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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 09.12.2008
Aktenzeichen: 6 A 10694/08.OVG
Rechtsgebiete: GG, PsychThG, SGB VIII, HeilBG


Vorschriften:

GG Art. 72 Abs. 1
GG Art. 74 Abs. 1 Nr. 19
PsychThG § 1 Abs. 3 S. 1
SGB VIII § 27 Abs. 1
SGB VIII 27 Abs. 3
HeilBG § 1 Abs. 2 S. 1
HeilBG § 1 Abs. 2 S. 2
HeilBG § 107 Abs. 1
HeilBG § 107 Abs. 2
Die Pflichtmitgliedschaft in der Landespsychotherapeutenkammer hängt für einen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nach § 1 Abs. 2 Satz 1 HeilBG vom Bestehen eines Approbationsbedürfnisses sowie von der Ausübung einer der beruflichen Qualifikation entsprechenden Betätigung ab.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 A 10694/08.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Mitgliedschaft

hat der 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2008, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Zimmer Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Frey Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Beuscher ehrenamtliche Richterin Hausfrau Köber den ehrenamtlichen Richter Dipl.-Ing. (FH) Becker

für Recht erkannt:

Tenor:

Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. April 2008 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz - 3 K 1747/07.KO - wird abgeändert und der Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. September 2007 aufgehoben.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger während des Zeitraumes vom 1. Juli 2003 bis zum 14. März 2008 Pflichtmitglied der Beklagten war.

Als diplomierter Sozial- und Heilpädagoge übt der Kläger ununterbrochen seit dem Jahre 1979 eine Vollzeitbeschäftigung im Angestelltenverhältnis bei der Erziehungsberatungsstelle des Evangelischen Kirchenkreises A... aus. Aufgrund dieser beruflichen Befähigung und Betätigung wurde er nach Maßgabe der Übergangsvorschriften zum Psychotherapeutengesetz am 4. Januar 1999 zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten approbiert. Mit Schreiben vom 18. März 2008 bestätigte das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung, dass der Kläger seine Approbationsurkunde am 14. März 2008 zurückgegeben habe.

Im September 2001 setzte der Kläger die Beklagte von der Eröffnung einer psychotherapeutischen Praxis in deren Kammerbezirk in Kenntnis. Dies nahm die Beklagte zum Anlass, den Kläger ab 2002 als Pflichtmitglied beitragsrechtlich heranzuziehen. Nachdem der Kläger seine freie Praxis mit Wirkung vom 1. Juli 2003 nach S... in Nordrhein-Westfalen verlegt hatte, erklärte die Beklagte, allerdings in Unkenntnis der in der Erziehungsberatungsstelle fortgeführten Tätigkeiten des Klägers, dessen Mitgliedschaft als erloschen.

Im November 2006 unterrichtete die Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen die Beklagte, dass sie mit Rücksicht auf die fortlaufend ausgeübte hauptamtliche Beratungstätigkeit des Klägers in A... diesen aus ihrer Kammermitgliedschaft entlassen habe. Daraufhin zog die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 12. März 2007 zu einem bestandskräftig gewordenen Pflichtbeitrag in Höhe von 580,00 € für das Jahr 2007 heran. Ferner stellte sie mit Schreiben vom 30. Mai 2007 fest, dass die Mitgliedschaft des Klägers zur Psychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz über den 30. Juni 2003 hinaus fortbestanden habe und gab ihm zum Zweck seiner beitragsrechtlichen Nacherfassung auf, seine Einkommensverhältnisse offenzulegen. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. September 2007 zurück.

Mit seiner Klage hat der Kläger vorgetragen, er habe seine psychotherapeutische Praxis wegen mangelnder Verdienstmöglichkeiten aufgegeben. Seine Aufgaben an der kirchlichen Beratungsstelle bildeten keinen rechtlich eigenständigen Anknüpfungspunkt für eine Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten, weil es sich dabei um keine approbationsfähigen Tätigkeiten sondern um typische Arbeiten eines Sozialpädagogen handele. Dies könne ohne weiteres der ihm erteilten Dienstanweisung sowie den zu den Akten gereichten Fallblättern entnommen werden. Im Übrigen sei arbeitsgerichtlich rechtskräftig festgestellt worden, dass die Approbation für seinen dienstrechtlichen Status ohne Belang sei.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. September 2007 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger verkenne ersichtlich die mitgliedschaftsrechtlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 HeilBG. Der dort verwendete Begriff der "Berufsausübung" sei nach gefestigter verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung umfassender zu verstehen als der Begriff der Ausübung der Psychotherapie i.S.d. § 1 Abs. 3 PsychThG. Beispielsweise werde der Tatbestand der Pflichtmitgliedschaft bereits dann erfüllt, wenn psychotherapeutisches Wissen bei der beruflichen Tätigkeit mitverwendet werde oder nur mitverwendet werden könne.

Das Verwaltungsgericht hat mit dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. April 2008 ergangenen Urteil die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht eine über den 30. Juni 2003 hinausgehende Pflichtmitgliedschaft des Klägers festgestellt. Dieser erfülle wegen den in der Erziehungsberatungsstelle des Evangelischen Kirchenkreises A... ausgeübten Tätigkeiten die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 HeilBG. Wie dessen Begriffsinhalt zu verstehen sei, habe das Verwaltungsgericht Mainz in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 25. November 2005 - 4 K 8/05.MZ - überzeugend ausgeführt. Diesen Rechtsstandpunkt mache die Kammer sich zu eigen. Sämtliche hiergegen erhobenen Einwände des Klägers überzeugten nicht. Insbesondere verkenne er, dass es in der Praxis der Erziehungsberatungsstellen weithin zu Überschneidungsbereichen zwischen sozialpädagogischen und psychotherapeutischen Anforderungen komme. Von daher liege es nahe, dass der Kläger in der Beratungswirklichkeit auch Kenntnisse und Fertigkeiten einsetze bzw. mitverwende, die bei approbierten Psychotherapeuten für die Berufswahl konstitutiv seien.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Er trägt vor, das Verwaltungsgericht verkenne, dass die mitgliedschaftsrechtlichen Voraussetzungen zur Psychotherapeutenkammer in Rheinland-Pfalz abweichend von denen in anderen Bundesländern geregelt seien, auf die sich die vom Verwaltungsgericht zitierte Rechtsprechung beziehe. Hier komme es neben der Approbation auf die konkrete Berufsausübung an. Diesbezüglich habe er stets darauf hingewiesen, dass er in seiner Dienststelle keine psychotherapeutischen Aktivitäten entfalte, nicht nur weil sie nicht Gegenstand seines Anstellungsvertrages seien, sondern weil sie ihm kraft Dienstanweisung ausdrücklich untersagt worden seien.

Der Kläger beantragt,

das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. April 2008 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz - 3 K 1747/07.KO - abzuändern und nach seinem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und hält dem Kläger vor, dass er gerade wegen seiner Beratungstätigkeit im Jahre 1999 approbiert worden sei. Ferner habe er in einem arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit wegen Höhergruppierung im Jahre 1994 das Vorliegen von Tätigkeitsmerkmalen behauptet, die ohne weiteres als psychotherapeutische Beratungstätigkeit zu qualifizieren seien. An diesen Einlassungen müsse der Kläger sich festhalten lassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze in der Gerichtsakte verwiesen. 1 Heft Verwaltungs- und Widerspruchsakten sowie die vom Verwaltungsgericht beigezogene Prozessakte 4 K 8/05.MZ lagen dem Senat vor und wurden zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Auf diese Unterlagen wird gleichfalls Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2007 und der dazu ergangene Widerspruchsbescheid vom 12. September 2007 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die mit diesen Verwaltungsentscheidungen getroffene zukunftsoffene Feststellung, dass der Kläger über den 30. Juni 2003 hinaus Pflichtmitglied der Beklagten geblieben ist, hat zwar dadurch eine gegenständliche Änderung erfahren, dass der Kläger im März 2008 seine Approbationsurkunde als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung zurückgegeben hat und damit eine notwendige Voraussetzung für seine Mitgliedschaft in der Psychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz entfallen ist. Durch diesen rechtlichen Schritt sind jedoch die angegriffenen Verwaltungsentscheidungen nicht gegenstandslos geworden. Vielmehr hat sich ihr Regelungsgehalt bei zweckentsprechender Auslegung lediglich in seiner zeitlichen Tragweite dahingehend verändert, dass der Kläger in der Zeit vom 30. Juni 2003 bis zum 14. März 2008 Pflichtmitglied der Beklagten war. Diese rechtliche Feststellung entspricht jedoch nicht der objektiven Rechtslage, denn der Kläger fällt während des fraglichen Zeitraumes nicht in den persönlichen Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2 HeilBG vom 20. Oktober 1978 (GVBl. S. 649), letztmals geändert durch Gesetz vom 7. März 2008 (GVBl. S. 52), in dem der rechtliche Maßstab der Pflichtmitgliedschaft ausgeformt ist. Dies ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Erwägungen:

Die normative Regelung der Zwangsmitgliedschaft in einer berufsständischen Vereinigung stellt nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG eine Angelegenheit der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit dar. In deren Anwendungsbereich haben die Länder gemäß Art. 72 Abs. 1 GG die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Regelungszuständigkeit keinen Gebrauch gemacht hat. Da der Bund im Psychotherapeutengesetz vom 16. Juni 1998 - PychThG -(BGBl. I S. 1311) seine Kompetenz nur partiell in Bezug auf die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Berufswahl genutzt hat, bleiben die Länder für den weiten Bereich der Berufsausübung, zu dem auch das Recht zur Bildung berufsständischer Organisationen gehört, regelungsbefugt. Das Land Rheinland-Pfalz hat dabei die in der Begründung des Gesetzentwurfs zum Psychotherapeutengesetz enthaltene Anregung des Bundesgesetzgebers (vgl. dazu Behnsen, Bernhardt, Psychotherapeutengesetz, Erläuternde Textausgabe, 1. Auflage 1999, S. 47) aufgegriffen und für die neuen Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten sowie des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten die Einrichtung von autonomen Kammern vorgesehen (vgl. dazu die amtliche Begründung zu § 107 HeilBG im Gesetzentwurf der Landesregierung vom 20. September 2000, LT-Drs. 13/6226, S. 17). Wegen der Pflichtmitgliedschaft in dieser in Rheinland-Pfalz ab 1. Januar 2002 zu errichtenden Organisation bestimmt das Änderungsgesetz zum Heilberufsgesetz vom 21. Februar 2001 (GVBl. S. 49), dass der Wortlaut des § 1 Abs. 2 Satz 1 HeilBG durch Einfügung der neuen Berufsbezeichnungen entsprechend erweitert wird. Kammermitglied ist demnach, so wie dies auch bei den traditionellen Heilberufen der Fall ist, wer als Psychologischer Psychotherapeut oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut in Rheinland-Pfalz seinen Beruf ausübt.

Mit dieser Formulierung knüpft das Landesrecht die Kammermitgliedschaft an das Vorliegen verschiedener tatbestandlicher Voraussetzungen: Zum einen an den Befähigungsnachweis der Approbation als Voraussetzung für das Recht zur Führung der entsprechenden Berufsbezeichnung und zum anderen an die, wie noch darzulegen sein wird, befähigungsakzessorische Berufsausübung in Rheinland-Pfalz. Qualifikation und eine hierauf bezogene berufliche Praxis konstituieren damit in gleicher Weise die Zusammensetzung des Personenkreises, dem der Landesgesetzgeber nach Maßgabe von § 3 Abs. 1 HeilBG gemeinwohlspezifische Aufgaben zur Erledigung im Rahmen der funktionalen Selbstverwaltung zugewiesen hat.

In Bezug auf das rechtliche Verständnis der mitgliedschaftsbegründenden Eigenschaften besteht zwischen den Beteiligten insoweit Einverständnis, dass das Landesrecht aus den oben dargelegten Kompetenzgründen sich hinsichtlich der Qualifikation der Kammermitglieder jedes eigenständigen rechtlichen Bewertungsmaßstabes zu enthalten hat, sondern verpflichtet ist, an den die Berufswahlentscheidung steuernden Vorgaben des Psychotherapeutengesetzes zur Approbationserteilung anzuknüpfen. Rechtlich kontrovers ist zwischen den Beteiligten hingegen das zutreffende Verständnis der "beruflichen Praxis" als zweite mitgliedschaftsbegründende Voraussetzung.

Bei der Ausgestaltung dieses rechtlichen Kriteriums ist der Freiraum des Landesgesetzgebers durch keine spezifischen bundesrechtlichen Vorgaben geprägt, so dass dem Begriff der Berufsausübung im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 HeilBG eine unterschiedliche Tragweite verliehen werden kann. So darf der Gesetzgeber den Begriff streng befähigungsakzessorisch verstehen, mit der Folge, dass nur eine solche Berufstätigkeit zur Pflichtmitgliedschaft in der Kammer führen kann, bei der die in den abstrakten Befähigungsmerkmalen des Psychotherapeutengesetzes zum Ausdruck kommende fachliche Qualifikation in der beruflichen Wirklichkeit des Approbierten auch tatsächlich zum Einsatz gebracht wird. Denkbar und zulässig sind freilich auch weitergehende Begriffsverständnisse, etwa des Inhalts, dass unter Berufsausübung im Sinne dieser Vorschrift alle Tätigkeiten zu verstehen sind, bei denen die erworbene Berufsqualifikation zum wirtschaftlichen Nutzen des Beitragspflichtigen eingesetzt wird oder alle Tätigkeiten gemeint sein sollen, die unter Anwendung psychologischen Wissens verrichtet werden. Bei der Ermittlung des objektivierten Willens des Gesetzes liegt indessen nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 Satz 1 HeilBG i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 21. Februar 2001, nach der Entstehungsgeschichte sowie nach dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift hinsichtlich der Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer die befähigungsakzessorische Ausdeutung des Begriffs der Berufsausübung eindeutig näher.

So hebt der Wortlaut des § 1 Abs. 2 Satz 1 HeilBG durch die Verwendung der Präposition "als" im Zusammenhang mit bestimmten Berufsbezeichnungen deutlich hervor, dass nicht jede erwerbswirtschaftliche Betätigung, die der Inhaber eines Approbationsnachweises ausübt und bei der ihm seine Qualifikation irgendwie nützlich ist, zur Kammermitgliedschaft führt. Vielmehr eignet sich dazu nur eine dem Befähigungsprofil gemäße berufliche Praxis. Berufliche Praxis und berufliche Befähigung sind damit inhaltlich aufeinander bezogen und zwar in der Weise, dass die bundesrechtlich geprägten Qualifikationsvoraussetzungen (§ 1 Abs. 3 PsychThG) kraft landesrechtlicher Inbezugnahme zugleich den Maßstab für die Berufspraxis vorgeben. Mitgliedschaftsbegründend in der Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz sind demgemäß nur heilkundliche Tätigkeiten, die unter Verwendung wissenschaftlich anerkannter psychotherapeutischer Verfahren zum Zweck der Feststellung, Heilung oder Linderung von Störungen mit Krankheitswert von einem Approbationsinhaber im Land Rheinland-Pfalz ausgeübt werden. Aufgrund der vorstehend gekennzeichneten gesetzestechnischen Verklammerung der beruflichen Befähigung mit der beruflichen Funktion unterscheiden sich, wie der Kläger zutreffend hervorgehoben hat, die mitgliedschaftsbegründenden Voraussetzungen im Heilberufsgesetz Rheinland-Pfalz von den entsprechenden gesetzlichen Grundlagen anderer Bundesländer. Beispielsweise gehören nach den Heilberufsgesetzen der Länder Bremen (vgl. § 2 Abs. 1 HeilBG i.d.F. vom 12. Mai 2005, GBl. S. 149) und Hessen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 HeilBG i.d.F. 7. Februar 2003, GVBl. S 66) sowie nach dem Heilberufekammergesetz des Saarlandes (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SHKG vom 11. März 1998, Amtsblatt S. 2190) der jeweiligen Kammer alle zur Berufsausübung Berechtigten an, die in dem jeweiligen Land ihren Beruf ausüben. Bei dieser Formulierung der Mitgliedsvoraussetzung genügt es nach der dazu ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 1996 - 1 C 9.93 - NJW 1997, 814 ff.; OVG Saarland, Urteil vom 23. August 2006 - 1 R 19/06 - AS 33, 293 ff.; OVG Bremen, Urteil vom 29. November 2005 - 1 A 148/04 - juris), dass es zwischen den das Berufsbild konstituierenden Merkmalen und der beruflichen Praxis einen lockeren, eventuell sogar nur peripheren Bezug gibt, während in Rheinland-Pfalz nur eine durch die bundesrechtlichen Elemente des Berufsbildes geprägte Berufspraxis mitgliedschaftsbegründend sein kann.

Die aufgrund eines Textvergleiches gewonnene Einsicht in die spezifischen mitgliedschaftsrechtlichen Aufnahmebedingungen zu den Heilberufskammern in Rheinland-Pfalz wird durch die Einbeziehung der Gesetzesmaterialien zum Heilberufsgesetz - hier des Änderungsgesetzes vom 21. Februar 2001 - bestätigt. So findet sich im Gesetzentwurf der Landesregierung vom 20. September 2000 (LT-Drs. 13/6226, S. 13) hinsichtlich der Mitgliedschaft in der Landespsychotherapeutenkammer folgende Formulierung: "Mitglieder der Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz sind die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten ..., die ihren Beruf auf der Grundlage des Psychotherapeutengesetzes in RheinlandPfalz ausüben." Damit unterstreicht der Landesgesetzgeber, dass für ihn nur eine solche Berufsausübung mitgliedschaftserheblich ist, die an dem durch das Psychotherapeutengesetz aufgerichteten Berufsbild orientiert ist.

Eine dahingehende Vorstrukturierung der Pflichtmitgliedschaft in der Landespsychotherapeutenkammer wird auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes gerecht. Er ist erkennbar darauf gerichtet, nur einen solchen Personenkreis körperschaftlich zu verfassen, der durch ein hohes Maß an beruflicher Homogenität gekennzeichnet ist. Auf diese Weise wird innerhalb des neuen, noch ungefestigten Berufsstandes ein Mindestmaß an Interessenübereinstimmung sichergestellt, das Grundvoraussetzung jeder erfolgversprechenden Selbstverwaltungstätigkeit ist. Dass der Gesetzgeber des rheinland-pfälzischen Heilberufsgesetzes den in der Landespsychotherapeutenkammer zu verkammernden Personenkreis kompakt und homogen halten will, folgt u.a. aus der Tatsache, dass anders als in anderen Bundesländern (Bayern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen) die Approbation für sich allein als mitgliedschaftsbegründende Voraussetzung nicht ausreicht. Auch die Wahrnehmung einer unspezifischen beruflichen Tätigkeit neben der Approbation lässt der Gesetzgeber nicht genügen. Erforderlich ist vielmehr eine qualifizierte berufliche Tätigkeit im Sinne der heilkundlichen Befähigungsmerkmale des § 1 Abs. 3 PsychThG, so dass all die Professionen, die traditionell, etwa im Bereich der Sozialberatung, Diplom-Psychologen offenstehen (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 3 PsychThG), hier keine Zwangsmitgliedschaft in einer Heilberufskammer begründen können. Über die rechtliche Tragweite, insbesondere die limitierende Funktion, die das Homogenitätsgebot auf den in die Psychotherapeutenkammer aufzunehmenden Mitgliederkreis entfaltet, war der Landesgesetzgeber sich dabei durchaus im Klaren. Denn er hat vorausgesehen, dass die Mitgliederzahl in der Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz sich auf kaum mehr als 1.500 Personen belaufen wird und dass es sich von daher als erforderlich erweisen kann, bestimmte Aufgaben in landesübergreifender Kooperation erledigen zu lassen (vgl. LT-Drucks. 13/6226 vom 20. September 2000, S. 18).

Soweit die Beklagte im Anschluss an das angegriffene Urteil dieser Auslegung des § 1 Abs. 2 Satz 1 HeilbG entgegenhält, dass nach der weit überwiegenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung den Heilberufsgesetzen ein weiter Begriff der Berufsausübung zugrunde liege, berücksichtigt sie nicht hinreichend, dass diese im verwaltungsgerichtlichen Urteil wiedergegebene Rechtsprechung zu abweichend formuliertem Landesrecht ergangen ist und der Gesetzgeber es grundsätzlich in der Hand hat, ob er die Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständigen Kammer enger oder weiter fasst (so auch BVerwG, Urteil vom 30. Januar 1996 - 1 C 9.93 - NJW 1997, 814 ff.).

Ein Indiz dafür, dass die Pflichtmitgliedschaft in der Landespsychotherapeutenkammer durch ein weites Verständnis der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 HeilBG gekennzeichnet ist, lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht der Regelung des § 1 Abs. 2 Satz 2 HeilBG entnehmen. Diese Bestimmung, wonach von der Kammermitgliedschaft ein in einer Aufsichtsbehörde beschäftigter Berufsangehöriger ausgenommen ist, wenn bei dieser Behörde die Aufsicht über eine Kammer der Angehörigen seines Berufes wahrgenommen wird, steht weder in einem zeitlichen noch in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit der Verkammerung des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Der fehlende zeitliche Zusammenhang folgt schon daraus, dass § 1 Abs. 2 Satz 2 HeilBG durch das Gesetz vom 12. Oktober 1999 (GVBl S. 325), also bereits vor der Aufnahme der hier in Rede stehenden Personengruppe in den persönlichen Anwendungsbereich des HeilBG, geändert worden ist.

In der Sache selbst beinhaltet § 2 Abs. 2 Satz 2 HeilBG eine spezielle Inkompatibilitätsklausel, mit der der Gesetzgeber nicht nur die Unvereinbarkeit von zwei öffentlichen Funktionen (körperschaftliche Selbstverwaltung, staatliche Kontrollfunktion) feststellt, sondern zugleich einen Funktionsvorrang zugunsten der Kontrollaufgabe begründet. Freilich kann allein aus dem Bestehen einer solchen Inkompatibilitätsklausel nicht gefolgert werden, dass ohne sie für Angehörige des Berufsstandes des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten stets ein Nebeneinander von staatlichem Amt und Selbstverwaltungsamt eröffnet wäre und dass das Landesrecht in Bezug auf alle heilkundlichen Berufsgruppen durchgängig von einem weitgefassten Mitgliedschaftsverständnis beherrscht ist. Verlässlichen Aufschluss über die Pflichtmitgliedschaft in den Heilberufskammern vermittelt demnach nicht der Ausnahme- sondern der Regeltatbestand, zu dessen Verständnis der Senat oben im Einzelnen Stellung genommen hat.

Zu diesen eng an den entsprechenden Berufsbildern des Psychotherapeutengesetzes orientierten mitgliedschaftsrechtlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 HeilBG setzt sich der angefochtene Feststellungsbescheid in einen erkennbaren Widerspruch. Er berücksichtigt nämlich nicht hinreichend, dass die vom Kläger wahrzunehmenden Aufgaben weit überwiegend sozial- bzw. heilpädagogischer und nicht heilkundlicher Natur sind und soweit sie im Einzelfall als heilkundliche Tätigkeiten angesehen werden können, dafür eine Approbation nicht erforderlich ist.

Der angegriffene Bescheid lässt außer Acht, dass die dem Kläger bei der Erziehungsberatungsstelle des Evangelischen Kirchenkreises A... zur weisungsabhängigen Erledigung übertragenen Aufgaben, jedenfalls in ihrem Kern, keine Ausübung von Heilkunde im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 PsychThG zum Gegenstand haben. Denn im Vordergrund der dienstlichen Aufgabenstellung steht nach dem Tätigkeitskatalog der Dienstanweisung der Beratungsstelle vom 9. September 1994, welcher nach der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung seines Dienstherrn auch im Jahre 2007 uneingeschränkt Gültigkeit besaß, nicht die Feststellung, Heilung oder Linderung von Störungen mit Krankheitswert, sondern die typischerweise zum Aufgabenkreis eines Sozialarbeiters gehörende fachliche Beratung von Einzelnen und Familien in Problemen der Erziehung. Eine derartige Beratertätigkeit, wie sie in § 2 Satz 1 Nr. 1 der Dienstanweisung geregelt ist, wird nach Maßgabe von § 1 Abs. 3 Satz 3 PsychThG als Aufgabe zur Aufarbeitung und Überwindung sozialer Konflikte vom Regelungszweck des Psychotherapeutengesetzes ausdrücklich ausgenommen. Nach den oben dargelegten Vorgaben des Heilberufsgesetzes reicht dieser Funktionszuschnitt, der nach dem Vorbringen des Klägers und nach den zu seiner Untermauerung vorgelegten Fallblättern durchgängig für die streitgegenständliche Mitgliedschaftszeit kennzeichnend war, zur Begründung einer Pflichtmitgliedschaft in der Psychotherapeutenkammer nicht aus. Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass der Kläger aus Anlass eines im Jahre 1994 geführten Höhergruppierungsrechtsstreites dem Arbeitsgericht Koblenz eine Tätigkeitsbeschreibung vorgelegt hat, in der der heilkundliche Charakter seiner beruflichen Funktionen stärker akzentuiert war. Dies kann zwanglos damit erklärt werden, dass die das Vorbringen des Klägers relativierende Dienstanweisung erst im Verlauf des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wenige Wochen vor dem Ergehen des klageabweisenden Urteiles ergangen ist. Unabhängig davon war der Kläger zu einer heilkundlichen Betätigung auch ohne eine Approbation befugt, weil er unstreitig im Besitz einer Heilpraktikererlaubnis war.

Der aktuelle Funktionszuschnitt, wie er unter anderem aus den vom Kläger vorgelegten Fallblättern hervorgeht, würde im Übrigen zur Begründung einer Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten selbst dann nicht ausgereicht haben, wenn, so wie von ihm behauptet, in der Dienststelle des Klägers in einem wesentlich weitergehenden Umfang als vom Kläger eingeräumt psychotherapeutische Tätigkeiten mit heilkundlicher Zielsetzung im Sinne des Psychotherapeutengesetzes ausgeübt würden. Insoweit entfällt nämlich schon das Approbationserfordernis, so dass es auf die Klärung der strittigen Tatsachenbehauptungen im Zusammenhang mit der Pflichtmitgliedschaft nicht ankommt. Der Gesetzgeber hat nämlich mit der Regelung des § 1 Abs. 3 Satz 3 PsychThG klarstellen wollen, dass Personen, auch soweit sie keinem Beruf mit heilkundlichen Befugnissen angehören, die bisher von ihnen erlaubt ausgeübten Tätigkeiten weiterhin wahrnehmen dürfen. Mit dieser Bestandsschutzregelung hat er ausdrücklich die im Überschneidungsbereich unterschiedlicher Berufsbilder angesiedelten Tätigkeiten kirchlicher und sonstiger gemeinnütziger Beratungsstellen vor Augen gehabt (so BT-Drucks. 13/8035 S. 17), so dass in den durch diesen Traditionsvorbehalt vorgegebenen Grenzen in derartigen Beratungsstellen auch psychotherapeutische Tätigkeit mit heilkundlicher Zielrichtung ausgeübt werden darf, ohne dass dadurch der Schutzzweck des Psychotherapeutengesetzes berührt wird.

Schließlich bedarf es einer die Pflichtmitgliedschaft begründenden besonderen heilkundlichen Befugnis auch nicht, soweit in der Dienststelle des Klägers pädagogisch-therapeutische Leistungen nach Maßgabe von § 27 Abs. 3 SGB VIII erbracht werden sollten. Diese beinhalten keine psychotherapeutische Behandlung mit heilkundlicher Zielrichtung, denn es geht dabei nicht um die Behandlung einer Krankheitssymptomatik im psychischen Bereich. Vielmehr steht als Leistungskern eine pädagogische Maßnahme zur Behandlung eines in § 27 Abs. 1 SGB VIII vorausgesetzten Erziehungsmangels im Vordergrund, zu der die therapeutische Leistung lediglich flankierend hinzutritt. Eine derartige Leistung erfordert zwar eine entsprechende berufliche Qualifikation, setzt jedoch keine Approbation nach dem Psychotherapeutengesetz voraus (so Stehr, in: Hauck/Nofz, SGB VIII, Stand September 2007, K § 27 Rn. 56 bis 63; Kunkel, in: LPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 27 Rn. 29). Nach alledem besteht für eine Pflichtmitgliedschaft des Klägers in der Landespsychotherapeutenkammer kein Raum, weil seine Tätigkeiten in der Erziehungsberatung entweder nicht approbationspflichtig sind oder sie Gegenstände außerhalb der Heilkunde betreffen. Auf die von der Beklagten aufgeworfene weitere Frage, ob die Approbation dem Kläger seinerzeit zu Recht erteilt worden ist, kommt es mithin nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten stützt sich § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.

Revisionszulassungsgründe i.S.v. § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 2.347,50 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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