Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 08.03.2006
Aktenzeichen: 5 A 11469/05.OVG
Rechtsgebiete: LPersVG, BRRG, BAT, SGB II


Vorschriften:

LPersVG § 10
LPersVG § 10 Abs. 1
LPersVG § 10 Abs. 2
LPersVG § 10 Abs. 2 Satz 1
LPersVG § 10 Abs. 2 Satz 3
LPersVG § 11
LPersVG § 11 Abs. 1
LPersVG § 11 Abs. 1 Satz 1
LPersVG § 19
LPersVG § 19 Abs. 1
LPersVG § 19 Abs. 1 Satz 1
BRRG § 123 a
BRRG § 123 a Abs. 1
BRRG § 123 a Abs. 1 Satz 2
BRRG § 123 a Abs. 3
BAT § 12
BAT § 12 Abs. 2
BAT § 12 Abs. 2 Satz 1
BAT § 12 Abs. 2 Satz 2
SGB II § 44 b
SGB II § 44 b Abs. 1
SGB II § 44 b Abs. 1 Satz 1
Die der ARGE nach § 123 a BRRG und § 12 BAT am Wahltag länger als drei Monate zur Dienst- bzw. Arbeitsleistung zugewiesenen Beamten und Angestellten des Landkreises sind von der aktiven und passiven Teilnahme an der Wahl zum Personalrat bei der Kreisverwaltung ausgeschlossen.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 A 11469/05.OVG

In der Personalvertretungssache

wegen Anfechtung einer Personalratswahl

hat der 5. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz (Fachsenat für Personalvertretungssachen - Land -) aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. März 2006, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Mildner Richter am Oberverwaltungsgericht Bonikowski Richterin am Oberverwaltungsgericht Stengelhofen ehrenamtlicher Richter Lehrer Roß ehrenamtliche Richterin Justizamtsrätin Niebergall

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragsteller gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz (Fachkammer für Personalvertretungssachen - Land -) vom 16. September 2005 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gültigkeit einer Personalratswahl. Am 9. Mai 2005 fand die Wahl zum Personalrat bei der Kreisverwaltung M. statt. In das Verzeichnis der Wahlberechtigten wurden insgesamt vier Beamte und dreizehn Angestellte nicht aufgenommen, denen jeweils mit ihrem Einverständnis sowie der Zustimmung des Personalrats zum 1. Januar bzw. 1. Februar 2005 eine Tätigkeit bei der vom Landkreis und der in seinem Gebiet tätigen Agentur für Arbeit durch öffentlich-rechtlichen Vertrag errichteten Arbeitsgemeinschaft - ARGE - zugewiesen worden war. Zu diesem Personenkreis gehörten auch die Antragsteller zu 1), 4) und 8). Die hiergegen u.a. von ihnen eingelegten Einsprüche wurden vom Wahlvorstand am 21. April 2005 unter Hinweis auf § 10 Abs. 2 Satz 3 Landespersonalvertretungsgesetz - LPersVG - zurückgewiesen. Danach ende in den Fällen der Zuweisung das Wahlrecht bei der abgebenden Dienststelle mit Ablauf von drei Monaten. Mit dem Verlust der Wahlberechtigung erlösche auch die Wählbarkeit nach § 11 Abs. 1 Satz 1 LPersVG.

Mit ihrem Wahlanfechtungsantrag haben die Antragsteller geltend gemacht, die Verwehrung des aktiven und passiven Wahlrechts verletze wesentliche Bestimmungen über das Wahlrecht und die Wählbarkeit. Nach dem Landespersonalvertretungsgesetz sei grundsätzlich nur ein Wechsel des Wahlrechts und der Wählbarkeit zulässig, nicht aber ihr Verlust. Letzteren sehe § 10 Abs. 4 LPersVG nur ausnahmsweise für die Leiterin oder den Leiter der Dienststelle und deren Stellvertreter vor. In Übereinstimmung damit sei § 10 Abs. 2 Satz 3 LPersVG nur anwendbar, wenn dem Verlust des Wahlrechts bei der Kreisverwaltung der Erwerb eines solchen bei der ARGE gegenüberstehe. Das sei nicht der Fall. Denn die ARGE stelle mangels Dienstherreneigenschaft keine Dienststelle im Sinne des Landespersonalvertretungsrechts dar, sodass bei ihr kein Personalrat gebildet werden könne. Im Hinblick darauf müsse § 10 Abs. 2 Satz 3 LPersVG im Sinne der Erhaltung des Wahlrechts zum Personalrat der Anstellungskörperschaft ausgelegt werden. Die der ARGE zugewiesenen Beamten und Angestellten hätten demnach in die Wählerverzeichnisse aufgenommen werden müssen. Dies gelte umso mehr, als der Personalrat bei der Kreisverwaltung auch nach Ablauf von drei Monaten für die der ARGE zugewiesenen Beamten und Angestellten zuständig bleibe. Ein ersatzloser Verlust des Wahlrechts widerspreche insbesondere auch dem Demokratieprinzip, wonach derjenige, der durch ein Gremium vertreten werde, auch das Wahlrecht zu diesem Gremium besitzen müsse. Mangels Verlustes der Wahlberechtigung hätte auch die Bewerbung einer der ARGE zugewiesenen Angestellten zur Personalratswahl nicht zurückgewiesen werden dürfen. Die erforderliche Kausalität sei gegeben. Es sei nicht auszuschließen, dass das Ergebnis der Personalratswahl durch die Nichtzulassung des in Rede stehenden Personenkreises zur Wahl beeinflusst worden sei.

Die Antragsteller haben beantragt,

die am 9. Mai 2005 erfolgte Wahl des Personalrats bei der Kreisverwaltung M. für ungültig zu erklären.

Der Beklagte ist dem entgegengetreten, indem er sich der Begründung des Wahlvorstandes zur Zurückweisung der Einsprüche angeschlossen hat.

Das Verwaltungsgericht hat den Wahlanfechtungsantrag abgelehnt. Die Nichtzulassung derjenigen Beamten und Angestellten zur Personalratswahl, die der ARGE im Zeitpunkt der Personalratswahl länger als drei Monate zur Dienst- bzw. Arbeitsleistung zugewiesen gewesen seien, entspreche den gesetzlichen Vorgaben der §§ 10 Abs. 2 Satz 3 und 11 Abs. 1 Satz 1 LPersVG. Danach sei für das Wahlrecht das tatsächliche Beschäftigungsverhältnis maßgeblich. Dieses bestehe nach der Zuweisung zur ARGE dort und nicht mehr bei der Kreisverwaltung. Der Verlust des Wahlrechts in der Kreisverwaltung ohne Erwerb eines Wahlrechts in der ARGE verstoße auch nicht gegen das Demokratieprinzip oder die Wahlrechtsgrundsätze. Die Einschränkung des aktiven und passiven Wahlrechts sei wegen der fehlenden tatsächlichen Bindung an die Stammdienststelle bei einer wie hier über mehrere Jahre angelegten Zuweisung vielmehr sachlich gerechtfertigt.

Gegen diese Entscheidung haben die Antragsteller die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, mit der sie ihren Rechtsstandpunkt aufrechterhalten und beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Mainz die am 9. Mai 2005 erfolgte Wahl des Personalrats bei der Kreisverwaltung M. für ungültig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die rechtliche Prüfung.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Wahlunterlagen (1 Ordner) verwiesen, die Gegen-stand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Wahlanfechtungsantrag zu Recht abgelehnt. Die am 9. Mai 2005 durchgeführte Personalratswahl bei der Kreisverwaltung M. leidet an keinem ihre Ungültigkeit herbeiführenden Mangel im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 LPersVG. Diejenigen Beamte und Angestellte, denen am Wahltag schon länger als drei Monate eine Tätigkeit bei der ARGE zugewiesen war, sind zu Recht nicht in die Wählerverzeichnisse aufgenommen worden und durften infolgedessen nicht an der Wahl teilnehmen. Sie waren zum Zeitpunkt der Wahl gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 LPersVG nicht wahlberechtigt und damit nach § 11 Abs. 1 Satz 1 LPersVG auch nicht wählbar (1). Der Verlust des Wahlrechts und der Wählbarkeit ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar (2).

(1) Ausgangspunkt der rechtlichen Prüfung ist § 10 Abs. 1 LPersVG. Danach sind alle Beschäftigten wahlberechtigt. Zu diesen zählen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 LPersVG u.a. diejenigen, die auf der Grundlage eines Beamten- oder Angestelltenverhältnisses in eine Dienststelle eingegliedert sind und an der Erfüllung der dieser Dienststelle obliegenden öffentlichen Aufgaben mitwirken. Ausschlaggebend für die Beschäftigteneigenschaft ist dabei nicht die rechtliche, sondern die tatsächliche Eingliederung in die Dienststelle. Letztere wird durch die arbeitsmäßige sowie organisatorische Einbindung in den Dienstbetrieb, das Weisungsrecht der Dienststelle und die insoweit korrespondierende Weisungsgebundenheit des Beschäftigten geprägt. Dahinter steht die Überlegung, dass die Belange der Beschäftigten im Interesse einer wirksamen Vertretung von der Personalvertretung wahrgenommen werden, die am ehesten zum Wohl der Beschäftigten (§ 2 Abs. 1 LPersVG) tätig werden kann. Das ist aber der Personalrat, der bei der Dienststelle gebildet ist, die die konkreten Bedingungen der Dienst- und Arbeitsleistung der Beschäftigten in persönlicher und sachlicher Hinsicht festlegt. Dieser ist aufgrund der räumlichen und sachlichen Nähe sowie der Personenkenntnis in besonderer Weise in der Lage, die wechselseitigen Interessen der Beschäftigten und der Dienststelle sowie die Erfordernisse für eine effektive Aufgabenerfüllung einzuschätzen und entsprechend § 2 Abs. 1 LPersVG in Zusammenarbeit mit der Dienststelle auf eine daran ausgerichtete Ausgestaltung des Dienstbetriebes und der Beschäftigungsverhältnisse hinzuwirken (stRspr., vgl. z.B. BVerwG, PersV 1985, 164 [165], BVerwGE 99, 230 [231 f.] und PersR 2002, 438). Gemessen hieran standen die der ARGE zur Dienst- bzw. Arbeitsleistung zugewiesenen Beamten und Angestellten am Wahltag objektiv gesehen nicht (mehr) in einem tatsächlichen Beschäftigungsverhältnis zum Landkreis. Mit dem Wirksamwerden der Zuweisung zum 1. Januar bzw. 1. Februar 2005 endete vielmehr ihre tatsächliche Eingliederung in die Kreisverwaltung. Nach dem Grundtatbestand des § 10 Abs. 1 LPersVG wäre damit zugleich auch der Verlust der Wahlberechtigung und als Folge davon der Wählbarkeit eingetreten. Lediglich aufgrund der gesetzlichen Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 2 Satz 3 LPersVG behielten die von der Zuweisung betroffenen Beamten und Angestellten nach tatsächlicher Aufgabe ihrer Tätigkeit in der Kreisverwaltung für eine kurze Übergangszeit dort zunächst noch das aktive und passive Wahlrecht. Danach verlieren die nach § 123 a Beamtenrechtsrahmengesetz - BRRG - oder aufgrund entsprechender arbeitsvertraglicher Vereinbarung einer anderen Einrichtung zugewiesenen Beamten und Angestellten das Wahlrecht bei der abgebenden Dienststelle nämlich erst, sobald die Zuweisung länger als 3 Monate gedauert hat. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

Zuweisung ist die Übertragung einer dem Amt entsprechenden bzw. gleichbewerteten Tätigkeit bei einer Einrichtung ohne Dienstherreneigenschaft unter Aufrechterhaltung der Rechtsstellung der Beamten bzw. Angestellten. Dementsprechend werden mit der Zuweisung lediglich die fachlichen Weisungsbefugnisse und damit die sachbezogene Kontrolle auf die Dienst- und Arbeitsleistung sowie deren Ergebnis auf die ARGE übertragen. Die Entscheidungen über die persönlichen, das Dienst- und Angestelltenverhältnis betreffenden Angelegenheiten und somit die personenbezogene Kontrolle, die sich vor allem in dienstlichen bzw. arbeitsrechtlichen Weisungen äußert, bleibt demgegenüber der abgebenden Dienststelle vorbehalten. Hinsichtlich der Beamten findet die Zuweisung ihre Rechtsgrundlage in § 123 a Abs. 1 Satz 2 BRRG (vgl. so auch: Kersten, ZfPR 2005, 130 [149]; Kathke in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht, Stand: Februar 2006, Teil C Vor §§ 28 f. Rn. 129). Danach kann einem Beamten mit seiner Zustimmung vorübergehend eine seinem Amt entsprechende Tätigkeit bei einer anderen Einrichtung als einer öffentlichen Einrichtung außerhalb des Anwendungsbereiches dieses Gesetzes zugewiesen werden, wenn dringende öffentliche Interessen dies erfordern. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist nicht auf privatrechtliche Einrichtungen beschränkt. Sie ist eine Modifikation von § 123 a Abs. 1 Satz 1 BRRG, mit dem in der Regel die Zuweisung zu supra- oder internationalen Organisationen sowie anderen Staaten und deren Einrichtungen im In- und Ausland erfasst werden. Im Hinblick darauf, ist auch im Rahmen des § 123 Abs. 1 Satz 2 BRRG entscheidend darauf abzustellen, dass die Einrichtung materiell gesehen außerhalb des gesetzlichen Anwendungsbereiches liegt. Das bedeutet, die betreffende (private oder öffentliche) Einrichtung darf nicht dem deutschen Dienstrecht unterworfen sein. Das ist hinsichtlich der ARGE zu bejahen. Denn es handelt sich insoweit um eine öffentliche Einrichtung ohne Dienstherreneigenschaft.

Letztere besitzen nach der abschließenden Regelung des § 121 BRRG nur der Bund, die Länder, Gemeinden oder Gemeindeverbände sowie sonstige Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts, die dieses Recht im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des BRRG besaßen oder denen es nach diesem Zeitpunkt durch Gesetz, Rechtsverordnung oder Satzung verliehen wurde. Hierzu gehört die ARGE erkennbar nicht. Zwar wurde sie vom Landkreis M. und der in seinem Gebiet tätigen Agentur für Arbeit in Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflichtung nach § 44 b Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II - aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gemäß §§ 53 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch und damit in öffentlicher Rechtsform errichtet. Jedoch fehlt es für eine vorliegend allenfalls in Betracht kommende dienstherrenfähige Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts an dem insoweit jeweils zwingend erforderlichen Hoheitsakt. Sowohl Körperschaften als auch Anstalten des öffentlichen Rechts können nur durch oder aufgrund eines Gesetzes errichtet werden, in dem diese Rechtsformen verbindlich festgelegt sind. Dies ist bei der ARGE nicht der Fall. Sie wird nicht bereits durch § 44 b SGB II, sondern - wie erwähnt - durch einen Vertrag zwischen den Leistungsträgern der Grundsicherung für Arbeitssuchende gegründet. Darüber hinaus enthält § 44 b SGB II auch keine verbindliche Vorgaben hinsichtlich der Rechtsform, sondern lässt diese bewusst offen ("durch privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Verträge"), um den Leistungsträgern den größtmöglichen Freiraum für die Organisierung ihrer Aufgaben zu belassen (vgl. Strobel, NVwZ 2004, 1195 [1198]; Kersten, a.a.O., 146; Ruge/Vorholz, DVBl. 2005, 403 [411]; Trümmer, PersR 2005, 91 [94]). Ob die hier in Rede stehende ARGE im Übrigen als eine Gesellschaft des öffentlichen Rechts (vgl. Strobel, a.a.O., 1198 f.; Trümmer, a.a.O., 94) oder eine teilrechtsfähige öffentlich-rechtliche Organisation eigener Art (vgl. SG Hannover, NVwZ 2005, 976; Berlit, jurisPR-SozR 15/2005 Anm.1; Kersten, a.a.O., 147) zu klassifizieren ist, bedarf mit Blick auf die in beiden Fällen fehlende Dienstherreneigenschaft keiner abschließenden Entscheidung.

Abgesehen davon sind auch die weiteren Voraussetzungen des § 123 a Abs. 1 Satz 2 BRRG gegeben. Insbesondere waren die Zuweisungen angesichts des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Errichtung der ARGE und dem Beginn ihrer Zuständigkeit im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende von dringendem öffentlichem Interesse. Denn nach der konkreten Vertragsgestaltung besitzt die ARGE kein eigenes Personal. Das notwendige Personal ist ihr vielmehr nach § 7 Ziffer 1 des zwischen der Kreisverwaltung und der Agentur für Arbeit geschlossenen Vertrages von den Vertragspartnern entsprechend ihrer gesetzlichen Aufgaben zur Verfügung zu stellen.

Die unter vergleichbaren Voraussetzungen zulässige Zuweisung hinsichtlich der Angestellten richtet sich demgegenüber nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Bundes-Angestelltentarifvertrag (Bund, Länder, Gemeinden) - BAT -. Danach kann einem Angestellten u.a. im öffentlichen Interesse mit seiner Zustimmung vorübergehend eine mindestens gleichbewertete Tätigkeit bei einer Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches dieses Tarifvertrages oder bei einer anderen öffentlichen Einrichtung zugewiesen werden. Auch diese Voraussetzungen sind in entsprechender Anwendung der vorstehenden Ausführungen als erfüllt anzusehen.

Nach alledem waren die zum 1. Januar bzw. 1. Februar 2005 der ARGE zur Dienst- und Arbeitsleistung zugewiesenen Beamten und Angestellten in Anwendung des § 10 Abs. 2 Satz 3 LPersVG damit am 9. Mai 2005 nicht (mehr) wahlberechtigt, da ihre Zuweisungen zu diesem Zeitpunkt bereits länger als drei Monate gedauert haben. Demzufolge besaßen sie auch nicht mehr das an die Wahlberechtigung anknüpfende passive Wahlrecht nach § 11 Abs. 1 Satz 1 LPersVG. An diesem Ergebnis ändert insbesondere der Einwand der Antragsteller nichts, die Vorschrift des § 10 Abs. 2 Satz 3 LPersVG sei nur anwendbar, wenn der Verlust des Wahlrechts bei der Kreisverwaltung durch den Erwerb eines Wahlrechts bei der ARGE ausgeglichen werde. Ein derartige Einschränkung findet weder im Wortlaut der Vorschrift eine hinreichende Stütze, noch kann sie im Wege der Gesetzesauslegung hieraus abgeleitet werden.

Nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 2 Satz 3 LPersVG gilt in den Fällen einer Zuweisung nach § 123 a BRRG oder aufgrund entsprechender arbeitsvertraglicher Vereinbarung Satz 1 ausschließlich hinsichtlich des Verlustes des Wahlrechts bei der abgebenden Dienststelle entsprechend. Danach ist die vorliegend zu beantwortende Frage klar zu verneinen. Denn die für Abordnungen geltende (Ausnahme)Regelung des § 10 Abs. 2 Satz 1 LPersVG wird gerade insoweit nicht für entsprechend anwendbar erklärt, als es um den Erwerb des Wahlrechts in der neuen Dienststelle geht. Dies wird durch die Entstehungsgeschichte bestätigt. Der Gesetzgeber hat den Verlust der Wahlberechtigung in der abgebenden Dienststelle als Folge der Zuweisung in dem Bewusstsein angeordnet, dass in der neuen Einrichtung in der Regel kein aktives Wahlrecht erworben wird (vgl. Amtl. Begr. des Gesetzesentwurfs der Landesregierung, LT-Drucks. 13/5500, S. 36). Damit hat er zu erkennen gegeben, dass der Verlust der Wahlberechtigung bei der bisherigen Dienstelle gerade nicht von der Erlangung eines Wahlrechts bei der aufnehmenden Einrichtung abhängig sein soll. Schließlich sprechen auch die systematische und teleologische Auslegung gegen das von den Antragstellern vertretene Normverständnis. Die in einem Regel-Ausnahmeverhältnis zueinander stehenden Vorschriften des § 10 Abs. 1 und des § 10 Abs. 2 Satz 3 LPersVG beruhen gleichermaßen auf dem Eingliederungsgedanken. Diesem Grundgedanken entsprechend ist die Fortdauer der tatsächlichen Eingliederung in die Dienststelle für die Erhaltung des Wahlrechts unentbehrlich. Fehlt sie, ist die Wahlberechtigung zu versagen. Dem trägt § 10 Abs. 2 Satz 3 LPersVG Rechnung. Dessen Zweck ist es, das Wahlrecht an die (geänderten) tatsächlichen Verhältnisse infolge einer Zuweisung anzupassen, um zu gewährleisten, dass der Personalrat im Interesse einer wirksamen Vertretung der Belange der Beschäftigten nur von denjenigen gewählt wird, deren konkrete Dienst- und Arbeitsbedingungen mit seiner Mitwirkung festgelegt werden. Nach Ansicht des Gesetzgebers soll allerdings nicht jede vorübergehende Abwesenheit von der bisherigen Dienststelle infolge einer Zuweisung den Verlust des Wahlrechts rechtfertigen. Seiner Einschätzung nach ist die tatsächliche Eingliederung in die Dienststelle bei einer Zuweisung für die Dauer von weniger als drei Monaten - ebenso wie bei einer entsprechend kurzen Abordnung - (noch) nicht in Frage gestellt. Erst wenn sich die Zuweisung über diesen Zeitraum erstreckt, ist davon auszugehen, dass die Bindungen zur abgebenden Dienststelle sowie der Kontakt zu den dortigen Mitarbeitern derart gelockert sind, dass eine aktive Teilnahme der betreffenden Beamten und Angestellten an der Wahl des dortigen Personalrats nicht (mehr) zweckmäßig und geboten erscheint. Nach allem hängt die Frage nach dem Fortbestand des Wahlrechts zum Personalrat bei der abgebenden Dienststelle damit allein von den tatsächlichen Gegebenheiten in Bezug auf diese Dienststelle ab. Die davon zu trennende Frage nach dem etwaigen Erwerb eines Wahlrechts in der aufnehmenden Einrichtung kann - wie im Fall der Abordnung - zwar grundsätzlich vom Gesetzgeber mitgeregelt werden. Eine dahingehende Verpflichtung besteht aber nicht. Eine solche kann insbesondere dann nicht angenommen werden, wenn fraglich ist, ob die Regelung des Wahlrechts in der aufnehmenden Einrichtung überhaupt in die Zuständigkeit des (Landes)Gesetzgebers fällt. Letzteres ist u.a. in Bezug auf die ARGE zweifelhaft, da es sich bei dieser nicht um eine alleinige Einrichtung des Landes, sondern eine aufgrund der bundesgesetzlichen Regelung des § 44 b SGB II geschaffene gemeinsame Einrichtung der Kreisverwaltung (Land) und der Agentur für Arbeit (Bund) handelt.

(2) Der Verlust des Wahlrechts nach § 10 Abs. 2 Satz 3 LPersVG und damit auch der Wählbarkeit nach § 11 Abs. 1 Satz 1 LPersVG ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Er verstößt insbesondere nicht gegen das Demokratieprinzip, zu dessen Bestandteilen die auch bei Personalratswahlen zu beachtenden Wahlrechtsgrundsätze gehören (vgl. BVerfGE 60, 162 [169]). Bei dem Ausschluss von der aktiven und passiven Teilnahme an der Wahl geht es materiell gesehen um den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl. Er fordert, dass jeder gleichen Zugang zur Wahl haben muss. Allerdings kann dieser für Parlamentswahlen entwickelte und dort streng anzuwendende Grundsatz außerhalb des politisch-parlamentarischen Bereichs Einschränkungen erfahren (vgl. BVerfGE 41, 1 [12]; konkret für Personalratswahlen, BVerfGE 60, 162 [171 f.]). Diese müssen mit dem Zweck der konkreten Wahl vereinbar und dürfen nicht willkürlich sein. Dem wird der Verlust der Wahlberechtigung und Wählbarkeit in der abgebenden Dienststelle als Folge einer Zuweisung für die Dauer von mehr als drei Monaten gerecht.

Die Personalratswahlen sind Ausdruck des sozialstaatlichen Gebots der Mitwirkung und für die in abhängiger Arbeit tätigen Beamten und Angestellten ein wichtiges Mittel zum Schutz ihrer Menschenwürde und Persönlichkeitsentfaltung in der Dienststelle. Das Leben des Einzelnen wird zu einem ganz wesentlichen Teil durch seinen Dienst bzw. seine Arbeit bestimmt und geprägt. Das Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis beeinflusst das Selbstwertgefühl des Einzelnen ebenso wie dessen Achtung und Wertschätzung durch Dritte. Zugleich stellt die berufliche Tätigkeit eine wesentliche Möglichkeit zur Entfaltung der individuellen geistigen und körperlichen Fähigkeiten und damit der Persönlichkeit dar. Vor diesem Hintergrund haben die im öffentlichen Dienst Beschäftigten ein berechtigtes Interesse, an der Regelung der sie betreffenden Dienst- und Arbeitsbedingungen mitzuwirken. Dem tragen die gesetzlichen Beteiligungsrechte des Personalrats Rechnung. Das aktive Wahlrecht bildet dabei das Bindeglied zwischen den Beschäftigten der Dienststelle und ihrem Personalrat. Letzterer wird durch die Wahl legitimiert, die gesetzlichen Beteilungsrechte im Interesse der Beschäftigten wahrzunehmen und dafür zu sorgen, dass diese in einen angemessenen Ausgleich mit den Erfordernissen des Dienstbetriebes gebracht werden (vgl. BVerfGE 28, 314 [323]; BVerwG, PersR 2005, 458 [462]). Eine effektive Interessenvertretung setzt dabei allerdings - wie dargelegt - Kenntnis der tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort voraus. Es verstößt mithin nicht gegen das Willkürverbot, wenn der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die länger als drei Monate einer anderen Einrichtung zugewiesenen Beamten und Angestellten im Regelfall über keine vergleichbar starke soziale und betriebliche Bindung zur Dienststelle verfügen wie die dort im Zeitpunkt der Wahl tatsächlich Beschäftigten. Daher ist es sachlich vertretbar, das aktive und passive Wahlrecht auf die Beamten und Angestellten zu beschränken, die ihre weisungsabhängige Tätigkeit tatsächlich in der Dienststelle verrichten, in der der Personalrat gewählt wird.

Ein Verstoß gegen das Demokratieprinzip lässt sich auch nicht damit begründen, dass die der ARGE zur Dienst- und Arbeitsleistung zugewiesenen Beamten und Angestellten infolge ihrer unveränderten (status)rechtlichen Zuordnung zur Kreisverwaltung (§ 123 a Abs. 3 BRRG, § 12 Abs. 2 Satz 2 BAT) in ihren personellen Angelegenheiten auch künftig von dem dortigen Personalrat vertreten werden, sie mangels Wahlrechts auf dessen Bildung aber keinen Einfluss haben. Dem Gesetzgeber kommt bei der Ausgestaltung der Personalvertretung, einschließlich des diesbezüglichen Wahlrechts, ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Konkrete Handlungsanweisungen sind namentlich dem Demokratieprinzip angesichts seiner Weite und Unbestimmtheit insoweit nicht zu entnehmen. Die gesetzliche Regelung muss - was nach den vorstehenden Ausführungen hier der Fall ist - lediglich dem Zweck der Personalratswahl entsprechen und darf nicht gegen das Willkürverbot verstoßen. Hinzu kommt, dass auch alle Beschäftigten, die nach der Wahl bei der Kreisverwaltung eingestellt oder an sie versetzt oder langfristig abgeordnet werden, gegebenenfalls auf Jahre hinnehmen müssen, dass ihre Interessen von einem durch sie nicht gewählten Personalrat wahrgenommen werden.

Schließlich berufen sich die Antragsteller auch ohne Erfolg darauf, dass ihnen auch bei der ARGE kein Wahlrecht zusteht, das den Verlust des Wahlrechts bei der Kreisverwaltung ausgleichen könnte. Der Verlust des Wahlrechts bei der abgebenden Dienststelle und der etwaige Erwerb eines solchen bei der aufnehmenden Einrichtung stehen nach der aufgezeigten Gesetzeslage gerade in keinem Abhängigkeitsverhältnis. Demzufolge kann ein etwaiges personalvertretungsrechtliches Beteiligungsdefizit bei der ARGE keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses von der Wahl zu dem bei der Kreisverwaltung zu bildenden Personalrat haben. Eine eventuelle Beteiligungslücke kann vielmehr nur im Bereich der ARGE und ausschließlich durch den Gesetzgeber geschlossen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 Zivilprozessordnung.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz i.V.m. Ziffer 31 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 [DVBl. 2004, 1525]).

Ende der Entscheidung

Zurück