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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 15.01.2008
Aktenzeichen: 6 A 10975/07.OVG
Rechtsgebiete: GG, AO, SGB IV, SGB VI, VwGO, Satzung


Vorschriften:

GG Art. 70 Abs. 2
GG Art. 72 Abs. 1
GG Art. 74 Nr. 1
GG Art. 74 Nr. 12
AO § 218 Abs. 2 S. 1
SGB IV §§ 28 a ff.
SGB VI § 172 Abs. 2
SGB VI § 172 Abs. 4
SGB VI § 203 Abs. 2
VwGO § 113 Abs. 2 S. 2
Satzung § 23 Abs. 3 S. 1
Satzung § 26 Abs. 3 S. 1
1. § 172 Abs. 2 SGB VI hat nach seinem Regelungsgehalt nicht lediglich eine Bezuschussung des Arbeitgebers zum persönlichen Pflichtbeitrag seines von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreiten Arbeitnehmers zum Gegenstand, sondern begründet unmittelbar kraft öffentlichen Rechts eine eigenständige, auf den Arbeitgeberanteil beschränkte Beitragslast des Arbeitsgebers gegenüber der Versorgungseinrichtung.

2. Soweit landesrechtliche Bestimmungen dieser bundesrechtlichen Lastenverteilung entgegenstehen, unterliegen sie der Sperrwirkung des Art. 72 Abs. 1 GG.

3. Das rentenversicherungsrechtliche Abführungssystem des Gesamtsozialversicherungsbeitrages (§§ 28 a ff. SGB IV) ist durch § 172 Abs. 4 SGB VI nicht auf kapitalgedeckte berufsständische Versorgungseinrichtungen übertragen worden.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 A 10975/07.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Beitrags zur Rechtsanwaltsversorgung

hat der 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2008, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Hehner Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Frey Richter im Nebenamt Prof. Dr. Robbers ehrenamtlicher Richter Beamter a. D. Adams ehrenamtlicher Richter Dipl.-Ing. (FH) Becker

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2006 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier - 6 K 356/06.TR - abgeändert soweit damit die Klage abgewiesen wurde und der Bescheid des Beklagten vom 16. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2006 insoweit aufgehoben, als darin zulasten des Klägers rückständige persönliche Pflichtbeiträge in Höhe von mehr als 25.369,37 € abgerechnet worden sind. Soweit die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen Säumniszuschläge und Verzugszinsen festsetzen, werden die Festsetzungen aufgehoben und die Angelegenheit zum Zweck der Neuberechnung an den Beklagten zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge werden mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt, gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beteiligten können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweils andere Beteiligte seinerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger streitet mit dem Beklagten um die Bezahlung rückständiger persönlicher Pflichtbeiträge zum Rechtsanwaltsversorgungswerk einschließlich Säumniszuschlägen und Verzugszinsen.

In dieser berufsständischen Versorgungseinrichtung ist der Kläger nach seiner Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht seit dem 1. August 1992 Mitglied. Im Zeitraum zwischen dem 1. Juli 1992 und dem 28. Februar 2002 war er als angestellter Rechtsanwalt bei dem Beigeladenen beschäftigt. Dieser zahlte dem Kläger abredegemäß lediglich den monatlichen Nettolohnanteil aus, weil er als Arbeitgeber die Entrichtung der Rentenversicherungsbeiträge übernommen hatte. Gleichwohl setzte der Beklagte die aus dem Bruttolohn errechneten monatlichen Beiträge durch bestandskräftig gewordene fortlaufende Jahresbescheide gegenüber dem Kläger persönlich fest.

Seit Februar 1995 fiel dem Beklagten auf, dass die Beitragszahlungen auf das Versicherungskonto des Klägers zunehmend unregelmäßiger bzw. überhaupt nicht eingingen. Auf entsprechende Erinnerungsschreiben des Beklagten antwortete der Kläger jeweils mit dem Hinweis auf die Einstandspflicht des Beigeladenen, auf deren Einhaltung er keinen Einfluss habe. Der Beigeladene teilte seinerseits mit, dass er nach Behebung eines momentanen finanziellen Engpasses um einen Kontoausgleich bemüht sein werde. Im Übrigen bewendete es dabei, dass der Beklagte die offen gebliebenen Beiträge für das jeweilige Versicherungsjahr in sog. Aufrechnungsbescheinigungen zusammenstellte.

Ab 1. März 2002 setzte der Kläger seinen Beruf als selbständiger Rechtsanwalt fort. Zum Stichtag 15. Dezember 2005 wies sein Versicherungskonto nach den Berechnungen des Beklagten einen Fehlbestand von 51.865,71 € auf. Dies veranlasste den Beklagten dazu, durch Bescheid vom 16. Dezember 2005 gegenüber dem Kläger einen Zahlungsrückstand in Höhe von insgesamt 73.417,33 € auszuweisen. In dieser Forderung sind offene Beiträge in Höhe von 51.865,71 €, Säumniszuschläge in Höhe von 1.037,31 € und Verzugszinsen in Höhe von 20.514,31 € enthalten.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 14. März 2006 mit der Begründung zurück, dass die persönlichen Pflichtbeiträge bestandskräftig festgesetzt worden seien und bei angestellten Rechtsanwälten die Erfüllung der Beitragspflicht dem Mitglied persönlich obliege.

Mit seiner Klage hat der Kläger an seinem schon im Verwaltungsverfahren vertretenen Rechtsstandpunkt festgehalten, dass die in seiner Zeit als angestellter Rechtsanwalt entstandene Beitragslast in Gänze von seinem Arbeitgeber hätte getragen werden müssen. Denn nur aus diesem Grund ergebe die vereinbarte Nettoentlohnung einen Sinn. Aus dem Rechtsanwaltsversorgungsgesetz und aus der Satzung des Beklagten lasse sich hinsichtlich der Art und Weise der Beitragsentrichtung nichts Gegenteiliges ableiten. Vielmehr folge aus der Regelung des SGB IV über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag und aus der Bestimmung des § 172 SGB VI, dass die Sozialversicherungsbeiträge ausschließlich vom Arbeitgeber abzuführen seien. Dies habe auch der beitragsrechtlichen Praxis des Beigeladenen entsprochen, gegen die der Beklagte, so lange Zahlungen erfolgt seien, keine Bedenken gehabt habe. Mithin sei er verpflichtet, ihn, den Kläger, so zu behandeln, als seien die als offenstehend gekennzeichneten Beiträge vollständig bezahlt worden.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beitragsrückstands- und Festsetzungsbescheid für Säumniszuschläge und Verzugszinsen vom 16. Dezember 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2006 aufzuheben,

2. den Beklagten zu verpflichten, den im Beitragsrückstandsbescheid vom 16. Dezember 2005 genannten Betrag entsprechend den Fehlmonaten bis einschließlich Dezember 2001 seinem Rentenkonto als gezahlt gutzuschreiben.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat eingewandt, dass der Kläger sich wegen seiner Ansprüche mit dem Beigeladenen als seinem früheren Arbeitgeber auseinandersetzen müsse. Das Versorgungswerk sei keine Einrichtung der Sozialversicherung. Dementsprechend falle es auch nicht in den Anwendungsbereich des Sozialgesetzbuches.

Das Verwaltungsgericht hat mit dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2006 ergangenen Urteil die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen entsprechend dem Klageantrag zu 1) mit einem Teilbetrag von 608,40 € aufgehoben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung des die Klage abweisenden Teiles hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagte sich wegen der Beitragsrückstände und der hierauf bezogenen Nebenforderungen zu Recht an den Kläger halte. Das Rechtsanwaltsversorgungsgesetz und die Satzung des Versorgungswerkes begründeten für angestellte Rechtsanwälte die Pflicht zur Zahlung eines vom Einkommen abhängigen persönlichen Pflichtbeitrages. Diese landesrechtliche Regelung werde durch die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes und dessen Normierungen auf dem Gebiet der Sozialversicherung nicht berührt, weil der Bund seine Regelungsbefugnis insoweit nicht ausgeschöpft habe. Das Recht der berufsständischen Altersversorgung trete daher eigenständig neben die Vorschriften des 6. Buches des Sozialgesetzbuchs und könne, soweit es um die Beitragsabführung gehe, wegen rechtssystematischer Unterschiede hiervon auch nicht verdrängt werden. Daran vermöge die Regelung des § 172 Abs. 2 SGB VI nichts zu ändern, weil deren persönlicher Anwendungsbereich ausschließlich auf das Innenverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezogen sei. Ein Zahlungsanspruch des Versorgungswerkes gegenüber dem Arbeitgeber sei daraus nicht ableitbar. Daran ändere bei gesetzessystematischer und historischer Auslegung auch die Bestimmung des § 172 Abs. 4 SGB nichts.

Ohne Erfolg bleibe die Klage auch hinsichtlich des Klageantrages zu 2). Der Kläger habe aus § 203 Abs.2 SGB VI keinen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als seien die rückständigen Beitragsleistungen erbracht worden. Die Fiktionswirkung dieser Norm gelte nicht außerhalb des Rechts der Sozialversicherung.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger die vom Senat zugelassene Berufung eingelegt. Damit verfolgt er sein Rechtsschutzbegehren weiter, soweit es erstinstanzlich erfolglos geblieben ist. Hinsichtlich des Klageantrages zu 1) vertritt er ergänzend den Rechtsstandpunkt, dass die Satzungsautonomie des Beklagten angesichts der kompetenziellen Gemengelage zwischen Bundes- und Landesrecht nicht soweit reiche, einen angestellten Rechtsanwalt mit einem Einkommen unter der Beitragsbemessungsgrenze zur Zahlung eines persönlichen Pflichtbeitrages in voller Höhe heranzuziehen. Anderenfalls bleibe außer Betracht, dass kraft Bundesrechts ein hälftiger Arbeitgeberanteil zur berufsständigen Altersversorgung aufzubringen sei. Ferner sehe das SBG IV hinsichtlich des Abführungsverfahrens das System des Gesamtsozialversicherungsabzuges vor, das den Arbeitnehmer von Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Versorgungsträger vollständig freistelle. Auf diese übergeordnete Gesetzeslage sei das Satzungsrecht des Beklagten in keiner Weise abgestimmt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils nach seinen erstinstanzlichen Klageanträgen zu erkennen, soweit ihnen nicht bereits entsprochen worden ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält entgegen, dass jedes von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht freigestellte Mitglied des Versorgungswerks kraft landesrechtlicher Regelung gehalten sei, einen einkommensabhängigen Pflichtbeitrag zu zahlen. Damit bleibe das Mitglied im Verhältnis zum Versorgungswerk der alleinige in, voller Höhe verpflichtete Beitragsschuldner. Die sozialversicherungsrechtlichen Aufbringungs- und Abführungsregularien seien für die berufsständige Versorgung irrelevant. Obwohl es damit auf die Regelung des § 172 SGB VI nicht ankomme, sei dem Verwaltungsgericht insoweit zuzustimmen, dass deren Anwendungsbereich sich auf die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer konzentriere. Als taugliche Rechtsgrundlage für einen Leistungsbescheid des Versorgungswerkes eigne sich § 172 SGB offensichtlich nicht.

Der Beigeladene hat sich am Verfahren nicht beteiligt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze in der Gerichtsakte verwiesen. Dem Senat lag ein Heft Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten vor, das zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde. Auf diese Unterlagen wird gleichfalls Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und in dem aus dem Entscheidungstenor ersichtlichen Umfang auch begründet.

Danach dringt die Anfechtungsklage nach Maßgabe des Klageantrages zu 1), soweit sie noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, teilweise und zwar insofern durch, als mit den angegriffenen Verwaltungsentscheidungen rückständige persönliche Pflichtbeiträge in Höhe von mehr als 25.628,65 € zum Nachteil des Klägers abgerechnet worden sind (1.). Zu einem Teilerfolg führt die Anfechtungsklage auch hinsichtlich der festgesetzten Säumniszuschläge und der Verzugszinsen. Diese Nebenforderungen wurden der Höhe nach unzutreffend festgesetzt und sind deshalb vom Beklagten neu zu berechnen (2.). Die mit dem Klageantrag zu 2) verfolgte Leistungsklage wurde hingegen zu Recht abgewiesen (3.).

1. Soweit der Beklagte mit seinem Bescheid vom 16. Dezember 2005 den Kläger u.a. darum ersucht, rückständige persönliche Pflichtbeiträge in Höhe von 51.865,71 € aus dem Zeitraum 1993 bis einschließlich 2005 "unverzüglich zu tilgen", nimmt er den Kläger mit dem 25.628,65 € überschießenden Betrag zu Unrecht in Anspruch, denn er ist insoweit kein Beitragsschuldner.

a) Die Feststellung dieser Rechtsfolge setzt allerdings voraus, dass die Rückstandsberechnung hinsichtlich der Person des Zahlungspflichtigen und des Zahlungsumfanges den Charakter einer selbständig angreifbaren rechtlichen Regelung aufweist. Dies bestreitet der Beklagte mit dem Hinweis auf die gegenüber dem Kläger bestandskräftig erlassenen jährlichen Beitragsfestsetzungsbescheide sowie mit dem äußeren Erscheinungsbild des Heranziehungsbescheides vom 16. Dezember 2005. Dort werde sprachlich klar unterschieden zwischen der Festsetzung von Säumniszuschlägen und Verzugszinsen einerseits und dem umstrittenen Rückstandsnachweis andererseits, der lediglich mit einer Mahnung verknüpft sei. Für die rechtliche Qualifizierung der Rückstandsbestimmung als Verwaltungsakt entfalten diese Umstände aber nicht mehr als eine indizielle Bedeutung, die mit anderen gegenläufigen Indizien in Beziehung zu setzen ist. Hierzu gehört neben der im Bescheid verkörperten Aufforderung zur unverzüglichen Tilgung des Beitragsrestes der seit dem Jahre 1998 mehrfach aktenkundig gewordene Dissenz der Beteiligten über die Verwirklichung der Ansprüche aus dem Beitragsschuldverhältnis. Der Kläger hat nämlich, ohne die in den bestandskräftigen Jahresbescheiden festgesetzte Beitragslast als solche in Frage zu stellen, in seinen Schreiben vom 11. März 1998, vom 7. Oktober 1999 und vom 30. Januar 2002 stets daran festgehalten, dass er allein den Beigeladenen als zahlungspflichtig betrachte. Diesen Rechtsstandpunkt hat sich ausweislich seines Schreibens vom 19. Dezember 2001 auch der Beigeladene zu Eigen gemacht, sodass losgelöst von den an den Kläger gerichteten jährlichen Beitragsfestsetzungsbescheiden zwischen den Beteiligten in der Sache klärungsbedürftig war, wer Beitragsschuldner des Beklagten ist, ob die Teilleistungen des Beigeladenen auf eine eigene oder fremde Verbindlichkeit erbracht wurden und welche Erfüllungswirkung durch sie erzielt worden ist.

Unter diesen Umständen beinhaltet die streitgegenständliche Tilgungsaufforderung nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt mehr als eine schlichte Zahlungserinnerung. Sie nimmt vielmehr mit der Inanspruchnahme des Klägers zur Zahlung des gesamten Beitragsrestes implizit zu allen oben als strittig gekennzeichneten Fragen Stellung und legt sich insoweit fest. Damit gewinnt dieses Schreiben bei einer zweckentsprechenden Auslegung seines Erklärungsgehaltes den Charakter eines Abrechnungsbescheides (vgl. dazu BFH, Urteil vom 12. August 1999 - VII R 92/98 - NVwZ 2000, 236 ff.), der es dem Beklagten in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 218 Abs. 2 Satz 1 AO ermöglicht, bestimmte Streitpunkte aus dem Beitragsschuldverhältnis aufzugreifen und einer eindeutigen Regelung zuzuführen. Soweit dies hier geschehen ist, geht die Berufung des Beklagten auf die bestandskräftige Festsetzung der jährlichen Beitragslast ins Leere, weil nach dem Inhalt des Abrechnungsbescheides die weitere rechtliche Auseinandersetzung um die Stellung des Klägers als Beitragsschuldner und um die Tilgungswirkung der bislang erbrachten Teilleistungen zu führen ist.

b) Soweit der streitgegenständliche Abrechnungsbescheid dem Kläger die Rolle des alleinigen Beitragsschuldners zuweist und ihn dementsprechend auf Zahlung der gesamten Beitragsrückstände aus dem Zeitraum 1993 bis 2005 in Anspruch nimmt, ist er in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang teilweise rechtswidrig. Eine Anordnung dieses Inhalts findet in der vom Beklagten herangezogenen Vorschrift des § 23 Abs. 3 Satz 1 der Satzung des Versorgungswerkes der Rheinland-Pfälzischen Rechtsanwaltskammern (nachfolgend abgekürzt als Satzung) in ihrer im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung gültigen Fassung keine tragfähige Grundlage. Die seit 1. März 1985 geltende Satzungsregelung, wonach "angestellte Rechtsanwälte, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 6 Abs. 1 SGB VI befreit sind, einen persönlichen Pflichtbeitrag in der Höhe zahlen, wie er sich aus den Beitragsbestimmungen für die gesetzliche Rentenversicherung ergibt", berücksichtigt nämlich nicht, dass sich der "volle" persönliche Pflichtbeitrag des angestellten Rechtsanwalts ab 1. Januar 1992 um den sog. Arbeitgeberanteil vermindert hat.

Dies folgt daraus, dass am 1. Januar 1992 die Bestimmung des § 172 Abs. 2 SGB VI in Kraft getreten ist, die, soweit ihr Normierungsgegenstand reicht, nach Maßgabe von Art. 72 Abs. 1 GG den Erlass von identischem oder abweichendem Landesrecht sperrt und bereits bestehendes Landesrecht derogiert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Januar 1974 - 2 BvN 1/69 - BVerfGE 36, 342 [363 f.] und Beschluss vom 7. Mai 1974 - 2 BvL 17/73 - BVerfGE 37, 191 [200]). Mit seiner Anordnung, dass für Beschäftigte, die nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit sind, die Arbeitgeber die Hälfte des Beitrages zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung tragen, höchstens aber die Hälfte des Beitrages, der zu zahlen wäre, wenn die Beschäftigten nicht von der Versicherungspflicht befreit worden wären, entfaltet § 172 Abs. 2 SGB VI in Bezug auf die in § 23 Abs. 3 Satz 1 der Satzung enthaltene landesrechtliche Pflicht der angestellten Rechtsanwälte, einen einkommensabhängigen persönlichen Pflichtbeitrag zu zahlen, jedenfalls partiell derogierende Wirkung. Das dem Rechtskreis des Landesrechtes zuzurechnende autonome berufsständische Satzungsrecht wird nämlich sowohl in zeitlicher wie in sachlicher Hinsicht von der Sperrwirkung des Bundesrechts erfasst. Daraus folgt, dass innerhalb deren Reichweite, die durch Auslegung des Bundesrechts zu ermitteln ist, die landesrechtliche Regelungskompetenz endet.

Eine Auslegung des Bundesrechts mit Blick auf die zeitliche Voraussetzung der Sperrwirkung ergibt, dass die Materie der berufsständischen Altersversorgung bis 1. Januar 1992 nur landesrechtlich geregelt war. Mit der Einfügung eines Abs. 2 in § 172 SGB VI durch Art. 1 Nr. 28 Buchst. b des Gesetzes vom 25. Juli 1991 (BGBl. I S. 1606) griff der Bundesgesetzgeber erstmals auf dieses Rechtsgebiet über (so BAG, Urteil vom 23. Januar 2007 - 3 AZR 398/05 - NZA 2007, 621 ff. [623]), sodass von diesem Zeitpunkt an eine Verdrängung des Landesrechts möglich wird.

Dazu muss freilich die Sperrwirkung auch in sachlicher Hinsicht zum Tragen kommen. Das setzt voraus, dass der Bund "für eine Materie eine erschöpfende Regelung getroffen hat" (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 1991 - 2 BvL 8/89 - BVerfGE 85, 134 [142]; Beschluss vom 15. Dezember 1987 - 1 BvR 563/85 - BVerfGE 77, 308 [329]; Beschluss vom 18. Mai 1988 - 2 BvR 579/84 - BVerfGE 78, 205 [209 f.]). Für die Regelungsmaterie "Tragung des Arbeitgeberanteiles in der berufsständischen Altersversorgung" ist mit § 172 Abs. 2 SGB VI eine solch abschließende Normierung in der Tat erfolgt. Denn hier legt der Bund den begünstigten Personenkreis, Art und Umfang der Belastung sowie den Personenkreis der Tragungspflichtigen fest, sodass insoweit weder eine Regelungslücke noch ein Regelungsvorbehalt zugunsten der Landesgesetzgebung erkennbar wird.

Vielmehr erfüllt die Vorschrift uneingeschränkt den ihr vom Bundesgesetzgeber zugedachten Sinn, wonach damit sichergestellt werden soll, dass sich die Arbeitgeber von angestellten Angehörigen der verkammerten freien Berufe unabhängig von tarifvertraglichen Vereinbarungen stets an den Beiträgen zur berufsständischen Versorgung beteiligen (vgl. Kreikebohm/Bormann, in: Wannagat, Sozialgesetzbuch VI, Bd. 2, Stand Juni 1994, § 172 Rdnr. 19). Hinter dieser Regelung steht die Absicht einer sachlichen und systematischen Vereinheitlichung des berufsständischen Versorgungsrechts im Zug der deutschen Wiedervereinigung. Hierzu geben die Gesetzesmaterialien (BR-Drucks. 197/91 S. 119) folgenden Aufschluss: "In den alten Bundesländern erhalten Versorgungswerksmitglieder grundsätzlich aufgrund Tarifvertrages vom Arbeitgeber einen Zuschuss in Höhe der Hälfte des Beitrages zum Versorgungswerk, wenn sie von der Pflichtversicherung in der Rentenversicherung befreit sind. Im Beitrittsgebiet fehlen tarifvertragliche Regelungen in diesem Bereich. Um Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern, wird durch die Regelung in Abs. 2 sichergestellt, dass Arbeitgeber auch im Beitrittsgebiet die Hälfte des Beitrages zum Versorgungswerk für Beschäftigte, die Mitglied im Versorgungswerk und von der Rentenversicherung befreit sind, zu tragen haben." Die Rechtsvereinheitlichung wird hiernach nicht im Sinne einer arbeitsrechtlichen Zuschussgewährung, sondern in der Weise hergestellt, dass bundesweit kraft öffentlichen Rechts eine grundsätzlich hälftige Beitragslast des Arbeitgebers bei den Beiträgen zur berufsständischen Versorgungseinrichtung begründet wird.

Dem hält der Beklagte sein gänzlich anderes Verständnis vom Inhalt und der rechtlichen Tragweite des § 172 Abs. 2 SGB VI entgegen. Er sieht in der Vorschrift keine Materie des berufsständischen Versorgungsrechtes, welches vielmehr ein Reservat des Landesrechtes sei, sondern einen Gegenstand des Arbeitsrechtes. Als solcher berühre die Regelung nicht die Rechtsbeziehung zwischen der Versorgungseinrichtung und ihrem Mitglied, sondern allein die Ebene zwischen dem angestellten Rechtsanwalt und seinem Arbeitgeber.

Gegen diese auch vom Verwaltungsgericht vertretene Auslegung sprechen jedoch überzeugende Gründe. Beträfe § 172 Abs. 2 SGB VI keine versorgungsrechtliche, sondern eine arbeitsrechtliche Materie, wäre ihr Platz gesetzessystematisch nicht im SGB VI. Hätte der Gesetzgeber lediglich auf das Innenverhältnis zwischen Arbeitgeber und angestelltem Rechtsanwalt gezielt und einen Zuschuss zu den Versicherungsbeiträgen angestrebt, hätte eine Sonderregelung für den Bereich der neuen Bundesländer genügt, da nach den oben wiedergegebenen Gesetzesmaterialien nur insoweit Handlungsbedarf bestand. Dass der Gesetzgeber eine bundesweite Rechtsangleichung nach öffentlich-rechtlichen Vorgaben und keine Bezuschussung einer fremden Beitragslast umsetzen wollte, kann bei Auswertung der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ebenfalls nicht zweifelhaft sein. Dieses Vorhaben hat er auch in geeigneter Weise sozialversicherungsrechtlich verwirklicht, denn § 172 Abs. 2 SGB VI begründet nach seinem klaren Wortlaut und seiner systematischen Stellung innerhalb des SGB VI eine eigenständige, auf seinen Anteil begrenzte Beitragsschuld des Arbeitgebers gegenüber dem Versorgungsträger (so auch BAG, Urteil vom 31. Januar 2007 - 3 AZR 398/05 - NZA 2007, 621 ff.; BSG, Urteil vom 14. Februar 2001 - B1KR 25/99 R - SozR 3 - 2600 § 170 Nr. 1 und Urteil vom 29. Juni 2000 - B 4 RA 57/98R. - BSGE 86, 262 ff. [270]). Dies folgt zum einen aus dem spezifisch sozialversicherungsrechtlichen Verständnis der Begriffe "Tragung einer Beitragslast" wie sie im 3. Titel des 2. Abschnittes des SGB VI, zu dem auch die Regelung des § 172 Abs. 2 gehört, gebraucht werden. Zum anderen ergibt sich diese Rechtsfolge daraus, dass dem Personenkreis, der in diesen Vorschriften als Lastenträger gekennzeichnet ist, die Funktion des Beitragsschuldners kraft der Legaldefinition des § 173 Satz 1 SGB VI zugeordnet wird. Der in § 172 Abs. 2 SGB VI angesprochene sozialversicherungsrechtliche Lastenträger, also der Arbeitgeber, ist damit zugleich im Umfang seiner Belastung Beitragsschuldner; die gesamte Beitragslast verteilt sich sonach auf zwei Beitragsschuldner.

Da dieses bundesrechtliche Modell einer aufgespalteten Beitragslast in einem offenbaren Widerspruch zu dem in § 23 Abs. 3 Satz 1 der Satzung ausgeformten Prinzip der Beitrags- und Zahlungspflicht in einer Hand, nämlich der des angestellten Rechtsanwaltes steht, kann die Satzungsbestimmung der Derogationsfolge nur entgehen, wenn § 172 Abs. 2 SGB VI mit höherrangigem Recht unvereinbar ist. Das ist jedoch nicht der Fall. Das berufsständische Versorgungswerk stellt insbesondere keine in die ausschließliche Landeskompetenz fallende Regelungsmaterie dar. Vielmehr gehört es in den Anwendungsbereich der konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 70 Abs. 2, 72 Abs. 1 GG) und berührt dort die kombinierten Gesetzesmaterien des Art. 74 Nr. 1 GG (Rechtsanwaltschaft) und des Art. 74 Nr. 12 GG (Sozialversicherung). Insoweit ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt, dass der Begriff der Sozialversicherung über den Bereich der "klassischen Sozialversicherung" hinausgeht (vgl. Urteil vom 10. Mai 1960 - 1 BvR 190/58 - BVerfGE 11, 105 ff.; Beschluss vom 9. April 1975 - 2 BvR 879/73 - BVerfGE 39, 302 ff.; Beschluss vom 8. Februar 1994 - 1 BvR 1237/85 - BVerfGE 89, 365 ff. m.w.N.). Auch in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts steht außer Frage, dass der Bundesgesetzgeber auf dem Gebiet der Sozialversicherung von seiner Kompetenz keinen abschließenden Gebrauch gemacht hat und von dem Fortbestehen von landesrechtlich geregelten artverwandten Versorgungssystemen ausgeht (vgl. Urteil vom 29. Januar 1991 - 1 C 11.89 - BVerwGE 87, 324 ff.). Zu den artverwandten Versorgungssystemen werden die berufsständischen Versorgungswerke gerechnet, die als öffentliche Einrichtungen im Vergleich mit den Trägern der Sozialversicherung zweckidentisch aber systemverschieden konzipiert sind. Von daher ist der Bundesgesetzgeber bei Vorliegen eines entsprechenden Regelungsbedürfnisses nicht daran gehindert, in die Rechtsmaterie des berufsständischen Versorgungsrechts einzugreifen. Sein mit § 172 Abs. 2 SGB VI vollzogener Eingriff begegnet auch in der Sache selbst kein verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Sachgerechtigkeit dieser Regelung liegt bei Auswertung der o.a. Gesetzesmaterialien vielmehr auf der Hand (so auch BAG, Urteil vom 23. Januar 2007 - 3 AZR 398/05 - NZA 2007, 621 ff. [624 f.]).

Nach alledem gab das autonome Satzungsrecht des Beklagten (§ 23 Abs. 3 Satz 1), in dessen System Beitragslast, Beitragsschuld und Zahlungspflicht streng akzessorisch verknüpft sind, kraft der bundesrechtlichen Sperrwirkung des § 172 Abs. 2 SGB VI schon zu einem Zeitpunkt, bevor der Kläger Mitglied im beklagten Versorgungswerk wurde, keine Befugnis dafür her, die angestellten Rechtsanwälte in einem über den Arbeitnehmeranteil an der einkommensabhängigen Beitragslast hinausgehenden Umfang in Anspruch zu nehmen.

c) In einem noch weitergehenden Umfang, insbesondere soweit es um die Aufhebung jedweder Beitragszahlungspflicht des angestellten Rechtsanwaltes geht, wird § 23 Abs. 3 Satz 1 der Satzung aber durch das Bundesrecht nicht derogiert. Die auf § 172 Abs. 4 SGB VI gestützte gegenteilige Auffassung des Klägers, der die Vorstellung zugrunde liegt, dass die Zahlungspflicht des Arbeitgebers sich sowohl auf seine eigene als auch auf die Beitragslast des Arbeitnehmers beziehe, vermag nicht zu überzeugen. Zwar mögen der Wortlaut und die systematische Stellung des erst durch Gesetz vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4621) nachträglich in § 172 SGB VI eingefügten Absatzes 4 eine solche Auslegung zulassen, doch steht der Sinn und Zweck der Norm einer Übertragung ihrer Rechtsfolgen auf die Rechtsverhältnisse in einem berufsständischen Versorgungssystem entgegen. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Mit der Inbezugnahme der Vorschriften des 3. Abschnitts des 4. Buches des Sozialgesetzbuchs Teil IV (§§ 28 Buchst. a bis 28 Buchst. r SGB IV) hat der Gesetzgeber die Regelungsgegenstände des § 172 SGB VI dem Regime des Gesamtsozialversicherungsbeitrages unterstellt, soweit es sich darauf entsprechend anwenden lässt. Das Beitragsabführungssystem des Gesamtsozialversicherungsabzuges ist jedoch, wie das Bundessozialgericht in seinem grundlegenden Urteil vom 29. Juni 2000 - B 4 RA 57/98 R - (BSGE 86, 262 ff. [277 ff., 296 ff.]) im Einzelnen dargelegt hat, ein generationenbezogenes, umlagefinanziertes Verfahren, das nur in Versorgungssystemen praktiziert werden kann, die nach dem Prinzip des Solidarausgleiches funktionieren. Das berufsständische Versorgungssystem des Beklagten beruht hingegen auf einem modifizierten Kapitaldeckungsprinzip (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23. Januar 2002 - 6 C 9.01 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 45). Das bedeutet dem Grundsatz nach, dass die Beiträge, die der Versicherte während seines Arbeitslebens geleistet hat, zuzüglich der angewachsenen Zinsen und Zinseszinsen für den Versicherten selbst bei Eintritt des Versicherungsfalles zur Deckung der ihm dann zustehenden Leistungen zur Verfügung zu stehen haben und nicht für die Bedürfnisse der aktuell versorgungsberechtigten Generation verwendet werden dürfen. Die aufgezeigten grundlegenden Unterschiede zwischen einem kapitalgedeckten und einem umlagefinanzierten Versorgungssystem schließen es aus, die auf Letzteres abgestimmten Aufbringungsmechanismen der §§ 28 a ff. SGB IV auf das sich nach dem Beitragsprinzip finanzierende Versorgungswerk des Beklagten "entsprechend" anzuwenden.

Die beiden Beteiligten, wenn auch mit unterschiedlichen Ergebnissen und Begründungen, vorschwebende Idee der Beitragsaufbringung aus einer Hand findet mithin seit 1. Januar 1992 im einschlägigen berufsständischen Versorgungsrecht keine tragfähige Grundlage mehr. Vielmehr konzentriert sich die Beitragspflicht auf die dem angestellten Rechtsanwalt und seinem Arbeitgeber jeweils obliegende Beitragslast. Da die Zahlungspflicht nach § 23 Abs. 3 Satz 1 der Satzung ein Reflex der Beitragsschuld ist und diese sich für den Kläger auf seinen Arbeitnehmeranteil am persönlichen Pflichtbeitrag reduziert, vermindert sich auch dessen Zahlungsrückstand entsprechend. Soweit nämlich der Beigeladene Beiträge an den Beklagten abgeführt hat, hat er damit gemäß § 267 Abs. 1 BGB als Dritter die Verbindlichkeit des Klägers mitgetilgt, denn ihm ist erkennbar wegen dieser Soziallast während der gesamten Zeit als angestellter Rechtsanwalt unstreitig nur der monatliche Nettolohnanteil ausgezahlt worden.

2. Zu einem Teilerfolg führt die Anfechtungsklage auch insoweit, als der angegriffene Bescheid vom 16. Dezember 2005 Säumniszuschläge gegen den Kläger festsetzt. Insoweit liegen allerdings die in § 26 Abs. 3 Satz 1 der Satzung geregelten tatbestandlichen Voraussetzungen vor. Der Kläger hat nämlich seine am 15. eines jeden Monats fällige Beitragsschuld (vgl. § 26 Abs. 1 der Satzung) häufig nicht pünktlich erfüllt. Die damit verwirkten Säumniszuschläge kranken jedoch daran, dass deren Bemessungsgrundlage nicht der gesamte vom Beklagten aufgerechnete Rückstandsbetrag bildet, sondern lediglich die rückständigen Anteile des Klägers am persönlichen Pflichtbeitrag.

Aus vergleichbaren rechtlichen Erwägungen ist auch die Verzugszinsfestsetzung zu beanstanden. Ihr liegt die vom Gericht nicht geteilte Rechtsauffassung zugrunde, dass die Zahlungspflicht des Klägers den vollen persönlichen Pflichtbeitrag zum Gegenstand habe. Da dessen Leistungspflicht, wie oben ausgeführt, auf seinen Arbeitnehmeranteil beschränkt ist, kann ein Verzug nur insoweit eingetreten sein, als diese Schuld zum Fälligkeitszeitpunkt unerfüllt geblieben ist. Die darin liegende Sorgfaltswidrigkeit ist vom Kläger auch zu vertreten, denn er hat den Nachweis seines mangelnden Verschuldens (§ 286 Abs. 4 BGB) nicht erbracht. Nach den wiederholten Erinnerungsschreiben des Beklagten konnte er sich nicht einfach darauf verlassen, dass der Beigeladene die gesamte Beitragslast abtragen werde. Nicht weiter führt auch die Berufung des Klägers auf seine mangelnde Beitragspflicht wegen des Systems des Gesamtsozialversicherungsabzuges. Für ihn als Rechtsanwalt war nämlich ein möglicherweise insoweit aufgetretener Rechtsirrtum behebbar. Den Dissens mit dem Beklagten über seine Pflicht zur persönlichen Beitragsabführung hätte der Kläger nicht über viele Jahre hinweg offen lassen dürfen, sodass die Verzugsvoraussetzungen dem Grunde nach gegeben sind. Die Höhe des Verzugsschadens bedarf jedoch wegen der verminderten persönlichen Beitragspflicht des Klägers einer vollständigen Neuberechnung, wobei auch ein eventueller Mitverschuldenseinwand beim Umfang des aufgelaufenen Zinsschadens Bedeutung gewinnen kann.

Da die Ermittlung des für die streitgegenständlichen Nebenforderungen festzusetzenden Betrages einen nicht unerheblichen Aufwand und eine dem gerichtlichen Verfahren nicht adäquate Arbeitsweise erfordert, immerhin sind Verzugszinsen für einen Zeitraum von 12 Jahren zu berechnen, macht der Senat von der Möglichkeit des § 113 Abs. 2 Satz 2 VwGO Gebrauch. Er trägt hiermit dem Beklagten auf, Säumniszuschläge und Verzugszinsen auf der Grundlage der persönlichen Beitragsschuld des Klägers (Arbeitnehmeranteil) insgesamt neu zu berechnen.

3. Die mit dem Klageantrag zu 2) verfolgte Leistungsklage bleibt hingegen erfolglos. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der im Abrechnungsbescheid vom 16. Dezember 2005 ausgewiesene Betrag entsprechend den Fehlmonaten bis einschließlich Dezember 2001 seinem Rentenkonto gutgeschrieben wird. Die Vorschrift des § 203 Abs. 2 SGB VI, auf die die Klage in diesem Zusammenhang abstellt, trägt dieses Begehren nicht, denn ihr Anwendungsbereich bleibt auf das Recht der Sozialversicherung beschränkt.

Die Fiktionswirkung des § 203 Abs. 2 SGB VI, wonach der Beitrag als gezahlt gilt, wenn der Versicherte glaubhaft macht, dass der von ihm zu tragende Beitragsanteil (§ 168 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) vom Arbeitsentgelt abgezogen worden ist (§ 28 g SGB IV), stellt nämlich eine spezifische Reaktion auf das sozialversicherungsrechtliche Beitragsaufbringungsverfahren (vgl. SGB IV, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung, §§ 20 ff.) dar (so Dötsch, in: Wannagat, Sozialgesetzbuch VI, Bd. 2, Stand 1999 § 203 Rdnrn. 10 bis 12). Da hier der Arbeitnehmer wegen des Gesamtsozialversicherungsbeitrages (§ 28 d SGB IV) ohnehin keinen Einfluss auf die Abführung der Beiträge hat, soll er durch § 203 Abs. 2 SGB VI gegen die dem sozialversicherungsrechtlichen Abführungssystem immanente Gefahr der Nichtabführung des Beitragsanteiles geschützt werden, sofern dieser nach Maßgabe von § 28 g Satz 2 SGB IV vom Arbeitsentgelt abgezogen worden ist. Damit setzt § 203 Abs. 2 SGB VI nach seinem Sinn und Zweck einen Anwendungsfall des SGB IV und damit zugleich ein vom Prinzip des Solidarausgleiches gesteuertes Versorgungsregime voraus. Diese Voraussetzungen treffen auf die berufsständische Versorgungseinrichtung des Beklagten aber nicht zu, denn sie beruht, wie oben schon ausgeführt wurde, auf dem Kapitaldeckungsgrundsatz und sie erhebt ihre Beiträge nicht nach den Vorschriften der §§ 20 ff. SGB IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 3, 155 Abs. 1 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nach Maßgabe von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen, weil sie dem Revisionsgericht Gelegenheit bietet, zur Anwendbarkeit der §§ 172 Abs. 2 und Abs. 4, 203 Abs. 2 SGB VI auf berufsständische Versorgungseinrichtungen Stellung zu nehmen.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird unter entsprechender Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für das Verfahren des ersten Rechtszuges auf 51.865,71 € und für das Berufungsverfahren auf 51.256,31 € festgesetzt; dabei bleiben die Nebenforderungen außer Ansatz (vgl. §§ 43 Abs. 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 3, 63 Abs. 3 Satz 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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