahlte, setzte der Beklagte auf Bitten des Beigeladenen die Gebühr durch den angefochtenen Bescheid fest. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage wies das VG ab. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung wurde zurückgewiesen.

Gründe:

Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Allerdings trifft der Vortrag der Klägerin zu, dass die von ihr aufgeworfenen Fragen, ob

1. § 43 Abs. 7 Satz 1 BauO NRW 1995 dahingehend auszulegen ist, dass nur bei dem erstmaligen Anschluss von Feuerstätten an Schornsteine oder Abgasleitungen und nicht bei deren Auswechseln die Bauherrin oder der Bauherr sich von der Bezirksschornsteinfegermeisterin oder dem Bezirksschornsteinfegermeister bescheinigen zu lassen hat, dass der Schornstein oder die Abgasanlage sich in einem ordnungsgemäßen Zustand befindet und für die angeschlossene Feuerstätte geeignet ist,

2. die Bescheinigung nach § 43 Abs. 7 Satz 1 BauO NRW 1995 durch den Bezirksschornsteinfegermeister nur auf einen Antrag des Bauherrn auszustellen ist, obergerichtlich bzw. höchstrichterlich bisher nicht entschieden sind. Dennoch bedürfen die Fragen keiner Klärung durch ein Berufungsverfahren, weil sie sich auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts nach allgemeinen Auslegungsregeln ohne weiteres beantworten lassen bzw. in dieser Form nicht stellen.

Die Antwort auf die erste Frage ist eindeutig im Sinne des VG zu geben, d.h. die Frage ist zu verneinen.

So auch: Gädtke/Böckenförde/Temme/Heintz, Landesbauordnung Nordrhein-Westfalen, 9. Aufl., § 43 RdN. 57; Gädtke/Temme/Heintz, Landesbauordnung Nordrhein-Westfalen, 10. Aufl., § 43 RdN. 57; Boeddinghaus/Hahn/Schulte, Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Stand: 1.2.2003, § 43 RdN. 42; vgl. auch: RdErl. des Ministeriums für Bauen und Wohnen vom 24.1.1997 - IIA3-100/85 - (VVBauO NW) Nr. 43.7 Abs. 2.

Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Norm. § 43 Abs. 7 Satz 1 BauO NRW 1995 spricht als Grund für die einzuholende Bescheinigung des Bezirksschornsteinfegermeisters - neben Errichtung und Änderung von Schornsteinen - ohne jede Einschränkung vom Anschluss einer Feuerstätte an Schornsteine oder Abgasleitungen. Anschließen bedeutet das Herstellen einer Verbindung zwischen Feuerstätte und Schornstein oder Abgasleitung. Um funktionsfähig zu sein, bedarf eine Feuerstätte einer solchen Verbindung aber nicht nur beim erstmaligen Einbau, sondern auch dann, wenn sie nur Ersatz für eine bereits früher vorhandene, nunmehr abgebaute ist. Dann liegt aber auch insofern ein Anschluss vor. Angesichts dieses klaren Wortlauts hätte der Gesetzgeber eine Sonderregelung schaffen müssen, wenn er das Auswechseln von Feuerstätten nicht unter § 43 Abs. 7 Satz 1 BauO NRW 1995 hätte fallen lassen wollen. Das Fehlen einer entsprechenden Ausnahme kann nur in dem Sinne verstanden werden, dass die Vorschrift in jedem Fall eingreifen sollte, zumal in anderem Zusammenhang der Gesetzgeber das Auswechseln von Gegenständen ausdrücklich einer Sonderregelung unterzogen hat (z.B. § 65 Abs.2 Nrn. 2 - 4 BauO NRW 1995).

Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich aus der Gesetzesgeschichte nichts anderes. Es trifft zwar zu, dass im Entwurf der Landesregierung das Auswechseln von Schornsteinen und Feuerstätten noch ausdrücklich erwähnt war. Entsprechend wurde in der Begründung zum Entwurf darauf hingewiesen, dass die Vorschrift der Gefahrenabwehr diene und auch beim Auswechseln von Feuerstätten z. B. die damit meistens zur Energieeinsparung verbundene niedrigere Abgastemperatur selbst bei gleicher Leistung und gleichem Brennstoff dazu führen könne, dass der Schornsteinauftrieb zur einwandfreien Ableitung der Abgase der Feuerstätten nicht mehr ausreiche.

Vgl. LT-Drs. 11/7153, S. 64, 168.

Der Umstand, dass in der später Gesetz gewordenen geänderten Fassung, die der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Städtebau und Wohnungswesen entspricht, vgl. LT-Drs. 11/8435, S. 65, das Auswechseln von Feuerstätten nicht mehr gesondert benannt wird, bedeutete jedoch nicht ein Abrücken von der Forderung, auch in diesen Fällen unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr eine Bescheinigung einholen zu müssen. Die ausdrückliche Erwähnung des Auswechselns war vielmehr wegen des Einfügens der Worte "sowie beim Anschluss von Feuerstätten an Schornsteine oder Abgasleitungen" entbehrlich geworden, weil - wie aufgezeigt - darunter auch das Auswechseln von Feuerstätten fällt. Dass mit der Umformulierung der Norm keine Einbuße in Bezug auf Sicherheitsanforderungen einhergehen sollte, wird auch an dem Zusatz in der der Beschlussempfehlung als Anlage beigefügten Synopse deutlich, in der es heißt, die Änderung sei aus Sicherheitsgründen erfolgt.

Vgl. LT-Drs. 11/8435, S. 28 der Anlage.

Dieser Hinweis wäre unverständlich, wenn in diesen Fällen eine Überprüfung durch den Bezirksschornsteinfegermeister entfallen, also ein Weniger an Sicherheitsprüfung vorgesehen werden sollte, obwohl keine Änderung bezüglich des Gefährdungspotentials eingetreten ist.

Die zweite Frage der Klägerin bedarf schon deswegen keiner Klärung durch ein Berufungsverfahren, weil sie sich in dieser Form vorliegend nicht stellt. Rechtsgrundlage für die vom Beklagten festgesetzte Schornsteinfegergebühr sind §§ 1, 11 KÜGebO in der hier maßgeblichen Fassung vom 19.11.1995, GV. NRW. S. 1184. Danach ist gebührenpflichtiger Tatbestand die Prüfung und Begutachtung von Schornsteinen oder Abgasleitungen und das Ausstellen der Bescheinigung nach § 43 Abs. 7 BauO NRW i.V.m. § 13 Abs. 1 Nrn. 4 und 9 SchfG. Dass der Beigeladene diese Tätigkeiten ausgeführt hat, wird von der Klägerin im Zulassungsverfahren letztlich nicht angegriffen. Sie stellt lediglich darauf ab, dass sie den Beigeladenen nicht entsprechend beauftragt habe. Das ist gebührenrechtlich jedoch unerheblich, soweit es um die Erfüllung des Gebührentatbestandes geht. Dieser setzt einen Auftrag nicht voraus, sondern stellt nur auf die reine Vornahme der in § 11 KÜGebO genannten Tätigkeiten im Rahmen der dem Bezirksschornsteinfegermeister nach § 13 Abs. 1 Nrn. 4 und 9 SchfG obliegenden hoheitlichen Aufgabe ab. Hierdurch wird der jeweilige Grundstückseigentümer als Gebührenschuldner nach § 1 Abs. 1 KÜGebO auch nicht unverhältnismäßig belastet, denn ihm werden Gebühren nur für solche Tätigkeiten des Bezirksschornsteinfegermeisters abverlangt, die er nach § 43 Abs. 7 Satz1 BauO NRW 1995 ohnehin zwingend durchführen lassen muss. Insoweit kann auf die früheren Ausführungen verwiesen werden.

Aus dem zuvor Dargelegten ergibt sich zugleich, dass entgegen der Meinung der Klägerin keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung bestehen (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Einwand der Klägerin, die vom VG vorgenommene und hier bestätigte Gesetzesauslegung widerspreche allgemeinen gebührenrechtlichen Grundsätzen, geht fehl. Ihr Hinweis, ein Grundstückseigentümer sei trotz bestehenden Anschluss- und Benutzungszwangs nicht zur Zahlung von Abfallentsorgungsgebühren verpflichtet, solange der Anschluss- und Benutzungszwang nicht durchgesetzt werde und Müllgefäße nicht aufgestellt und benutzt würden, er also seinen Müll selbst entsorge, vergleicht Äpfel mit Birnen. Er verkennt, dass Abfallentsorgungsgebühren Benutzungsgebühren sind, während es sich bei den Gebühren des Beigeladenen um Verwaltungsgebühren handelt. Die Erhebung von Benutzungsgebühren setzt zwingend eine Benutzung voraus. Sie ist die Grundlage für die Gebührenpflicht. Die Verwaltungsgebühr ist dagegen ein Entgelt für eine Amtshandlung einer Behörde. Als Ausgleich dafür, dass diese tätig geworden ist und dadurch Kosten angefallen sind, wird eine Gebühr erhoben. Damit Bürger nun nicht ohne weiteres zu Kosten für irgendwelche Tätigkeiten einer Behörde herangezogen werden können, wird deshalb eine Sonderrechtsbeziehung gefordert, kraft derer sich der Bürger das behördliche Handeln zurechnen lassen muss. Als Gebührenschuldner kann er zudem u.a. nur dann herangezogen werden, wenn er das behördliche Handeln zurechenbar verursacht bzw. veranlasst hat, z. B. durch einen Antrag, aber auch dann, wenn die Handlung zu seinen Gunsten vorgenommen worden ist (vgl. § 13 Abs. 1 Nr.1 GebG NRW, § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG). In dieses System der Verwaltungsgebühren passt sich die hier streitige Schornsteinfegergebühr ein. Die Sonderrechtsbeziehung ergibt sich aus der Verpflichtung der Klägerin aus § 43 Abs. 7 Satz 1 BauO NRW 1995. Nach den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsgebührenrechts wird die Klägerin auch dann nicht zu Unrecht mit Gebühren überzogen, wenn sie dem Beigeladenen keinen Auftrag erteilt hat. Denn die Tätigkeit des Beigeladenen ist zugunsten der Klägerin erfolgt, weil sie dadurch von einer ihr kraft Gesetzes auferlegten Pflicht befreit worden ist.

Ende der Entscheidung

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