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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 19.09.2003
Aktenzeichen: 2 A 10795/03.OVG
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO, BRRG


Vorschriften:

VwGO § 132 Abs. 2
VwGO § 154 Abs. 1
VwGO § 167 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
BRRG § 127
1. Die richtlinienförmige Festlegung von Richtwertvorgaben für das anteilige Verhältnis von Leistungsgesamtbewertungen (Nr. 3.1.5 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Innern und für Sport vom 1. Oktober 1999 - MinBl. S. 470) steht als generell abstrakte Vorkehrung zur Maßstabssicherung im Beurteilungswesen mit übergeordnetem Recht in Einklang.

2. Wird die Mindestgröße einer Vergleichsgruppe, innerhalb derer Richtwerte zu beachten sind, unterschritten, obliegt es im Einzelfall den Beurteilern, im Sinne einer "praktischen Konkordanz" darauf zu achten, dass die Beurteilungsmaßstäbe abstrakt wie in der Relation zueinander gewahrt bleiben und auch dem Postulat der leistungsgerechten Gesamtbeurteilung genüge getan wird.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 A 10795/03.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Beamtenrechts (dienstliche Beurteilung)

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. September 2003, an der teilgenommen haben

Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Frey als Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Bonikowski Richterin am Verwaltungsgericht Stengelhofen ehrenamtlicher Richter selbst. Landwirtschaftsmeister Perscheid ehrenamtlicher Richter Schriftsetzer Rümmler

für Recht erkannt:

Tenor:

Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. März 2003 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier wird abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger, der als Polizeikommissar im Dienst des beklagten Landes steht und als Sachbearbeiter im Geschäftsbereich der Bereitschaftspolizeiabteilung eingesetzt wird, begehrt die Abänderung seiner anlässlich des Beförderungstermins zum 18. Mai 2002 erstellten dienstlichen Beurteilung.

Diese wurde am 22. März 2002 aus Anlass der Bewerbung des Klägers um eine Beförderungsstelle für den Zeitraum vom 1. Dezember 1998 bis 30. November 2001 erstellt. Erstbeurteiler war der Hundertschaftsführer, Erster Polizeihauptkommissar O., Zweitbeurteiler der stellvertretende Abteilungsführer, Erster Polizeihauptkommissar H. Bei der Leistungsbeurteilung erhielt der Kläger von beiden Beurteilern die Gesamtbewertung "B" (übertrifft die Anforderungen); dies entspricht der zweithöchsten Bewertungsstufe innerhalb des angewendeten sechsstufigen Bewertungssystems. Seine Befähigung wurde in den Einzelmerkmalen dreimal mit der Bewertung "I" (besonders stark ausgeprägt), siebenmal mit der Bewertung "II" (stark ausgeprägt) und einmal mit der Bewertung "III" (normal ausgeprägt) beurteilt. Im Vergleich zu der am 6. November 2001 aus Anlass der vom Kläger angestrebten Verwendung auf einem anderen Dienstposten gefertigten dienstlichen Beurteilung wurden von den Beurteilern sowohl einzelne Leistungsmerkmale ("Leistungsverhalten" sowie "Leitbildorientiertes Sozialverhalten") als auch verschiedene Befähigungsmerkmale ("Mündliches Ausdrucksvermögen", Selbständigkeit" sowie "Kooperation und Teamfähigkeit") jeweils eine Bewertungsstufe schlechter bewertet. Die vorherige Beurteilung wurde vom gleichen Erstbeurteiler erstellt, während als Zweitbeurteiler der Abteilungsführer, Polizeidirektor S., mitwirkte.

Im Hinblick auf die aufgetretenen Verschlechterungen in den Einzelmerkmalen beantragte der Kläger die Abänderung der Anlassbeurteilung vom 22. März 2002. Er rügte unter anderem, dass er auf ein Nachlassen seiner Leistungen nicht hingewiesen worden sei.

Dieser Antrag wurde nach Einholung von Stellungnahmen des Erst- und Zweitbeurteilers durch Bescheid der Direktion der Bereitschaftspolizei vom 16. Mai 2002 abgelehnt. Zur Begründung führte die Behörde aus, dass die in Rede stehenden dienstlichen Beurteilungen nicht vergleichbar seien, weil sie sich in Beurteilungsanlass und -zeitraum unterschieden. Nach den Stellungnahmen der Beurteiler hätten sich die Leistungen des Klägers nicht verschlechtert. Die Herabsetzung in einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmalen sei vielmehr in der unterschiedlichen Besetzung der Vergleichsgruppen begründet. In Anlehnung an die Richtwertvorgaben der für die Beurteilungen anzuwendenden Verwaltungsvorschrift hätten von zehn beurteilten Beamten vier die Wertungsstufe "B" und sechs die Wertungsstufe "C" erhalten.

Den vom Kläger daraufhin eingelegten Widerspruch wies die Direktion der Bereitschaftspolizei durch Widerspruchsbescheid vom 17. Juli 2002 mit im Wesentlichen gleicher Begründung zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 21. August 2002 Klage erhoben, mit der er sein Begehren unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens weiterverfolgte. Ergänzend hat er vorgetragen, dass seine dienstliche Beurteilung durch Richtwertvorgaben beeinflusst worden sei, was bei einer Vergleichsgruppe von lediglich zehn Beamten nicht habe geschehen dürfen. Zudem sei die Bewertung unschlüssig. Denn es sei nicht zu erkennen, ob und in welchem Umfang die vorangegangene Anlassbeurteilung Berücksichtigung gefunden habe. Jedenfalls seien die vom Beklagten herangezogenen "strengeren" Maßstäbe nicht hinreichend dargelegt.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 2002 zu verpflichten, über seinen Abänderungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat seinen bereits im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Rechtsstandpunkt ergänzt und vertieft.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 27. März 2003 stattgegeben und dies im Wesentlichen wie folgt begründet: die angegriffene dienstliche Beurteilung leide bereits deshalb an einem der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zugänglichen Fehler, weil die den Beurteilern durch die Verwaltungsvorschrift des Beklagten vorgegebenen Beurteilungskriterien der rechtlichen Überprüfung nicht standhielten. Dies gelte zum einen im Hinblick auf die Richtwertvorgaben, die als Vergleichsmaßstab nicht die Gesamtheit der vergleichbaren Beamten, sondern lediglich die Gruppe der zu Beurteilenden heranziehe. Da diese Gruppe je nach Beurteilungsanlass nur einen mehr oder weniger großen Ausschnitt der nach Status und Aufgaben vergleichbaren Beamten umfasse, enthalte die danach ausgerichtete Bewertung abweichend von den Definitionen der Bewertungsstufe in den Richtlinien in Abhängigkeit von der Gruppe der beurteilten Beamten eine mehr oder weniger stark relativierbare Aussage. Abgesehen davon, dass es zweifelhaft sei, ob die Mehrzahl der zu Beurteilenden tatsächlich die Anforderungen eines Beurteilungsmittelwertes erfülle, könnten die gebildeten Vergleichsgruppen von ihrem durchschnittlichen Leistungsniveau durchaus erhebliche Unterschiede aufweisen, die durch die Regelungen der Verwaltungsvorschrift nicht hinreichend beachtet würden. Ein Beamter werde je nach der eher zufälligen Zusammensetzung der Gruppe der zu Beurteilenden zu verschiedenen Anlässen unterschiedliche Beurteilungen erhalten, selbst wenn die Beurteiler der Auffassung seien, dass sich die Leistung und Befähigung des zu Beurteilenden nicht verändert hätten. Eine in diesem Sinne relativierte, d.h. nur auf einen Ausschnitt aus der Gruppe der vergleichbaren Beamten bezogene Bewertung, sei mit dem Grundsatz der Leistungskontinuität jedenfalls dann nicht vereinbar, wenn die eingeschränkte Aussagekraft der darin enthaltenen Bewertungen nicht kenntlich gemacht werde. Ansonsten werde für den unbefangenen Betrachter der Eindruck einer Leistungs- und Befähigungsentwicklung erweckt, die so nicht stattgefunden habe und von den Beurteilern so auch nicht habe zum Ausdruck gebracht werden sollen. Zusätzlich verfehle eine derartige Beurteilung weitgehend ihren durch die Aufnahme in die Personalakte verfolgten Zweck, die Leistungs- und Befähigungsentwicklung eines Beamten zu dokumentieren und im Hinblick auf zukünftige Personalentscheidungen festzuschreiben. Diese Fehler hätten sich im Fall des Klägers auch ausgewirkt. Beide Beurteiler hätten in ihren Stellungnahmen zum Abänderungsantrag ausgeführt, dass die im Vergleich zur Vorbeurteilung schlechtere Bewertung mehrerer Leistungs- und Befähigungsmerkmale ihren Grund nicht in einem Leistungsabfall fände, sondern darin zu sehen sei, dass der Kläger bei der vorangegangenen Beurteilung nur in Konkurrenz zu einem weiteren Bewerber gestanden habe. Es sei daher nicht von der Hand zu weisen, dass der Kläger, wenn nicht nur die beurteilten, sondern alle vergleichbaren Beamten in den Blick genommen worden wären, eine hinsichtlich mehrerer Leistungs- und Befähigungsmerkmale bessere Bewertung erhalten hätte. Dafür spreche nicht zuletzt, dass der Zweitbeurteiler in der mündlichen Verhandlung erklärt habe, der Erstbeurteiler sei in seinem ersten Entwurf zu mit der Vorbeurteilung identischen Bewertungen gelangt. Unabhängig hiervon sei das in der Verwaltungsvorschrift geregelte Verfahren im Fall des Klägers nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, weil der Zweitbeurteiler in der mündlichen Verhandlung glaubhaft geschildert habe, dass er sich zunächst informelle Beurteilungsvorschläge der Erstbeurteiler habe übergeben lassen, diese überprüft und dann in Einzelfällen auf eine Abänderung hingewirkt habe. Damit habe der Zweitbeurteiler auf die Abfassung des Beurteilungsvorschlags des für den Kläger zuständigen Erstbeurteilers in unzulässiger Weise eingewirkt. Es erscheine auch nicht ausgeschlossen, dass es weitere in Widerspruch zu den Verwaltungsvorschriften stehende Einflussnahmen auf den Beurteilungsvorschlag des Erstbeurteilers gegeben habe.

Die - vom Verwaltungsgericht zugelassene - Berufung gegen das ihm am 14. April 2003 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 8. Mai 2003 eingelegt. Damit vertritt er die Auffassung, dass die von der Vorinstanz gerügten Richtwertvorgaben bei einer flexiblen Handhabung unbedenklich seien. Da die Leistungen des Klägers mit "B" beurteilt worden seien, scheide eine Herabstufung aus Gründen einer möglichen Einhaltung von Quotenvorgaben aus. Zudem bezögen sich die vom Verwaltungsgericht angesprochenen Quotenvorgaben nicht auf Einzelmerkmale der Leistungsbeurteilung. Dem Plausibilisierungserfordernis für die Leistungs- und Befähigungsbewertungen von dienstlichen Beurteilungen sei Genüge getan, da die Bildung von Vergleichsgruppen zulässig sei und die dem Kläger bescheinigten Leistungen und Befähigungen bei gleicher Gesamtbewertung nur geringfügig abwichen. Diese Abweichungen fänden ihre Rechtfertigung nicht nur in den unterschiedlichen Beurteilungsanlässen, sondern auch in dem in der Vorbeurteilung in den Vordergrund gerückten Leistungs- und Befähigungspotential des Klägers im Hinblick auf das Anforderungsprofil der seinerzeit ausgeschriebenen Stelle. Demgegenüber seien bei der Beförderungsbeurteilung die Leistungen der Bewerber in der Vergangenheit entscheidend gewesen. Da sich im Wesentlichen alle dem Zweitbeurteiler unterstellten Beamten um die Beförderungsstellen beworben hätten, sei die Vergleichsgruppe nicht nur als Ausschnitt der Beamten im Statusamt des Klägers anzusehen. Schließlich entspreche es nicht den Tatsachen, dass vor Erstellung der Beurteilung eine Reihungsliste erstellt worden sei. Bei der in dem angefochtenen Urteil angesprochenen "Ranking-Liste" handele es sich vielmehr um eine dem Dienstvorgesetzten des Zweitbeurteilers vorgelegte Übersicht.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und tritt der Berufung mit ergänzenden Rechtsausführungen entgegen.

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus dem Inhalt der zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie den vorgelegten Verwaltungsvorgängen des Beklagten (4 Hefter), die sämtlich zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Neubescheidung. Zu Recht hat der Beklagte mit den Bescheiden vom 16. Mai und 17. Juli 2002 die Abänderung der über den Kläger aus Anlass des Beförderungstermins zum 18. Mai 2002 erstellten dienstlichen Beurteilung abgelehnt. Denn diese hält ihrerseits einer rechtlichen Überprüfung stand.

Dienstliche Beurteilungen sind verwaltungsgerichtlich nur beschränkt nachprüfbar. Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob und in welchem Grad ein Beamter die für sein Amt und für seine Laufbahn erforderliche Befähigung und fachlichen Leistungen aufweist, ist ein dem Dienstherrn von der Rechtsordnung vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hat sich deshalb darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (BVerwGE 21, 127 [130]; 60, 245 [246]). Hat der Dienstherr Richtlinien für die Aufstellung von Beurteilungen erlassen, dann sind die Beurteiler an diese Richtlinien hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der einzuhaltenden Maßstäbe nach dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebunden. Das Gericht kann kontrollieren, ob die Richtlinien eingehalten worden sind, ob sie sich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung halten und ob sie auch sonst mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen. Gemessen daran leidet die streitbefangene dienstliche Beurteilung ein keinem Fehler, der zur Neubeurteilung des Klägers führen müsste. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die der Beurteilung zugrunde liegende Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Innern und für Sport vom 1. Oktober 1999 (MinBl. S. 470) - im Folgenden: BeurteilungsVV - (1.) als auch hinsichtlich ihrer Anwendung im konkreten Fall (2.). Schließlich krankt auch das weitere Beurteilungsverfahren nicht an den von Kläger und Verwaltungsgericht angenommenen Fehlern (3.).

1. Keinen Bedenken unterliegen die abstrakten Richtlinienvorgaben, soweit sie in Nr. 3.1.5.2 BeurteilungsVV Richtwerte für die Anteile der höchsten Bewertungsstufen der Leistungsgesamtbewertung - "übertrifft die Anforderungen" (B) sowie "übertrifft die Anforderungen erheblich" (A) - von insgesamt 40 Prozent festlegen. Eine solche Festlegung von Richtsätzen für die Vergabe von Spitzennoten in dienstlichen Beurteilungen ist nach gefestigter verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung rechtlich grundsätzlich zulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1980, ZBR 1981, 197 und vom 13. November 1997, DVBl. 1998, 638; Urteil des Senats vom 30. September 1992, AS 24, 51). Richtwerte stellen insbesondere keinen unzulässigen Eingriff in die Beurteilungsfreiheit dar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juli 2001, ZBR 2002, 133). Dadurch verdeutlicht und konkretisiert der Dienstherr vielmehr für die Beurteilungspraxis den Aussagegehalt, den er den einzelnen Noten des Gesamturteils beilegen will. Die Noten dienen dem Beurteiler als Ausdrucksmittel dafür, in welchem Maße der zu beurteilende Beamte den Anforderungen seines statusrechtlichen Amtes (nur) gerecht wird oder sie (sogar) übertrifft. Ein solches Werturteil erfordert Maßstäbe dafür, inwieweit geringe Überschreitungen der zu stellenden Anforderungen innerhalb des mit der Note "entspricht den Anforderungen" ausgedrückten Rahmens bleiben, welche Überschreitungen durch die schon als überdurchschnittlich angesehene Bewertungsstufe "B" und welche durch die Spitzennote "A" zum Ausdruck zu bringen sind. Wortsinn und begriffliche Umschreibungen der Bewertungsstufen können nämlich für sich allein noch sehr unterschiedliche Auffassungen hierüber zulassen. Erst die ergänzende Angabe, dass der Dienstherr insgesamt zu etwa 30 Prozent das Gesamturteil "übertrifft die Anforderungen" und zu etwa 10 Prozent die noch bessere Bewertungsstufe "übertrifft die Anforderungen erheblich" erwartet, verdeutlicht die gewollten Maßstäbe, insbesondere für den mit den Gegebenheiten größerer Verwaltungsbereiche vertrauten Dienstvorgesetzten.

Zu dieser Konkretisierung des Aussagegehalts der Noten ist der Dienstherr ebenso befugt wie er zur Festsetzung der Notenskala und der Maßstäbe berechtigt ist, nach denen die Noten vergeben werden. Ferner kann der Dienstherr nach seinem Ermessen bestimmen, ein wie starkes Übertreffen der Anforderungen des bisherigen Amtes er für die regelmäßige Zuerkennung der Beförderungseignung voraussetzt. Schließlich steht es ihm in Anlehnung an den Leistungsdurchschnitt frei - wiederum im Rahmen des ihm zukommenden Ermessens -, Richtwerte erfahrungsorientiert aufzustellen (Urteil des Senats vom 19. Januar 2001 - 2 A 11320/00.OVG - veröffentlicht in ESOVGRP; Schnellenbach, Richtwertvorgaben bei dienstlichen Beurteilungen, DÖD 1999, 1 f.). Die Durchschnittswerte dürfen allerdings nicht statistisch als absolute Größen im Sinne der "Gauß'schen Normalverteilungskurve" missverstanden werden. Ausreichend ist es aber, wenn ihre Festsetzung jedenfalls nicht erfahrungsunabhängig oder gar erfahrungswidrig erfolgt (Schnellenbach, a. a. O.). Anhaltspunkte dafür, dass dies hier geschehen sein könnte und die vom Beklagten ausgewählten Richtwerte fern jeder beurteilungsspezifischen Erfahrung festgelegt wurden, sind nicht ersichtlich.

Für die in Nr. 3.1.5.3 der BeurteilungsVV vorgesehene gegenständliche Verknüpfung der Richtwertvorgaben mit einer Vergleichsgruppe von mindestens 30 derselben Laufbahn und Besoldungsgruppe angehörenden Personen gilt im Ergebnis nichts anderes. Auch dieses Erfordernis ist unter Eignungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden, wenn dieser Bezugsrahmen nur einen hinreichend großen Verwaltungsbereich mit im Großen und Ganzen vergleichbarer Aufgaben- und Personalstruktur betrifft (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1980, a.a.O.). Die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Erfüllbarkeit dieser Vorgaben innerhalb der Organisationsstruktur der Polizei des Landes Rheinland-Pfalz teilt der Senat nicht. Dass in diesem Rahmen eine im Großen und Ganzen vergleichbare Aufgaben- und Personalstruktur gegeben ist, liegt auf der Hand. Auch die Gruppengröße an sich ist nicht sachwidrig bemessen. Sie beinhaltet vielmehr einen rechtlich hinnehmbaren Kompromiss zwischen dem von den Richtlinien angestrebten Ziel der Maßstabssicherung und den organisationsrechtlichen und personalwirtschaftlichen Gegebenheiten der richtlinienunterworfenen Dienststellen. Dabei orientieren sich die auf eine Mindeststärke von 30 Personen ausgelegten Vergleichsgruppen vorrangig an der Personalstärke und an der Organisationsstruktur der Polizeibehörden. Bei diesen Bemessungsfaktoren wird nach den Erkenntnissen des Senats auf der Grundlage der richtlinienförmig vorausgesetzten Beurteilerzuständigkeiten (Nrn. 4.1 und 4.3) die Mindestgröße der Vergleichsgruppen aber nicht immer erreicht. Je nach der Größe der Dienststelle und der Laufbahngruppenzugehörigkeit der zu beurteilenden Beamten kann es vielmehr zu Unterschreitungen der Gruppengröße kommen. Damit ist aber nicht zwangsläufig die vom Kläger befürchtete Verschärfung der Richtwertvorgaben und damit die Ungeeignetheit der Vergleichsgruppenregelung verbunden, weil die Richtlinien in Nr. 3.1.5.3 Satz 2 diese Fallkonstellation voraussehen und dazu bestimmt haben, dass "bei der Festlegung der Leistungsgesamtbewertung eine Differenzierung angestrebt werden soll, die sich an diesem Orientierungsrahmen anlehnt". Die Richtlinien verschieben damit die Problematik der zu kleinen Vergleichsgruppen von der abstrakten Regelungsebene in ihren Vollzug. Hierbei obliegt es dann den Beurteilern, im Sinne einer "praktischen Konkordanz" darauf zu achten, dass die Beurteilungsmaßstäbe abstrakt wie in der Relation zueinander gewahrt bleiben und auch dem Postulat der leistungsgerechten Gesamtbeurteilung genüge getan wird. Gefordert sind damit Abwägungsüberlegungen im Hinblick auf diese doppelte Zielsetzung, deren Ergebnis nach den gleichen Maßstäben wie ein Beurteilungsfehler der gerichtlichen Kontrolle unterfällt.

Wird von dem beurteilten Beamten ein solcher Abwägungsfehler behauptet, setzt dessen erfolgreiche Geltendmachung allerdings voraus, dass die in Zweifel gezogene schlechtere Leistungsgesamtbewertung ihre wahre Ursache tatsächlich in einem zu starren Festhalten der Beurteiler an den Richtwertvorgaben findet. Dies darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen ist Sache des Beamten, der sich auf einen derartigen Umstand - mit der für ihn günstigen Folge einer durchzuführenden Neubeurteilung - beruft (vgl. allgemein zur gerichtlichen Kontrolldichte und Beweislastverteilung im Beurteilungsprozess: BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 2002, DÖD 2003, 82). Da es sich hierbei aber größtenteils um Umstände handelt, deren tatsächliche Ursachen vornehmlich in der Sphäre des Dienstherrn begründet liegen, muss in einem Beurteilungsrechtsstreit zu Gunsten des Klägers eine Beweiserleichterung Platz greifen, um seine Rechtsverfolgung nicht unzumutbar zu erschweren. Dabei gilt: Je genauer sich das quotierte Gesamtergebnis, das durch Vorlage von Beurteilungsübersichten zu dokumentieren ist, auch bei nicht hinreichend großen Vergleichsgruppen am Richtwert orientiert hat, desto stärker steht der Dienstherr in der Pflicht, im Streitfall die Leistungsgesamtbewertung bei einem der Richtwertvorgabe möglicherweise unterfallenden Beamten plausibel zu machen. Dementsprechend trifft den Kläger im umgekehrten Fall, wenn der angewandte Orientierungsrahmen sich von den Richtwertvorgaben evident löst, seinerseits eine gesteigerte Darlegungs- und Beweispflicht. Dem liegt die Überlegung zu Grunde, dass ein "Quotenopfer" umso unwahrscheinlicher ist, je weiter sich der Beurteiler von den Richtwertempfehlungen entfernt hat. Der Beamte muss in diesen Fällen substantiiert darlegen, dass und warum er trotz Überschreitung der Quote von seinen Beurteilern gleichwohl nicht seinem wirklichem Leistungsstand entsprechend beurteilt worden ist.

2. Ein derartiger Mangel haftet der über den Kläger gefertigten dienstlichen Beurteilung vom 22. März 2002 aber nicht an. Zwar zeigt die vom Beklagten im Verlauf des Berufungsverfahrens vorgelegte Übersicht (entsprechend Anlage 5 zu Nr. 5.2.3 BeurteilungsVV), dass der Zweitbeurteiler die Richtwertvorgaben von Nr. 3.1.5.2 BeurteilungsVV trotz der zu kleinen Vergleichsgruppe punktgenau umgesetzt hat. Denn bei den zehn von ihm beurteilten Beamten in der Besoldungsgruppe des Klägers erhielten - entsprechend den Vorgaben in Nr. 3.1.5.2 BeurteilungsVV - genau 40 Prozent das Leistungsgesamtergebnis "B" bzw. die Spitzennote "A". Von daher liegt die Annahme eines "Quotenopfers" auf den ersten Blick nicht fern. Bei näherem Hinsehen löst dieser Verdacht sich jedoch schnell auf. Der Kläger gehört nämlich mit dem ihm zuerkannten Leistungsgesamtergebnis ("B") zu den 40 Prozent der von seinem Zweitbeurteiler überdurchschnittlich beurteilten Beamten seiner Besoldungsgruppe, so dass sich ein - unterstellter - Fehler in Bezug auf die Einhaltung der Quote im Ergebnis nicht nur nicht zu seinen Lasten, sondern hinsichtlich der Bewerberkohorte für eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 10 BBesO sogar zu seinen Gunsten ausgewirkt hat.

Soweit nach den Stellungnahmen der Beurteiler die im Vergleich zur Vorbeurteilung schlechtere Bewertung mehrerer Leistungs- und Befähigungsmerkmale ihren Grund nicht in einem Leistungsabfall des Klägers, sondern in dessen Konkurrenz und maßstabsbildenden Referenz zu mehreren Bewerbern findet, wird dem Plausibilisierungserfordernis gleichfalls Genüge getan. Denn es ist gerade diese Maßstabsbildung, die für die Ausrichtung der Notenzuordnung innerhalb der Vergleichsgruppe entscheidend ist (vgl. Beschluss des Senats vom 10. August 2000 - 2 B 11193/00.OVG -), wobei grundsätzlich auch eine Verschlechterung bei der Einordnung in einer neuen Vergleichsgruppe möglich ist (Beschluss des Senats vom 4. August 2000 - 2 B 11313/00.OVG -), sofern derartige Verschiebungen innerhalb von Rangplätzen im Streitfall vom Dienstherrn plausibel gemacht werden (Beschluss des Senats vom 18. August 2000 - 2 B 11284/00.OVG -). Wie aus den Stellungnahmen der Beurteiler vom 15. und 23. April 2003 im Einzelnen zu entnehmen ist, war für die frühere Anlassbeurteilung, die lediglich der Auswahl für die Bewerbung des Antragstellers auf einen anderen Dienstposten diente, das Leistungspotential der beiden (einzigen) Bewerber entscheidend. Mit anderen Worten kam es dort auf die Prognose an, welcher der beiden Beamten die größte Gewähr für eine erfolgreiche Wahrnehmung des Dienstpostens bot. Demgegenüber bildete den Maßstab für die nunmehr strittige Beurteilung das in der Vergangenheit gezeigte Leistungsverhalten der Bewerber. Dass es bei derart unterschiedlichen, jeweils der Quotierungsvorgabe unterworfenen Beurteilungen zu erheblichen Differenzen kommen kann (zumal dann, wenn - wie hier - die frühere Auswahl für den Dienstposten nur zwischen zwei Bewerbern stattfand), liegt auf der Hand (vgl. zu einer solchen Konstellation: Beschluss des Senats vom 4. August 2000 - 2 B 11219/00.OVG - veröffentlicht in ESOVGRP).

3. Als nicht zutreffend hat sich im Verlauf des Berufungsverfahrens die Annahme des Klägers erwiesen, seine Beurteilung sei verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Der Zweitbeurteiler hat insbesondere keinen unzulässigen Einfluss auf die Abfassung des Beurteilungsvorschlages des Erstbeurteilers genommen. Die Aussage des Zweitbeurteilers vor dem Verwaltungsgericht, er habe sich zunächst informelle Beurteilungsvorschläge der Erstbeurteiler übergeben lassen und diese überprüft, trägt eine dahingehende Schlussfolgerung nicht. Die informatorische Befragung des Erstbeurteilers vor dem Senat hat vielmehr deutlich gemacht, dass dieser vom Zweitbeurteiler lediglich auf die bei Bewerbungen um ein Beförderungsamt zu beachtenden strengeren Maßstäbe hingewiesen worden ist. Hiernach hat der Erstbeurteiler seine ursprünglich in den Blick genommene Bewertung nochmals überdacht und ist dementsprechend in seinem Werturteil zu einem von der früheren Beurteilung des Klägers abweichenden Ergebnis gelangt. Nach den weiteren Bekundungen des Erstbeurteilers sind diese Korrekturen im Lichte des strengeren Beurteilungsmaßstabes insbesondere bei den höchsten Beurteilungsmerkmalen angezeigt gewesen, weil gerade hier ein Restzweifel an der Angemessenheit dieser Bewertung nicht habe unterdrückt werden können (vgl. im Einzelnen: Sitzungsniederschrift vom 19. September 2003, S. 3). Diese Ausführungen zeigen - ebenso wie die Erläuterungen, weswegen es trotz der Herabsetzung von insgesamt acht Teilmerkmalen bei dem Gesamtergebnis geblieben ist -, dass der Erstbeurteiler von einem zutreffenden Verständnis des anzuwendenden Bewertungsverfahrens ausgegangen ist . Zugleich verdeutlichen sie, dass von einer starren und allzu schematischen Anwendung der Begrifflichkeiten der Beurteilungsrichtlinien nicht die Rede sein kann.

Weitere Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der vom Kläger angenommenen Einflussnahme auf die Beurteilungsvorschläge der Erst- bzw. Zweitbeurteiler durch eine landesweite "Ranking-Liste". Zuzugeben ist dem Kläger, dass bei einer solchen Festlegung der Leistungsgesamtbewertung vor Erstellung der Beurteilungsvorschläge der Beurteiler in der Tat ein rechtlich relevanter Beurteilungsfehler dargetan wäre (vgl. Beschlüsse des Senats vom 18. August 2000 - 2 B 11434/00.OVG -, 24. August 2000 - 2 B 11374/00.OVG - und 31. August 2001 - 2 A 10283/01.OVG -). So verhält es sich hier jedoch nicht. Die von der Vorinstanz aufgrund telefonischer Auskünfte als unzulässige Reihungsvorgabe vermutete "Ranking-Liste" stellt sich nach Vorlage sämtlicher Listen durch den Beklagten als die Gesamtübersicht des Zweitbeurteilers gemäß Nr. 5.2.3 Abs. 4 BeurteilungsVV dar, die nach Nr. 5.2.4.1 BeurteilungsVV gemeinsam mit den Beurteilungsentwürfen dem Dienstvorgesetzten vorzulegen sind. Die vom Beklagten in der ersten Instanz gegebene zeitliche Bezugnahme beruht ganz offenbar auf einem Missverständnis in der Einordnung des Begriffes "vor Erstellung" der Beurteilung, der mit der in Nr. 5.2.3 Abs. 4 BeurteilungsVV enthaltenen Aussage "vor abschließender Erstellung" der Beurteilung verwechselt worden ist. Im Übrigen hat auch insoweit die informatorische Befragung des Erstbeurteilers eindrucksvoll gezeigt, dass sich dieser in keiner Weise durch eine wie auch immer aufgefasste Reihung gebunden gesehen hat. Ein unzulässiger Eingriff in die Beurteilungsgrundlagen der über den Kläger gefertigten dienstlichen Beurteilung vom 22. März 2002, durch den einzelne Leistungsergebnisse oder Einzelmerkmale in der Befähigungsbeurteilung vorweggenommen worden sind, erschließt sich dem Senat von daher nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG genannten Art nicht vorliegen.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 4.000,00 € festgesetzt (§§ 13 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. II. 8.3 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Januar 1996 [DVBl. 1996, S. 605 ff.])

Ende der Entscheidung

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