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Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 19.02.2009
Aktenzeichen: 1 C 10256/08.OVG
Rechtsgebiete: BauGB, BauNVO, BImSchG, FStrG, UVPG, VwGO


Vorschriften:

BauGB § 1
BauGB § 1 Abs. 3
BauGB § 1 Abs. 3 S. 1
BauGB § 2a
BauGB § 9
BauGB § 9 Abs. 1
BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 11
BauGB § 214
BauGB § 214 Abs. 1
BauGB § 214 Abs. 1 Nr. 1
BauGB § 214 Abs. 3
BauGB § 214 Abs. 3 S. 2
BauNVO § 1
BauNVO § 1 Abs. 4
BauNVO § 17
BauNVO § 17 Abs. 2
BImSchG § 3 Abs. 1
BImSchG § 41
BImSchG § 42
BImSchG § 43
BImSchG § 50
FStrG § 5
UVPG § 2
UVPG § 2 Abs. 1
UVPG § 3c
UVPG § 3c S. 1
UVPG § 3c S. 6
UVPG § 3e
VwGO § 47
VwGO § 47 Abs. 1
VwGO § 47 Abs. 2
VwGO § 195 Abs. 7
1. Der Planungsträger hat bei planfeststellungsersetzenden Bebauungsplänen vorausschauend zu beurteilen, ob dem geplanten Bauvorhaben unüberwindbare finanzielle Schranken entgegenstehen würden. Dabei reicht eine dem Grunde nach vorliegende Fördermittelzusage aus, um eine Planrechtfertigung nach § 1 Abs. 3 BauGB annehmen zu können.

2. Das Fehlen einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVPG kann im Einzelfall nach Maßgabe des § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB unbeachtlich sein (hier bejaht).

3. Bei der Festsetzung einer Straße durch Bebauungsplan (§ 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB) gehört insbesondere der Verkehrslärmschutz als ein wichtiger Teilaspekt des Immissionsschutzes zu den abwägungsrelevanten Belangen (hier: Planung einer innerörtlichen Umgehungsstraße und gleichzeitige Neugliederung eines Gewerbegebietes).

4. Zu den Anforderungen einer Überschreitung des nach § 17 Abs. 1 BauNVO zulässigen Maßes der baulichen Nutzung im Bebauungsplan.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ

URTEIL

IM NAMEN DES VOLKES

1 C 10256/08.OVG

In dem Normenkontrollverfahren

wegen Bebauungsplan (Normenkontrolle)

hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2009, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Zimmer Richter am Oberverwaltungsgericht Schneider Richter am Verwaltungsgericht Dr. Berthold

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Bebauungsplan für das Teilgebiet Nr. 23 "Ortsmitte III" der Ortsgemeinde Hamm/Sieg wird insoweit für unwirksam erklärt, als im Bereich der ...straße ... (südlich der ...straße, östlich der Parzelle ..., westlich der Parzelle ... und nördlich des festgesetzten Gewerbegebietes) ein Mischgebiet festgesetzt worden ist. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Antragsteller kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen den Bebauungsplan Nr. 23 "Ortsmitte III" der Antragsgegnerin, in deren Geltungsbereich die dem Antragsteller gehörenden Flurstücke ... und ... in Flur ... der Gemarkung Hamm/Sieg liegen.

Der Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans erfolgte bereits am 12. Juni 1991 und wurde im Mitteilungsblatt der Antragsgegnerin Nr. ... vom 25. Juni 1993 bekannt gemacht. Nach der Bürgerbeteiligung im Jahr 1993 und erneut im November 2002 sowie anschließender Offenlage wurde der Bebauungsplan am 17. März 2004 als Satzung beschlossen. Am 5. Juli 2006 wurde der Bebauungsplan von dem Ortsbürgermeister ausgefertigt und im Mitteilungsblatt der Antragsgegnerin Nr. 28/2006 bekanntgemacht. In der gleichen Ausgabe findet sich hierzu ein Hinweis, wonach mit der öffentlichen Bekanntmachung des Bebauungsplans "Ortsmitte III" keine Entscheidung darüber getroffen sei, dass in absehbarer Zeit mit dem Bau der Ortskernentlastungsstraße in diesem Bereich begonnen werde.

Ausweislich der Begründung zu dem Bebauungsplan "Ortsmitte III" war Zweck der Planung die Realisierung der Entwicklungs- und Sanierungsziele im Ortskern der Antragsgegnerin. Als oberste Sanierungsziele wurden der Bau einer Ortskernentlastungsstraße und die Verbesserung der Erschließungssituation des Gewerbebetriebs ... genannt. Der Bebauungsplan umfasst den nördlich der Straße "Im W..." liegenden Teil des rechtsverbindlichen Bebauungsplans Nr. 3 "Auf dem Balkert". Nach Inkrafttreten des Bebauungsplans "Ortsmitte III" wird dieser in den Geltungsbereich einbezogene Teilbereich des Bebauungsplans "Auf dem Balkert" durch die Festsetzungen des Bebauungsplans "Ortsmitte III" ersetzt. Der bisher dort als reines Wohngebiet ausgewiesene Bereich wird damit nunmehr als Mischgebiet festgesetzt. Bezüglich des nordöstlich davon gelegenen Betriebsgeländes der Firma ... wird als Art der baulichen Nutzung ein Gewerbegebiet festgesetzt, welches darüber hinaus durch Festlegung flächenbezogener Schallleistungspegel in mehrere beschränkt nutzbare Gewerbegebiete unterteilt wird. Die geplante Ortskernentlastungsstraße soll südlich zur derzeit durch den Ort führenden Bundesstraße B 256 verlaufen.

Mit seinem bei Gericht am 13. März 2008 eingegangenen Normenkontrollantrag macht der Antragsteller im Wesentlichen geltend:

Dem Bebauungsplans Nr. 23 "Ortsmitte III" fehle bereits die städtebauliche Erforderlichkeit. Der Normgeber sei ausweislich der Begründung davon ausgegangen, dass eine Ortskernumgehungsstraße vor allem aufgrund des hohen Anteils an Durchgangsverkehr auf der Siegstraße erforderlich sei. Demgegenüber ergebe sich aus dem Verkehrsgutachten der Firma ... von 2008 (Im Folgenden: Gutachten ...), dass der überwiegende Teil des Verkehrs auf der bisherigen B 256 Ziel- und Quellverkehr sei und der Durchgangsverkehr lediglich einen Anteil von 15 % am Verkehrsaufkommen habe. Wenn aber der geringe Anteil an Durchgangsverkehr eine großräumige Ortskernumgehung unsinnig erscheinen lasse, so müsse das gleiche für eine innerörtliche Umgehung gelten. Zudem sei durch das genannte Gutachten belegt, dass die Verkehrsbelastung der Ortsdurchfahrt seit nahezu 20 Jahren unverändert geblieben sei.

Es bestünden auch im Hinblick auf die Finanzierung der Umgehungsstraße unüberwindliche tatsächliche und rechtliche Hindernisse, die der Umsetzung der planerischen Festsetzungen auf unabsehbare Zeit entgegenstünden. Der geplante Bau einer Ortskernentlastungsstraße sei insbesondere durch die Gemeinde nicht finanzierbar. Die Antragsgegnerin gehe nach Medienberichten davon aus, dass 70 % der für das Projekt insgesamt erforderlichen 6,7 Mio. Euro durch Zuwendungen des Landes im Rahmen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) gefördert würden. Für eine entsprechende Förderzusage bestünden jedoch keine Anhaltspunkte. Unabhängig davon seien die rechtlichen Voraussetzungen für eine Förderung nicht gegeben.

Die Planung der Antragsgegnerin sei auch abwägungsfehlerhaft. Dies ergebe sich schon daraus, weil sie von einem Erhalt und einer Verstärkung des Geschäftsbesatzes und des Angebots an Dienstleistungsbetrieben im Ortskern ausgehe. Wie sich aus dem Gutachten ... ergebe, habe sich jedoch mittlerweile die innerortsbezogene Nutzung "Einkaufen" auf den Bereich ... verlagert und sei daher in dem zur Verkehrsberuhigung vorgesehenen Bereich übergewichtet worden. Im Zusammenhang mit der genannten Verkehrsuntersuchung könne auch nicht mehr davon gesprochen werden, dass die Ortskern-Entlastungsstraße zu einer geordneten städtebaulichen Entwicklung unerlässlich sei. Denn mit der starken Nutzung der neugebauten K 50/Thalhäuser Straße sowie der Ausprägung der Nord-Süd-Achse ... hätten sich die Verkehrsströme in der Innerortslage erheblich verlagert. In diesem Zusammenhang seien weniger einschneidende planerische Alternativen abwägungsfehlerhaft nicht in Betracht gezogen worden.

Auch sei die künftige Lärmbelastung des planbetroffenen Gebiets nicht hinreichend ermittelt worden. Insbesondere reiche der Prognosehorizont des Gutachtens ... zur Umgehungsstraße nur bis zum Jahr 2015 und sei daher für die aktuelle Situation nicht mehr aussagekräftig. Auch sei die nunmehr für den Bereich des Tunnelbauwerks angestrebte "geschlossene Leichtbauweise" schallschutztechnisch bisher nicht erfasst. Die Auswirkungen dieser Planänderung auf die gesunden Wohnverhältnisse seien damit nicht untersucht, sodass es bei der Abwägung nicht möglich gewesen sei, die Beeinträchtigung dieses Abwägungsbelangs richtig zu erfassen. Es liege insofern ein Ermittlungsdefizit vor, welches zu einer Abwägungsfehlentscheidung geführt habe.

Ein Planungsfehler ergebe sich weiterhin daraus, dass die gemäß § 3c Satz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nicht vorgenommen worden sei. Die Umweltverträglichkeitsprüfung stelle sich in diesem Regelungszusammenhang als ein der allgemeinen Abwägung vorgeschalteter Zwischenschritt dar. Versäume es die Gemeinde im Rahmen einer Planung, die der UVP-Pflicht unterliege, die Umweltbelange in gebündelter Form den übrigen Belangen gegenüber zu stellen, so lasse sich die Möglichkeit, dass das Abwägungsergebnis bei korrektem Vorgehen anders ausgefallen wäre, nicht von der Hand weisen.

Zu rügen sei weiterhin die Konfliktbewältigung bei der Überplanung des Gewerbegebiets der Firma .... Der Bebauungsplan setze hinsichtlich der eingeschränkten Gewerbegebiete GE/E1 und GE/E2 Schallleistungspegel in der Nacht von 55 dB(A) bzw. 54 dB(A) fest, so dass bei Realisierung des Plans die in der TA Lärm als höchstzulässig festgelegten Immissionsrichtwerte für ein Gewerbegebiet nicht eingehalten würden.

Mit der Festsetzung des Gewebegebiets sei zugleich der Trennungsgrundsatz nach § 50 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) verletzt. Der Plan lasse die Erweiterung des Betriebsgeländes der Firma .... an die Wohnbebauung nördlich und südlich der Straße "Im ..." zu. Beim Heranrücken einer gewerblichen Nutzung an eine Wohnbebauung sei der Trennungsgrundsatz von besonderer Bedeutung, wonach unverträgliche Nutzungen einander so zuzuordnen seien, dass schädliche Umwelteinwirkungen soweit wie möglich vermieden würden. Daher wäre die Antragsgegnerin gehalten gewesen, den durch die bereits vorhandene Gemengelage bestehenden Konflikt nicht über das zumutbare Maß hinaus zu vertiefen.

Fehlerhaft sei der Bebauungsplan weiterhin, als im Bereich der ...straße Maße der baulichen Nutzung festgelegt worden seien, die weit oberhalb der gemäß § 17 Abs. 1 der Baunutzungsverordnung - BauNVO - zulässigen Obergrenze lägen.

Der Antragsteller beantragt,

den Bebauungsplan Nr. 23 "Ortsmitte III" der Antragsgegnerin vom 13. Juli 2006 für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen.

Sie tritt den Ausführungen des Antragstellers umfassend entgegen und macht im Wesentlichen geltend:

Entgegen der Darstellung in der Antragsbegründung bestünden auf Seiten der Antragsgegnerin keinerlei Absichten, die Realisierung des ersten Bauabschnitts aufzugeben. Sie halte vielmehr unumstößlich an ihrer planerischen Absicht fest, die geplante Ortskernentlastungsstraße zeitnah zu realisieren. Der gesamte hierfür erforderliche Grunderwerb sei bereits getätigt und die Finanzierung gesichert.

Der überwiegende Planbereich des streitgegenständlichen Bebauungsplans liege innerhalb des Sanierungsgebiets der Antragsgegnerin. Mit dem angefochtenen Bebauungsplan werde die Umsetzung der sanierungsrechtlichen Absichten verfolgt. In Umsetzung desselben beschränke sich der angefochtene Bebauungsplan nicht nur auf die Festsetzung der Straßentrasse, sondern arrondiere auch benachbarte Bereiche. Für den nördlich angrenzenden Bereich sei der Bebauungsplan "Ortsmitte II" bereits rechtgültig.

Der angefochtene Bebauungsplan erfülle die von der Antragsgegnerin verfolgten städtebaulichen Ziele, insbesondere der Sanierung des Ortskerns. Als wesentliches Teilziel für die Durchführung der Sanierung sei der Bau einer Ortskernentlastungsstraße zwischen der ... und der Einmündung des ... in die ... vorgesehen. Die alte Trasse der B 256 im eigentlichen Ortskern solle verkehrsberuhigt werden, insbesondere somit auch im Fußgängerbereich besser zugänglich sein. Der neue Trassenverlauf führe laut dem Gutachten ... (S. 28) insgesamt zu einer Entlastung des Bereichs ..., Querstraße ... von 75 bis 85 %. Damit könne im Bereich des alten Verlaufs der B 256 ein verkehrsberuhigter Geschäftsbereich von der Volksbank bis zum ... und über die obere ...straße bis hinunter zum Marktplatz hergestellt werden.

Die Finanzierung des Vorhabens entspreche der üblichen Genehmigungspraxis von Fördermitteln. Die Bewilligung mittels Fördermittelbescheid erfolge erst nach Schaffung des jeweiligen Planungsrechts und im vorliegenden Fall nach rechtskräftigem Abschluss des anhängigen Klageverfahrens. Ungeachtet dessen habe das Land Rheinland-Pfalz bereits dem Grunde nach verbindlich die Förderung des Straßenbauvorhabens zugesagt. Der Fördermittelgeber und die Antragsgegnerin stünden seit langem in engem Kontakt um die Realisierung der Entlastungsstraße zu gewährleisten. Letztmalig habe ein gemeinsames Abstimmungsgespräch am 2. September 2008 beim Landesbetrieb Mobilität (LBM) stattgefunden. Auch im Rahmen dieses Gesprächs habe der Fördermittelgeber nochmals verdeutlicht, dass er an seiner Zusage festhalte, der Subventionsbescheid allerdings erst nach rechtskräftigem Abschluss des vorliegenden Verfahrens ergehen werde.

Auch hinsichtlich des Verkehrslärms ergebe sich kein Ermittlungsdefizit. Der Prognosezeitraum des Lärmgutachtens ... (1999 bis 2015) sei vorliegend ausreichend. Nach den Feststellungen des Gutachtens ... fuße die Lärmbegutachtung ... auf einem viel höheren Verkehrsaufkommen, als es sich tatsächlich für das Prognosejahr 2025 ergebe. Im Ergebnis ändere sich daher selbst dann nichts, wenn man die Verkehrszahlen 2025 als maßgeblich erachten wolle. Im Gegenteil seien die Geräuschbeurteilungspegel entsprechend der ergänzenden Stellungnahme des Gutachters ... nach unten zu korrigieren.

Es fehle auch nicht an einer allgemeinen Vorprüfung der Umweltverträglichkeit. Insoweit sei zunächst auf die gutachterliche Stellungnahme des Ingenieurbüros ... vom 16. April 1987 hinzuweisen. Zudem stelle auch die Begutachtung des Ingenieur-Büros ... vom November 2003 in der Sache eine hinreichende Vorprüfung dar. Im Rahmen dieser Begutachtung seien mögliche Umweltauswirkungen umfassend untersucht und dargestellt worden. Diese Vorprüfung komme zu dem Ergebnis, dass die Verlagerung der Bundesstraße zu einer deutlichen Verbesserung der Umwelt und Lebensqualität der Innenstadt führe. Auch wenn diese gutachterliche Stellungnahme als "Umweltbericht gemäß § 2a BauGB" betitelt worden sei, handele es sich der Sache nach um eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung gemäß § 17 UVPG. Weiterhin lägen Verstöße gegen die Vorgaben des Lärmschutzes sowie gegen das Trennungsgebot des § 50 BImSchG nicht vor. Dabei werde seitens des Antragstellers der Ist-Zustand nicht hinreichend gewürdigt und zudem verkannt, dass die im Bebauungsplan getroffenen Festsetzungen teilweise zu deutlichen Verbesserungen führen würden.

Die Überschreitung der Obergrenzen des § 17 Abs. 1 BauNVO bei der Festlegung der Grundflächenzahl (GRZ) und der Geschossflächenzahl (GFZ) in dem an die ...straße angrenzenden Mischgebiet fände ihre Rechtsgrundlage in § 17 Abs. 2 und Abs. 3 BauNVO. Allein die Tatsache, dass hier lediglich eine Bestandserfassung erfolgt sei, stelle einen hinreichenden städtebaulichen Grund i.S. der genannten Vorschriften dar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und die beigezogenen Planaufstellungsunterlagen der Antragsgegnerin (4 Ordner). Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Der gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthafte sowie unter Einhaltung der hier noch gemäß § 195 Abs. 7 VwGO maßgeblichen 2-Jahres-Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO a.F. (BGBl. I 1996, 1626) gestellte Normenkontrollantrag ist auch ansonsten zulässig. Die Antragsbefugnis (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) des Antragstellers folgt bereits aus der Belegenheit seiner Grundstücke (Flurstücke 8/2 und 9) im Geltungsbereich der streitgegenständlichen Satzung und den sich im Falle deren Gültigkeit hieraus für ihn als Eigentümer ergebenden negativen Rechtsfolgen. Da diese ungeachtet der Frage der konkreten Finanzierbarkeit des Vorhabens nach wie vor Planungsgegenstand sind, steht dem Antragsteller zugleich ein Rechtsschutzinteresse für die begehrte Ungültigerklärung der Vorschrift zu (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.03.2002, NVwZ 2002, 869).

Die Unwirksamkeit des Bebauungsplans folgt nicht aus einer fehlenden städtebaulichen Erforderlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB.

Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Ob ein Bauleitplan erforderlich ist, richtet sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde, der insoweit ein weites Planungsermessen zukommt, innerhalb dessen sie ermächtigt ist, eine "Städtebaupolitik" entsprechend ihren Vorstellungen zu betreiben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.05.1999, NVwZ 1999, 1338). Dies bedeutet, dass die Gemeinde planungsbefugt ist, wenn sie hierfür hinreichend gewichtige städtebauliche allgemeine Belange ins Feld führen kann. Insbesondere dann, wenn es einer Bauleitplanung völlig an positiven Planungszielen fehlt (reine Negativplanung) oder wenn mit der Bauleitplanung keinerlei städtebauliche Ziele verfolgt werden, fehlt es an der Erforderlichkeit.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze kann das Merkmal der Erforderlichkeit nicht mit Erfolg in Frage gestellt werden. Zwar erscheint es auch möglich, andere Maßnahmen der Verkehrsentlastung des Ortskernbereichs in Betracht zu ziehen; das Planungsermessen der Gemeinde ist jedoch nicht dadurch überschritten, dass man sich für die vorliegende Lösung einer innerörtlichen Entlastungsstraße entschieden hat. Die Planung verfolgt eine Verkehrsentlastung des Ortskernbereichs insgesamt und nicht nur im Bezug auf den Durchgangsverkehr.

Es kommt demnach gerade nicht maßgeblich darauf an, ob der Durchgangsverkehr noch die Hauptantriebsfeder für den Straßenneubau ist. Die genannten Ziele des Plans (vgl. Bl. 1723/1724 der Verwaltungsakten - VA -) können mit den konkreten Festsetzungen erreicht, zumindest aber gefördert werden.

Ein Bebauungsplan ist ferner nicht erforderlich und damit materiell rechtswidrig und unwirksam, wenn er nicht vollzugsfähig ist, weil seiner Verwirklichung im Zeitpunkt seines Inkrafttretens dauerhafte Hindernisse tatsächlicher oder rechtlicher Art entgegenstehen und der Plan deshalb seine städtebauliche Funktion nicht erfüllen kann (st. Rspr., vgl. Urteil vom 20.8.1999, BVerwGE 109, 246; Urteil vom 21.3.2002, BVerwGE 116, 144). Hierzu zählt auch die dauerhafte fehlende Finanzierbarkeit, wenn sich der Bebauungsplan als eine reine Vorratsplanung ohne jede Aussicht auf Realisierung darstellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.1989, NVwZ 1990, 860; OVG RP, Urteil vom 12.05.2005, 1 C 11485/04.OVG). Es darf daher im Zeitpunkt der Planfeststellung bzw. Planaufstellung nicht ausgeschlossen sein, dass das konkrete Vorhaben auch verwirklicht werden wird. Die Planung eines Vorhabens, dessen Finanzierung ausgeschlossen ist, ist unzulässig, wobei auch rechtsstaatliche Grundsätze berührt sind (OVG RP a.a.O.; BVerwG, Beschluss vom 25.08.1997, NVwZ-RR 1998, 162 m.w.N.). Die Planungsbehörde hat deshalb bei der Planaufstellung vorausschauend zu beurteilen, ob dem geplanten Bauvorhaben unüberwindbare finanzielle Schranken entgegenstehen würden. Dabei reicht jedoch eine dem Grunde nach vorliegende Finanzierungszusage des Fördermittelgebers aus, um eine Planrechtfertigung nach § 1 Abs. 3 BauGB annehmen zu können (OVG RP, Urteil vom 02.03.2006, 1 C 10831/05.OVG).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze kann vorliegend eine fehlende Erforderlichkeit nicht festgestellt werden. Zwar erscheint die konkrete Finanzierung des Straßenbauprojekts derzeit tatsächlich nicht gänzlich geklärt zu sein. Die Ausführungen auf Seite 5 der Klageerwiderungsschrift vom 10. November 2008 sind insoweit sehr vage, konkrete Zeiträume oder Förderbeträge werden nicht genannt. Auch ist mit dem Antragsteller festzustellen, dass bei der Förderung eine unmittelbare Anwendung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) nicht in Betracht kommen dürfte. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1a GVFG können die Länder u.a. verkehrswichtige innerörtlichen Straßen mit Ausnahme von Anlieger- und Erschließungsstraßen durch Zuwendungen aus den Finanzhilfen fördern. Voraussetzung einer Förderung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 GVFG ist jedoch, dass die unter Nr. 1 a-g genannten Projekte in der Baulast von Gemeinden, Landkreisen oder ggf. kommunalen Zusammenschlüssen stehen. Unabhängig von den weiteren Voraussetzungen des § 3 GVFG scheidet die Übernahme der Straßenbaulast nach Maßgabe des § 5 Bundesfernstraßengesetz (FStrG) aus, da die Antragsgegnerin nicht die hierfür erforderliche Einwohnerzahl erreicht (vgl. Bl. 1735 VA).

Darauf kommt es jedoch vorliegend nicht maßgeblich an, da die Prüfung hiermit nicht ihren Abschluss findet. Auf der Grundlage des gesamten Akteninhalts und dem Verlauf der mündlichen Verhandlung konnte der Antragsteller keine unüberwindbaren finanziellen Schranken für das geplante Straßenbauvorhaben belegen. Der Vertreter der Antragsgegnerin hat aus eigenem Wissen versichert, dass die Planungsträgerin in engem ständigen Kontakt mit den zuständigen Stellen des Landes stehe und die Förderung dem Grunde nach bereits mehrfach zugesagt worden ist. Vor dem Hintergrund dieser unwiderlegten und im Übrigen auch nicht bestrittenen Angaben der Antragsgegnerin gibt es für den Senat keinen Anlass anzunehmen, dass die Nichtfinanzierbarkeit für den von der Rechtsprechung geforderten längeren Zeitraum von bis zu 10 Jahren feststehe und damit der Realisierung der Planung unüberwindliche Hindernisse entgegenstünden. Dabei kann letztlich dahinstehen, aus welchem "Subventionstopf" die konkrete Förderung tatsächlich erfolgen wird, so lange diese nur ernsthaft in Aussicht gestellt worden ist.

Das Merkmal der Erforderlichkeit schließt es letztlich auch aus, dass sich die planende Gemeinde durch einen Bebauungsplan die konkrete Entscheidung für einen völlig unbestimmten Zeitraum offen hält (VGH BW, Urteil vom 14.11.2001, NuR 2002, 747; NdsOVG, Urteil vom 15.03.2001, ZfBR 2001, 485). Auch hierfür bestehen schon im Hinblick auf die Fortentwicklung des Bebauungsplans "Ortsmitte I" (vgl. Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 16.02.2009 nebst Anlage 4 und 5) für den Senat keine erheblichen Anhaltspunkte, so dass auch der Realisierungswille im Übrigen nach wie vor angenommen werden kann.

Der Bebauungsplan ist nicht wegen eines Abwägungsfehlers unwirksam.

Das in § 1 Abs. 7 BauGB normierte Abwägungsgebot ist dann verletzt, wenn entweder eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge eingestellt werden muss, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt wird oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (st. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. Urteile vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301 und vom 05.07.1974, BVerwGE 45, 315). Hingegen ist das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde innerhalb dieses Rahmens in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen Belanges entscheidet. Das Vorziehen und Zurücksetzen bestimmter Belange innerhalb des vorgegebenen Rahmens ist die "elementare planerische Entschließung" der Gemeinde über die städtebauliche Entwicklung und Ordnung und kein aufsichtlich oder gerichtlich nachvollziehbarer Vorgang. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots daher auf die Frage, ob der Plangeber die abwägungserheblichen Gesichtspunkte zutreffend bestimmt hat und ob er auf der Grundlage des derart ermittelten Abwägungsmaterials die aufgezeigten Grenzen der ihm obliegenden Gewichtung eingehalten hat.

Ein Ermittlungs- und Abwägungsdefizit ist zunächst nicht aus dem Umstand herzuleiten, dass eine förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden ist. Für Bundesstraßen, die nicht unter die qualifizierte Beschreibung der Anlagen Nr. 14.3 bis 14.5 des UVPG fallen sieht § 3c S. 1 UVPG i.V.m. Nr. 14.6 der Anlage 1 eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vor. Gemäß § 3c Abs. 1 UVPG ist, sofern in der Anlage 1 für ein Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären. Nach § 3c S. 6 UVPG sind die Durchführung und das Ergebnis der Vorprüfung zu dokumentieren.

Vorliegend hat eine ausdrückliche förmliche Umweltprüfung nach Maßgabe des UVPG nicht stattgefunden. Die "Untersuchungen zur Umweltverträglichkeit" des Dipl.-Ing. Pfeiffer vom April 1987 (Bl. 29-116 VA) können insoweit nicht mehr als maßgebliche Grundlage herangezogen werden, zumal sie vor Inkrafttreten des UVPG (Gesetz vom 12.2.1990, BGBl I 205) erstellt worden sind.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Abwägungsgebot bei planfeststellungsersetzenden Bebauungsplänen (Urteil vom 18.11.2004, BVerwGE 122, 207) unterwirft § 17 UVPG die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen auch unter dem Blickwinkel der Umweltverträglichkeitsprüfung den Anforderungen, die sich aus dem Abwägungsgebot ergeben. Die Umweltverträglichkeitsprüfung schafft damit die methodischen Voraussetzungen dafür, die Umweltbelange vorab so herauszuarbeiten, dass sie in gebündelter Form in die Abwägung eingehen. Je größeres Gewicht den Belangen des Umweltschutzes in der Abwägung zukommt, desto eher ist davon auszugehen, dass sich methodische Unzulänglichkeiten bei der Ermittlung, Beschreibung und Bewertung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG auf das Planungsergebnis ausgewirkt haben können.

Ob jedoch Defizite im Bereich der Umweltverträglichkeitsprüfung auf den Abwägungsvorgang im Übrigen durchschlagen, richtet sich nach dem für Abwägungsmängel maßgeblichen Fehlerfolgenregime des § 214 BauGB (vgl. BVerwG a.a.O.). Nach der Gesetzesfassung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Rates waren für die Rechtswirksamkeit der Bebauungspläne eine Verletzung der Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 214 Abs. 1a BauGB (gültig vom 03.08.2001 bis 19.07.2004) unter anderem unbeachtlich, wenn eine vorgeschriebene Vorprüfung des Einzelfalls (§ 3c und § 3e UVPG) nicht durchgeführt wurde und erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht zu besorgen gewesen wären oder bei der Vorprüfung die Voraussetzungen für die Pflicht zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht richtig beurteilt wurden. Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte. Die Umweltverträglichkeitsprüfung war auch nicht ausdrücklich nach § 214 Abs. 1 Nr. 1-3 BauGB a.F. entbehrlich, da es vorliegend nicht um die dort genannten Verfahrens- und Formvorschriften geht. Die mit dem EAG-Bau zum 20. Juli 2004 eingeführte umfassendere Vorschrift des § 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB (vgl. OVG RP, Urteil vom 31.07.2008, 1 C 10193/08, juris) war für die Beschlussfassung des Rates am 17. April 2004 noch nicht maßgeblich.

Auf der Grundlage der demnach anwendbaren Vorschrift des § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB a.F. ist ein relevanter Aufklärungsfehler nicht feststellbar. Vorliegend ist der Sache nach eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden, auch wenn das Vorliegen eines Umweltberichts nach § 2a BauGB diese nicht unmittelbar ersetzen kann. Im Hinblick auf die praktisch über 20 Jahre währende Prüfung aller Auswirkungen der Umgehungsstraße mit einer Vielzahl von Gutachten ist das Fehlen einer ausdrücklichen (= förmlichen) Umweltverträglichkeitsprüfung unschädlich, da letztlich alle abwägungserheblichen Belange umfassend ermittelt und gewürdigt worden sind.

Auch im Übrigen ist bei der konkreten Planung der Antragsgegnerin kein Ermittlungs- oder Abwägungsdefizit festzustellen. Dies gilt zunächst für die teilweise Verlagerung der Bundesstraße B 256 auf eine südliche Ortskernentlastungsstraße. Bei der Festsetzung einer Straße durch Bebauungsplan (§ 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB) gehört insbesondere der Verkehrslärmschutz als ein wichtiger Teilaspekt des Immissionsschutzes zu den abwägungsrelevanten Belangen (§ 1 Abs. 5 Satz 2 Abs. 6 Nrn. 1 und 7 BauGB). Die Gemeinde muss sich Klarheit darüber verschaffen, ob und in welchem Maße schutzbedürftige Gebiete von den zu erwartenden Verkehrsgeräuschen betroffen sein werden; vor allem muss die Gemeinde berücksichtigen, in welchem Umfang das Straßenbauvorhaben Maßnahmen des aktiven oder passiven Schallschutzes erforderlich machen wird.

Lärmbetroffene können daher beanspruchen, dass ihre Lärmschutzbelange mit dem diesen zustehenden Gewicht in die planerische Abwägung eingestellt und mit den für das Vorhaben angeführten Belangen in einen Ausgleich gebracht werden, der zur objektiven Gewichtigkeit ihrer Belange nicht außer Verhältnis steht (vgl. grundsätzlich BVerwG, Urteil vom 20.04.2005, BVerwGE 123, 261 und Urteil vom 26.04.2007, 4 C 12/05, juris). Dabei ist anerkannt, dass ein Vorhaben für die Nachbarschaft nicht zu erheblichen und unzumutbaren Immissionen führen darf. Ob dies der Fall ist, bemisst sich grundsätzlich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls, wobei vor allem der Gebietscharakter und die Vorbelastung des jeweiligen Grundstücks von Bedeutung sind. Zur Bewertung sind dabei die einschlägigen technischen Regelwerke wie die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom 26. August 1998 - TA Lärm - (GMBl Nr. 26/1998 S. 503) heranzuziehen.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze führt die Lärmbelastung durch den Neubau eines Abschnitts der B 256 und die damit einhergehende Neugliederung des Gewerbegebiet ... nicht zu unzumutbaren Lärmbelastungen und sonstigen Einschränkungen der Anwohner:

Das Gutachten des Schalltechnischen Ingenieurbüros ... und die verschiedenen Nachträge hierzu (u.a. vom 21.01.2002, Bl. 460ff VA und vom 02.12.2008, Bl. 131ff GA) befassen sich ausführlich mit der Lärmbelastung der Anwohner und den Lärmschutzmaßnahmen entlang der neuen Trassenführung der B 256 und des neugegliederten Gewerbegebiets ... (siehe 1153 - 1254 VA). Die Antragsgegnerin hat die Lärmschutzbelange im Rahmen der Planung umfassend ermittelt und in die Abwägung eingestellt. Als Ergebnis sehen die textlichen Festsetzungen der angegriffenen Satzung unter 11.1 (aktive Lärmschutzmaßnahmen) und 11.2. (passive Lärmschutzmaßnahmen) umfassende Schutzvorkehrungen gegen Verkehrslärmimmissionen vor. So ist die Errichtung einer 2 m hohen Stützmauer entlang der südlichen Einmündung des Balkertsweges zum Schutz der Wohnbebauung im Bereich Wäschgarten und die Errichtung einer 5 m hohen Stützmauer am östlichen Tunneleingang ebenso vorgeschrieben, wie eine besonders hochabsorbierende Auskleidung der Tunnelinnenwände. Im Bereich der passiven Lärmschutzmaßnahmen sind insbesondere Schallschutzfenster und weitere Maßnahmen zur Schalldämmung der Außenfassaden vorgesehen. Dabei wurden die Anhänge 5.1. bis 5.8 sowie 5.12. und die Anhänge 6.1. und 6.2 der Schalltechnischen Untersuchung des Büros ... zum Gegenstand der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans gemacht. Diese Vorkehrungen stellen in ihrer Gesamtheit ein rechtlich nicht zu beanstandendes Konzept zum Schutz vor Verkehrslärmimmissionen dar.

Auch hinsichtlich des Prognosezeitraums in den Ausführungen des Gutachtens ... (bis zum Jahr 2015) bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein Ermittlung- oder Abwägungsdefizit. Die hiergegen vorgebrachten Bedenken haben sich schon deshalb nicht bestätigen lassen, weil das Verkehrsaufkommen entsprechend den Feststellungen in dem Gutachten der ... von 2008 nicht in dem Maße wie zuvor erwartet steigt. Das Gutachten ... ist somit bei seinen Datengrundlagen von einem Verkehrsaufkommen ausgegangen, welches tatsächlich auf mittlere und längere Sicht nicht erreicht werden wird. Der Gutachter hat dies in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 02. Dezember 2008 bestätigt und hierzu ausführen lassen, dass er mit seiner Verkehrsprognose - bezogen auf das Jahr 2015 unter Einbeziehung des Gutachtes ... - "auf der sicheren Seite" sei. Der Gutachter zeigt in seiner Gegenüberstellung der Jahre 2015 und 2025 aufgrund der prognostizierten Verkehrsentwicklung auf, dass je nach Querschnitt im Prognosejahr 2025 zwischen 2,1 und 5,4 dB(A) niedrigere Emmissionspegel im Vergleich zur Ursprungsberechnung (siehe Bl. 1213 -1217 VA) zu erwarten seien. Dies hat der Antragsteller im Grundsatz nicht in Frage gestellt, sondern vielmehr aus den niedrigeren Prognosedaten insbesondere die fehlende Erforderlichkeit des gesamten Projektes gefolgert, was aus den genannten Gründen nicht zur Unwirksamkeit des angegriffenen Bebauungsplans führen kann.

Der Antragsteller kann auch nicht mit der Rüge durchdringen, die (angeblich) neue Ausführung des Tunnelbauwerks in einer "geschlossenen Leichtbauweise" sei nicht hinreichend erfasst. Die konkrete Bauweise ist eine Frage der Ausführung des Plans, nicht der hier zur Beurteilung gestellten Bebauungsplanung. Allerdings könnten etwaige Ansprüche der Planbetroffenen daraus resultieren, sofern die prognostizierten Lärm- und Luftschadstoffimmsionswerte durch eine konkrete Bauausführung nicht eingehalten würden. Im Übrigen gibt es bisher keine Belege dafür, dass von der Planung in erheblicher Weise abgewichen werden soll. Auch ist allein der Hinweis, dass sich die Antragsgegnerin ständig um "kostenoptimierte Lösungen" bemühe, nicht hinreichender Beleg dafür, dass die vorliegende Planung gegenstandslos geworden sei. Ebenso betrifft der erhobene Einwand des "drohenden Absackens der Straße" unter Berufung auf das geologische Bodengutachten des Büros Dr. ... vom 18. März 1999 (Bl. 1996ff VA) im Kern die Bauausführung und nicht die hier streitgegenständliche Bauleitplanung selbst.

Abwägungsfehler ergeben sich auch nicht aus der geplanten Erweiterung und Neugliederung des Gewerbebetriebs ... und den damit einhergehenden flächenbezogenen Festsetzungen der eingeschränkten Gewerbegebiete GE/E1 bis GE/E4. Der Bebauungsplan setzt insbesondere hinsichtlich der eingeschränkten Gewerbegebiete GE/E1 und GE/E2 Schallleistungspegel in der Nacht von 55 dB(A) bzw. 54 dB(A) fest. Diese auf der Grundlage des § 1 Abs. 4 BauNVO festgesetzten immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegel resultieren aus der genannten Begutachtung des Ingenieur-Büros ... aus dem Jahre 1999 und insbesondere auch aus der Nachbegutachtung vom 23.01.2002 (Bl. 460ff). Zutreffend ist dabei, dass der für Gewerbegebiete geltende Immissionsrichtwert nach Nr. 6.1 der TA Lärm für die Nacht (50 dB(A)) möglicherweise nicht durchgängig in allen gewerblichen Teilbereichen des Plangebietes eingehalten werden kann, was allerdings nicht für das dem Antragsteller nächstgelegene Gewerbeteilgebiet (GE/E4) gilt, da in diesem Bereich gerade keine Überschreitungen zur Nachtzeit zugelassen sind.

Die vorgenannten möglichen Überschreitungen der Immissionsrichtwerte führen jedoch nicht zu einer Unwirksamkeit des angegriffenen Bebauungsplans. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29.08. 2007, NVwZ 2008, 76) kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen (§ 3 Abs. 1 BImSchG) konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Im Rahmen der Bauleitplanung ist die TA-Lärm auch zur Bestimmung der Zumut-barkeit der Geräuschimmissionen des Zu- und Abfahrtsverkehrs, der einem geplanten Vorhaben zuzurechnen ist, heranzuziehen (BVerwG, Beschluss vom 13.12.2007, ZfBR 2008, 275). Die Lärmgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV), auf die Nr. 7.4 Abs. 2 der TA-Lärm verweist, haben in der bauleitplanerischen Abwägung jedoch die Funktion von Orientierungswerten, von denen je nach den Umständen der konkreten Planungssituation abgewichen werden darf. Gleiches gilt für die unmittelbar in der TA Lärm geregelten Immissionsrichtwerte.

Diese Grundsätze beanspruchen auch für die hier gegebene Festlegung der eingeschränkten Gewerbegebiete nebst ihren immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegeln Geltung. Die auf der Grundlage dieser Festsetzungen getätigte Abwägung (vgl. u.a. 1757ff VA) ist insoweit - insbesondere im Zusammenspiel mit den getroffenen Lärmschutzmaßnahmen - als Konfliktbewältigung planungsrechtlich nicht zu beanstanden, selbst wenn es tatsächlich zu einzelnen Überschreitungen der Immissionsrichtwerte kommen sollte. Insbesondere entspricht auch die Annahme einer Gemengelage gemäß Nr. 6.7 der TA Lärm für das Plangebiet den tatsächlichen Gegebenheiten. Wesentliche Kriterien der Schutzwürdigkeit eines betroffenen Gebietes sind dabei die Prägung des Einwirkungsgebiets durch den Umfang der Wohnbebauung einerseits und durch Gewerbe und Industriebtriebe andererseits, die Ortsüblichkeit eines Geräusches und die Frage, welche der unverträglichen Nutzungen zuerst verwirklicht wurde.

Das bereits seit dem Jahre 1840 in Hamm ansässige Unternehmen ... ist eindeutig dem prägenden Bestand des Innenstadtbereichs zuzurechnen. Die heutigen Produktionsgebäude wurden nach Angaben der Antragsgegnerin sukzessive bis Anfang der 70er Jahre errichtet. An die unmittelbare Nachbarschaft im Süden grenzen die zwei Wohngebäude Brunnenweg Nr. 1 und 2 an, die angeblich bereits von der Firma ... übernommen worden seien und bei Realisierung des angefochtenen Bebauungsplans abgerissen würden. Gleiches gilt für das im Osten angrenzende Wohngebäude ...straße ....

Ausweislich der Lärmbegutachtung ... vom 23. November 1999 werden bereits derzeit durch den bestehenden Betrieb des Betriebes ... die Nachimmissionsrichtwerte in bestimmten Wohnhäusern überschritten (vgl. Tabelle 11, S. 32 des Gutachtens "Betriebserweiterung"). Dementsprechend ist bei der Beurteilung des Gesamtbeurteilungspegels nach Realisierung der Maßnahme (vgl. Tabelle 13, S. 33 des Gutachtens ...) zu berücksichtigen, dass bereits ohne die angegriffene Planung eine erhebliche Lärmkonfliktlage besteht. Diese bereits vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des streitgegenständlichen Bebauungsplans bestehende erhebliche Vorbelastung ist daher auch zulasten des Antragstellers im Rahmen der durchgeführten Abwägung zu berücksichtigen gewesen.

Darüber hinaus ist zu sehen, dass der angegriffene Bebauungsplan durch die Gliederung der immissionswirksamen Nutzungen auch für die Anlieger zu einer gewissen Planungssicherheit führt. Durch die Ausweitung des Gewerbegebiets nach Süden und Osten besteht nicht nur die Möglichkeit, den Lärmkonflikt betreffend die nächstgelegenen Wohngebäude ... und ... sowie ...straße ... gänzlich zu beseitigen, da diese in Umsetzung der Sanierungsziele des angefochtenen Bebauungsplanes abgerissen werden sollen. Eine Verbesserung kann sich durchaus auch daraus ergeben, dass die Antragsgegnerin das gesamte Betriebsgelände ... gegliedert hat und unterhalb der Mischnutzung im Norden eine gewerbliche Nutzung nur unter Einhaltung der festgesetzten immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegels erfolgen darf. Ausweislich der Tabelle 1 der Nachbegutachtung ... vom 23. Januar 2002 (Bl. 1911 VA) wird auch unter Berücksichtigung der nunmehr zugelassenen Erweiterung des Gewerbegebiets der Tagesimmissionsrichtwert für ein allgemeines Wohngebiet von 55 dB(A) an allen durch den Gewerbelärm beeinträchtigten Wohnhäuser schon ohne Festsetzung eines immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegels eingehalten. Zur Gewährleistung eines hinreichenden Schutzniveaus während der Nacht hat der Gutachter im Rahmen seines Vorschlags der Zonierung des Gewerbegebiets "iterativ die immissionswirksamen flächenbezogenden Schallleistungspegel der einzelnen Flächen abgesenkt", damit nach Möglichkeit an allen Immissionsorten der angrenzenden Wohnbebauung die maßgeblichen Immissionsrichtwerte eingehalten werden können (vgl. Bl. 462-465, 1911-1913 VA).

Vor diesem Hintergrund liegt durch den angegriffenen Bebauungsplan auch kein Verstoß gegen den in § 50 BImSchG normierten Trennungsgrundsatz vor, insbesondere ist im Ergebnis kein Verstoß gegen das Gebot der Konfliktbewältigung festzustellen. Gemäß § 50 Satz 1 BImSchG sind bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen auf ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf sonstigen - näher bezeichneten - schutzbedürftigen Gebiete so weit wie möglich vermieden werden. Diese Zielsetzung soll durch eine geeignete räumliche Zuordnung erreicht werden, insbesondere durch ausreichende Abstände zwischen den Quellen der Risiken und den schutzbedürftigen Gebieten.

§ 50 S.1 BImSchG verleiht dem Immissionsschutz dabei besonderes Gewicht, aber keinen generellen Vorrang. Die Vorschrift verlangt nicht, dass schädliche Umwelteinwirkungen auf jeden Fall vermieden werden. Vielmehr hat dies nur "so weit wie möglich" zu geschehen (BVerwG, Urteil vom 22.03.1985, BVerwGE 71, 163). Unabhängig davon, ob diese Vorgabe als Optimierungsgebot oder eher als "Abwägungsdirektive" eingestuft wird (vgl. BVerwG, a.a.O. sowie Urteil vom 28.01.1999, NVwZ 1999, 1222; BayVGH, Urteil vom 29.06.2006, NVwZ-RR 2007, 164), ist geboten, dass die immissionsschutzrechtlichen Gesichtspunkte in die planerische Abwägung erkennbar eingehen und dort mit dem ihnen zukommenden besonderen Gewicht Berücksichtigung finden (BVerwG, Urteil vom 22.03.1985, a.a.O.; OVG RP, Urteil vom 02.05.1984, UPR 1985, 31). Eine Zurückstellung immissionsschutzrechtlicher Belange ist dabei nur möglich, wenn die Planung durch entgegenstehende Belange mit höherem Gewicht geboten ist. Dies kommt insbesondere bei der Überplanung vorhandener Gemengelagen in Betracht, so dass umgekehrt dem Trennungsgrundsatz als Element geordneter städtebaulicher Entwicklung bei einer Neuplanung auf bisher unbebauten Flächen besondere Bedeutung zukommt (NdsOVG, Urteil vom 25.06.2001, NVwZ-RR 2002, 173).

Für den Lärmschutz an öffentlichen Straßen und Schienenwegen enthalten § 50 i.V.m. §§ 41-43 BImSchG eine Stufenregelung (OVG RP, Urteil vom 19.04.1989, NVwZ 1990, 281). Die grundsätzliche Entscheidung und die Trassierung der Verkehrswege muss gemäß § 50 BImSchG so vorgenommen werden, dass schädliche Umwelteinwirkungen auf Wohngebiete und andere schutzbedürftige Gebiete möglichst vermieden werden (planerischer Lärmschutz). Wird dadurch ein ausreichender Lärmschutz nicht erreicht, sind grundsätzlich gemäß § 41 BImSchG an dem Verkehrsweg die notwendigen aktiven Schutzmaßnahmen zu treffen, es sei denn, sie sind unangemessen (aktiver Lärmschutz). Zudem sind den Betroffenen gemäß § 42 BImSchG die Aufwendungen für passive Schutzmaßnahmen an ihren Einrichtungen zu ersetzen (passiver Lärmschutz).

Nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze war ein Verstoß gegen § 50 BImSchG nicht festzustellen. Es handelt sich - wie bereits ausgeführt - bei der Neugliederung des Gewerbegebiets um die Überplanung vorhandener Gemengelagen mit den daraus folgenden planerischen Konsequenzen. Hinsichtlich des Straßenbaus wurde die Trassenführung der südlichen innerörtlichen Umgehungsstraße umfassend überprüft und begutachtet. Das Ergebnis der Planung ist Ausfluss eines Prozesses der Abwägung, der die Neugestaltung und Entwicklung des Ortskerns und die damit einhergehende Entlastung der Anlieger an der B 256 höher gewichtet, als die eintretende Zusatzbelastung der (neuen) Anlieger der Umgehungsstraße. Auf den Inhalt der Begutachtungen und der darauf basierenden Abwägung der Gremien der Antragsgegnerin (vgl. etwa Protokoll Bl. 1602ff VA) kann zur Vermeidung wiederholender Darstellung verwiesen werden. Die Antragsgegnerin war sich bewusst, dass ihre städtebaulichen Zielvorstellungen im Konflikt mit den Belangen eines Teils der Einwohner stehen. Dabei ist sie jedoch im Rahmen der Abwägung davon ausgegangen, dass der Bau der Ortskernentlastungsstraße für die städtebauliche Entwicklung unerlässlich sei und bei der Nichtverwirklichung des geplanten Konzepts der Ortskern mit den dortigen Geschäfts- und Dienstleistungseinrichtungen weiter an Bedeutung verlieren würde.

Nach der auch insoweit plausiblen Darstellung des Gutachtens ... aus dem Jahr 1999 und den Nachbegutachtungen vom 23. Januar 2002 (Bl. 460ff) sowie vom 02. Dezember 2008 (Bl. 131ff GA) führt die Realisierung der Umgehungsstraße zu einer deutlichen Verringerung der durch Lärmbelastung betroffenen Personen(anzahl). Die Umplanung einer Straßenführung mit den entsprechenden Konsequenzen von Mehr- und Minderbelastung der betroffenen Anwohner steht grundsätzlich im planerischen Ermessen der Gemeinde. Sie hat dabei aber die einschlägigen Lärm- und sonstigen Immissionswerte zu beachten, insbesondere den nach Maßgabe der 16. BImSchV zur beurteilenden künftigen Verkehrslärm.

Nach dem Gutachten ... können die jeweils maßgeblichen Werte an etwa 30 betroffenen Gebäuden nur mit aktiven und passiven Schallschutzmaßnahmen erreicht werden (Bl. 1220f VA). Diese Maßnahmen sieht der Bebauungsplan im Wesentlichen ungeachtet der rechtlichen Notwendigkeit einer planunmittelbaren Regelung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.05.1995, ZfBR 1995, 269) vor und überwindet damit die entgegenstehenden Belange nicht nur durch eine qualifizierte Ermittlung und Abwägung, sondern durch eine aktive Strategie der Lärmminderung. Die nach der Planung noch zu Grunde gelegten Überschreitungen der Lärmbelastung sind überdies durch die aktuellen Verkehrsprognosen - wie ausgeführt - noch als überzogen anzusehen. Nach alledem kann der Antragsgegnerin nicht vorgeworfen werden, sie hätte die für die Anwohner der Straße "Im ..." und andere Anlieger zweifache Schallbelastung durch den Verkehr der neuen Trasse für die B 256 und die Immissionen der Fa. ... nicht hinreichend gewürdigt. Die Belange der Anwohner hat die Antragsgegnerin vielmehr in die Abwägung eingestellt und im Ergebnis damit den Ausgleich zwischen den von der Planung betroffenen öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange nicht außer im Verhältnis steht.

Insgesamt hat die Antragsgegnerin durch die Festlegung von flächenbezogenen Schallleistungspegeln bei den Gewerbegebieten sowie durch aktive und passive Schallschutzmaßnahmen im Rahmen des Straßenbauprojekts das Mögliche getan, um die gemeindlichen Planungen im Rahmen der Sanierungsziele zu realisieren und dabei zugleich die Beeinträchtigungen der Anlieger durch die Realisierung des Bebauungsplans (vgl. etwa Bl. 1753ff VA) auf der Grundlage der genannten rechtlichen Maßstäbe so gering wie möglich zu halten.

Der Normenkontrollantrag musste nach alledem im Wesentlichen ohne Erfolg bleiben. Allerdings sind die Festsetzungen im Rahmen des Mischgebiets ...straße ... nicht mit den gesetzlichen Vorgaben des § 17 BauNVO zu vereinbaren. Gemäß § 17 Abs. 1 BauNVO dürfen bei der Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung nach § 16 BauNVO in einem Mischgebiet eine Grundflächenzahl von 0,6 und eine Geschossflächenzahl von 1,2 nicht überschritten werden. Diese Maße werden jedoch in dem Teilgebiet ...straße ... deutlich überschritten, da hier eine GRZ von 1,0 und eine GFZ von 5,0 festgesetzt worden sind. Die hierzu gegebene Begründung des Bebauungsplans (vgl. Bl. 1756, 3. Absatz VA) kann die vorgenannten Festsetzungen indessen nicht rechtfertigen.

Eine Ausnahme nach § 17 Abs. 3 BauNVO wurde von der Antragsgegnerin nicht geltend gemacht, dementsprechend eine überwiegende Bebauung vor 1962 nicht dargelegt. Auch die Regelung des § 17 Abs. 2 BauNVO kann die vorgenommene Abweichung nicht begründen. § 17 Abs. 2 Satz 1 BauNVO nennt drei Voraussetzungen für die Überschreitung. Es müssen besondere städtebauliche Gründe vorliegen (Nr. 1), die Folgen der Überschreitung müssen durch Umstände oder Maßnahmen ausgeglichen werden (Nr. 2) und andere öffentliche Belange dürfen nicht entgegenstehen (Nr. 3). Vorliegend fehlt insbesondere jegliche Begründung und Abwägung dahingehend, durch welche von der Vorschrift näher bezeichneten "Umstände" die Überschreitungen ausgeglichen werden sollen. Allein der Bestandsschutz für das Verwaltungsgebäude der Firma ... vermag eine derartige Festsetzung nicht zu rechtfertigen, da diese gesetzlich unerwünschten Festsetzungen auch darüber hinaus für künftige Nutzungen verbindlich wären.

Erst ein besonderes planerisches Konzept, das allerdings allgemeinen rechtlichen Anforderungen standhalten muss, schafft die besonderen städtebaulichen Gründe für die Überschreitung der Obergrenzen. Dabei geht der Verordnungsgeber von möglicherweise erheblichen negativen Auswirkungen der Überschreitungen aus, die es auszugleichen gilt. Beides führt im Rückschluss zu Anforderungen an das städtebauliche Konzept, aus dem sich als Planungsrechtfertigung die Überschreitung der Obergrenzen in Form besonderer städtebaulicher Gründe ergibt und das auf Ausgleichsumstände fußt oder Ausgleichsmaßnahmen vorsieht. (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, 89. EL 2008, Rn. 25 zu § 17 BauNVO). Diese qualifizierten Anforderungen sind allein im Hinblick auf die bestandsgeschützten Gebäude der Firma ... und die "Abkoppelung" des Gewerbegebiets nicht erfüllt. Eine entsprechende Begründung konnte die Antragsgegnerin auch im Klageverfahren nicht herleiten. Allein der Umstand der "Alternativlosigkeit" kann kein besonderes städtebauliches Konzept im Sinne des § 17 Abs. 2 BauNVO darstellen.

Die teilweise mit der BauNVO unvereinbaren Festsetzungen führen indessen nur zur teilweisen Unwirksamkeit des Bebauungsplans. Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen dann nicht zu dessen Unwirksamkeit, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen, für sich betrachtet, noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und wenn die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (BVerwG, Beschluss vom 22.01.2008, 4 B 5/08, juris Rn. 8 m.w.N.). Aus Sicht des Senates steht es vor dem Hintergrund der nur zu einem kleinen Teil bestehenden Unwirksamkeit der Festsetzungen außer Frage, dass die Antragsgegnerin den Bebauungsplan auch dann erlassen hätte, wenn sie von der Fehlerhaftigkeit des Mischgebiets ...straße 2-8 ausgegangen wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 S. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000,-- € festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327).



Ende der Entscheidung

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