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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 11.11.2008
Aktenzeichen: 6 A 11081/08.OVG
Rechtsgebiete: KAG


Vorschriften:

KAG § 2 Abs. 1
KAG § 9 Abs. 1
KAG § 10 Abs. 1
KAG § 10 Abs. 2
KAG § 10 Abs. 4
KAG § 10 Abs. 6
Wird der einmalige Beitrag nach den tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen ermittelt, entsteht die Ausbaubeitragspflicht mit dem Abschluss der Bauarbeiten und der Feststellbarkeit des entstandenen Aufwands. Der Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht ist nicht bis zur Festlegung des Gemeindeanteils hinausgeschoben.

Bewertet der Träger einer Straßenausbaumaßnahme seine Eigenleistungen bei der Planung und/oder Bauleitung durch eigene Bedienstete unter Rückgriff auf fachlich einschlägige Honorar- bzw. Vergütungsvorschriften, muss er darin enthaltene Gewinnanteile und allgemeine Geschäftsunkosten unberücksichtigt lassen.

Zur Abgrenzung einer unselbständigen (und damit ausbaubeitragspflichtigen) von einer selbständigen privaten Verkehrsfläche vor einem Hauptbahnhofsgebäude.

Ein Hinterliegergrundstück unterliegt der Beitragspflicht für den Ausbau einer Straße, wenn diese nach der gemeindlichen Verkehrskonzeption (zumindest) einen Teil des von dem Hinterliegergrundstück ausgelösten Verkehrs bewältigen soll.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 A 11081/08.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

hat der 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. November 2008, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Zimmer Richter am Oberverwaltungsgericht Stamm Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Beuscher ehrenamtliche Richterin Hausfrau Hirsch ehrenamtlicher Richter EDV-Fachmann Hoffmann

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 30. April 2007 wird der Ausbaubeitragsbescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2005 in der Fassung der Änderungen vom 8. Mai 2006 sowie vom 22. Januar 2007 insoweit aufgehoben, als ein höherer Beitrag als 1.153,36 € festgesetzt wurde.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge hat der Kläger ein Viertel, die Beklagte drei Viertel zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Ausbaubeiträgen für den Ausbau des Kurvenbereichs der L...straße von der gemeinsamen Grundstücksgrenze zwischen den Parzellen ... und ... (L...straße 141 und 143) bis zur Einmündung in die B...straße ("Nordkopf" des Bahnhofsvorplatzes). Er ist Eigentümer eines Grundstückskomplexes zwischen der L...straße und der B...straße. Seine in geschlossener Bauweise sechsgeschossig bebaute und teilweise gewerblich genutzte Parzelle ... grenzt an die L...straße, während die Parzelle ... an der B...straße anliegt. Die zwischen diesen beiden Flurstücken befindliche, nur teilweise bebaute Parzelle ... grenzt an keine Straße an und wird ebenso wie das Flurstück ... als Kundenparkplatz und Anlieferungsfläche für den auf dem Flurstück ... eingerichteten Gewerbebetrieb genutzt.

Mit Bescheid vom 7. Dezember 2005 zog die Beklagte den Kläger zu endgültigen Ausbaubeiträgen für den Ausbau der L...straße im Bereich zwischen dem Haus Nr. ... und dem Haus B...straße Nr. ... in Höhe von 8.263,61 € heran. In der Folgezeit wurde dieser Bescheid wiederholt geändert und zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht auf einen Beitrag von 4.585,56 € vermindert.

Hinsichtlich des seinem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalts im Übrigen nimmt der Senat gemäß § 130 b Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellungen er sich zu Eigen macht.

Das Verwaltungsgericht hat den Ausbaubeitragsbescheid insoweit aufgehoben, als für die Parzelle ... mehr als 918,31 €, für die Parzelle ... mehr als 813,96 € und für die Parzelle ... mehr als 1.622,69 € festgesetzt wurden. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der streitgegenständliche Bescheid sei hinreichend bestimmt und nur in der Höhe zu beanstanden. Der satzungsrechtliche Verteilungsmaßstab, ein Grundstücksflächenmaßstab mit einem Zuschlag von 10 % für jedes Vollgeschoss, begegne keinen Bedenken. Dass sich die Zahl der maßgebenden Vollgeschosse in beplanten Gebieten ausschließlich nach der festgesetzten höchstzulässigen Zahl der Vollgeschosse richte, in unbeplanten Gebieten die auf einem Grundstück tatsächlich verwirklichte Vollgeschosszahl gelte, auch wenn sie größer sei als in der maßgebenden Umgebungsbebauung, verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Die abgerechnete Maßnahme sei auch ausbaubeitragsfähig. Der Ausbau der L...straße im Kurvenbereich des Nordkopfes komme der gesamten Verkehrsanlage zugute. Diese erstrecke sich bei natürlicher Betrachtungsweise von der Einmündung in die B...straße bis zur Kreuzung an der R...straße.

Das Ausbauprogramm sei durchgeführt; die letzte Unternehmerrechnung datiere vom 6. November 2002. Die Grundstücke des Klägers seien dem Grunde nach ausbaubeitragspflichtig: die an die L...straße angrenzende Parzelle ... als Anliegergrundstück, die Parzellen ... und ... als beitragspflichtige Hinterliegergrundstücke mit tatsächlichem Zugang von der L...straße. Hinsichtlich der Zahl der Vollgeschosse habe die Beklagte für die Parzelle ... zu Recht einen Zuschlag von 60 % und für die beiden rückwärtigen Parzellen einen Zuschlag von jeweils 50 % angenommen. Denn die maßgebende Umgebungsbebauung weise in der L...straße überwiegend sechs und in der B...straße überwiegend fünf Vollgeschosse auf. Hinsichtlich des Artzuschlags seien gemäß § 6 Abs. 4 Satz 3 ABS jeweils 10 % für die Grundstücke des Klägers anzusetzen. Ein gebietsbezogener Artzuschlag von 20 % komme nicht in Betracht. Denn der Bereich zwischen Nordkopf und R...straße sei kein faktisches Kerngebiet und die Grundstücke des Klägers würden nicht ausschließlich gewerblich genutzt.

Der Gemeindeanteil von 60 % sei angesichts des vom Gericht zu respektierenden Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden.

Bei der Flächenermittlung habe die Beklagte das Bahngelände zu Recht unberücksichtigt gelassen. Denn jene Grundstücke würden weder unmittelbar noch mittelbar durch die L...straße erschlossen. Zwar sei das Bahnhofsgebäude, und damit indirekt auch das Bahnsteiggelände, zu Fuß von der L...straße über den Bahnhofsvorplatz zu erreichen. Dieser stelle aber eine eigenständige Verkehrsanlage dar, die verschiedene Funktionen erfülle: Sie diene unter anderem als Fahrradabstellplatz, als Taxistand, als Pkw-Parkplatz, als Busbahnhof, als Touristeninformation und als fußläufige Verbindung zum Bahnhof aus mehreren Himmelsrichtungen.

Mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung bekräftigt der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen. Er hält die satzungsrechtliche Verteilungsregelung für unwirksam, weil in beplanten Gebieten - anders als in unbeplanten Gebieten - nur die zulässigen Vollgeschosse und nicht die über das zulässige Maß hinaus verwirklichten Geschosse maßgebend seien. Außerdem grenzten seine Grundstücke nicht an den so genannten "Nordkopf" und seien deshalb nicht beitragspflichtig. Insbesondere könnten die nicht an die L...straße angrenzenden rückwärtigen Grundstücke nicht als Hinterliegergrundstücke veranlagt werden. Sie stünden zwar in seinem Eigentum, eine Zufahrtsmöglichkeit sei jedoch von der L...straße aus tatsächlich nicht vorhanden und rechtlich nicht durch Baulast gesichert. Der Vollgeschosszuschlag für die Hinterliegergrundstücke dürfe nur an der tatsächlich verwirklichten Bebauung orientiert werden, allenfalls an einer Bebaubarkeit mit einem viergeschossigen Gebäude. Der Gemeindeanteil müsse wegen des sehr starken Durchgangsverkehrs mindestens 70 % betragen. Das Bahngrundstück habe ebenfalls veranlagt werden müssen, zumal an der langen und hohen Stützmauer entlang der L...straße mehrere großflächige Werbetafeln aufgestellt seien, also eine bauliche Nutzung verwirklicht sei, die der Deutschen Bahn AG einen beitragsrelevanten Vorteil vermittele. Schließlich seien die fiktiven Kosten der Bauleitung weder dem Grunde nach beitragsfähig noch in Höhe der Sätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure.

Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2007 ergangene Urteil des Senats wurde vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts abzuändern und den Ausbaubeitragsbescheid vom 7. Dezember 2005 in der Fassung der Änderungen vom 8. Mai 2006 und vom 22. Januar 2007 in vollem Umfang aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie geht in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass die rückwärtigen Grundstücke des Klägers fünfgeschossig bebaubar seien. Der Gemeindeanteil betrage nicht 70 %, denn die L...straße habe trotz des überwiegenden Durchgangsverkehrs mehr als "nur wenig" Anliegerverkehr. Das Bahngelände sei zu Recht nicht veranlagt worden, da die Treppe von der L...straße zum Bahnsteig 1 keinen bestimmungsgemäßen Zugang biete und nicht ausreichend sei, um den gesamten Verkehr zum und vom Hauptbahnhof bewältigen zu können. Auch die vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Kosten seien zutreffend ermittelt worden.

Die Beklagte hat Berechnungen vorgelegt, aus denen sich die Beitragsermittlung für den Fall ergibt, dass das Bahngelände als beitragspflichtig angesehen wird.

Die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten ergeben sich aus der Gerichtsakte und den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen und Plänen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat zum Teil Erfolg.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2005 in der Fassung der Änderungen vom 8. Mai 2006 und vom 22. Januar 2007 ist dem Kläger gegenüber insoweit rechtswidrig und aufzuheben (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), als ein höherer Ausbaubeitrag als 1.153,36 € festgesetzt wurde. Das verwaltungsgerichtliche Urteil muss dementsprechend abgeändert werden.

Nach § 10 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes in der hier noch anwendbaren Fassung des Gesetzes vom 2. März 2006 - KAG - können die Gemeinden für den Ausbau öffentlicher Verkehrsanlagen einmalige Beiträge nach den tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen erheben. Beim einmaligen Beitrag unterliegen gemäß § 10 Abs. 6 Satz 1 KAG alle diejenigen baulich oder in ähnlicher Weise nutzbaren Grundstücke der Beitragspflicht, die die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu der ausgebauten Verkehrsanlage haben. Die Beitragspflicht entsteht nach § 10 Abs. 7 Satz 1 KAG, wenn die Bauarbeiten an der einzelnen Verkehrsanlage abgeschlossen sind und, sofern der einmalige Beitrag - wie hier - nach den tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen ermittelt wird, der entstandene Aufwand feststellbar ist.

Nach Maßgabe dieser gesetzlichen Bestimmungen und der im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht gültigen Satzung der Beklagten über die Erhebung einmaliger Beiträge für öffentliche Verkehrsanlagen (Ausbaubeitragssatzung) vom 19. Dezember 1995 in der Fassung der Satzung vom 14. Februar 1996 und der Änderung durch die Satzung vom 22. Juli 2003 - ABS - ist die Heranziehung des Klägers zum Teil rechtmäßig (1.), zum anderen Teil verletzt der angefochtene Bescheid den Kläger in seinen Rechten (2.).

1.

Wie das Verwaltungsgericht in seinem Urteil bereits zutreffend ausgeführt hat, ist die abgerechnete Maßnahme beitragsfähig und sind die veranlagten Grundstücke des Klägers als Anlieger- bzw. als Hinterliegergrundstücke beitragspflichtig (vgl. hierzu auch OVG R-P, 6 A 10558/05.OVG, ESOVGRP; 6 A 10958/04.OVG, ESOVGRP). Deshalb kann sich der Senat diese Ausführungen zu Eigen machen und insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen. Gleiches gilt für die Ausdehnung der maßgeblichen Verkehrsanlage; der Senat schließt sich aufgrund seiner Ortskenntnis und der vorgelegten Pläne der Auffassung des Verwaltungsgerichts an, dass als ausgebaute Straße die L...straße vom Kreuzungsbereich mit der R...straße bis zur Einmündung in die B...straße zu betrachten ist. Dem Kläger kann auch nicht hinsichtlich seiner Bedenken gegen die Bestimmung des § 6 Abs. 4 ABS gefolgt werden, wonach sich der Vollgeschosszuschlag in beplanten Gebieten nach der Zahl der zulässigen Vollgeschosse, in unbeplanten Gebieten grundsätzlich nach der Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse berechnet. Diese unterschiedliche Behandlung ist sachlich gerechtfertigt, wie das Bundesverwaltungsgericht (IV C 28.70, BVerwGE 38, 147) für das Erschließungsbeitragsrecht bereits entschieden hat. Im Ausbaubeitragsrecht gilt dies nach Ansicht des Senats ebenfalls.

Keinen Bedenken begegnet der Ansatz eines fünfzigprozentigen Vollgeschosszuschlags für die Hinterliegergrundstücke des Klägers. Die Parzellen ... und ... sind derzeit i.S.d. § 6 Abs. 4 Satz 2 ABS lediglich untergeordnet bebaut, nämlich mit ein- bzw. zweigeschossigen Lager-, Büro- und Garagengebäuden. Unter diesen Umständen kommt es auf die in der näheren Umgebung überwiegend vorhandene Zahl der Vollgeschosse an. Wie der Senat aufgrund seiner Ortskenntnis weiß, ist die in diesem Bereich der B...straße tatsächlich vorhandene Bebauung überwiegend fünfgeschossig. Vereinzelt gibt es zwar auch ein-, vier-und achtgeschossige Gebäude; die meisten weisen jedoch fünf Geschosse auf. Eine fünfgeschossige Bebauung kann auf den Parzellen ... und ... in Übereinstimmung mit den maßgebenden Vorschriften insbesondere des Baurechts auch verwirklicht werden. Das gilt für den notwendigen baulichen Brandschutz auch dann, wenn man die Erschließung durch die B...straße, die in jedem Fall eine hinreichende Brandbekämpfung ermöglicht, "hinwegdenkt", was erforderlich ist, weil es um die Beitragspflicht dieser Parzellen für einen Ausbau der L...straße geht. Die diesbezüglichen brandschutzfachlichen Stellungnahmen der Beklagten vom 17. Oktober 2007 und vom 4. November 2008 bringen überzeugend zum Ausdruck, dass sowohl der bauliche als auch der abwehrende Brandschutz gewährleistet werden können. Das Erfordernis des zweiten Rettungswegs lässt sich durch ein so genanntes Sicherheitstreppenhaus erfüllen, welches auch eine Brandbekämpfung in einem fünfgeschossigen Gebäude auf den Parzellen der Parzellen ... und ... von der L...straße aus, also ohne Zufahrtsmöglichkeit der Feuerwehr, ermöglichen würde.

2.

Die Heranziehung des Klägers beruht jedoch auf einem überhöhten Ansatz der Eigenleistungen der Beklagten für die Bauleitung (a). Außerdem ist die Aufwandsverteilung zu beanstanden, weil das Bahnhofsgelände dabei unberücksichtigt geblieben ist (b). Wegen der Notwendigkeit, das Bahnhofsgelände in die Verteilung des Ausbauaufwands einzubeziehen, muss der diesbezügliche Ziel- und Quellverkehr als Anliegerverkehr angesehen werden. Deshalb ist auch der Gemeindeanteil zu beanstanden, ohne dass deswegen der angefochtene Bescheid insgesamt aufgehoben werden muss (c).

a)

Zu den Investitionsaufwendungen, auf deren Grundlage einmalige Beiträge gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG zu ermitteln sind, gehören die gesamten Ausgaben und die bewerteten Eigenleistungen der kommunalen Gebietskörperschaft, die diese zum Ausbau der Anlage aufwenden muss (§ 9 Abs. 1 Satz 3 KAG). Dementsprechend sind auch Kosten für die Planung und/oder Bauleitung durch eigene Bedienstete des Trägers der Ausbaumaßnahme berücksichtigungsfähig. Die im Urteil des Senats vom 10. November 1981 (6 A 282/80, AS 17, 113) zum Ausdruck gebrachte Auffassung, der Einsatz von ständig beschäftigten Bediensteten bei dem Ausbau rechtfertige es nicht, einen ihren Leistungen entsprechenden Kostenanteil in den beitragfähigen Ausbauaufwand einzustellen, bezog sich auf § 8 des Kommunalabgabengesetzes vom 2. September 1977. Diese Regelung wurde jedoch durch § 7 Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes vom 5. Mai 1986 abgelöst, in dessen Satz 1 Nr. 6 ausdrücklich normiert war, dass Investitionsaufwendungen die gesamten Ausgaben und die bewerteten Eigenleistungen der kommunalen Gebietskörperschaften einschließlich der Kosten für den Einsatz eigenen Personals und eigener Sachen sind, insbesondere für die Planung und Bauleitung. Mit der im Jahre 1995 erfolgten Neuregelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG, wonach auch die bewerteten Eigenleistungen zu den Investitionsaufwendungen gehören, war eine inhaltliche Abkehr von der unmittelbaren Vorgängerbestimmung nicht beabsichtigt, auch wenn auf die erwähnte Aufzählung von Beispielen verzichtet wurde (vgl. LT-Drucks. 12/5443, S. 26). Damit ist indessen noch nicht entschieden, in welcher Weise die Eigenleistungen zu bewerten sind.

Die Wortwahl des Gesetzgebers lässt deutlich werden, dass die betragsmäßige Ermittlung der Eigenleistungen Ergebnis eines Wertungsvorgangs sein muss. Ein solcher vollzieht sich typischerweise innerhalb eines Bewertungsspielraums, dessen sich die Behörde bewusst sein muss und dessen Grenzen nicht überschritten werden dürfen. Die Bewertung kann gerichtlich nur darauf überprüft werden, ob die gesetzlichen Vorgaben oder deren Sinn und Zweck verkannt wurden, ob die Behörde von einem unzutreffenden Sachverhalt ausging und/oder die nach Lage der Dinge einzustellenden Gesichtspunkte nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht bei der Entscheidung berücksichtigt hat (vgl. hierzu auch BVerwG, 2 C 13/87, NVwZ-RR 1990, 619; BVerwG, 6 B 73/94, NJW 1995, 977). Vor diesem Hintergrund darf bei der Bewertung von Eigenleistungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG nicht übersehen werden, dass die Vorschrift den Zweck der Kostendeckung verfolgt. Die kommunale Gebietskörperschaft, die eine Verkehrsanlage ausbaut, darf - mit anderen Worten - durch die Beitragserhebung keinen Gewinn erzielen. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn sie die Eigenleistungen beispielsweise nach Stundensätzen berechnet, die nach den Bezügen bzw. Entgelten der eingesetzten Mitarbeiter gestaffelt sind. Angesichts des vergleichsweise hohen Aufwands, den diese Art der Bewertung von Eigenleistungen mit sich bringt, dürfen auch fachlich einschlägige Honorar- bzw. Vergütungsvorschriften in sachgerecht modifizierter Form entsprechend angewendet werden. Der Rückgriff auf die Verordnung über die Honorare für Leistungen der Architekten und der Ingenieure - HOAI - ist nur dann frei von Bewertungsmängeln, wenn der in dieser Verordnung berücksichtigte Gewinn des Architekten bzw. Ingenieurs (vgl. hierzu: BGH, VII ZR 288/05, BauR 2007, 1592, juris; BGH, VII ZR 288/02, BGHZ 157, 118) ausgeblendet wird. Gleiches gilt für die ebenfalls in den Honoraren enthaltenen allgemeinen Geschäftsunkosten, die über die gesondert erstattungsfähigen Auslagen (Nebenkosten gemäß § 7 HOAI) hinausgehen. Mit Rücksicht darauf dürfen die Mindesthonorarbeträge nach der HOAI nur zur Hälfte in die Aufwandsermittlung eingestellt werden. Denn nach der vom Senat eingeholten sachverständigen Äußerung des Dipl.-Ing. E..., Mitglied des Vorstands des Ausschusses der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V. (AHO), enthalten die Honoraransätze der HOAI einerseits einen zehnprozentigen Anteil für "Wagnis und Gewinn", andererseits entfällt, wie der Bürokostenvergleich 2006 zeige, ein Anteil von ca. 40% auf die sonstigen Bürokosten, also die allgemeinen Geschäftsunkosten. Vor diesem Hintergrund hält der Senat den von der Beklagten vorgeschlagenen lediglich zwanzigprozentigen Abschlag von den Honorarsätzen der HOAI nicht für ausreichend. Vielmehr sind weitere 30% von diesen Beträgen abzusetzen.

b)

Außerdem ist die Aufwandsverteilung zu beanstanden, weil das Bahnhofsgelände dabei unberücksichtigt geblieben ist. Die zum Bahnhofsgelände gehörenden Grundstücke sind im Sinne des § 10 Abs. 6 Satz 1 KAG qualifiziert nutzbar; das Bundesverwaltungsgericht (8 C 85/86, BVerwGE 78, 321) spricht bei einem Bahnhof von einer gewerbeähnlichen Nutzung. Diese Grundstücke haben außerdem die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt und eines Zugangs zur L...straße, und zwar zum Teil als Anlieger- (aa), zum Teil als Hinterliegergrundstücke (bb).

aa)

Unmittelbar von der L...straße erschlossen sind die Anliegerparzellen ... und ..., die gleichsam nahtlos an die dem öffentlichen Verkehr gewidmete Wegeparzelle ... in dem Bereich vor der Einmündung der L...straße in die B...straße anschließen. Soweit auf dem Flurstück ... ein Bahnhofszugang für Fußgänger, Parkplätze und Taxistände errichtet wurden, handelt es sich nach dem maßgeblichen tatsächlichen Erscheinungsbild nicht um eine gegenüber der L...straße selbständige Verkehrsanlage (vgl. auch BVerwG, IV C 28.71, DVBl 1972, 894, juris), sondern um einen Teil derselben.

An diesen Teil der L...straße grenzen die bahneigenen Parzellen ... und ... an. Als Fortsetzung des Mehrzweckbereichs nördlich des Bahnhofsgebäudes bilden sie keine selbständige Erschließungsanlage in Form eines privaten Zugangs zum Hauptbahnhof. Nach der auf das Ausbaubeitragsrecht übertragbaren erschließungsbeitragsrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (8 C 65/82, KStZ 1984, 149; IV C 151.68, Buchholz 406.11 § 123 BBauG Nr. 4, juris) kann eine private Straße, die eine Verbindung zwischen der öffentlichen Straße und zahlreichen Grundstücken darstellt und an Breite der öffentlichen Straße nicht nachsteht, als Erschließungsanlage für die an sie angrenzenden Grundstücke angesehen werden, wenn sie eine zum Anbau bestimmte, zur verkehrsmäßigen Erschließung geeignete und überdies selbständige Anlage ist. Bei der Abgrenzung zwischen erschließungsrechtlich selbständigen und unselbständigen Anlagen geht es um eine Differenzierung zwischen (schon) selbständigen Anbaustraßen und (noch) unselbständigen Zufahrten als "Anhängseln" der selbständigen Anbaustraßen, von denen sie abzweigen (BVerwG, 8 C 33/94, NVwZ-RR 1995, 695). Angesichts dessen ist für die Beantwortung der Frage, ob im Einzelfall eine befahrbare Verkehrsanlage als "nur" mehr oder weniger große unselbständige Zufahrt oder als "schon" selbständige Anbaustraße zu qualifizieren ist, grundsätzlich ausschlaggebend abzustellen auf den Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter von der zu beurteilenden Anlage vermitteln (BVerwG, 8 C 106/83, Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 59, juris). Für diesen Gesamteindruck kommt es in erster Linie auf die Ausdehnung der zu beurteilenden Anlage an (BVerwG, 8 C 81/81, NVwZ 1983, 669). Ein ca. 280 m langes, befahrbares privates Wegenetz, das der "inneren Erschließung" einer Reihenhausanlage dient und im Miteigentum derjenigen steht, deren Wohngrundstücke an das Wegenetz grenzen, ist regelmäßig eine Erschließungsanlage im Sinne des § 123 Abs. 2 BauGB (BVerwG, 8 C 65/82, KStZ 1984, 149). Das trifft für private Zufahrten und Wege auf einem Anliegergrundstück nicht zu, die nur der internen Erreichbarkeit einzelner Teilflächen des Grundstücks oder bestimmter Standorte dienen, nicht aber der Erschließung weiterer Grundstücke (BVerwG, 8 C 8/97, NVwZ 1999, 997).

Nach diesen Maßstäben spricht wenig dafür, die Anliegerparzellen ... und ... aufgrund ihres Erscheinungsbilds als zum Anbau bestimmte Verkehrsanlage zu betrachten. Aber auch wenn man dies unterstellt, handelt es sich bei diesen Anliegerparzellen nicht um eine selbständige private Erschließungsanlage, sondern um die Fortsetzung der straßenrechtlich gewidmeten Wegeparzelle ... (L...straße im Bereich des "Nordkopfs") mit dem Fußgängerbereich, den Taxiständen und den übrigen Fahrzeugabstellplätzen. Mangels in der Örtlichkeit erkennbarer Trennung zwischen den Parzellen ... und ... sowie ... kann der Eindruck der Eigenständigkeit der bahneigenen Anliegerparzellen nicht entstehen. Wegen des fließenden Übergangs ähneln die Flurstücke ... und ... nicht einmal einer privaten Zufahrt, die als abgegrenzte Verkehrsfläche zumindest wahrgenommen werden kann. Die Flurstücke 1/18 und 1/19 sind deshalb noch weniger als eine solche eine selbständige Verkehrsanlage; sie stellen nicht die wegemäßige Erschließung des Bahnhofsgeländes dar, sondern vermitteln diese Erschließung lediglich. Auch was die Ausdehnung angeht, erscheinen sie als unselbständig. Ein Bahnhofsgelände wie das des K... Hauptbahnhofs kann angesichts des mit seinem Betrieb verbundenen erheblichen Ziel- und Quellverkehrs nicht von einer derart kleinen, überwiegend zwischen 10 und 20 Meter breiten Fläche erschlossen werden.

Als Teil des Betriebsgeländes des Hauptbahnhofs unterliegen die Parzellen ... und ... zudem einer bahnrechtlichen Zweckbestimmung. Sie sind nicht straßenrechtlich, sondern für Bahnzwecke gewidmet als das Be- und Entladen sowie den Zugang und Abgang ermöglichende und damit für den Betrieb der Schienenwege notwendige Anlagen (vgl. BVerwG, 11 A 2/96, BVerwGE 102, 269).

bb)

Die Flurstücke ... und ..., auf dem das Bahnhofsgebäude errichtet ist, und das dahinter liegende Grundstück werden mittelbar (auch) von der L...straße erschlossen. Sie unterliegen als Hinterliegergrundstücke der Beitragspflicht.

Nach der auf das Ausbaubeitragsrecht übertragbaren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Erschließungsbeitragsrecht (vgl. BVerwG, 8 C 27/96, NVwZ-RR 1998, 67) dürfen die Eigentümer der (übrigen) erschlossenen Grundstücke nach den im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten bestehenden tatsächlichen Verhältnissen schutzwürdig erwarten, auch ein Hinterliegergrundstück nehme an der Verteilung des für die abzurechnende beitragsfähige Erschließungsanlage angefallenen umlagefähigen Aufwands teil, wenn "typischerweise mit einer Inanspruchnahme der Anbaustraße (auch) durch das Hinterliegergrundstück gerechnet werden muss". Ob damit zu rechnen ist, richtet sich im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans nach dessen Festsetzungen über die straßenmäßige Erschließung (BVerwG, 9 C 5/01, NVwZ-RR 2002, 770). Sind solche nicht getroffen, wird es darauf ankommen, aus dem dem Plan erkennbar zugrunde liegenden Verkehrskonzept oder anderen sich aus der Planbegründung ergebenden Anhaltspunkten Rückschlüsse auf die voraussichtliche Inanspruchnahme der Anbaustraße durch das Hinterliegergrundstück zu ziehen. Wird jedoch ein Hinterliegergrundstück, das im Eigentum derselben Person steht wie das selbständig bebaubare Anliegergrundstück, zusammen mit dem Anliegergrundstück einheitlich genutzt oder besitzt es tatsächlich eine Zufahrt zu der Anbaustraße, gehört es ohne Weiteres zum Kreis der durch diese Anlage erschlossenen Grundstücke (BVerwG, 8 C 111/86, BVerwGE 79, 1 = NVwZ 1988, 630).

Angesichts dessen sind die Hinterliegergrundstücke des Bahnhofsgeländes bereits wegen der einheitlichen wirtschaftlichen Nutzung und der vorhandenen Zugänglichkeit in den Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke einzubeziehen. Außerdem muss nach der Verkehrskonzeption der Beklagten mit einer Inanspruchnahme der L...straße (auch) durch die Hinterliegergrundstücke des Bahnhofsgeländes gerechnet werden. Wie dem "Erläuterungsbericht zur Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes" der Beklagten entnommen werden kann, soll die sogenannte Mehrzweckfläche im Bereich des "Nordkopfs" dazu dienen, dass Fahrgäste mit Taxen, privaten Kraftwagen oder Fahrrädern den Hauptbahnhof über die L...straße bequem erreichen können.

Damit wird gleichzeitig deutlich, dass nicht der gesamte Verkehr zum und vom Hauptbahnhof von der L...straße bewältigt werden soll. Insbesondere der Busverkehr und ein Großteil des Pkw-Verkehrs, der in die Tiefgarage unter dem Bahnhofsplatz geleitet wird, fließen im Wesentlichen über andere Verkehrsanlagen. Eine solche Aufteilung des angesichts der zulässigen Grundstücksnutzung zu erwartenden Gesamtverkehrs auf unterschiedliche Verkehrsanlagen kann - wie hier geschehen - auf der Grundlage eines gemeindlichen Verkehrskonzepts erfolgen (vgl. auch OVG R-P, 6 A 10158/06.OVG, ESOVGRP).

Die Beitragspflicht scheitert nicht an dem Umstand, dass es sich (teilweise) um ein mit einem Erbbaurecht belastetes Hinterliegergrundstück handelt. Denn das davon betroffene Flurstück ..., auf dem sich das Hauptbahnhofsgebäude befindet, ist über die unmittelbaren Anliegergrundstücke von der L...straße aus zugänglich, mit dem übrigen Bahnhofsgelände einheitlich genutzt und für die Abwicklung des Eisenbahnbetriebs schlechthin unentbehrlich, so dass die unterschiedlichen dinglichen Berechtigungen für die Beurteilung des Ausbauvorteils dieser Hinterliegergrundstücke nicht von entscheidender Bedeutung sind.

Auch hinsichtlich des Umfangs des "Erschlossenseins" eines Bahnhofsgeländes hält der Senat die erschließungsbeitragsrechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (8 C 85/86, BVerwGE 78, 321) für entsprechend anwendbar. Danach werden grundsätzlich die zwischen der Straße und dem Schienenweg liegenden Flächen eines als Bahnhofsgelände genutzten Bahnbetriebsgrundstücks erschlossen, wobei bei einem Bahnhof zwar die Bahnsteige und die Flächen, auf denen der Zugang von der Straße über das Bahnhofsgelände zum Bahnsteig erfolgt, nicht aber das Schienengelände als solches zu der durch eine Anbaustraße erschlossenen Fläche gehören. Der Senat legt seiner Entscheidung deshalb die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nachgebesserte Berechnung zugrunde, die neben den Grundstücken ..., ..., ... und ... auch die Bahnsteigflächen auf der Parzelle ... in vollem Umfang berücksichtigt. Soweit letztere in den sich südlich an die überdachten Bahnsteigflächen anschließenden Bereichen in erster Linie Bahnbetriebszwecken dienen und von den Bahnkunden selten benutzt werden, wären sie nach den erwähnten Maßstäben eigentlich aus der Berechnung zu nehmen. Dies unterbleibt jedoch, weil dadurch ein rechnerischer Ausgleich geschaffen wird für die Bahnsteigflächen auf dem Flurstück ..., die den Bahnkunden zur Verfügung stehen, aber in die von der Beklagten vorgelegte Berechnung nicht eingeflossen sind. Da diese bisher nicht berücksichtigten Bahnsteigflächen auf dem Flurstück ... nach den vorliegenden Plänen ersichtlich kleiner sind als die sich südlich an die überdachten Bahnsteigflächen anschließenden Bereiche, die in erster Linie Bahnbetriebszwecken dienen, kann der Kläger durch diese Berechnung nicht in seinen Rechten verletzt werden. Im Übrigen kann das Flurstück ..., das ganz überwiegend von der Gleisanlage in Anspruch genommen wird, nicht der Beitragspflicht unterliegen. Dies gilt unabhängig von der Frage seiner Zugänglichkeit über die (für den Verkehr gesperrte) Treppe, die von der L...straße zum Bahnsteig 1 führt. Darauf kommt es angesichts der vorstehenden Ausführungen zur Zugänglichkeit des Bahnhofsgeländes nicht entscheidend an.

c)

Wegen der Notwendigkeit, das Bahnhofsgelände in die Verteilung des Ausbauaufwands einzubeziehen, muss der diesbezügliche Ziel- und Quellverkehr als Anliegerverkehr angesehen werden. Deshalb ist auch die Festlegung des Gemeindeanteils auf 60% zu beanstanden. Diese fehlerhaft zu hohe Festsetzung, die die Beitragspflichtigen begünstigt, führt nicht zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheids in vollem Umfang (aa), sondern nur insoweit, als ein höherer Beitrag als 1.153,36 € festgesetzt wurde (bb).

aa)

Der angefochtene Bescheid wäre allerdings insgesamt aufzuheben, wenn die fehlerhafte Festsetzung des Gemeindeanteils das Entstehen der Beitragspflicht verhindert hätte oder dazu führen würde, dass es am Satzungserfordernis des § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG fehlt. Weder das eine noch das andere trifft zu.

Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG, wonach kommunale Abgaben grundsätzlich nur aufgrund einer Satzung erhoben werden dürfen, wird durch die fehlerhafte Festsetzung des Gemeindeanteils nicht verletzt, die - wie hier - nicht in Form einer gemeindlichen Satzung, sondern durch (schlichten) Beschluss des Stadtrats der Beklagten erfolgte. Eine Verletzung des § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG läge darin allenfalls dann, wenn der Gemeindeanteil zu den Gegenständen gehören würde, die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG zwingend in einer Abgabensatzung zu regeln sind (vgl. OVG R-P, 6 A 68/85, AS 20, 411 <414>), was indessen nicht der Fall ist. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG muss die Satzung die Abgabenschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab sowie den Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgabenschuld bestimmen, also nicht den Gemeindeanteil. Ein auf der Grundlage eines (schlichten) Ratsbeschlusses über einen zu hohen Gemeindeanteil erlassener, die Beitragspflichtigen zu niedrig belastender Beitragsbescheid kann deshalb insoweit nicht in deren Rechte eingreifen (vgl. OVG R-P, 6 A 12238/97.OVG, ESOVGRP).

Durch die fehlerhafte Festsetzung des Gemeindeanteils ist (auch) das Entstehen der Beitragspflicht nicht verhindert worden.

Der Anspruch auf den einmaligen Beitrag entsteht nach § 10 Abs. 7 Satz 1 KAG, wenn die Bauarbeiten an der einzelnen Verkehrsanlage abgeschlossen sind und, sofern der einmalige Beitrag - wie hier - nach den tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen ermittelt wird, der entstandene Aufwand feststellbar ist. Schon der Wortlaut dieser Bestimmung lässt deutlich werden, dass die Beitragspflicht unabhängig von der Festlegung des Gemeindeanteils entsteht. Der entstandene Aufwand als die Summe der Ausbauaufwendungen kann festgestellt werden, ohne dass Klarheit über die Verteilung dieses Aufwands herrscht.

Zwar lässt sich im Zeitpunkt des Abschlusses der Bauarbeiten und der Feststellbarkeit des entstandenen Aufwands der auf das einzelne Grundstück entfallende Beitrag häufig noch nicht exakt beziffern; gleichwohl ist der Beitragsanspruch nach § 10 Abs. 7 Satz 1 KAG vom rechtsdogmatischen Ansatzpunkt her in einer bestimmten Höhe entstanden (vgl. OVG R-P, 6 A 68/85, AS 20, 411 <413>). Das Entstehen der Beitragspflicht ist nicht gleichbedeutend mit der Berechenbarkeit und Festsetzbarkeit des Beitrags, was zusätzlich eine wirksame Beitragssatzung sowie die Festlegung des Gemeindeanteils erfordert.

Aus dieser Notwendigkeit kann aber nicht geschlossen werden, dass der Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht hinausgeschoben ist, bis sämtliche Voraussetzungen der Festsetzbarkeit des Beitrags erfüllt sind. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. 6 A 56/75.OVG, AS 14, 321, ESOVGRP; 6 A 12181/90.OVG, ESOVGRP) und anderer Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG N-W, 15 A 3907/92, KStZ 1997, 117, juris; OVG S-H, 2 L 116/97, juris; OVG M-V, 6 M 93/97, DVBl 1998, 56, juris; a.A. OVG SL, 1 R 4/00, AS 29, 303) muss im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG erforderliche Satzung nicht vorhanden sein; es reicht, wenn eine später erlassene Ausbaubeitragssatzung sich Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht beimisst.

Soweit Driehaus (Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl. 2007, § 34 Rn. 5, § 37 Rn. 10 unter Hinweis auf VG Dessau, 2 A 756/99.DE, NVwZ-RR 2001, 326 mit kritischer Anmerkung von Sendler, NVwZ 2001, 1006) die Auffassung vertritt, das Entstehen der Ausbaubeitragspflicht hänge vom Vorhandensein einer gültigen Satzung ab, in der auch die Höhe des Gemeindeanteils geregelt sein müsse, folgt dem der Senat nicht. Betrachtete man - wie im Erschließungsbeitragsrecht - eine Satzung als Voraussetzung des Entstehens der Beitragspflicht, würde die Festsetzungsfrist, die nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 170 Abs. 1 Abgabenordnung - AO - mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Beitrag entstanden ist, bis zum In-Kraft-Treten dieser Satzung hinausgeschoben. Für eine solche Folge ist weder § 10 Abs. 7 Satz 1 KAG noch § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 170 Abs. 1 AO etwas zu entnehmen. Darüber hinaus könnte die Festsetzungsfrist durch Hinauszögern der Festlegung des Gemeindeanteils unterlaufen werden. Im Übrigen müssten unter diesen Umständen auch Bescheide aufgehoben werden, die auf einem eindeutig zu hohen und damit für die Beitragspflichtigen zu günstigen Gemeindeanteil beruhen.

bb)

Die Berichtigung des Gemeindeanteils wegen der Notwendigkeit, den Ziel- und Quellverkehr zum und vom Bahnhofsgelände als Anliegerverkehr zu betrachten, kann der Senat nicht selbst vornehmen. Er hat den Beurteilungsspielraum der Beklagten zu respektieren und darf ihn nicht durch eine eigene Bewertung ersetzen (vgl. OVG R-P, 6 A 68/85, AS 20, 411 (414); 6 A 11315/06.OVG, ESOVGRP; NdsOVG, 9 A 56/86, KStZ 1988, 55; BayVGH, 6 B 82 A.2893, BayVBl 1985, 117). Der festgesetzte Stadtanteil von 60% wirkt sich allerdings günstig für den Kläger aus. Denn die Beklagte übernimmt damit einen größeren Anteil am Ausbauaufwand, als es der Durchgangsverkehr gebietet.

Da der Aufwand um weitere 30%, insgesamt also um die Hälfte der Honoraransätze der HOAI für die Bewertung der Bauleitungsaufwendungen durch die Stadtämter 65 (für die Beleuchtung) und 67 (für die Baumpflanzungen) zu kürzen ist, vermindert sich der Gesamtaufwand auf 70.977,83 €. Davon entfallen 40% auf die Beitragspflichtigen, also 28.391,13 €. Die gewichtete Gesamtfläche beträgt aufgrund der Einbeziehung des Bahnhofsgeländes 34.473,65 m², so dass sich ein Beitragssatz von 0,8235603 €/m² ergibt, der multipliziert mit der gewichteten Fläche der Grundstücke des Klägers (1.400,46 m²) zu einem Ausbaubeitrag in Höhe von 1.153,36 € führt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Verfahren im zweiten Rechtszug auf 3.354,96 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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