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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 22.03.2005
Aktenzeichen: 12 A 12101/04.OVG
Rechtsgebiete: POG, VereinsG, GG


Vorschriften:

POG § 22
POG § 22 Nr. 1
VereinsG § 9
VereinsG § 9 Abs. 1
VereinsG § 9 Abs. 1 S. 1
VereinsG § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
VereinsG § 9 Abs. 2
VereinsG § 9 Abs. 2 S. 1
VereinsG § 9 Abs. 2 S. 2
VereinsG § 9 Abs. 3
GG Art. 9
GG Art. 9 Abs. 1
Zum vereinsrechtlichen Verwendungsverbot für Kennzeichen der Hells Angels.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

12 A 12101/04.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Polizeirechts

hat der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2005, an der teilgenommen haben

Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Wünsch Richter am Oberverwaltungsgericht Geis Richterin am Verwaltungsgericht Bröcheler-Liell ehrenamtliche Richterin Hausfrau Köber ehrenamtliche Richterin Hausfrau Nickel

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 18. Oktober 2004 - 3 K 4069/03.KO - wird die Klage auf Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 15. Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2003 abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Sicherstellung einer Lederweste, die er als Mitglied des Vereins "Hells Angels MC B." trägt.

Unter dem 4. Juni 2002 wurde die Lederweste des Klägers im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen eines Verdachts des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz beschlagnahmt, weil auf ihr Embleme der verbotenen Hells Angels Vereine in Düsseldorf und Hamburg angebracht seien. Die schwarze Lederweste ist auf der Rückseite mit den Aufnähern "HELLS ANGELS", "GERMANY", "MC" und dem Vereinswappen der Hells Angels, einem Totenkopf mit rechtsseitigem Engelsflügel, versehen. Auf der Vorderseite der Weste befinden sich im linken Bereich ein großer und ein kleiner Aufnäher jeweils mit dem Schriftzug "B.", rechts - in Brusthöhe - ein weiterer kleiner Aufnäher mit dem Schriftzug "HELLS ANGEL".

Die Staatsanwaltschaft stellte das Ermittlungsverfahren ein, da ein Verstoß gegen § 9 Abs. 3 des Vereinsgesetzes in der Fassung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes vom 9. Januar 2002 (BGBl. I S. 361) - VereinsG - nicht strafbar sei. Daraufhin stellte der Beklagte mit Bescheid vom 15. Juli 2002 die Lederweste auf der Grundlage des § 22 Polizei- und Ordnungsbehördengesetz - POG - sicher und hörte den Kläger zur beabsichtigten Vernichtung an. Gleichzeitig wurde dem Kläger vorgeschlagen, den Ortsnamen "B." auf dem Rücken der Weste deutlich sichtbar anzubringen, um deren Vernichtung zu vermeiden.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers, mit dem er den Vorschlag ablehnte und geltend machte, die Sicherstellung sei rechtswidrig, weil es sich bei dem Motorradclub "Hells Angels MC B." um keinen verbotenen Verein i.S.d. § 9 VereinsG handele, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2003 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Sicherstellung sei gerechtfertigt. Das Tragen der Weste in der Öffentlichkeit verstoße gegen § 9 Abs. 3 VereinsG und damit gegen die öffentliche Sicherheit. Die Weste entspreche auf ihrer Rückseite genau denjenigen der wegen der Ausrichtung auf kriminelle Ziele verbotenen Vereine in Düsseldorf und Hamburg; sie könne daher mit diesen verwechselt werden.

Mit Urteil vom 18. Oktober 2004 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Aufhebung des angegriffenen Bescheides verpflichtet, die Weste herauszugeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es könne offen bleiben, ob es sich bei der Clubweste des Klägers um eine solche handele, wie sie in im Wesentlichen gleicher Form auch von den verbotenen Vereinen der Hells Angels in Düsseldorf und/oder Hamburg verwendet worden sei. Jedenfalls sei weder festzustellen, dass es sich bei dem Verein des Klägers um eine Teilorganisation der verbotenen Clubs handele, noch dass er die Zielrichtung der verbotenen Gruppierungen teile. Dies sei jedoch nach § 9 Abs. 3 VereinsG Voraussetzung, um von einem Verbot der Kennzeichen auszugehen.

Die sichergestellte Lederweste ist dem Kläger im Januar 2005 ausgehändigt worden.

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung tritt der Beklagte dem Urteil entgegen. Nach der Satzungslage und den Clubstatuten teile der Verein des Klägers die Zielrichtung der verbotenen Vereine in Düsseldorf und Hamburg. Darüber hinaus seien auch die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 und 2 VereinsG erfüllt. Bei den Emblemen auf der Rückseite der Weste handele es sich um Kennzeichen eines verbotenen Vereins. Eine Ortsbezeichnung sei nicht Bestandteil der Kennzeichen der beiden verbotenen Hells Angels Vereine in Hamburg und Düsseldorf gewesen. Daher bestehe eine Verwechslungsmöglichkeit. Lediglich die Vorderseite der Weste lasse eine Unterscheidung zu, die jedoch für den objektiven Betrachter kaum wahrnehmbar sei.

Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 18. Oktober 2004 - 3 K 4069/03.KO - die Klage auf Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 15. Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2003 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er tritt dem Berufungsvorbringen im Wesentlichen unter Verteidigung der Ausführungen des Verwaltungsgerichts entgegen. Er macht darüber hinaus geltend, die Lederweste sei als Ganzes zu betrachten. Damit handele es sich bei ihr um ein Kennzeichen des nicht verbotenen Hells Angels Clubs in B.. Außerdem sei der Beklagte an einem polizeirechtlichen Einschreiten schon deshalb gehindert gewesen, weil die Staatsanwaltschaft das gegen ihn gerichtete Ermittlungsverfahren eingestellt habe und auch die strafgerichtliche Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen eine Strafbarkeit wegen des Verwendens verbotener Kennzeichen verneine.

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den Schriftsätzen der Beteiligten, den sonstigen zu den Akten gereichten Unterlagen sowie den Verwaltungs- und Widerspruchsvorgängen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist abzuändern und die Klage abzuweisen. Das folgt zwar nicht schon daraus, dass es nach Aushändigung der Lederweste an den Kläger für die Zulässigkeit der Klage am allgemeinen Rechtsschutzinteresse fehlen würde. Die angefochtene Sicherstellungsverfügung, an der der Beklagte festhält, bleibt hiervon unberührt. Die Klage ist aber unbegründet. Die Verfügung vom 15. Juli 2002 sowie der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2003 sind rechtmäßig und verletzten den Kläger daher nicht in eigenen Rechten, wie es § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO voraussetzt.

Die Sicherstellung findet ihre Rechtsgrundlage in § 22 Nr. 1 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes - POG -. Danach kann die Polizei eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Das Tragen der mit den Abzeichen der "Hells Angels" versehenen Weste stellt eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar, weil insoweit ein Verstoß gegen § 9 des Vereinsgesetzes in der Fassung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes vom 9. Januar 2002 (BGBl. I S. 361) - VereinsG - vorliegt. Insoweit bestimmt Absatz 1, dass Kennzeichen eines verbotenen Vereins für die Dauer der Vollziehbarkeit des Verbots u.a. nicht mehr öffentlich oder in einer Versammlung verwendet werden dürfen. § 9 Abs. 2 VereinsG definiert die Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 und stellt diesen in seinem Satz 2 solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind. Schließlich ordnet § 9 Abs. 3 VereinsG die entsprechende Geltung des Verbotes nach Abs. 1 für Kennzeichen eines verbotenen Vereins an, die in im Wesentlichen gleicher Form von anderen nicht verbotenen Teilorganisationen oder von selbständigen, die Zielrichtung des verbotenen Vereins teilenden Vereinen verwendet werden.

Allerdings folgt das Kennzeichenverbot hier nicht aus § 9 Abs. 3 VereinsG. Darauf hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der "Hells Angels MC B.", dem der Kläger angehört, die kriminellen Ziele der verbotenen Hells Angels Vereine in Hamburg oder Düsseldorf teilt. Denn die erwähnte Zielrichtung bestimmt sich nicht maßgeblich nach rein formalen Kriterien. Vielmehr legt der Zusammenhang mit § 9 Abs. 1 VereinsG, der das Verwenden von Kennzeichen eines verbotenen Vereins untersagt, nahe, dass es sich um eine Übereinstimmung in der Weltanschauung, die letztlich das Vereinsgebot begründet hat, handeln muss. Bestätigt wird dies durch die Gesetzesbegründung zu dem § 9 VereinsG betreffenden Art. 9 Nr. 2 des Gesetzes zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus (BT-Drs. 14/7386, S. 48 f.) - Terrorismusbekämpfungsgesetz -. Danach dient die Regelung des § 9 Abs. 3 VereinsG lediglich insofern der Klarstellung, als teilweise die Auffassung vertreten wurde, dass erst alle in gleicher Aufmachung auftretenden und die gleiche weltanschauliche Ausrichtung teilenden Vereine in der Bundesrepublik Deutschland verboten sein müssten, bevor von einem Kennzeichen eines verbotenen Vereins ausgegangen werden könne. Der Gesetzgeber hat sich mit der Neuregelung für die Effektivität des Kennzeichenverbotes entschieden. Vor diesem Hintergrund reicht ihm zu seiner Durchsetzung (lediglich) eine übereinstimmende Zielrichtung aus, welche letztlich selbst zum Verbot des Drittvereins führen könnte. Im Übrigen enthält § 9 Abs. 3 VereinsG keine spezialgesetzliche Regelung für Mitglieder nicht verbotener Teilorganisationen oder selbständiger Vereine. Vielmehr bleibt das gesetzliche Verbot aus § 9 Abs. 1 VereinsG unberührt. Es richtet sich an jedermann, also auch an Mitglieder nicht verbotener Vereine, sofern sie Kennzeichen eines verbotenen Vereins tragen.

Die Abzeichen auf der Rückseite der Lederweste des Klägers sind Kennzeichen eines verbotenen Vereins; sie werden von dem Verwendungsverbot des § 9 Abs. 1 Satz 1 VereinsG erfasst. Die Schriftzüge "HELLS ANGELS", "GERMANY", "MC" und das Bild des behelmten Totenkopfes mit rechtsschwingendem Engelsflügel sind nämlich - auch - Kennzeichen der verbotenen Hells Angels Vereine in Düsseldorf und Hamburg. Dies geht hinsichtlich des sog. Charter Düsseldorf aus der Verbotsverfügung des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11. Dezember 2000 - IV A 3 - 2205 -, dort S. 5 (Blatt 124 <128> der Gerichtsakte) sowie aus Anlage 1 zur Bekanntmachung des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 5. August 2002 - 44.3 - 2205 - (MBl. NRW. 2002, S. 973) hervor. Die dort abgebildete Rückseite einer Lederweste, die gerade keinen Hinweis auf den Charter Düsseldorf enthält, ist identisch mit der des Klägers. Auch der mit Verfügung des Bundesministers des Innern vom 21. Oktober 1983 - 151 - 619 313/13 - verbotene "Hells Angels Motor-Club e.V." Hamburg verwendete als Clubemblem die genannten Schriftzüge sowie den behelmten Totenkopf mit rechtsseitigem Engelsflügel, das Vereinswappen der Hells Angels.

Demgegenüber kann sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er auf der Vorderseite seiner Weste einen deutlichen Hinweis auf den Verein B. trage, weshalb von einem Kennzeichen eines verbotenen Vereins keine Rede sein könne. Diese Auffassung lässt unberücksichtigt, dass Gegenstand der rechtlichen Bewertung nicht die Lederweste als Ganzes, sondern die auf ihr befindlichen Abzeichen unter Berücksichtigung ihrer tatsächlichen Anordnung sind. Insofern stellt § 9 Abs. 2 Satz 1 VereinsG ausdrücklich klar, dass insbesondere Abzeichen Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind. Hinzu kommt, dass der Kläger seine Weste überwiegend beim Motorradfahren trägt. Sie wird deshalb regelmäßig entweder von vorne oder von hinten wahrgenommen. Eine eindeutige Verknüpfung der typischen "Hells-Angels"-Zeichen mit der Ortsbezeichnung wird für den unbefangenen Betrachter daher nicht hergestellt. Das "Schwergewicht" der - letztlich auch von den Hells Angels selbst beabsichtigten - Kenntnisnahme durch Außenstehende liegt auf den Schriftzügen und dem eigentlichen Vereinswappen auf der Rückseite der Weste. Deshalb kann allenfalls davon ausgegangen werden, dass die Abzeichen auf der Weste des Klägers den Kennzeichen der verbotenen Vereine der Hells Angels in Düsseldorf und Hamburg zum Verwechseln ähnlich sind (§ 9 Abs. 2 Satz 2 VereinsG). An dem Verwendungsverbot nach § 9 Abs. 1 Satz 1 VereinsG ändert dies jedoch nichts.

Die Rechtsprechung der Strafgerichte steht dem nicht entgegen. Der von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2005 vorgelegten Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 8. März 2005 - 4St RR 207/04 - lag ein Sachverhalt zugrunde, der mit dem hier vorliegenden nicht vergleichbar ist. Dort war auf einem "Hells-Angels-T-Shirt" im unteren Bogen des Kennzeichens, unterhalb des geflügelten Totenkopfes, der Schriftzug "Bohemia" aufgedruckt. Die Wertung der Strafkammer, die Ortsbezeichnung "Bohemia" stelle für einen unbefangenen Betrachter ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zu den verbotenen Kennzeichen der Sektionen der Hells Angels in Düsseldorf und Hamburg dar, hat das Bayerische Oberste Landesgericht als vertretbar angesehen und deshalb rechtlich nicht beanstandet. Dabei war es als Revisionsgericht an die nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz gebunden und musste von der nach dem Inhalt der Verbotsverfügung des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11. Dezember 2000 unzutreffenden Annahme ausgehen, das Wappen des verbotenen Vereins "Düsseldorf" beinhalte einen entsprechenden Ortszusatz. Diese Annahme liegt auch der vom Kläger bereits im Verwaltungsverfahren zitierten Entscheidung des Landgerichts Cottbus vom 28. Februar 2002 - 26 Os 464/01 - zugrunde. Dort wurde die Ortsbezeichnung, die zudem im Emblem selbst enthalten war, als wesentlicher Bestandteil des Abzeichens angesehen. In diesem Sinne ist im Übrigen auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschluss vom 17. Oktober 1998 - 3 StR 370/98 -, NJW 1999, 435) davon auszugehen, dass allenfalls ein deutlicher Hinweis auf den jeweiligen Standort eines Hells Angels Vereins, der in unmittelbarer räumlicher und für den objektiven Betrachter erkennbaren Beziehung zu den sonstigen Abzeichen steht, eine Strafbarkeit vermeidet.

Ein solcher deutlicher Hinweis ist auf der Rückseite der Weste des Klägers gerade nicht vorhanden. Sie ist deshalb mit Abzeichen - auch der verbotenen Vereine in Düsseldorf und Hamburg - versehen und wird somit von dem vereinsrechtlichen Verwendungsverbot erfasst. Damit geht entgegen der Auffassung des Klägers nicht etwa ein Verbot der "Idee" der Hells Angels einher. Insofern ist sein Hinweis auf das Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 14. Mai 2002 - IS 1 - 619913/13 - nur insofern zutreffend, als Mitglieder solcher Clubs der Hells Angels, die nicht gegen Gesetze der Bundesrepublik Deutschland verstoßen, ohne behördliche Behinderungen ihre Vereinsaufgaben wahrnehmen können. Das ist aber von dem Verwenden verbotener Kennzeichen nach § 9 Abs. 1 Satz 1 VereinsG zu unterscheiden; ein Vereinsverbot ist damit nicht verbunden. Dem Kläger und seinem Verein ist es auch vor dem Hintergrund der Grundrechte aus Art. 9 Abs. 1 sowie 14 Abs. 1 GG zumutbar, die verwendeten Kennzeichen zu ändern. Dies gilt auch mit Blick auf die für die Gruppierungen der Hells Angels weltweit einheitlichen Gestaltungsregeln. Es ist nicht Sache des Staates, diesen Vorgaben Rechnung zu tragen, wenn - wie hier - eingeführte Kennzeichen durch verbotene Vereine in Misskredit gebracht worden sind.

Die Sicherstellung der Lederweste entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 2 Abs. 1 POG). Sie ist geeignet, dem Ziel des Gesetzgebers Rechnung zu tragen, Kennzeichen verbotener Vereine wirksam aus der Öffentlichkeit zu verbannen. Der Polizei stehen hierzu auch keine weniger belastenden, aber gleich geeigneten Mittel zur Verfügung. Insbesondere hat es der Kläger ausdrücklich abgelehnt, die Abzeichen auf seiner Weste zu verändern. Schließlich steht die Sicherstellung zu dem angestrebten Erfolg auch nicht erkennbar außer Verhältnis (§ 2 Abs. 2 POG). Zwar wird es dem Kläger in Zukunft nicht mehr möglich sein, die Weste mit ihrem derzeitigen Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit, also insbesondere beim Motorradfahren, zu tragen. Dies hat er aber angesichts der für ihn grundsätzlich bestehenden Handlungsalternativen, mit Blick auf das Ziel des Gesetzgebers, die Kennzeichen verbotener Vereine effektiv zu eliminieren, sowie dem berechtigten Anliegen der Polizei, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu vermeiden, das Tragen verbotener Kennzeichen werde geduldet, hinzunehmen.

Schließlich ist die Sicherstellungsverfügung frei von Ermessensfehlern. Insbesondere konnte der Beklagte auf polizeirechtlicher Grundlage tätig werden, obgleich das gegen den Kläger zunächst eingeleitete strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts eines Vergehens nach dem Vereinsgesetz mit Verfügung der Staatsanwaltschaft K. vom 30. Juni 2002 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden war. Diese Entscheidung der Staatsanwaltschaft entfaltet keine Sperrwirkung für ein polizeirechtliches Vorgehen. Die Polizei kann auf der Grundlage des Gefahrenabwehrrechts selbst dann einschreiten, wenn nach Auffassung der Strafverfolgungsbehörden kein strafrechtlich erhebliches Verhalten vorliegt. Insofern stehen die Möglichkeiten, repressiv (strafrechtlich) oder präventiv (polizeirechtlich) vorgehen zu können, gleichrangig nebeneinander. Nicht alles, was verboten ist, ist auch strafbar.

Der Senat weist abschließend zur Klarstellung darauf hin, dass er über die Rechtmäßigkeit einer Vernichtungsanordnung nicht zu befinden hatte. Eine solche ist seitens des beklagten nicht ergangen; sie war insbesondere entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht in dessen Schreiben vom 12. Juni 2003 enthalten. Deshalb geht der Tenor des angefochtenen Urteils insoweit ins Leere.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO; der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen. Die Auslegung des Verwendungsverbotes von Kennzeichen verbotener Vereine nach § 9 VereinsG hat über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung, da sie auch andere Gruppierungen der Hells Angels in der Bundesrepublik Deutschland betrifft.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 GKG).

Ende der Entscheidung

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