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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 07.08.2003
Aktenzeichen: 1 A 10196/03.OVG
Rechtsgebiete: BauGB, BImSchG


Vorschriften:

BauGB § 31 Abs. 2
BImSchG § 3
BImSchG § 22
1. Die Schließung einer Versorgungslücke eines Mobilfunknetzes kann im Einzelfall im öffentlichen Interesse liegen und daher die Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplanes gemäß § 31 Abs. 2 BauGB aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erfordern.

2. Bei der Entscheidung über die Befreiung steht der zuständigen Stelle ein mit sachgerechten Erwägungen auszufüllender Ermessensspielraum zu.

3. Der Grundsatz, dass allein sachgerechte Erwägungen die Ermessensausübung beeinflussen dürfen, schließt es aus, dass eine Kommune in diesem Zusammenhang ein Konzept erarbeitet und der Entscheidung über die Befreiung zugrunde legt, das ohne wissenschaftlich gesicherte Grundlage und in Abweichung von der 26. BImSchV weitergehende Personengrenzwerte und daran orientierte Ausschlussbereiche für Mobilfunksendeanlagen festlegt.

Ebenfalls fehlerhaft ist es, wenn sich die Festlegung von Ausschlussbereichen allein daran orientiert, wo die Errichtung von Mobilfunksendeanlagen von der Bevölkerung akzeptiert wird.

4. Ein städtebauliches Konzept zur Steuerung der Standortauswahl für Mobilfunksendeanlagen darf sich nicht allein auf theoretische Überlegungen beschränken, von welchen Standorten aus funktechnisch eine flächendeckende Versorgung möglich ist, sondern muss auch berücksichtigen, ob dem jeweiligen Mobilfunkbetreiber dort auch tatsächlich die Verwirklichung der Konzeption möglich ist.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Baugenehmigung

hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in K................. aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. Juli 2003, an der teilgenommen haben

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts K................. vom 8. Oktober 2002 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Urteils wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Baugenehmigung für eine Mobilfunksendeanlage.

Die Klägerin errichtete 1999 auf dem ungefähr 28 m hohen Hochhaus K...........Straße .. eine Mobilfunkantennenanlage, die aus drei Antennenträgern und drei Richtfunkantennen mit einer Gesamthöhe von 3,84 m besteht und der Versorgung der Stadtteile K........... und O........... dient. Die Anlage wurde nach einer unter dem 9. November 1999 von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post ausgestellten Standortbescheinigung in Betrieb genommen.

Das als Altenheim genutzte Hochhaus liegt im Geltungsbereich des am 3. November 1992 öffentlich bekannt gemachten Bebauungsplans Nr. ... "K.................", der für diesen Bereich eine Sonderbedarfsfläche "Altenheim, Altenwohnheim" festsetzt. In der Nachbarschaft hierzu sind in dem Plan ein allgemeines Wohngebiet, eine Sonderbedarfsfläche für kirchliche Zwecke sowie ein reines Wohngebiet ausgewiesen. Nach Ziffer 3.5 der textlichen Festsetzungen sind Antennenanlagen - sofern sie nicht im Dachraum untergebracht werden - als Sammelanlagen für jedes Wohngebäude auf dem Dach zulässig.

Nachdem die Beklagte im Oktober 2001 die Nutzung der Anlage untersagt hatte, stellte die Klägerin unter dem 7. Dezember 2001 hierfür einen Bauantrag, wies dabei allerdings darauf hin, dass die Anlage ihrer Ansicht nach nicht genehmigungspflichtig sei.

Mit Bescheid vom 22. Mai 2002 lehnte die Beklagte die Erteilung der Baugenehmigung ab und führte zur Begründung aus, die Mobilfunksendeanlage widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans. Nach der Zweckbestimmung des Sondergebietes könne sie dort weder generell noch ausnahmsweise zugelassen werden. Eine Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB werde nicht erteilt, weil sich der zuständige Ausschuss der Beklagten nicht dafür ausgesprochen habe.

Bereits vor der Zustellung des Ablehnungsbescheides hatte die Klägerin am 27. Mai 2002 Untätigkeitsklage erhoben und zur Begründung ihre Ausführungen aus dem Genehmigungsverfahren wiederholt und vertieft, dass es sich bei der streitigen Sendeanlage um eine baugenehmigungsfreie Anlage nach § 62 Abs. 1 Nr. 4 b LBauO handele und auch keine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vorliege. Zudem handele es sich um eine nach § 14 BauNVO und gemäß Ziffer 3.5 der Textfestsetzungen des Bebauungsplans bauplanungsrechtlich zulässige Anlage, weshalb sie für den Fall, dass eine Baugenehmigung erforderlich sei, einen Anspruch auf die Erteilung derselben habe.

Die Beklagte hat dem entgegengehalten, die Mobilfunkanlage stelle nach überwiegender obergerichtlicher Auffassung eine nicht wesentlich störende gewerbliche Nutzung dar, weshalb vorliegend von einer genehmigungsbedürftigen Nutzungsänderung auszugehen sei. Die für die Genehmigung erforderliche Befreiung von den der Zulassung der Anlage entgegenstehenden Festsetzungen des Bebauungsplanes könne nicht erteilt werden, weil sie sich nicht über die Versagung des Einvernehmens durch das zuständige politische Gremium hinwegsetzen könne.

Das Verwaltungsgericht K................. hat die Beklagte durch Urteil vom 8. Oktober 2002 unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides verpflichtet, die beantragte Baugenehmigung für die Mobilfunksendeanlage zu erteilen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Mobilfunkstation sei mit dem Hochhaus K...........Straße ... untrennbar verbunden und füge der bisherigen Nutzung eine neue gewerbliche Nutzung hinzu, weshalb die Errichtung der Anlage als Nutzungsänderung genehmigungspflichtig sei. Die Klägerin habe einen Anspruch auf die Baugenehmigung, weil die Voraussetzungen für eine Erteilung der Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB erfüllt seien. Die zur Genehmigung anstehende Anlage berühre nicht die Grundzüge der Planung. Die Nutzung der festgestellten Sonderbedarfsfläche werde durch das Vorhaben nicht in Frage gestellt. Die Abweichung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes sei auch i.S. von § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB aus Gründen des Allgemeinwohls erforderlich. Hierzu zähle nämlich die flächendeckende Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen. Die Anbringung der Mobilfunksendeanlage auf dem vorgenannten Hochhaus sei ferner städtebaulich vertretbar. Die Platzierung der Anlage auf dem Gebäude beeinträchtige weder die Umgebungsbebauung oder deren Nutzung noch das Ortsbild. Insbesondere stelle die Anlage nicht das Gebot, gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu wahren, in Frage. Von ihr gingen keine für die Nutzung des Altenheims oder die umliegende Wohnbebauung unzumutbaren Immissionen i.S. der §§ 3, 22 BImSchG aus. Die nach der 26. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes in Verbindung mit der hierzu ergangenen Anlage festgesetzten Anforderungen an die Errichtung und Beschaffenheit von Hoch- und Niederfrequenzanlagen würden eingehalten. Das folge aus der aufgrund § 59 Telekommunikationsgesetz i.V.m. § 6 der Telekommunikationszulassungsverordnung unter dem 9. November 1999 erteilten Standortbescheinigung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, ausweislich der bei Einhaltung der festgeschriebenen Sicherheitsabstände die derzeit gültigen Personengrenzwerte der 26. BImSchV nicht überschritten würden. Anlass, die Richtigkeit der Bescheinigung anzuzweifeln, bestünde nicht. In Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz sei aber davon auszugehen, dass der Verordnungsgeber mit dem Erlass dieser Verordnung der staatlichen Pflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, das Leben und die körperliche Unversehrtheit zu schützen, in verfassungsgemäßer Weise nachgekommen sei. Das habe zur Folge, dass die Belange an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse als gewahrt anzusehen seien, wenn, wie hier, die Anforderungen der 26. BImSchV beachtet würden. Die Abweichung von den Festsetzungen des Bebauungsplans sei auch unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Die Zulassung der Anlage verletze nicht den Anspruch Dritter aus den angrenzenden Wohngebieten auf Wahrung der Gebietsart. Ein solcher Anspruch sei hier schon deshalb nicht gegeben, weil das Hochhaus, auf dem sich die Antenne befinde, in einem Gebiet liege, das als Sonderfläche für ein Altenheim ausgewiesen sei. Weder die planerischen Festsetzungen noch die Planbegründung des Bebauungsplans Nr. 23 ließen erkennen, dass zwischen der Sonderbedarfsfläche "Altenheim, Altenwohnheim" und den übrigen angrenzenden Gebieten ein wechselseitiges, durch die Planung vorgegebenes Austauschverhältnis bestehe. Vielmehr lasse die erfolgte Abgrenzung der Sonderbedarfsfläche von den übrigen Gebieten nur den Schluss zu, dass ein solches Austauschverhältnis durch den Bebauungsplan Nr. 23 gerade nicht begründet werden sollte. Zudem falle die Anlage im Verhältnis zu den Gebäuden des Altenheims optisch nicht ins Auge und entfalte lediglich eine Wirkung wie eine untergeordnete bauliche Anlage, sodass deren Errichtung sich auch nicht als Beginn der Veränderung des Gebietscharakters darstelle. Da die immissionsschutzrechtlichen Anforderungen erfüllt seien, sei auch die Pflicht der Klägerin aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, auf die Belange der Umgebung Rücksicht zu nehmen, gewahrt. Bei pflichtgemäßer Ermessensbetätigung sei hier eine Befreiung zu erteilen. Hier liege nämlich eine Ermessensreduzierung auf Null dahingehend vor, dass die Befreiung zu erteilen sei, da keine sachlichen Gründe von der Beklagten vorgetragen seien oder ersichtlich wären, die eine ablehnende Befreiungsentscheidung rechtfertigen könnten. Da das Vorhaben auch keine sonstigen baurechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Vorschriften verletze, habe die Klägerin einen Anspruch auf die Erteilung der beantragten Genehmigung.

Zur Begründung der durch Beschluss des Senats vom 31. Januar 2003 zugelassenen Berufung trägt die Beklagte vor, das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass die Klage verfrüht und deswegen schon unzulässig gewesen sei. Die Bauantragsunterlagen seien nämlich unvollständig gewesen, da die Original- Standortbescheinigung nicht vorgelegen habe. Die Klageerhebung sei jedenfalls missbräuchlich gewesen, da die Klägerin im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits darüber informiert worden sei, dass ein Ablehnungsbescheid ergehen werde. Zudem sei eine wirksame Bevollmächtigung der Vertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht erfolgt. Darüber hinaus stehe der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB seien nämlich nicht erfüllt. Die Errichtung und der Betrieb der Mobilfunkanlage lasse sich mit den Grundzügen der Planung nicht vereinbaren. Nach den Festsetzungen des Bebauungsplans kämen nur Nutzungen in Betracht, die unter den Katalog der "reinen Wohnnutzung" oder einer Altenheimwohnnutzung fielen. Die Anlage diene zudem nicht dem Wohl der Allgemeinheit. Sie sei für eine angemessene Telekommunikation i.S. des Art. 87 f. GG nicht erforderlich. Der Klägerin gehe es lediglich darum, ihre Marktposition zu verbessern. Selbst wenn die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB hypothetisch zu bejahen seien, scheide eine Befreiung hier gleichwohl aus, weil die Beklagte aus Erwägungen der Gesundheitsvorsorge gefährdeter Bevölkerungsgruppen, insbesondere Kinder und Senioren, aus planerischen Erwägungen eine Standortkonzeption für Mobilfunkanlagen in ihrem Stadtgebiet erarbeitet habe und danach insbesondere der Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. .... von Mobilfunkanlagen freigehalten werden solle. In Betracht kämen hingegen andere gleich gut geeignete Standorte im Stadtteil K............ Der Stadtteil K........... habe sicherlich seine topographischen Besonderheiten. Dennoch sei es anderen Mobilfunkbetreibern möglich, diesen Standort - und zwar von anderen Grundstücken aus - flächendeckend zu versorgen. Dann müsse das auch der Klägerin gelingen können. Notfalls müsse sich die Klägerin mit der Möglichkeit auseinandersetzen, die gewollte Mobilfunkabdeckung über zwei Mobilfunksendestandorte zu erreichen. Es sei auch nicht ihre Aufgabe, als Gegenbeispiel zu dem von der Klägerin gewünschten Standort "realisierbare Alternativstandorte" zu benennen. Es genüge vielmehr die Feststellung, dass es der Klägerin möglich sein müsste, Standorte in planungsrechtlich unproblematischen Bereichen zu finden. Vor diesem Hintergrund liege eine Ermessensreduzierung auf Null nicht vor. Die Klägerin habe nämlich keinen Anspruch auf Zulassung eines Standortes, der für sie optimale Ausstrahlungsvoraussetzungen biete. Es sei auch nicht so, dass vor der Errichtung der Anlage eine Abstimmung des Standortes mit städtischen Bediensteten erfolgt wäre. Allerdings könne auch eine derartige Abstimmung die notwendige Befreiungsentscheidung und die dieser vorangehende Abwägung nicht ersetzen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts K................. vom 8. Oktober 2002 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, ihre Klage sei als Untätigkeitsklage zulässig gewesen. Entgegen dem Vortrag der Beklagten sei die Standortbescheinigung dem Bauantrag beigefügt gewesen, was die Beklagte ausweislich eines entsprechenden Vermerks in den Bauakten später auch tatsächlich erkannt habe. Selbst wenn diese Standortbescheinigung gefehlt haben sollte, könne daraus nicht geschlossen werden, dass ein zureichender Grund i.S. von § 75 Satz 3 VwGO für die Untätigkeit der Beklagten vorgelegen habe, weil diese den Bauantrag aus ganz anderen Gründen abgelehnt habe, die angeblich fehlende Standortsbescheinigung für die behördliche Entscheidung also keinerlei Relevanz gehabt habe. Die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB seien erfüllt. Die hier zu beurteilende Nutzungsänderung stelle lediglich eine geringfügige Änderung dar. Die Nutzung des Hochhauses als Altenwohnheim werde hierdurch überhaupt nicht beeinträchtigt. Lärm oder zusätzlicher Verkehr würden von der Anlage nicht hervorgerufen. Sie diene auch dem Wohl der Allgemeinheit, nämlich der Sicherstellung der Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen. Ohne die streitige Anlage bestünde eine Unterversorgung in diesem Bereich, was fachlich nachweisbar sei. Angesichts ihrer geringen Dimension sei die Anlage auch städtebaulich vertretbar. Eine Beeinträchtigung nachbarlicher Belange sei nicht ersichtlich. Maßgeblich seien hier nämlich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz die Grenzwerte der 16. BImSchV, die vorliegend nicht überschritten würden. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang auf andere Unterlagen abstelle, seien diese nicht maßgeblich, weil sich hieraus gesicherte Erkenntnisse über die Gefährlichkeit von Anlagen mit Strahlungen unterhalb der in der 16. BImSchV normierten Grenzwerte nicht ableiten ließen. Dass die Voraussetzungen für eine Befreiung vorlägen, sei außergerichtlich von der Beklagten niemals bestritten worden. So habe gerade das Bauaufsichtsamt der Beklagten die Erteilung einer Befreiung empfohlen. Zum gleichen Ergebnis sei die SGD Nord gelangt. Das Verwaltungsgericht habe auch zu Recht eine Ermessensreduzierung auf Null festgestellt, weil der streitige Standort nur zur flächendeckenden Versorgung erforderlich sei und Alternativstandorte, wie sie von der Beklagten ins Gespräch gebracht worden seien, ungeeignet seien. Sowohl ein Standort auf der Fachhochschule als auch auf dem Bundesarchiv sei wegen der topographischen Situation nicht geeignet, eine flächendeckende Versorgung der K........... sicherzustellen. Die von der Beklagten angesprochene Lösung durch zwei verschiedene Standorte sei zum einen mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden und würde des Weiteren bedeuten, dass dort Antennenanlagen errichtet werden müssten, die nicht nur wenige Meter sondern wesentlich höher und damit optisch erheblich störender für das Stadtbild wären. Zudem gebe es gerade in der Nähe der von der Beklagten vorgeschlagenen Alternativstandorte Einrichtungen wie Kindergärten und Schulen, in deren Nähe Mobilfunksendeanlagen nach einer Vereinbarung der kommunalen Spitzenverbände mit den Mobilfunknetzbetreibern nicht errichtet werden sollten. Der Standort sei zudem vor der Inbetriebnahme mit der Beklagten abgestimmt worden, was erkläre, warum die Beklagte zunächst die Empfehlung ausgesprochen habe, die Befreiung zu erteilen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten, die Verwaltungs- und Widerspruchsakten der Beklagten (3 Hefte), den Bebauungsplan Nr. .... für das Baugebiet "K................." der Stadt K................. (1 Heft und 4 Pläne) sowie die Gerichtsakte 1 L 1867/02.KO. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig.

Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte nämlich zu Recht dazu verpflichtet, der Klägerin die begehrte Baugenehmigung zur Errichtung einer Mobilfunksendeanlage auf dem Hochhaus K..............-Straße .. unter Befreiung von den entgegenstehenden Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. ... "K................." gemäß § 31 Abs. 2 BauGB zu erteilen. Die Beklagte kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, zwischenzeitlich ein sachgerechtes Standortkonzept für die Verteilung von Mobilfunksendeanlagen in ihrem Stadtgebiet entwickelt zu haben und ihrer im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB zu treffenden Ermessensentscheidung zugrunde zu legen, das es rechtfertigen würde, die Zulassung des streitgegenständlichen Vorhaben an dem gewünschten Standort auszuschließen. Dabei ist festzuhalten, dass ein derartiges Konzept im erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgelegt worden war, weshalb für das Verwaltungsgericht auch kein Anlass bestehen musste, hierauf einzugehen. Deshalb kann sich im vorliegenden Berufungsverfahren allein die Frage stellen, ob die Beklagte zwischenzeitlich ein derartiges sachgerechtes Konzept entwickelt hat, aufgrund dessen sie ermessensfehlerfrei die Erteilung einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB bezüglich des streitigen Standortes ablehnen kann. Das ist zur Überzeugung des Senats aber nicht der Fall.

Soweit die Beklagte bereits die Zulässigkeit der hier erhobenen Untätigkeitsklage verneint, weil die Bauantragsunterlagen unvollständig gewesen seien und die Behörde deshalb mit zureichendem Grund im Sinne von § 75 VwGO über den Bauantrag bis zur Klagerhebung nicht entschieden habe, ist diese Argumentation nicht überzeugend. Zwar ist die Standortbescheinigung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post mit Schreiben der Bauaufsichtsbehörde vom 7. Januar 2002 tatsächlich von der Klägerin angefordert worden. Sie lag indessen - in Kopie - dort längst vor, was ausweislich eines handschriftlichen Vermerkes auf dem Entwurf des vorgenannten Schreibens von der Behörde hernach erkannt worden ist, weshalb die Vorlage der Standortbescheinigung in der Folgezeit auch nicht weiter verfolgt worden ist. Dass das Bauaufsichtsamt der Beklagten tatsächlich von dem Vorliegen der Standortbescheinigung und offensichtlich ebenfalls davon ausgegangen ist, dass die Kopie derselben ausreicht, wird deutlich aus der Vorlage des genannten Amtes für die Sitzung des Fachausschusses am 12. März 2002, in der auf S. 2 ausgeführt wird ( Bauakte Bl. 39 f. ):

"Die Standortbescheinigung der zuständigen Regulierungsbehörde im Hinblick auf die durch die Mobilfunkanlagen ausgehenden Impulse liegt vor. Eine Ablehnung aufgrund möglicher Gesundheitsgefahren hat damit keine Rechtsgrundlage."

Weshalb diese Einschätzung des eigenen Bauaufsichtsamtes rechtlich fehlerhaft gewesen sein sollte, also erst noch das Original der Standortbescheinigung hätte vorgelegt werden müssen, zumal auch nicht ansatzweise dargetan worden ist, es hätten etwa Zweifel an der Richtigkeit der vorgelegten Kopie bestanden, hat die Beklagte nicht erläutert. Auch der Senat vermag nicht zu erkennen, dass das Bauaufsichtsamt insoweit zu Unrecht von der Vollständigkeit der Antragsunterlagen ausgegangen wäre.

Ebenso wenig bestehen Anhaltspunkte dafür, die Erhebung der Untätigkeitsklage sei seinerzeit missbräuchlich durch die Klägerin erfolgt. Immerhin lag der Bauantrag im Zeitpunkt der Erhebung der Untätigkeitsklage fast sechs Monate zurück. Der Fachbereichsausschuss hatte bereits in seiner Sitzung vom 12. März 2002 die Erteilung einer Befreiung abgelehnt. Wenn die Klägerin daher Ende Mai nicht weiter bis zum Ergehen eines Ablehnungsbescheides zugewartet hat, so ist das vor diesem Zeithorizont nicht missbräuchlich.

Zwischen den Beteiligten besteht offensichtlich kein Streit mehr darüber, dass die mit dem vorgenannten Hochhaus verbundene Mobilfunksendeanlage unabhängig von ihrer - verhältnismäßig geringen - Größe deshalb einer Baugenehmigung bedarf, weil sie der für das Grundstück genehmigten Nutzung eine - weitere - gewerbliche Nutzung hinzufügt, sich daher also als Nutzungsänderung erweist. Diese baurechtliche Einordnung von Mobilfunksendeanlagen, die nicht als eigenständige Anlagen, sondern auf bestehenden, anderweitig genutzten baulichen Anlagen errichtet werden, ist inzwischen einhellige Auffassung der obergerichtlichen Rechtsprechung, worauf im Übrigen auch das Verwaltungsgericht schon hingewiesen hat. Ebenso wenig dürften die Beteiligten noch darüber streiten, dass die hier zu beurteilende gewerbliche Nutzung mit den Festsetzungen des für diesen Bereich geltenden Bebauungsplanes nicht in Einklang steht. Maßgeblich ist insoweit die Festsetzung für das Sondergebiet "Altenheim, Altenwohnheim". Aus dieser gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO vorgenommenen Zweckbestimmung des Sondergebietes ergibt sich, dass dort eine gewerbliche Nutzung, die mit der Betreuung von alten Menschen im Altenheim oder Altenwohnheim nicht in Verbindung steht, nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht zugelassen werden kann. Gleichwohl scheitert hieran die Zulassung des streitigen Vorhabens nicht, weil gemäß § 31 Abs. 2 BauGB eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes erteilt werden kann, wenn die in der genannten Norm im Einzelnen aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sind. So liegt der Fall hier.

Entgegen der Auffassung der Beklagten liegen die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB für eine Befreiung vor, wie bereits das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil zutreffend ausgeführt hat, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst Bezug genommen wird.

Die Grundzüge der Planung werden durch das Vorhaben nicht berührt. Dabei ist es nicht entscheidungserheblich, ob die hier in Rede stehende Nutzung der Altenheim-Wohnnutzung dient. Vielmehr stellt sich die Frage, ob die Mobilfunkanlage die Zielsetzung der Bauleitplanung, in diesem Bereich alten Menschen ein ruhiges Wohnen zu ermöglichen, in irgend einer Weise beeinträchtigen könnte. Diese Frage ist indessen nicht schematisch, sondern unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles zu beantworten. Soweit die Beklagte hier den Gesichtspunkt einer reinen Wohnnutzung bzw. Altenheim-Wohnnutzung in den Vordergrund rückt, ist anzumerken, dass gemäß § 3 Abs. 3 BauNVO in reinen Wohngebieten durchaus gewerbliche - allerdings nicht störende - Nutzungen ausnahmsweise zugelassen werden können, weshalb vor dem Hintergrund dieser durch den Gesetzgeber vorgenommenen Typisierung das Nebeneinander von schutzwürdiger Wohnnutzung und nicht störender gewerblicher Nutzung also nicht grundsätzlich planerischen Grundzügen widersprechen muss. Auch dann, wenn hier zu berücksichtigen ist, dass der Plangeber durch die Zweckbestimmung des Sondergebietes der hier speziell festgesetzten Wohnnutzung einen besonderen Schutz verleihen wollte, muss die Zulassung des streitigen Vorhabens dennoch nicht bedeuten, dass dies den Grundzügen dieser Planung zuwiderliefe. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass die zur Genehmigung gestellte Nutzung mit keinerlei Störungen verbunden ist, die sich auf die festgesetzte Wohnnutzung auswirken könnten. Das hat auch das Bauaufsichtsamt der Beklagten so gesehen und in der o. a. Vorlage für den Fachbereichsausschuss hierzu ausgeführt ( Bauakte Bl. 40 ):

"Die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen vor. Schädliche Auswirkungen sind nach Vorlage der Standortbescheinigung nicht zu unterstellen. Sonstige Störungen, wie Zu- und Abgangsverkehr, die sich auf die festgesetzte Wohnnutzung auswirken könnten, existieren nicht."

Das sieht der Senat gleichermaßen. Die Beklagte hat im Berufungsverfahren keinerlei Umstände vorgetragen, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten. Allein der Hinweis, die streitige Nutzung sei dem festgesetzten Gebietscharakter fremd, genügt nicht, weil § 31 Abs. 2 BauGB letztlich leer laufen würde, wenn allein daraus darauf geschlossen werden müsste, dass die Zulassung eines mit den Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht übereinstimmenden Vorhabens die Grundzüge der Planung berühren würde.

Entgegen der Auffassung der Beklagten erfordern auch Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung i.S. von § 31 Abs. 2 Ziff. 1 BauGB. Unter welchen Voraussetzungen dies anzunehmen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 9. Juli 1978 (NJW 79, 939 f.) wie folgt formuliert:

"Gründe des Wohls der Allgemeinheit 'erfordern' eine Befreiung nicht erst dann, wenn den Belangen der Allgemeinheit 'auf keine andere Weise als durch die Befreiung entsprochen werden könnte', sondern nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift schon dann, wenn es zur Wahrnehmung des jeweiligen öffentlichen Interesses vernünftigerweise geboten ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen. Der Begriff der Erforderlichkeit ist damit weniger streng als vom Berufungsgericht angenommen: Die Befreiung muss nicht schlechterdings das einzig denkbare Mittel für die Verwirklichung des jeweiligen öffentlichen Interesses sein; dessen Erfüllung muss also nicht - anders ausgedrückt - mit der Erteilung der Befreiung 'stehen oder fallen'. Auch dann, wenn andere - auch weniger naheliegende - Möglichkeiten zu zur Erfüllung des Interesses zur Verfügung stehen, kann eine Befreiung zur Wahrnehmung des öffentlichen Interesses in dem vorstehend erläuterten Sinne 'vernünftigerweise geboten' sein. Dass die Befreiung dem Gemeinwohl nur irgendwie nützlich oder dienlich ist, reicht allerdings nicht aus."

Diese weniger strenge Auslegung des Begriffes "erfordern" hat das Bundesverwaltungsgericht deshalb als gerechtfertigt angesehen, weil ansonsten die Wahrnehmung der in Betracht kommenden atypischen Gemeinwohlinteressen unangemessen erschwert würde und weil daneben noch ein weiteres, die Befreiungsmöglichkeit einschränkendes Kriterium zu beachten sei, nämlich, dass die mit der Befreiung ermöglichte Abweichung auch unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sei. Die Notwendigkeit, im Einzelfall Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans zuzulassen, ergibt sich daraus, dass die mit einer Normierung regelmäßig verbundene Abstraktion und Verallgemeinerung unvermeidbar zu Differenzen zwischen dem Regelungsinhalt und dem hinter der Regelung stehenden Schutzgut führen können, weil und soweit sie besonders gelagerten Sachverhalten, die aus tatsächlichen Gründen "aus der Regel fallen", nicht gerecht werden. Während bei der "offenbar nicht beabsichtigten Härte" i.S. des § 31 Abs. 2 BauGB die Atypik in der Regel in dem zu bebauenden Grundstück selbst - etwa in seiner Lage oder seinem Zuschnitt - begründet ist, besteht sie bei der in § 31 Abs. 2 Ziff. 1 BauGB genannten Alternative darin, dass ein besonderes, bei der planerischen Abwägung in dieser (konkreten) Stärke nicht berücksichtigtes und in dieser Stärke auch nicht abschätzbares Gemeininteresse eine Art Randkorrektur der planerischen Festsetzung erfordert. Der Begriff "Wohl der Allgemeinheit" findet sich in den verschiedensten Gesetzen. Er "deckt in seiner Abstraktheit eine Vielfalt von Sachverhalten und Zwecken" und "bedarf stets der Konkretisierung im Einzelfall" (BVerfG, Urteil vom 18. Dezember 1998, BVerfGE 24, 367). Die "Gründe des Wohls der Allgemeinheit" i.S. des § 31 Abs. 2 BauGB beschränken sich deshalb nicht auf spezifisch bodenrechtliche Belange, sondern erfassen alles, was gemeinhin unter den öffentlichen Belangen oder - insoweit gleichbedeutend - den öffentlichen Interessen zu verstehen ist (BVerwG, a.a.O.).

Das hat auch das Verwaltungsgericht so gesehen und in diesem Zusammenhang auf die flächendeckende Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen abgestellt, der, wie aus Art. 87 f. GG ersichtlich ist, auch der Verfassungsgeber eine besondere Bedeutung zumisst. Auch dann, wenn die Klägerin sich insoweit "lediglich am Marktgeschehen beteiligt", wie es die Beklagte ausdrückt, besteht an der flächendeckenden Versorgung im jeweiligen Mobilfunknetz angesichts der Entwicklung des Mobilfunks in den vergangenen Jahren und des hohen Verbreitungsgrades von Handys inzwischen unzweifelhaft ein gesteigertes öffentliches Interesse, das es gerechtfertigt erscheinen lässt, die Schließung von diesbezüglichen Versorgungslücken als eine Maßnahme einzuordnen, die dem Wohl der Allgemeinheit dient. Dem wird sicherlich nicht mit der offenbar hinter den Ausführungen der Beklagten stehenden Überlegung Rechnung getragen werden können, dass irgend ein Mobilfunknetz auch den Bereich des Stadtteils K........... vollständig abdeckt. Es mag bei stationärer Nutzung von Telekommunikationseinrichtungen genügen, den jeweils - gegebenenfalls allein - den fraglichen Bereich abdeckenden Netzbetreiber als Vertragspartner für Telekommunikationsdienstleistungen auszuwählen, trägt indessen nicht dem bereits in der Bezeichnung Mobilfunk zum Ausdruck kommenden Umstand hinreichend Rechnung, dass auch ein gewichtiges öffentliches Interesse daran besteht, dass der jeweilige Nutzer eines spezifischen Mobilfunknetzes sich eben durchaus mobil bewegt und insoweit eine flächendeckende Versorgung seines Mobilfunkbetreibers benötigt. Eine ausreichende flächendeckende Versorgung kann deshalb sicherlich nicht in dem Sinne verstanden werden, wie es die Beklagte aber offenbar tut, dass verschiedene - jeweils an anderer Stelle - lückenhafte Mobilfunknetze - gleichsam übereinandergelegt - den gesamten Raum abdecken.

Allerdings folgt daraus noch nicht, dass gleichsam automatisch unter Berufung auf das vorstehend dargelegte öffentliche Interesse das Wohl der Allgemeinheit eine Befreiung erfordern würde, weil es in diesem Sinne immer entgegenstehenden Festsetzungen eines Bebauungsplanes entgegengehalten werden könnte. Vielmehr sind die Umstände des jeweiligen Einzelfalles dafür maßgeblich, ob das Wohl der Allgemeinheit auch tatsächlich die Befreiung "erfordert". Zum einen muss es sich um einen Sonderfall im oben beschriebenen Sinne handeln und zum anderen muss die Abweichung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes "vernünftigerweise geboten sein".

Davon, dass das vorstehend geschilderte Gemeininteresse bei der planerischen Abwägung bezüglich des hier maßgeblichen Bebauungsplans in dieser (konkreten) Stärke nicht abgeschätzt, wohl überhaupt nicht berücksichtigt worden ist, kann hier angesichts der Tatsache ohne weiteres ausgegangen werden, dass der vorgenannte Bebauungsplan in seiner Urfassung bis in die Mitte der siebziger Jahre zurückreicht und sich auch die nachfolgenden Änderungen ersichtlich nicht mit den Notwendigkeiten der Schaffung eines flächendeckenden Telekommunikationsnetzes, bezogen auf den Mobilfunk, auseinander setzen. Gegenteiliges trägt auch die Beklagte nicht vor. Hinzu kommt, dass erst im Verlaufe der letzten Jahre durch die obergerichtliche Rechtsprechung geklärt worden ist, dass derartige Mobilfunksendeanlagen als sonstige nicht störende gewerbliche Nutzung einzuordnen sind, sich also nunmehr aus dieser erst vor kurzer Zeit erfolgten bauplanungsrechtlichen Einordnung einerseits und der Typisierung der jeweils festgesetzten Baugebiete durch die Baunutzungsverordnung andererseits Beschränkungen ergeben, die der jeweilige Plangeber in der Vergangenheit in diesem Sinne nicht berücksichtigen konnte. Davon abgesehen würde es aber zur flächendeckenden Versorgung auch nicht ausreichen, wenn ohne Rücksicht auf die Notwendigkeiten des Mobilfunks an anderer Stelle Baugebiete für gewerbliche Nutzung ausgewiesen worden wären, sofern diese Baugebiete topographisch ungünstig lägen und die erforderlichen Sendeanlagen nur auf unangemessen hohen Masten betrieben werden könnten.

Liegt demnach ein derartiger vom Plangeber nicht berücksichtigter Sonderfall vorliegt, in dem das öffentliche Interesse im vorbeschriebenen Sinne im Rahmen der planerischen Abwägung nicht die nötige Berücksichtigung finden konnte, was eine Randkorrektur rechtfertigt, bedeutet dies nicht, dass hiermit gleichsam an jedem beliebigen Standort innerhalb des Plangebietes dem Begehren des jeweiligen Netzbetreibers zur Errichtung einer Mobilfunksendeanlage durch Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Rechnung getragen werden müsste. Vielmehr muss dies im oben dargelegten Sinne "vernünftigerweise geboten" sein. Das ist hier zur Überzeugung des Senats jedoch der Fall.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich aufgrund der Netzstruktur und der Topographie häufig Zwangspunkte ergeben, die eine beliebige Verschiebung des Standortes ausschließen. Weiterhin ist nicht außer Acht zu lassen, dass naturgemäß bereits bestehende hohe bauliche Anlagen, wie im vorliegenden Fall, auf denen kleiner dimensionierte Sendeanlage eine ausreichende Netzversorgung gewährleisten, es ermöglichen, den Versorgungsauftrag zu erfüllen, ohne hierdurch das Ortsbild zu beeinträchtigen. Außerdem kommt es nicht darauf an, dass der gewünschte Standort der einzig denkbare ist, mit dem die ausreichende Netzversorgung "stehen oder fallen" würde, wie es das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 9. Juli 1978 ( a.a.O. ) formuliert hat. Darüber hinaus liegt es auf der Hand, dass ein Alternativstandort, an dem besonders hohe Sendemasten errichtet werden müssten, zu unter Umständen sehr hohen Kosten bei der Verwirklichung eines solchen Vorhabens zwingt. Wie das Bundesverwaltungsgericht in der oben genannten Entscheidung ausgeführt hat, sind maßgebend dafür, ob die Befreiung "vernünftigerweise" geboten ist, unter Umständen aber auch die - nach objektiven Kriterien zu beurteilende - Frage der Zumutbarkeit und der Wirtschaftlichkeit (BVerwG a.a.O. S. 940). Vor dem Hintergrund der vorstehend dargelegten Überlegungen rechtfertigen die Ausführungen der Beklagten im Berufungsverfahren nicht die Annahme, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Erteilung der Befreiung "vernünftigerweise geboten" sei.

Ausweislich der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 9. April 2003 und in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen über die derzeitige Netzversorgung, die Versorgung vom gewünschten Standort und die Versorgung von den von der Beklagten vorgeschlagenen alternativen Standorten (Fachhochschule und Bundesarchiv) ergibt sich, dass derzeit die K........... unzureichend versorgt ist und dass die von der Beklagten vorgeschlagenen alternativen Standorte keineswegs geeignet sind, eine vergleichbare Versorgung zu gewährleisten, wie dies von dem streitigen Standort aus zu erwarten steht. Dies gilt selbst dann, wenn an beiden Standorten Sendeanlagen errichtet würden, erst recht aber, wenn jeweils nur einer der Alternativstandorte gewählt wird. Das lässt sich ohne weiteres erkennen, wenn man die in den entsprechenden, von der Klägerin vorgelegten Grafiken modellhaft dargestellte Versorgungssituation an den Alternativstandorten Bundesarchiv und Fachhochschule auf die Grafik bezüglich des gewünschten Standortes überträgt. Dieses Ergebnis ist auch plausibel vor dem Hintergrund, dass der von der Klägerin gefundene Standort ein topographisch günstig gelegenes Hochhaus ist. Dieser Umstand mag die Beklagte selbst dazu bewogen haben, die dem Funkverkehr der städtischen Feuerwehr dienende Antennenanlage auf einem benachbarten Hochhaus des gleichen Altenwohnheimträgers zu errichten, was es nahe legt, anzunehmen, dass auch die Beklagte von einer besonderen Lagegunst dieses städtischen Bereichs für derartige Einrichtungen ausgeht. Des Weiteren hat die Klägerin für den Senat durchaus nachvollziehbar in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass an den von der Beklagten genannten Alternativstandorten erheblich höhere Sendemasten mit Antennenanlagen errichtet werden müssten, was zu hohen Mehrkosten zwingen würde. Dabei geht es nicht etwa um einige wenige Meter, die dort die Sendeanlagen höher sein müssen. Soweit die Beklagte dem letztlich lediglich pauschal damit entgegengetreten ist, dass sie dies alles mit Nichtwissen bestreite, gibt das dem Senat keine Veranlassung, die Ausführungen der Klägerin, die sich mit den vom Senat in anderen Verfahren gewonnenen Erkenntnissen decken, in Zweifel zu ziehen.

Hinzu kommt, dass die Überlegungen der Beklagten sich offenkundig, wie die Nachfragen des Senats in der mündlichen Verhandlung ergeben haben, auf rein theoretische Erwägungen beschränken, ohne dass überhaupt geprüft worden wäre, ob an den angesprochenen Alternativstandorten überhaupt die Errichtung von Antennenanlagen möglich ist. Die Beklagte, die nicht Eigentümerin der von ihr ins Feld geführten Bauten ist, auf denen ihrer Meinung nach derartige Mobilfunksendeanlagen errichtet werden könnten, hat sich nämlich nicht etwa mit den jeweiligen Grundstückseigentümern in Verbindung gesetzt und abgeklärt, ob diese die Errichtung derartiger Anlagen auf ihren Bauten tatsächlich gestatten würden. Offenkundig ist das auch nicht der Fall.

Es darf nämlich im vorliegenden Fall nicht übersehen werden, dass sich die Prüfung von Alternativstandorten hier zwangsläufig ganz anders gestaltet als etwa die Prüfung von Planungsalternativen im Rahmen einer Planfeststellung für eine Straße. Anders als einem Vorhabenträger im letzteren Fall steht der Klägerin hier nicht die Möglichkeit der Enteignung zur Verwirklichung des im Rahmen der Abwägung der widerstreitenden Interessen gefundenen Planungsergebnisses zur Seite. Sie ist zur Schließung der Versorgungslücke vielmehr auf die Standorte beschränkt, die einerseits den technischen Erfordernissen genügen, die aber andererseits auch tatsächlich zur Verfügung stehen (vgl. Urteil des Senats vom 15. März 2001 -1 A 11232/98.OVG-). Deshalb kann eine in diesem Zusammenhang relevante Alternative nur eine solche sein, die sich innerhalb des durch die Zwangspunkte der Mobilfunktechnik vorgegebenen Raumes tatsächlich mit den Möglichkeiten des Netzbetreibers verwirklichen lassen. Rein theoretische Überlegungen können die flächendeckende Versorgung mit den hier in Rede stehenden Dienstleistungen nicht sichern. Gewährleisten also die von der Beklagten vorgeschlagenen Alternativstandorte keineswegs eine vergleichbare Schließung der bestehenden Netzlücke, wäre des weiteren eine vergleichbare Versorgungssicherheit dort nur unter erheblichen Mehrkosten zu erreichen - ungeachtet der damit verbundenen nachteiligen Auswirkungen auf das Stadtbild - und sind schließlich die Alternativen allenfalls theoretisch denkbar aber nicht praktisch umsetzbar, dann besteht für den Senat ebenso, wie für das Verwaltungsgericht, kein Zweifel daran, dass im vorliegenden Fall die Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans bezüglich des streitigen Standortes "vernünftigerweise geboten" ist. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, anderen Netzbetreibern gelinge der Lückenschluss ja auch ohne den streitigen Standort. Dabei bleibt nämlich zum einen die jeweilige Netzstruktur der einzelnen Mobilfunkbetreiber außer Betracht, aus der sich jeweils unterschiedliche Zwangspunkte ergeben könnten, die den engeren Raum vorgeben, innerhalb dessen die Sendeanlage zum Lückenschluss platziert werden muss. Zum anderen kann auch keineswegs unterstellt werden, dass am jeweiligen Ort von Sendeanlagen anderer Netzbetreiber in dem Stadtteil K........... sichergestellt sei, dass diese der Klägerin die Mitnutzung ihrer Anlagenträger zur Anbringung eigener Sendeanlagen gestatten würden. Das behauptet nicht einmal die Beklagte selbst.

Die Anbringung der Mobilfunksendeanlage auf dem Hochhaus K...........Straße ... ist des Weiteren städtebaulich vertretbar und unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar, wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat. Dass die Anlage nicht das Gebot, gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu wahren, in Frage stellt, hat das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 20. August 2001, NVwZ-RR 2002, 17) und den hierzu ergangenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 2002 (DVBl 2002, 614 ff.) ausgeführt. In dem Beschluss vom 20. August 2001 (a.a.O.) hat der Senat im Einzelnen dargelegt, dass bei Einhaltung der in der 26. BImSchV festgesetzten Grenzwerte derzeit nicht von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Mobilfunksendeanlagen ausgegangen werden kann. Hieran hält der Senat nach wie vor fest. Auch das Bundesverfassungsgericht sieht das ebenso (a.a.O.). Dabei ist dem Senat zwar aus den Medien durchaus bekannt, dass es auch gegenteilige Stimmen hierzu gibt, wie sie im Übrigen auch in den von der Beklagten mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2002 vorgelegten Unterlagen deutlich werden. Gleichwohl handelt es sich hierbei keineswegs etwa um eine gefestigte, sichere Schlussfolgerungen ermöglichende herrschende Meinung in der medizinischen Wissenschaft, die gleichsam als Stand der Wissenschaft entscheidungserheblich von dem Stand der medizinischen Wissenschaft abweichen würde, wie er in der 26. BImSchV seinen Niederschlag gefunden hat. Hoheitliches Handeln der Bauaufsichtsbehörde gegenüber dem Betroffenen, hier der Klägerin als Bauherrin, muss sich aber an den rechtlichen Vorgaben hierfür orientieren, soweit diese verfassungsgemäß sind. Dass dies bezüglich der 26. BImSchV der Fall ist, hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt. Damit besteht weder für die Bauaufsichtsbehörde der Beklagten noch für das erkennende Gericht ein Anlass, die Frage, ob gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt werden, anhand anderer Kriterien zu beantworten, als sie in der 26. BImSchV niedergelegt sind. Dass die hiernach geltenden Personengrenzwerte von dem Betrieb der streitigen Anlage überschritten würden, trägt aber die Beklagte selbst nicht vor. Angesichts dieser auch vom Gericht zu beachtenden, im Einklang mit den Vorgaben des Grundgesetzes stehenden normativen Vorgaben einerseits und der Tatsache andererseits, dass auch nicht einmal im Ansatz erkennbar ist, dass die maßgeblichen Personengrenzwerte überschritten würden, besteht im vorliegenden Verfahren keinerlei Veranlassung etwa durch Einholung von Sachverständigengutachten der Frage nachzugehen, ob möglicherweise durch Immissionen der streitigen Sendeanlage Krankheitsbeschwerden auftreten könnten, wie dies die Beklagte mit der Vorlage des "Freiburger Appells" und weiterer Unterlagen durch den Schriftsatz vom 19. Dezember 2002 möglicherweise anzuregen beabsichtigt.

Sind somit die Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB erfüllt, folgt daraus allerdings noch nicht zwangsläufig, dass alleine deshalb bereits ein Anspruch auf die Erteilung der Befreiung bestünde. In Übereinstimmung mit der vorherrschenden Lehre geht die Rechtsprechung vielmehr davon aus, dass auch bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf sie besteht. Vielmehr nehmen das Bundesverwaltungsgericht und ihm folgend der erkennende Senat an, dass die Befreiung von einer Ermessensentscheidung abhängt. Allerdings mag es sein, dass für die Ausübung des Ermessens häufig nur wenig Raum besteht, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gegeben sind (Löhr in Battis/Krautzberger/Löhr BauGB, 8. Aufl. § 31 Rdnr. 43; Jäde, BauGB, 3. Aufl., § 31 Rndr. 29). Auch das mit der Befreiungsvorschrift vom Gesetzgeber beabsichtigte Ziel der Einzelfallgerechtigkeit und städtebaulichen Flexibilität sowie der Grundsatz der Wahrung der Verhältnismäßigkeit (BVerwG, Beschlüsse vom 20. November 1989, ZfBR 1990, 148 und vom 5. März 1999, ZfBR 1999, 283) steht einer leichtfertigen Ermessensausübung entgegen. Daraus folgt jedoch nicht, dass der zuständigen Behörde entgegen dem Wortlaut der Vorschrift kein Ermessensspielraum zusteht oder dass das Ermessen stets auf Null reduziert ist, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung vorliegen. Erforderlich für eine negative Ermessensentscheidung ist nur, dass der Befreiung gewichtige Interessen entgegenstehen (BVerwG, Urteil vom 19. September 2002, BVerwGE 117, 50 ff. m.w.H.). Zwar müssen nicht ausschließlich städtebauliche Gründe die Ermessensbetätigung der Bauaufsichtsbehörde diesen Zusammenhang bestimmen, zu fordern ist allerdings ein städtebaulicher Bezug der für die Ermessensausübung maßgeblichen Überlegungen. Des Weiteren müssen sachgerechte Erwägungen die Ermessensbetätigung bestimmen (vgl. Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl. § 31 Rdnr. 23; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, § 31 BauGB Rdnr. 61). Dabei ist es sicherlich auch nicht zu beanstanden, wenn eine Kommune für diese Ermessensbetätigung ein Konzept entwickelt, um eine einheitliche Praxis bei der Erteilung von Befreiungen zu sichern. Jedoch genügt hier das von der Beklagten - nach dem erstinstanzlichen Urteil - entwickelte Standortkonzept für Mobilfunksendeanlagen in zweifacher Hinsicht nicht den Voraussetzungen, die letztlich erfüllt sein müssen, damit es Grundlagen für eine fehlerfreie Ermessensausübung darstellen kann.

Die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen (Auszug aus der Standortdatenbank "Mobilfunk" der Stadtverwaltung K........ mit einer entsprechenden Karte) zeigen, dass die Beklagte - jedenfalls, soweit dies daraus für den Stadtteil K........... ersichtlich ist - vornehmlich Ausschlussbereiche festgelegt hat, innerhalb derer Sendeanlagen nicht errichtet werden sollen. Wie sich aus ihrem Vorbringen im Berufungsverfahren erschließt, soll diese Konzeption Gefahren für bestimmte Bevölkerungsgruppen vermeiden, die in den Immissionen aus dem Betrieb solcher Sendeanlagen ihre Ursache finden. Ausdrücklich hat die Beklagte nämlich darauf abgestellt, es gehe ihr dabei darum, Gesundheitsgefahren von Kindern und Senioren abzuwehren. Zwar ist der gedankliche Ansatz insoweit nicht grundsätzlich zu beanstanden, als er durchaus auf städtebauliche Gründe, nämlich die Wahrung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse abzielen könnte. Gleichwohl kann allein daraus nicht gefolgert werden, dass die konkret erarbeitete Konzeption der Beklagten deshalb schon sachgerecht wäre.

Hintergrund dieser Konzeption sind offensichtlich die von der Beklagten mit der Begründung des Berufungszulassungsantrags vom 17. Dezember 2002 vorgelegte "Vereinbarung über den Informationsaustausch und die Beteiligung der Kommunen beim Ausbau der Mobilfunknetze zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und den Mobilfunknetzbetreibern" und die "Maßnahmen zur Verbesserung von Sicherheit und Verbraucher - Umwelt - und Gesundheitsschutz, Information und vertrauensbildende Maßnahmen beim Ausbau der Mobilfunknetze der Mobilfunkbetreiber" (Bl. 190 bis 201 Gerichtsakte). Wie sich aus der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Karte ergibt, hat die Beklagte um die unterschiedlichsten Einrichtungen herum sog. Ausschlussbereiche festgelegt. Ansatzpunkt hierfür ist offensichtlich die als Maßnahme der Kommunikation und Partizipation in den vorgenannten "Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit usw." der Mobilfunkbetreiber unter C beschriebene alternative Standortprüfung bei Kindergärten und Schulen. Dort wird ausgeführt (Bl. 200 GA):

"Den Mobilfunkbetreibern ist bewusst, dass bestimmte Bereiche für die Errichtung von Sendeanlagen besonders im Focus der öffentlichen Diskussion stehen. Dies gilt insbesondere für Kindergärten und Schulen. Ungeachtet der auch in diesen Bereichen durch die geltenden Grenzwerte gewährleisteten Sicherheit vor Einwirkungen elektromagnetischer Felder sind die Betreiber bereit, den Besorgnissen verstärkt Rechnung zu tragen und vorrangig andere Standort zu prüfen.

Sollte diese Prüfung ergeben, dass die Errichtung einer Sendeanlage in der Nähe oder auf einer Schule oder einem Kindergarten nach Abwägung aller Gesichtspunkte unter immissions- und funktechnischen Gesichtspunkten die beste Lösung darstellt, so werden die Mobilfunkbetreiber, angelehnt an die Empfehlung der WHO, rechtzeitig durch geeignete umfassende Informations- und Begleitmaßnahmen dafür Rechnung tragen, dass die Akzeptanz für einen solchen Standort verbessert werden kann."

Wie sich bereits aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, ist Hintergrund dieser Überlegungen der Netzbetreiber nicht etwa das Vorliegen medizinischer Erkenntnisse, dass Kinder in Kindergärten und Schulen durch Sendeanlagen in deren Nähe besonders gefährdet wären. Das wäre auch nicht sonderlich plausibel, weil sich Kinder und Jugendlich außerhalb der Kindergärten und Schulen - im Elternhaus oder in dessen näherem Umfeld - zeitlich sicherlich länger aufhalten werden und an ihrer jeweiligen Wohnstätte offenbar durchaus der Nähe zu Sendeanlagen ausgesetzt werden sollen. Vielmehr handelt es sich unzweifelhaft lediglich um eine Maßnahme mit dem Ziel, in der Bevölkerung bestehenden, nach derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen jedoch unbegründeten Ängsten und Besorgnissen entgegenzukommen. Über diese von den Netzbetreibern lediglich i.S. einer Akzeptanzerhöhung von Sendeanlagen ins Auge gefassten Maßnahme geht die Beklagte bei ihrer Konzeption aber noch weit hinaus, indem sie nicht etwa nur Kindergärten und Schulen, sondern auch jedweden größeren oder kleineren Spielplatz und Bolzplatz sowie Altenheime ebenfalls mit Ausschlussbereichen umgibt, ohne auch nur im Ansatz darzutun, inwieweit gerade diese Ausschlussbereiche im Gegensatz zu den im Stadtteil K........... vorhandenen Wohngebieten einen gesteigerten Schutz genießen müssten. Dass es für Wohngebiete eines besonderen, über die normativen Vorgaben hinausgehenden Schutzes nicht bedarf, hat die Beklagte durchaus selbst erkannt, wie aus den Ausführungen in dem Entwurf der Standortkonzeption für die Stadt K................. vom 15. November 2002 deutlich wird. Dort heißt es unter Bezugnahme auf die vorerwähnte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu der 26. BImschV (Bl.205 GA):

"Vor dem Hintergrund der Gesetzgebungskompetenz des Bundes im Bereich des Immissionsschutzes können daher die Kommunen nicht eigene engere Vorschriften schaffen. Selbst bei der Aufstellung von Bebauungsplänen können die Stadtverwaltung und der entscheidende Rat hier keine höheren Anforderungen zum Gesundheitsschutz definieren, da sie ansonsten einen Abwägungsfehler begehen."

Dem ist aus der Sicht des Senates nichts hinzuzufügen. Wie dann aber im Rahmen der bauaufsichsbehördlichen Ermessensbetätigung im Rahmen der Entscheidung über eine Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB etwas anderes gelten sollte, erschließt sich aus den Ausführungen der Beklagten im Berufungsverfahren nicht.

In dem vorgenannten Entwurf wird dann bezüglich der Wohngebiete unter "2.) Grundlagen für die Ausweisung von Standortvorschlägen" weiter dargelegt ( BL. 206 GA):

"Es werden generell keine typisierten Baugebiete als Ausschlussbereich definiert, da hierzu die Rechtsgrundlage fehlt. Auch Reine Wohngebiete können nicht generell als Vermeidungsbereich definiert werden, da auch dort die Versorgung der Bevölkerung mit Telekommunikationsdienstleistungen sicherzustellen ist."

Zu den sog. Vermeidungsbereichen findet sich die folgende Aussage in dem Konzept (Bl.207 GA):

"Als Vermeidungsbereiche werden aus Gründen der Rücksichtnahme von besonders betroffenen Einrichtungen in einem pragmatischen Ansatz alle Kindergärten, Altenheime und Schulen mit einem 100m-Radius definiert. Liegen im 100m-Radius von geplanten Anlagen solche Einrichtungen, wird in Absprache mit den Mobilfunkbetreibern eine Ersatzstandortfindung angegangen, obwohl die Unbedenklichkeit aus Sicht der 26. BImschV an diesen Standorten zu erwarten ist bzw. bereits vorliegt. Dieser Ansatz geht weit über die rechtlichen Verpflichtungen hinaus und dient den Anlagenbetreibern als Hilfestellung für eine konfliktfreiere Standortwahl. Er kommt damit dem politischen Wunsch nach Konfliktminimierung und dem Wunsch vieler Betroffener entgegen."

Worauf sich dieser "pragmatische Ansatz" stützen sollte im Sinne einer wissenschaftlich haltbaren Grundlage, wird nicht einmal im Ansatz aus diesem Konzept erkennbar und ist von der Beklagten auch nicht im Berufungsverfahren dargetan worden. Das erschließt sich ferner keineswegs aus den von der Beklagten mit dem Schriftsatz vom 19. Dezember 2002 vorgelegten Unterlagen, abgesehen davon, dass auch die Beklagte diese Schriftstücke - den "Freiburger Appell" vom 9. Oktober 2002 und verschiedene schweizerische Unterlagen, die sich mit der Festlegung von Grenzwerten beschäftigen, - nicht dahingehend erläutert, hieraus ließe sich der "pragmatische Ansatz" des 100m-Vermeidungsbereiches ableiten. Aber nicht einmal aus dem eigenen Konzept der Beklagten lässt sich ableiten, warum im Bereich des Stadtteils K........... über die darin aufgeführten zu schützenden Einrichtungen hinaus auch noch um jedweden Spiel- oder Bolzplatz ein solcher Vermeidungsbereich gezogen werden müsste.

Damit wird jedoch der Bereich sachgemäßer Überlegungen, die allein die hier zu treffende Ermessensbetätigung steuern können, unzweifelhaft verlassen. Bloße Überlegungen, wo möglicherweise kommunalpolitisch die Zulassung einer Mobilfunksendeanlage den Bürgern vermittelbar sein könnte, stellen hingegen keine sachgerechten Erwägungen dar, die die bauplanungsrechtliche Ermessensbetätigung zulässigerweise steuern können. Hier ist nämlich keine kommunalpolitische Frage, sondern unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine bauplanungsrechtliche Frage zu beurteilen, die anhand des geltenden Bau- und Immissionsschutzrechtes zu beantworten ist, dem auch die Kommunen gemäß Art. 28 Abs. 2 GG ungeachtet ihrer kommunalen Selbstverwaltungshoheit unterworfen sind. Das schließt es zur Überzeugung des Senats aus, dass eine Kommune etwa abweichend von den Vorgaben des geltenden Rechts eigenständige Grenzwerte für Immissionen von Mobilfunksendeanlagen festlegt und, wie hier offensichtlich geschehen, Ausschlussbereiche in einer Konzeption regelt, die ein Vielfaches der sich nach dem geltenden Recht ergebenden Schutzbereiche ausmachen. Letztlich muss dem hier jedoch nicht abschließend nachgegangen werden, weil auch nicht einmal im Ansatz eine wissenschaftliche Fundierung der von der Beklagten festgelegten Ausschlussbereiche vorgetragen oder ersichtlich ist.

Darüber hinaus erweist sich die Standortkonzeption der Beklagten jedenfalls mit Blick auf das hier streitige Vorhaben letztlich als ein Verhinderungskonzept vor dem Hintergrund, dass die hiernach noch zur Verfügung stehenden Restbereiche des Stadtteils K........... ungeachtet der mit der Errichtung von Mobilfunksendeanlagen dort verbundenen erheblichen Mehrkosten, wie oben dargestellt, allenfalls eine theoretische Konzeption darstellen, der es jedoch jeglicher Prüfung bezüglich ihrer tatsächlichen Umsetzbarkeit ermangelt. Ein sachgerechtes Standortkonzept muss aber nicht nur theoretisch denkbar, sondern auch konkret umsetzbar sein. Mit der praktischen Umsetzbarkeit des Konzeptes hat sich der Stadtrat der Beklagten, wie in der mündlichen Verhandlung aus den Ausführungen der Beklagten zum Ausdruck gekommen ist, aber offenkundig nicht beschäftigt, sich auch gar nicht genötigt gesehen, sich hiermit auseinander zu setzen, wie im vorgenannten Konzept für die Standortauswahl ausdrücklich ausgeführt wird (Bl. 207 GA). Es wäre zwar sicherlich anders, wenn die unter Berücksichtigung aller Ausschlussbereiche noch zur Verfügung stehenden Flächen zur Errichtung von Mobilfunksendeanlagen im Eigentum der Beklagten stünden, sie also ein Konzept ausschließlich für ihre eigenen Grundflächen erarbeitet hätte. So liegt der Fall hier aber nicht. Hier hat die Beklagte sogar gesehen, dass ihre Standortvorschläge " in aller Regel auch private Eigentümer und Grundstücke betreffen" (a.a.O.), sich aber auf den Standpunkt zurückgezogen, es handele sich dabei lediglich um Vorschläge. Das genügt aber dann nicht, wenn, wie im vorliegenden Fall im Rahmen der Prüfung, ob eine Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB zu erteilen ist, eine sachgerechte Ermessensbetätigung von der Beklagten gefordert wird.

Aufgrund der vorstehend dargelegten Überlegungen kann daher nicht angenommen werden, ein sachgerechtes Standortkonzept für Mobilfunksendeanlagen im Stadtgebiet der Beklagten stehe im Rahmen der von ihr vorzunehmenden Ermessensbetätigung der begehrten Befreiung für den streitigen Standort als gewichtiges städtisches Interesse entgegen. Vielmehr kommt der Senat wie das Verwaltungsgericht zu dem Schluss, dass vorliegend eine Ermessensreduzierung auf Null dahingehend besteht, die Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans für den streitigen Standort zu erteilen, weshalb das Verwaltungsgericht die Beklagte zu Recht verpflichtet hat, der Klägerin die begehrte Baugenehmigung zu erteilen.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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