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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 15.01.2004
Aktenzeichen: 12 A 11823/03.OVG
Rechtsgebiete: BSHG, SGB X, BGB


Vorschriften:

BSHG § 107
BSHG § 107 Abs. 1
SGB X § 111
SGB X § 111 S. 1
SGB X § 111 S. 2 F: 1983
SGB X § 111 S. 2 F: 2001
SGB X § 113
SGB X § 113 Abs. 1
SGB X § 113 Abs. 1 S. 1 F: 1983
SGB X § 113 Abs. 1 S. 1 F: 2001
SGB X § 120
SGB X § 120 Abs. 2 F: 2001
BGB § 195
Der Kostenerstattungsanspruch aufgrund des Umzuges eines Sozialhilfeempfängers nach § 107 Abs. 1 BSHG verjährt in analoger Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X (Fassung 2001) in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von allen seinen Erstattungsanspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

12 A 11823/03.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Sozialhilfe (Kostenerstattung)

hat der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 15. Januar 2004, an der teilgenommen haben

Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Wünsch Richter am Oberverwaltungsgericht Wolff Richterin am Verwaltungsgericht Verheul ehrenamtlicher Richter Rentner Koch ehrenamtliche Richterin Hausfrau Köber

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das auf die mündliche Verhandlung vom 8. Oktober 2003 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von Sozialhilfeleistungen.

Am 11. November 1997 verzog die damals neunköpfige Familie K. von K. nach V. in den Zuständigkeitsbereich des Klägers und beantragte bei diesem die Gewährung von Sozialhilfe. Mit Bescheid vom 27. November 1997 gab der Kläger diesem Antrag statt; die Leistungen für Dezember 1997 wur- den spätestens am 3. Dezember 1997 ausbezahlt. Bereits mit Schreiben vom 25. November 1997 hatte der Kläger der Beklagten hiervon Mitteilung gemacht und um Anerkennung ihrer Kostenerstattungspflicht gemäß § 107 BSHG dem Grunde nach gebeten. Mit Schreiben vom 8. Dezember 1997 entsprach die Beklagte dieser Bitte. Mit Schreiben vom 8. Februar 1999 bezifferte der Kläger seine Erstattungsforderung für Dezember 1997 bis November 1998 einschließlich auf 24.602,75 DM. Im Rahmen einer sich anschließenden Korrespondenz ermäßigte der Kläger seine Erstattungsforderung auf 23.173,71 DM; hiervon entfiel auf den Dezember 1997 der Betrag von 2.481,53 DM. Hiergegen erhob die Beklagte nach dem Zugang eines Schreibens des Klägers vom 4. November 1999 zunächst keine Einwendungen mehr, zahlte aber auch nicht.

Mit Schreiben vom 26. Juli 2000 bat der Kläger für den Zeitraum Dezember 1998 bis April 1999 um Erstattung weiterer 9.728,25 DM. Nach einem Briefwechsel im April 2001 teilte die Beklagte mit Schreiben vom 14. Juni 2002 mit, sie erkenne einen Erstattungsanspruch in Höhe von insgesamt 30.953,04 DM an, prüfe aber noch, ob nicht mittlerweile der auf Dezember 1997 entfallende Betrag in Höhe von 2.481,53 DM = 1.268,79 € verjährt sei. Mit Schreiben vom 28. November 2002 verweigerte die Beklagte unter Hinweis auf die ihres Erachtens insoweit eingetretene Verjährung die Erstattung von 1.268,79 € und überwies nur den unstreitigen Betrag.

Am 6. Februar 2003 hat der Kläger daraufhin Klage im Verwaltungsstreitverfahren erhoben und geltend gemacht, die Beklagte könne sich bezüglich des Betrages von 1.268,79 € für Dezember 1997 nicht auf Verjährung berufen. Für Kostenerstattungsansprüche gemäß § 107 BSHG gelte nicht die in § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X geregelte vierjährige Verjährungsfrist, sondern die bis zum 31. Dezember 2005 geltende Verjährungsfrist des § 195 BGB.

Mit Urteil vom 8. Oktober 2003 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen, die Berufung hiergegen aber wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Zur Begründung seiner Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen und beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 8. Oktober 2003, Az. 5 K 277/03.KO, zu verurteilen, an ihn 1.268,79 € nebst Zinsen daraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

und macht geltend, auf den Kostenerstattungsanspruch des Klägers finde § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X zumindest analog Anwendung, so dass der auf Dezember 1997 entfallende Teilbetrag verjährt sei.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Verwaltungsakten der Beteiligten Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen durchsetzbaren Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der von ihm im Dezember 1997 an die Familie K. geleisteten Sozialhilfe gemäß § 107 Abs. 1 BSHG. Die gegen diesen Anspruch des Klägers seitens der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung ist begründet. Der Anspruch des Kläger auf Erstattung der im Dezember 1997 an die Familie K. geleistete Sozialhilfe ist nämlich aufgrund der gebotenen analogen Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit Ablauf des 31. Dezember 2001 verjährt. Im Einzelnen:

§ 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X in seiner ursprünglichen, bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung, die seit ihrem Inkrafttreten infolge der gleichzeitigen Aufhebung von § 113 BSHG a.F. gemäß § 37 Satz 1 SGB I auch für Kostenerstattungsansprüche gemäß §§ 103 ff. BSHG gegolten hat, findet im vorliegenden Fall gemäß § 120 Abs. 2 SGB X keine Anwendung mehr. Zufolge dieser Bestimmung sind auf Erstattungsverfahren, die am 1. Juni 2000 noch nicht abschließend entschieden waren, § 111 Satz 2 und § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht mehr in ihrer bisherigen, sondern in der vom 1. Januar 2001 an geltenden Fassung anzuwenden. Das in Rede stehende Erstattungsverfahren war im Sinne von § 120 Abs. 2 SGB X "am 1. Juni 2000 noch nicht abschließend entschieden". Denn zu diesem Zeitpunkt lag noch keine rechtskräftige Gerichtsentscheidung vor, ferner war das Kostenerstattungsverfahren noch nicht durch die Erstattung von Kosten einvernehmlich abgewickelt (vgl. BT-Drs. 14/6375 S. 61 sowie Roos in von Wulffen, SGB X, 4. Aufl., § 120 Rdnr. 5), und schließlich hatte sich der Kläger nicht damit abgefunden, (insoweit) keine Kostenerstattung zu erhalten (vgl. dazu Nehls in Hauck/Nofzt, SGB X 3, § 120 Rdnr. 8 f. sowie das dort wiedergegebene Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 29. März 2001 [IV a 1 - 48600/7]).

§ 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X in seiner ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung findet indessen auf Kostenerstattungsansprüche nach § 107 BSHG keine unmittelbare Anwendung. Zufolge dieser Vorschrift verjähren Erstattungsansprüche "in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungsverpflichteten Leistungsträgers über dessen Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat". Die dahingehende Gesetzesänderung ist eine Folge der Neufassung des § 111 Satz 2 SGB X über den Beginn der Ausschlussfrist zur Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs des erstattungsberechtigten gegenüber dem zur Erstattung verpflichteten Leistungsträger. Dadurch sollte "die Verjährungsfrist mit der Ausschlussfrist des § 111 SGB X kompatibel" gestaltet werden (vgl. BT-Drs. 14/4375 S. 60). Nach § 111 Satz 2 SGB X n.F., der vor der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2001 gemäß § 37 Satz 1 SGB I auch auf Kostenerstattungsansprüche nach § 107 BSHG unmittelbar anwendbar gewesen ist, beginnt die Frist zur Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs nicht mehr frühestens mit dessen Entstehung, sondern frühestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt. Sowohl § 111 Satz 2 SGB X n.F. als auch § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X n.F. stellen mithin auf die Kenntnisnahme des erstattungsberechtigen Leistungsträgers von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht ab.

In den in § 107 BSHG geregelten Kostenerstattungsfällen nach dem Umzug eines Sozialhilfeempfängers kann indessen der erstattungsberechtigte Leistungsträger von einer Entscheidung des erstattungsverpflichteten Leistungsträgers über dessen Leistungspflicht keine Kenntnis erlangen. In diesen Fällen trifft nämlich der erstattungsverpflichtete Leistungsträger keine Entscheidung über seine Leistungspflicht. Eine Leistungspflicht obliegt in den in § 107 BSHG geregelten Fällen allein dem erstattungsberechtigten Leistungsträger, nämlich nur dem Sozialhilfeträger, der einem Hilfeempfänger Sozialhilfe zu leisten hat; den erstattungsverpflichteten Leistungsträger trifft in den Fällen des § 107 BSHG keine Leistungspflicht mehr.

Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts kann eine "Entscheidung" des erstattungsverpflichteten Leistungsträgers "über seine Leistungspflicht" auch nicht in seiner Reaktion auf die Anzeige des Kostenerstattungsfalles seitens des erstattungsberechtigten Leistungsträgers gesehen werden, also in der Ablehnung oder - wie im vorliegenden Fall - in einem grundsätzlichen Anerkenntnis der Erstattungspflicht. Einer dahingehenden Auslegung steht bereits der eindeutige Gesetzeswortlaut entgegen (so auch VG Braunschweig, Urteil vom 23. Mai 2002 - 3 A 432/01 - UA S. 8). Ferner widerspräche eine solche Auslegung dem vom Gesetzgeber gewollten Inhalt der Neuregelung (so auch Nieders. OVG, Urteil vom 10. April 2002 - 4 LB 3480/01 - FEVS 54, 64 [71 f.]). Durch die Neufassung von § 111 Satz 2 SGB sollte nämlich erreicht werden, "dass Erstattungsansprüche auch Leistungen des Erstattungsberechtigten und -verpflichteten für Zeiträume erfassen können, deren Ende länger als 12 Monate zurückliegt", weil bislang nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts "der erstattungsberechtigte Träger in solchen Fällen keine Möglichkeit" gehabt habe, "seinen Erstattungsanspruch fristgerecht geltend zu machen" (vgl. BT-Drs. 14/4375 S. 60, wo zur näheren Erläuterung auch allein auf Kostenerstattungsfälle i.S.v. § 104 SGB X abgestellt wurde). Überdies würde die Auslegung der Neuregelung durch das Verwaltungsgericht zu dem in sich widersprüchlichen und systemwidrigen Ergebnis führen, dass die Frist für die Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs erst nach dessen Geltendmachung zu laufen beginnt, weil ja der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Kostenerstattungspflicht die (grudsätzliche) Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs durch den erstattungsberechtigten Leistungsträger vorausgeht (so auch BayVGH, Beschluss vom 22. August 2001 - 12 B 99.889 - FEVS 53, 165 [167]). Zugleich würde dies bedeuten, dass der erstattungsberechtigte Leistungsträger durch ein Verzögern der Anzeige des Kostenerstattungsfalles gegenüber dem erstattungsverpflichteten Leistungsträger sowohl den Beginn der Ausschlussfrist des § 111 SGB X als auch den Beginn der Verjährungsfrist des § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X nach seinem Belieben verzögern könnte. Dieses Ergebnis wäre indessen, wie das Verwaltungsgericht selbst ausführt, mit Sinn und Zweck der §§ 111 und 113 SGB X, "hinsichtlich bestehender Forderungen nach Ablauf einer bestimmten Zeitspanne Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zu gewährleisten, schlichtweg unvereinbar" (UA S. 7). Darüber hinaus würde bei der Annahme, die Verjährungsfrist beginne mit der grundsätzlichen Entscheidung des erstattungsverpflichteten Leistungsträgers über seine Erstattungspflicht, die Verjährung des Kostenerstattungsanspruchs insoweit bereits vor dessen Entstehung beginnen, als Sozialhilfe vom erstattungsberechtigten Leistungsträger an den Hilfeempfänger erst nach dem Zugang der grundsätzlichen Entscheidung des erstattungsverpflichteten Trägers über seine Kostenerstattungspflicht geleistet wird. Der Beginn der Verjährung eines Anspruchs bereits vor seiner Entstehung ist indessen denknotwendig ausgeschlossen (vgl. auch § 198 Satz 1 BGB a.F. und §§ 199 f. BGB n.F.); die vom Verwaltungsgericht insoweit angenommene Hemmung der Verjährung setzt den - vor dem Entstehen des Anspruches nicht möglichen - Beginn der Verjährungsfrist voraus und kann deshalb nicht eintreten.

Folglich werden der Beginn der Ausschlussfrist des § 111 SGB X und der Verjährungsfrist des § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X durch deren Neufassungen nunmehr vom Vorliegen von Umständen abhängig gemacht, die in den in § 107 BSHG geregelten Kostenerstattungsfällen nie vorliegen können. Dadurch hat der Gesetzgeber diese Fälle - wenn auch unbeabsichtigt (siehe dazu sogleich) - von einer unmittelbaren Anwendbarkeit der §§ 111 Satz 2 und 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X ausgenommen (ebenso BayVGH, a.a.O. S. 167 f., Nieders. OVG, Urteile vom 10. April 2002, a.a.O. S. 71 und 73 sowie vom 23. Januar 2003 - 12 LC 527/02 - FEVS 54, 564 [566], VG Braunschweig, Urteil vom 23. Mai 2002, a.a.O., Bräutigam in Fichtner, BSHG, 2. Aufl., vor § 103 Rdnrn. 16 und 18, Schwabe ZfF 2001, 81 [83 und 84], Zeitler NDV 2003, 138 und 139, Deutscher Verein, NDV 2002,7 und 8; Schreiben des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit vom 30. Oktober 2002 [641 - 6 - 76000 - 10] und die amtliche Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch - BT-Drs. 15/1514 S. 69; ohne Begründung anderer Ansicht Schoch in LPK-BSHG, 6. Aufl., vor § 113 Rdnr. 3 m.w.N.; insoweit unklar W. Schellhorn/H. Schellhorn, BSHG, 16. Aufl., § 113 Rdnr. 6).

Mithin ist durch das Inkrafttreten der Neufassungen von § 111 Satz 2 und § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X eine Regelungslücke entstanden. Die Annahme des Klägers, mit § 195 BGB existiere eine "allgemeine Norm", so dass trotz des Fehlens einer "speziellen Regelung" keine Regelungslücke vorliege, trifft nicht zu (dies verkennen auch Schwabe, a.a.O S. 84 und Zeitler, a.a.O. S. 139 f.; unklar insoweit der Deutsche Verein, a.a.O. S. 8). § 195 BGB bestimmt zwar die regelmäßige Frist, innerhalb der "das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (Anspruch)," verjährt (§ 194 Abs. 1 BGB). Die Vorschriften der §§ 194 ff. BGB gelten indessen unmittelbar nur für insbesondere im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelte, bürgerlich-rechtliche (zivilrechtliche) Ansprüche. Hierzu zählen die sich aus § 107 BSHG ergebenden öffentlich-rechtlichen Kostenersatzansprüche zwischen Sozialhilfeträgern nicht. Auf solche öffentlich-rechtliche Ansprüche können die §§ 194 ff. BGB allenfalls analog, das heißt entsprechend bzw. sinngemäß angewendet werden (vgl. nur die andernfalls überflüssige Regelung in § 113 Abs. 2 SGB X).

Diese Regelungslücke hat der Gesetzgeber "nicht beabsichtigt" (so ausdrücklich BT-Drs. 15/1514 S. 69). Den Gesetzgebungsmaterialien ist nämlich nicht zu entnehmen, dass der Gesetzgeber willentlich die Kostenerstattungsansprüche gemäß § 107 BSHG von den Bestimmungen im Zehnten Buch Sozialgesetzbuch über die Ausschluss- und Verjährungsfrist bzw. über deren Beginn ausnehmen oder auch nur die Dauer der danach maßgeblichen vierjährigen Verjährungsfrist ändern wollte. Im Gegenteil zeigt die Neufassung von § 113 Abs. 1 SGB X, dass der Gesetzgeber grundsätzlich an der vierjährigen Verjährungsfrist festhalten und lediglich deren Beginn neu regeln wollte (siehe oben). Diese somit planwidrig entstandene Regelungslücke ist durch eine Analogie zu schließen. Zwar ist insoweit - auch - eine entsprechende Anwendung der Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch denkbar (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1967 - VI C 98.65 - BVerwGE 28, 336 [338] und BSG, Urteil vom 20. Oktober 1983 - 7 RAr 41/82 - BSGE 56, 20 [22]). Die Verjährung vermögensrechtlicher Ansprüche von Hoheitsträgern richtet sich jedoch in erster Linie nach dem jeweils einschlägigen Spezialrecht. Beim Fehlen ausdrücklicher Regelungen hat sich eine Analogie nach dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelung und der Interessenlage zu richten (so BVerwG, Urteil vom 4. Oktober 1994 - 1 C 41.92 - BVerwGE 97, 1 [7] m.w.N.). Mit Rücksicht auf deren öffentlich-rechtliche Natur und die Interessenlage der daran Beteiligten ist bei Kostenerstattungsverhältnissen nach § 107 BSHG nicht eine entsprechende Anwendung von §§ 194 ff. BGB, sondern eine analoge Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X n.F. angemessen (so auch Nieders. OVG, Urteil vom 23. Januar 2003, a.a.O. S. 567 ff. und VG Gelsenkirchen, Urteil vom 13. Dezember 2002 - 19 K 7084/00 - ZFSH/SGB 2002, 226 [228 f.]).

Der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass "§ 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit der Regelung einer einheitlichen Verjährungsfrist von vier Jahren für die (wichtigsten) sozialrechtlichen Ansprüche einen allgemeinen Grundsatz des Sozialrechts darstellt", vermag der Senat allerdings nicht zuzustimmen (vgl. bereits das Urteil des Senats vom 9. Juni 2000 - 12 A 12118/99 -, AS 28, 303 [304 f.] = FEVS 52, 568 [569] unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. November 1986 - 5 C 74.85 - BVerwGE 75, 173 [179]). § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X regelte jedoch ab seinem Inkrafttreten grundlegend alle kostenerstattungsrechtlichen Erstattungsansprüche zwischen verschiedenen Sozialleistungsträgern und sollte, wie die gleichzeitige Aufhebung des damaligen § 113 BSHG zeigt, über § 37 Satz 1 SGB I ausdrücklich auch für die im Bundessozialhilfegesetz geregelten Kostenerstattungsansprüche gelten. Der Gesetzgeber beabsichtigte durch die Änderung von § 111 Satz 2 und 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht, hieran grundsätzlich etwas zu ändern oder auch nur die vierjährige Dauer der Verjährungsfrist für im Bundessozialhilfegesetz geregelte Kostenerstattungsansprüche zu verändern. Wie oben bereits angemerkt wurde, wollte der Gesetzgeber vielmehr allein den Beginn der Verjährungsfrist - in Übereinstimmung mit dem Beginn der Ausschlussfrist des § 111 SGB X - neu regeln. Dass eine vierjährige Verjährungsfrist für Kostenerstattungsansprüche nach § 107 BSHG beibehalten werden sollte, ergibt sich auch aus dem - hier nicht einschlägigen - § 113 Abs. 1 Satz 2 SGB X n.F., der wie seine alte Fassung für Rückerstattungsansprüche eine Verjährungsfrist von vier Jahren vorsieht und ebenfalls lediglich den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist für Rückerstattungsansprüche neu regelt. Schließlich wird eine vierjährige Verjährungsfrist in den Fällen der Kostenerstattung nach § 107 BSHG dem Interesse an der Überschaubarkeit öffentlicher Haushalte und an einer möglichst raschen Klärung von Erstattungsansprüchen gerecht (so auch Nieders. OVG, Urteil vom 23. Januar 2003, a.a.O. S. 567 f.).

Somit ist für Kostenerstattungsansprüche nach § 107 Abs. 1 BSHG aus § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X n.F. eine vierjährige Verjährungsfrist zu entnehmen und für deren Beginn auf die hinter der Neufassung von § 111 Satz 2 und § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X stehende gesetzgeberische Absicht abzustellen. Diese ging dahin, insoweit nicht mehr an das Entstehen des Anspruchs, sondern an die Kenntnis des erstattungsberechtigten Leistungsträgers von den seinen Kostenerstattungsanspruch begründenden Umständen einschließlich des erstattungsverpflichteten Leistungsträgers anzuknüpfen (so auch VG Gelsenkirchen, a.a.O. S. 228). Ein analoges Abstellen bereits auf das objektive Entstehen des Kostenerstattungsanspruchs (so Nieders. OVG, Urteil vom 23. Januar 2003, a.a.O. S. 568) berücksichtigt nicht den Zweck der Neuregelung von § 111 Satz 2 und § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X, auch wenn es in der Praxis Fälle, in denen ein gemäß § 107 BSHG erstattungsberechtigter Sozialhilfeträger erst nach dem Entstehen seines Anspruchs von den dafür maßgeblichen Umständen und dem "richtigen" erstattungsverpflichteten Sozialhilfeträger Kenntnis erlangt (vgl. dazu Zeitler, a.a.O. S. 140), kaum geben dürfte. Es kann analog aber auch nicht etwa an den Zeitpunkt der Kenntniserlangung von der "Entscheidung" des erstattungsverpflichteten Sozialhilfeträgers über seine Kostenerstattungspflicht angeknüpft werden (so aber W. Schellhorn/H. Schellhorn, a.a.O. Rdnr. 6 und wohl auch der Deutsche Verein, a.a.O. S. 8). Dies gilt, soweit infolge späterer Sozialhilfeleistungen der Kostenerstattungsanspruch erst nach diesem Zeitpunkt entsteht, aus den oben bereits dargelegten Gründen und andernfalls deshalb, weil dann der erstattungsberechtigte Sozialhilfeträger schon vor diesem Zeitpunkt alle seinen Anspruch begründenden Umstände kannte und das Abstellen auf einen späteren Zeitpunkt der gesetzgeberischen Absicht widerspräche.

Im vorliegenden Fall waren die Sozialhilfeleistungen an die Familie K. für Dezember 1997 mit Bescheid des Klägers vom 27. November 1997 bewilligt und spätestens am 3. Dezember 1997 ausbezahlt worden. Deshalb war der Erstattungsanspruch des Klägers spätestens zu diesem Zeitpunkt entstanden, dieser kannte zudem alle seinen Erstattungsanspruch begründenden Umstände bereits zu diesem Zeitpunkt. Somit begann in analoger Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X n.F. die vierjährige Verjährungsfrist bezüglich seines Kostenerstattungsanspruchs für die an die Familie K. im Dezember 1997 geleistete Sozialhilfe am 1. Januar 1998 zu laufen und endete mit Ablauf des 31. Dezember 2001. Die Beklagte war mithin nach dem 31. Dezember 2001 berechtigt, insoweit die Leistung zu verweigern.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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