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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 22.06.2007
Aktenzeichen: 2 F 10596/07.OVG
Rechtsgebiete: GVG, AGG, SGB IX


Vorschriften:

GVG § 17 a
GVG § 17 a Abs. 4
AGG § 15
SGB IX § 81
SGB IX § 81 Abs. 1
Für die Klage eines schwerbehinderten Menschen auf Schadensersatz gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet, wenn der geltend gemachte Anspruch auf einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot bei der Bewerbung auf Einstellung als Richter oder Beamter gestützt wird.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS

2 F 10596/07.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Schadensersatzes

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 22. Juni 2007, an der teilgenommen haben

Präsident des Oberverwaltungsgerichts Prof. Dr. Meyer Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Mildner Richterin am Oberverwaltungsgericht Stengelhofen

beschlossen:

Tenor:

Unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Mainz vom 25. Mai 2007 wird der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Mainz zurückverwiesen. Es wird festgestellt, dass der Verwaltungsrechtsweg zulässig ist.

Gründe:

1. Auf die Beschwerde des Beklagten ist die von dem Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 25. Mai 2007 ausgesprochene Verweisung des Rechtsstreits an das Arbeitsgericht Mainz aufzuheben. Ein bürgerlicher Rechtsstreit zwischen einem Arbeitnehmer und einem Arbeitgeber aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 c) ArbGG liegt nämlich nicht vor. Die Regelung ist schon deshalb nicht einschlägig, weil der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht in Zusammenhang mit der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses steht. Die Klägerin hat sich nämlich um die Einstellung in den höheren Justizdienst und damit um die Begründung eines Dienstverhältnisses als Richterin oder Beamtin beworben. Für die in diesem Zusammenhang entstehenden Rechtsstreitigkeiten ist eine Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen nicht gegeben.

2. Bei der von der Klägerin erhobenen Klage mit dem Ziel, den Beklagten zu verurteilen, an sie Schadenersatz auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG zu leisten, handelt es sich um eine Klage "aus dem Richterverhältnis" bzw. "aus dem Beamtenverhältnis" im Sinne der §§ 71 Abs. 3 DRiG in Verbindung mit § 126 Abs. 1 BRRG bzw. § 126 Abs. 1 BRRG in Verbindung mit § 40 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Es ist daher der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. An dieser Feststellung ist der erkennende Senat nicht dadurch gehindert, dass der Beklagte mit der von ihm eingelegten Beschwerde das Ziel verfolgt, eine Verweisung des Rechtsstreits an das Amtsgericht Mainz zu erreichen. Denn er ist verpflichtet, die ihm vorgelegte Frage nach der Zulässigkeit des Rechtswegs von Amts wegen umfassend zu prüfen und zu beantworten.

Maßgebend für das Vorliegen einer Klage aus dem Richter- bzw. Beamtenverhältnis ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf einer dem Richter- bzw. Beamtenrecht zugeordneten Anspruchsgrundlage beruht (BVerwGE 26, 31 [33]; 66, 39 [41]; 100, 280 [283]). Dies ist etwa bei Ansprüchen "vorbeamtenrechtlicher Art" der Fall, in denen ein Rechtsanspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis geltend gemacht wird. Dasselbe gilt aber auch hinsichtlich eines Schadensersatzanspruchs wegen Verletzung eines solchen Übernahmeanspruchs (BVerwGE 26, 31, a.a.O.). Nichts anderes kann im Hinblick auf Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung von Pflichten gelten, die einem Arbeitgeber gegenüber schwerbehinderten Menschen bei der Besetzung freier Arbeitsplätze gemäß § 81 Abs. 1 SGB IX obliegen und deren Verletzung einen Schadensersatzanspruch gemäß § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG begründen können. Es handelt sich insoweit gleichfalls um einen Anspruch vorbeamtenrechtlicher Art (LAG Hamm, NZA-RR 2006, 157), da seinen Bezugspunkt die konkrete Durchführung eines Stellenbesetzungsverfahrens bildet.

Für diese Betrachtungsweise spricht schon die Erwägung, Sinn der Regelung des § 126 BRRG sei es, das Beamtenrecht - und ihm insoweit folgend das Richterrecht - der Länder einer einheitlichen Auslegung durch das Bundesverwaltungsgericht zugänglich zu machen (BVerwGE 66, 39, a.a.O.). Diesem Zweck kann auch die Entscheidung von Verfahren der vorliegenden Art dienen. So erhebt die Klägerin etwa den Vorwurf, der Beklagte habe gegen seine aus § 81 Abs. 1 Satz 5 SGB IX resultierende Pflicht verstoßen, bei Bewerbungen schwerbehinderter Richter und Richterinnen den Präsidialrat zu unterrichten und zu hören, soweit dieser an der Ernennung zu beteiligen ist. Der spezifisch richterrechtliche Bezug dieser behaupteten Pflichtverletzung ist offenkundig. Darüber hinaus hat der Beklagte im Rahmen seiner Klageerwiderung den geltend gemachten Schadensersatzanspruch unter anderem mit der Erwägung verneint, die Klägerin sei offensichtlich fachlich nicht geeignet gewesen und habe dem Anforderungsprofil für eine Einstellung in den höheren Justizdienst nicht entsprochen. Fragen der fachlichen Eignung eines Bewerbers beantworten sich nach Maßgabe des einschlägigen Dienstrechts. Auch deshalb hat der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch hierin seine Grundlage.

3. Die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG bezeichneten Art nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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