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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 21.03.2006
Aktenzeichen: 2 A 11124/05.OVG
Rechtsgebiete: GG, LV, GemO, ZwVG, KrW-/AbfG, VerpackV


Vorschriften:

GG Art. 28
GG Art. 28 Abs. 2
LV Art. 49
LV Art. 49 Abs. 1
GemO § 2
GemO § 2 Abs. 1
GemO § 85
GemO § 85 Abs. 1
GemO § 85 Abs. 1 Nr. 1
GemO § 85 Abs. 1 Nr. 3
GemO § 85 Abs. 3
GemO § 85 Abs. 3 Satz 1
GemO § 85 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5
GemO § 85 Abs. 3 Satz 2
ZwVG § 7
ZwVG § 7 Abs. 1
ZwVG § 7 Abs. 1 Nr. 8
KrW-/AbfG § 13
KrW-/AbfG § 13 Abs. 3
KrW-/AbfG § 24
VerpackV § 6
Dem Umweltschutz dienende gemeindliche Einrichtungen i.S.d. § 85 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GemO unterliegen aufgrund ihrer Privilegierung durch den Landesgesetzgeber nicht den für kommunale wirtschaftliche Unternehmen mit § 85 Abs. 1 Nr. 3 GemO gezogenen - drittschützenden - Grenzen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Einrichtung pflichtige oder freiwillige Aufgaben im Bereich des Umweltschutzes (hier: Sortierung von Leichtverpackungen) wahrnimmt.

Betreibt eine kommunale Eigengesellschaft im Gemeindegebiet eine Abfallsortieranlage, ist sie gemäß § 85 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GemO berechtigt, Leichtverpackungen auch außerhalb ihres Gebietes zur Sortierung und Verwertung anzunehmen.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 A 11124/05.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen kommunalwirtschaftlicher Betätigung

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. März 2006, an der teilgenommen haben

Präsident des Oberverwaltungsgerichts Prof. Dr. Meyer Richter am Oberverwaltungsgericht Stamm Richterin am Oberverwaltungsgericht Stengelhofen ehrenamtlicher Richter Augenoptikermeister Gansauer ehrenamtliche Richterin Hausfrau Hagedorn

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2005 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 1) und 2) zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Mit ihrer Klage möchte die Klägerin eine weitere kommunalwirtschaftliche Betätigung der Beigeladenen zu 1), einer Eigengesellschaft des Beklagten, auf dem Gebiet der Abfallentsorgung (Sortierung und Verwertung von Leichtverpackungen) unterbinden.

Die Klägerin ist ein in Nordrhein-Westfalen ansässiges Entsorgungsunternehmen. Bei dem Beklagten handelt es sich um einen aus der Stadt Trier und dem Landkreis Trier-Saarburg gebildeten Zweckverband, der gemäß § 1 der Verbandsordnung die Aufgabe hat, innerhalb seines Gebietes Abfälle zu entsorgen. Die Übernahme weiterer Aufgaben wird von der Verbandsordnung zugelassen. Außerdem hat der Beklagte als alleiniger Gesellschafter die Beigeladene zu 1), eine GmbH, gegründet. Deren Unternehmensgegenstand ist u.a. die Errichtung und der Betrieb von Altstoffsortieranlagen, die Sammlung von Altstoffen und Abfällen sowie die Vermarktung der gewonnenen Altstoffe. Die Beigeladene zu 1) betreibt seit 1992 eine Sortieranlage für Verkaufsverpackungen, deren Kapazität durch behördliche Genehmigung im Jahre 2003 auf 47.000 t pro Jahr erhöht wurde.

Im Juni 2004 beteiligten sich die Klägerin und die Beigeladene zu 1) an einer Ausschreibung für die Sortierung und Verwertung von Leichtverpackungen aus dem Gebiet der Stadt B. Dabei erhielt die Beigeladene zu 1) den Zuschlag.

Wegen des Sachverhalts im Übrigen nimmt der Senat gemäß § 130 b Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Bezug, dessen Feststellungen er sich in vollem Umfang zu Eigen macht.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Rechte der Klägerin würden durch das dem Beklagten als Alleingesellschafter zurechenbare wirtschaftliche Verhalten der Beigeladenen zu 1) nicht verletzt. Die Klägerin könne ihren vermeintlichen Abwehranspruch nicht darauf stützen, dass die Beigeladene zu 1) ihre Geschäftstätigkeit über das Verbandsgebiet des Beklagten hinaus ausgedehnt habe. § 2 Abs. 1 Gemeindeordnung - GemO -, wonach Aufgaben der Gemeinden lediglich die der örtlichen Gemeinschaft seien, diene ersichtlich nicht dem Schutz privater Wirtschaftsinteressen. Nichts anderes könne gelten, wenn die räumliche Begrenzung der gemeindlichen Aufgaben bei der Auslegung des Begriffs "öffentlicher Zweck" in § 85 Abs. 1 oder Abs. 3 GemO berücksichtigt werde.

Die Klägerin begründet die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung im Wesentlichen damit, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) nicht mit dem nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz drittschützenden § 85 Abs. 1 Nr. 3 GemO in Einklang stehe. Danach könnten private Unternehmen verlangen, dass die sie beeinträchtigende Errichtung, Übernahme oder wesentlichen Erweiterung eines wirtschaftlichen Unternehmens durch eine Gemeinde unterbleibe, wenn der damit von der Gemeinde verfolgte "öffentliche Zweck ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt werde oder erfüllt werden könne". Dieser Unterlassungsanspruch sei auch dann gegeben, wenn das Unternehmen nicht im Sinne von § 85 Abs. 1 Nr. 1 GemO durch einen öffentlichen Zweck gerechtfertigt werde. An einer solchen Rechtfertigung fehle es, wenn sich die Gemeinde entgegen § 2 Abs. 1 GemO außerhalb ihres Gebietes betätige. Unter dieser Voraussetzung greife die Fiktion des § 85 Abs. 3 GemO nicht ein, weil eine derartige Tätigkeit der kommunalen Daseinsvorsorge nicht zugerechnet werden könne.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, sicherzustellen, dass die Beigeladene zu 1) es unterlässt, für die Beigeladene zu 2) im Gebiet der Stadt B. erfasste Leichtverpackungen von einem Sammelvertragspartner der Beigeladenen zu 2) zu übernehmen, zu sortieren und der Verwertung zuzuführen oder zur Verwertung bereitzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass bereits eine überörtliche Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) nicht vorliege, da die Sortieranlage in seinem Verbandsgebiet betrieben werde. Im Übrigen schließe § 85 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GemO die Anwendbarkeit des § 85 Abs. 1 GemO aus. Dabei spiele es nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz keine Rolle, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) nicht zu den Pflichtaufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zähle. Selbst wenn eine überörtliche Tätigkeit vorliegen sollte, verstoße sie nicht gegen § 85 Abs. 3 GemO, da die betroffene Gemeinde mit der grenzüberschreitenden Tätigkeit in ihrem Gebiet einverstanden sei.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses, der dem Verfahren beigetreten ist, schließt sich der Auffassung des Verwaltungsgerichts an, dass die Klägerin nicht in eigenen Rechten verletzt sei. Ein Verstoß gegen den drittschützenden § 85 Abs. 1 Nr. 3 GemO liege nicht vor, da die Sortierung und Verwertung von Leichtverpackungen durch eine Gemeinde den Schutzbereich dieser Norm nicht berühre. Die Betätigung der Beigeladenen zu 1) diene der Abfallentsorgung und damit dem Umweltschutz im Sinne des § 85 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GemO, der insoweit die Anwendbarkeit des § 85 Abs. 1 GemO ausschließe. Weder dem Wortlaut noch der Systematik des § 85 Abs. 3 GemO könnten Anhaltspunkte dafür entnommen werden, dass diese Vorschrift nur pflichtige Selbstverwaltungsangelegenheiten begünstige. Das Gegenteil ergebe sich aus der Gesetzesbegründung. Außerdem sei die Betätigung der Beigeladenen zu 1) mit ihrem öffentlichen Zweck vereinbar, da durch die Ausdehnung des Einzugsgebiets der Sortieranlage deren Wirtschaftlichkeit gesteigert werde. Soweit die Klägerin einen Verstoß gegen das Örtlichkeitsprinzip geltend mache, liege dieser nicht vor, weil die Leistungserbringung im Gemeindegebiet erfolge. Außerdem dienten die Vorschriften, die einen örtlichen Bezug für die Tätigkeit einer Eigengesellschaft verlangten, der abstrakten Bestimmung des Wirkungskreises von Gemeinden und seien damit nicht drittschützend.

Der Landkreistag Rheinland-Pfalz und der Städtetag Rheinland-Pfalz als kommunale Spitzenverbände der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger halten die Klage ebenfalls für unbegründet. Sie weisen u.a. darauf hin, dass die Wirtschaftlichkeit von Entsorgungsanlagen größere Einzugsbereiche voraussetze. Dies diene der Sicherstellung einer dauerhaften, sicheren und verlässlichen Abfallentsorgung.

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen der Beteiligten und den beigezogenen Verwaltungsvorgängen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen.

Für den gegen den Beklagten geltend gemachten Anspruch, auf die Beigeladene zu 1) dahingehend einzuwirken, dass diese es unterlässt, die in der Stadt B. erfassten Leichtverpackungen zu übernehmen, zu sortieren und zu verwerten, ist der Verwaltungsrechtsweg im Sinne des § 40 Abs. 1 VwGO gegeben. Denn die Klägerin beruft sich zur Begründung ihres Einwirkungsanspruchs auf einen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 Nr. 8 Zweckverbandsgesetz in Verbindung mit § 85 Abs. 3 und Abs. 1 Nr. 3 GemO und damit auf einen Sachverhalt, der öffentlich-rechtlich geprägt ist (vgl. OVG NRW, NVwZ 2003, 1520).

Die Klägerin ist auch klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO, der auf die hier statthafte Leistungsklage entsprechend Anwendung findet. Sie beruft sich u.a. auf eine Verletzung des nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz drittschützenden § 85 Abs. 1 Nr. 3 GemO (VerfGH RP, AS 27, 231 [245]).

Schließlich besteht für die Klage das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Es würde nur fehlen, wenn die Klägerin aus ihrer Klage offensichtlich keinen rechtlichen oder tatsächlichen Nutzen ziehen könnte (vgl. Kopp, VwGO, 14. Auflage 2005, Vorb. § 40 Rn. 38). Zwar hat die Klägerin nach der Beigeladenen zu 1) nicht das günstigste Angebot auf die Ausschreibung der Entsorgung von Leichtverpackungen aus der Stadt B. abgegeben. Mithin kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sie nach erfolgreicher Klage den Auftrag anstelle der Beigeladenen zu 1) erhalten würde. Jedoch genügt es für das Vorliegen des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses, wenn die Klage eine Verbesserung der Wettbewerbssituation der Klägerin zur Folge haben kann. Hiervon ist unabhängig von einer im hier anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht angezeigten vergaberechtlichen Prüfung der abgegebenen Angebote auszugehen. Durch einen Ausschluss der Beigeladenen zu 1) von der Sortierung und Verwertung der Leichtverpackungen aus dem Gebiet der Stadt B. wegen eines Verstoßes gegen kommunalwirtschaftliche Vorschriften würde die Zahl der Unternehmen verringert, die für diesen Auftrag in Betracht kommen und auf dieser Grundlage eine neue Vergabeentscheidung unter Einbeziehung der Klägerin zu treffen sein.

Die demnach zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Der zwischen den Beigeladenen abgeschlossene Vertrag über die Entsorgung von Leichtverpackungen aus der Stadt B. sowie sein Vollzug stehen mit der kommunalwirtschaftlichen Bestimmung des § 85 GemO in Einklang. Der von der Klägerin gegenüber dem Beklagten verfolgte Einwirkungsanspruch besteht demgemäß nicht.

Maßstab für die Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des zwischen den Beigeladenen abgeschlossenen Vertrages ist nicht § 85 Abs. 1 GemO, sondern § 85 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GemO. Gemäß § 85 Abs. 1 GemO darf die Gemeinde wirtschaftliche Unternehmen nur errichten, übernehmen oder wesentlich erweitern, wenn u.a. der öffentliche Zweck das Unternehmen rechtfertigt und dieser nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt wird oder erfüllt werden kann. Diese einschränkenden Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Betätigung von Kommunen gelten allerdings nicht für die in § 85 Abs. 3 GemO abschließend aufgeführten Einrichtungen, zu denen nach Nr. 5 auch solche des Umweltschutzes zählen. Sie sind kraft gesetzlicher Fiktion als nichtwirtschaftliche Einrichtungen anzusehen (vgl. Oster in: Gabler/Oster, Kommunalverfassungsrecht Rheinland-Pfalz, Stand 3/06, § 85, Anm. 1.2), auf die allein § 85 Abs. 3 GemO anwendbar ist. Zu ihnen gehört auch die Anlage der Beigeladenen zu 1), die der Sortierung und Verwertung von Leichtverpackungen dient. Sie ist Bestandteil der Abfallentsorgung im Sinne des § 3 Abs. 7 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW/AbfG - .

Die durch den Ausschluss der Anwendbarkeit des § 85 Abs. 1 GemO bewirkte Privilegierung der Umweltschutzeinrichtungen im Sinne des § 85 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GemO gilt nicht nur für Einrichtungen, die gemeindliche Pflichtaufgaben erfüllen. Sie erfasst auch Tätigkeiten auf dem Gebiet des Umweltschutzes, die eine Gemeinde freiwillig übernimmt (vgl. LT-Drucks. 13/2306 S. 36; VerfGH RP, a.a.O, 239). Dies entspricht Sinn und Zweck des § 85 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GemO, der einen wirksamen öffentlichen Umweltschutz sicherstellen will. Eine Unterscheidung zwischen pflichtigen oder freiwilligen Aufgaben im Blick auf die Zulässigkeit der Aufgabenerfüllung durch kommunale Unternehmen würde dem zuwiderlaufen (vgl. Oster, a.a.O.). Hiervon ausgehend bleibt es bei der Anwendbarkeit des § 85 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GemO auf die Sortierung und Verwertung von Leichtverpackungen, auch wenn es sich dabei um Abfall handelt, für den gemäß §§ 13 Abs. 3, 24 KrW-/AbfG in Verbindung mit § 6 Verpackungsverordnung keine Überlassungspflicht gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, sondern eine Rücknahmepflicht der Beigeladenen zu 2) und damit eines Privaten besteht.

Die von der Beigeladenen zu 1) vertraglich übernommene Entsorgung von Leichtverpackungen aus dem Gebiet der Stadt B. steht mit dem hiernach allein einschlägigen § 85 Abs. 3 GemO in Einklang. Aus § 85 Abs. 3 Satz 2 GemO ergibt sich freilich, dass auch die Zulässigkeit einer als nichtwirtschaftlich fingierten Tätigkeit im Sinne des § 85 Abs. 3 Satz 1 GemO eine Vereinbarkeit mit dem öffentlichen Zweck der Einrichtung voraussetzt. Sie ist aber grundsätzlich gegeben, weil es sich hierbei trotz der Wahrnehmung einer freiwilligen Aufgabe im Bereich der Abfallentsorgung um eine Betätigung auf dem Gebiet des Umweltschutzes und damit der Daseinsvorsorge handelt (vgl. Oster, a.a.O.).

Etwas anderes folgt nicht daraus, dass die von der Beigeladenen zu 1) zu entsorgenden Leichtverpackungen außerhalb des Verbandsgebiets des Beklagten anfallen und von ihr dort übernommen werden. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz zur Zulässigkeit wirtschaftlicher Unternehmen im Sinne des § 85 Abs. 1 GemO (vgl. a.a.O., 241) ist zwar die kommunalwirtschaftliche Bindung an einen öffentlichen Zweck (§ 85 Abs. 1 Nr. 1 GemO) Folge davon, dass die Selbstverwaltungsgarantie gemäß Art. 49 der Verfassung für Rheinland-Pfalz - LV - die Wirtschaftstätigkeit der Gemeinde nur umfasst, soweit diese durch ein öffentliches Interesse dem Wirkungsfeld öffentlicher Verwaltung zugeordnet ist. Durch einen öffentlichen Zweck gerechtfertigt ist ein kommunales Unternehmen deshalb nur dann, wenn es sich zurückführen lässt auf die Verpflichtung der Gemeinde - im Falle interkommunaler Zusammenarbeit auch mehrerer Gemeinden -, das gemeinsame Wohl ihrer Einwohnerschaft zu fördern. Soweit hieraus gefolgert wird, dass wirtschaftliche Unternehmen in kommunaler Hand nur innerhalb ihres örtlichen Wirkungskreises tätig werden dürfen, weil ein öffentlicher Zweck nur dann erfüllt wird, wenn die Aufgabe eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft ist (vgl. Jarass, DVBl. 2006, 1 [5 f.]; Schink, NVwZ 2002, 129 [135]), gilt dies jedoch nicht für die als nichtwirtschaftlich fingierten Einrichtungen im Sinne des § 85 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GemO.

Die Auslegung des Begriffs "öffentlicher Zweck" in § 85 Abs. 3 GemO kann nicht losgelöst von den tatsächlichen Voraussetzungen für den Betrieb der in dieser Vorschrift genannten Einrichtungen erfolgen. Denn der Gesetzgeber privilegiert zur Gewährleistung einer gesicherten Daseinsvorsorge ausdrücklich die Betätigung von Gemeinden auf den von § 85 Abs. 3 Satz 1 GemO genannten Gebieten und verlangt zugleich in § 85 Abs. 3 Satz 2 GemO die Verwaltung dieser Aufgaben nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Deshalb sind bei der Ermittlung des öffentlichen Zwecks auch wirtschaftliche Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Hierzu gehört, dass insbesondere moderne technische Anlagen, die auf dem Gebiet des Umweltschutzes von einer Einrichtung im Sinne des § 85 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GemO betrieben werden, eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Größe aufweisen, um ihren öffentlichen Zweck - hier den der Abfallentsorgung - dauerhaft und für die Abfallverursacher möglichst kostengünstig erfüllen zu können.

Nach dem ohne weiteres nachvollziehbaren Vorbringen der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung geht der Senat davon aus, dass eine Sortieranlage, die allein auf die Sortierung und Verwertung von Leichtverpackungen aus dem Gebiet des Beklagten ausgerichtet wäre, weder dauerhaft noch wirtschaftlich sinnvoll betrieben werden könnte. Eine solche Anlage würde mit dem öffentlichen Zweck des § 85 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GemO nicht in Einklang stehen, weil sie nicht geeignet wäre, eine auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten wirksame Abfallentsorgung zu gewährleisten. Deshalb ist es mit § 85 Abs. 3 GemO vereinbar, die Kapazität der Sortieranlage der Beigeladenen zu 1) zu vergrößern und Leichtverpackungen außerhalb des eigenen Gebietes zur Sortierung und Verwertung zu übernehmen, um den kostengünstigen Betrieb der Anlage zu ermöglichen. Nur so kann erreicht werden, dass die vom Gesetzgeber gewollte Privilegierung gemeindlicher Einrichtungen nicht auf dem zentralen Feld des Umweltschutzes leer läuft.

Selbst wenn sich indessen aus dem öffentlichen Zweck im Sinne des § 85 Abs. 3 GemO die Beschränkung einer nichtwirtschaftlichen Einrichtung auf den örtlichen Wirkungskreis ergeben sollte, würde dies nicht zur Unzulässigkeit der hier zu beurteilenden Entsorgungstätigkeit der Beigeladenen zu 1) führen. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei der Sortierung und Verwertung von Leichtverpackungen aus dem Gebiet der Stadt B. nicht um eine Betätigung außerhalb des Verbandsgebietes des Beklagten (überörtliche Tätigkeit).

Die Einordnung einer Tätigkeit als örtlich oder überörtlich hängt davon ab, ob die Dienstleistungen und Produkte überwiegend von Gemeindeangehörigen abgenommen oder im Gemeindegebiet erbracht oder abgesetzt werden. Weist die gemeindliche Betätigung sowohl örtliche als auch überörtliche Bezüge auf, ist auf den Schwerpunkt der Wertschöpfung abzustellen (vgl. Rehn/Cronauge, Gemeindeordnung für Nordrhein-Westfalen, Stand: 10/04, § 107 Anm. VIII. 2. S. 35; Jarass, a.a.O., 2, 5; Schink, a.a.O., 137; Kühling, NJW 2001, 177 [178]). Nach dem zwischen den Beigeladenen abgeschlossenen Vertrag schuldet die Beigeladene zu 1) der Beigeladenen zu 2) die Übernahme der Leichtverpackungen, die grundsätzlich im Vertragsgebiet - hier in der Stadt B. - vorgenommen wird (§ 3 des Vertrages), die Sortierung der Leichtverpackungen (§ 4 des Vertrages) sowie ihre Bereitstellung/Zuführung zur Verwertung (§ 5 des Vertrages). Von diesen Teilleistungen stellt die Sortierung der Leichtverpackungen die vertragliche Hauptpflicht der Beigeladenen zu 1) und damit den Schwerpunkt ihrer Leistungen dar. Dies ergibt sich aus der sachlichen Bedeutung der Sortierung im Vergleich zur Übernahme der Leichtverpackungen sowie ihrer Bereitstellung/Zuführung zur Verwertung. Letztere sind untergeordnete Hilfstätigkeiten, welche die Sortierung, auf die der Vertrag zwischen den Beteiligten ausgerichtet ist, lediglich vorbereiten bzw. sich an sie anschließen. Außerdem bestätigt die Größe der Sortieranlage das Übergewicht der Sortierung im Rahmen der von der Beigeladenen zu 1) vertraglich geschuldeten Tätigkeiten. Die Anlage hat ausweislich der Änderungsgenehmigung vom 11. September 2003 eine Kapazität von 47.000 t/a und wird von drei Schichten an sechs Tagen in der Woche betrieben.

Stellt die Sortierung der Leichtverpackungen somit den Schwerpunkt der zwischen den Beigeladenen vereinbarten Leistungen dar, kommt es für die Einordnung der vertraglichen Tätigkeit als örtliche oder überörtliche Betätigung darauf an, wo insoweit die Wertschöpfung stattfindet. Sie erfolgt im Verbandsgebiet des Beklagten, da dort die Sortieranlage gelegen ist. Hieraus ergibt sich zugleich, dass die von der Sortierung geprägte vertragliche Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) insgesamt als örtliche Betätigung anzusehen ist.

Verstößt die von der Klägerin beanstandete Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) somit nicht gegen den hier allein anwendbaren § 85 Abs. 3 GemO, ist nicht mehr entscheidungserheblich, ob diese Vorschrift überhaupt Drittschutz vermittelt. Der Senat verneint dies allerdings ebenso wie das Verwaltungsgericht. § 85 Abs. 3 GemO hat den Zweck, bestimmte gemeindliche Einrichtungen von den strengen Anforderungen des § 85 Abs. 1 GemO freizustellen, damit Gemeinden in ausgewählten Bereichen der Daseinsvorsorge unter erleichterten Voraussetzungen tätig werden können. Dadurch wird der subjektivrechtliche Schutz, den § 85 Abs. 1 Nr. 3 GemO Dritten vor der wirtschaftlichen Betätigungen von Gemeinden gewährt (vgl. VerfGH RP, a.a.O., 245), im Bereich der nichtwirtschaftlichen Daseinseinsvorsorge des § 85 Abs. 3 GemO gerade ausgeschlossen (vgl. Schlacke, JA 2002, 48 [50]).

Selbst wenn aber Inhalt des "öffentlichen Zwecks" in § 85 Abs. 3 GemO das Erfordernis der Örtlichkeit gemeindlicher Aufgabenerfüllung sein sollte, ergäben sich hieraus ebenfalls keine subjektiven Rechte. Das Örtlichkeitsprinzip des § 2 Abs. 1 GemO dient in Anknüpfung an Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz - GG - sowie Art. 49 Abs. 1 LV der Abgrenzung der Zuständigkeiten in vertikaler Hinsicht zwischen kommunalen Gebietskörperschaften und staatlichen Verwaltungsträgern (vgl. Jarras, a.a.O., 2 f.) sowie im horizontalen Sinne zwischen Kommunen untereinander (vgl. Löwer in: v. Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 3. Auflage 1995, Art. 28 Rdnr. 40; Kühling, a.a.O., 179). Als Normen des Staatsorganisationsrechts dienen Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 49 Abs. 1 LV ebenso wenig wie ihre einfachgesetzliche Ausgestaltung in § 2 Abs. 1 GemO dem Schutz privater Dritter.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10 Zivilprozessordnung.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 100.000,-- € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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