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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 24.01.2006
Aktenzeichen: 6 A 11237/05.OVG
Rechtsgebiete: EichG, EichO, FPV, EWGRL 79/112, EWGRL 77/99, EGRL 2000/13, EGV


Vorschriften:

EichG § 6
EichG § 6 Abs. 1
EichO § 10a
FPV § 6
FPV § 6 Abs. 1
FPV § 25
FPV § 31
EWGRL 79/112
EWGRL 77/99
EGRL 2000/13
EGV Art. 28
Vertreibt ein Großhändler in Kunststofffolie eingeschweißte Fleischerzeugnisse an den Lebensmitteleinzelhandel, handelt es sich regelmäßig um Fertigpackungen i.S.d. § 6 Abs. 1 EichG, auch wenn sie dort zum losen Verkauf an Bedientheken bestimmt sind.

Die Verpflichtung, solche Packungen auch auf der Handelsstufe, die der Abgabe an den Letztverbraucher vorangeht, mit der Angabe des Nettogewichts zu versehen und nur unter Einhaltung der in § 25 FPV zugelassenen Minusabweichungen gewerbsmäßig in den Verkehr zu bringen, ist gemeinschaftsrechtlich unbedenklich und auch mit dem Gleichheitsgrundrecht vereinbar.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 A 11237/05.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Eichrechts

hat der 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2006, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Hehner Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Frey Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Beuscher ehrenamtlicher Richter Rentner Elz ehrenamtlicher Richter Landwirt Gerdon

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 30. Juni 2005 - 6 K 2503/04.NW - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, die als Großhändlerin in Kunststofffolie eingeschweißte Fleischerzeugnisse an den Lebensmitteleinzelhandel vertreibt, die dort zum losen Verkauf an Bedientheken bestimmt sind, begehrt die Feststellung, dass es sich dabei nicht um Fertigpackungen im Sinne des Eichgesetzes - EichG - und der Fertigpackungsverordnung - FPV - handelt. Sie bezeichnet die verwendeten Kunststoffverpackungen als Transport- bzw. Hygieneschutzumhüllungen und hält sich nicht für verpflichtet, die so eingeschweißten Fleischerzeugnisse mit der Angabe des jeweiligen Nettogewichts zu versehen. Die Eichverwaltung des beklagten Landes unterzog solche Fleischerzeugnisse der Klägerin einer Gewichtskontrolle, beanstandete bei zahlreichen Packungen die Gewichtsangabe wegen Überschreitung der in § 25 FPV zugelassenen Minusabweichungen und leitete mit Schreiben vom 25. Mai 2004 gegen die Klägerin deswegen ein Ordnungswidrigkeitsverfahren ein.

Hinsichtlich des seinem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalts nimmt der Senat gemäß § 130b Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellungen er sich in vollem Umfang zu Eigen macht.

Das Verwaltungsgericht hat die Feststellungsklage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, bei den von der Klägerin vertriebenen und von dem Beklagten beanstandeten Packungen handele es sich um Fertigpackungen im Sinne des § 6 Abs. 1 EichG i.V.m. § 25 FPV. Darunter seien Erzeugnisse in Verpackungen beliebiger Art zu verstehen, die in Abwesenheit des Käufers abgepackt und verschlossen würden, wobei die Menge des darin enthaltenen Erzeugnisses ohne Öffnen oder merkliche Veränderung der Verpackung nicht verändert werden könne. Diese Voraussetzungen seien erfüllt, zumal die beanstandeten Packungen verschweißt gewesen seien. Die Verpackungen seien auch zur Abgabe an einen Käufer bestimmt, weil dazu auch Gewerbetreibende oder Kaufleute gehörten, die das Füllgut (wie hier das Fleisch) im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit verwendeten oder weiterverkauften. Die Regelungen des § 6 Abs. 1 EichG i.V.m. § 25 FPV seien auf Fleischerzeugnisse in Hygieneschutzumhüllungen beim Vertrieb vom Großhändler zum Einzelhändler uneingeschränkt anwendbar. Insbesondere fielen sie nicht unter die als Ausnahme vom Anwendungsbereich anerkannten Transportverpackungen. Denn sie dienten nicht ausschließlich dem Transport der vertriebenen Erzeugnisse, sondern nach eigenen Angaben der Klägerin auch hygienischen Anforderungen und unternehmensinternen Kommissionierungszwecken.

Auch die Voraussetzungen des § 10a der Eichordnung - EichO - lägen nicht vor. Nach Satz 1 dieser Vorschrift dürften im geschäftlichen Verkehr mit losen Erzeugnissen Gewichtswerte, die der Preisermittlung zugrunde liegen, nur als Nettowerte angegeben werden. Hiervon sei nach § 10a S. 2 EichO die Abgabe von Erzeugnissen an Personen, die das Erzeugnis in ihrer selbstständigen beruflichen oder gewerblichen oder in ihrer behördlichen oder dienstlichen Tätigkeit verwenden, ausgenommen. Ein Verkauf loser Ware durch die Klägerin liege nicht vor. Denn der Käufer, der Lebensmitteleinzelhandelsbetrieb bzw. sein Einkäufer, sehe zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung die Ware nicht und kaufe ausschließlich verschweißte und damit verschlossene Packungen.

Es entspreche den in § 1 EichG aufgeführten und ihm zu Grunde liegenden Zielen des Verbraucherschutzes und der Verbesserung des Wettbewerbs, wenn für die Schutzbestimmungen des Eichgesetzes, die für Fertigpackungen gelten, grundsätzlich nur an den einfachen Vorgang der Weiterveräußerung der vorverpackten Ware an den Käufer ohne Bezug auf die Verwendung dieser Ware durch den Käufer angeknüpft werde. Denn jeder Käufer eines Erzeugnisses, das in seiner Abwesenheit in bestimmten Packungen fertig vorverpackt worden sei, könne als Abnehmer der Ware und Verbraucher im weiteren Sinn jedenfalls insoweit als schutzwürdig angesehen werden, als er ein Interesse an der Garantie der Füllmenge in der vorverpackten Packung habe. Der Gesetzgeber habe keine Einschränkung hinsichtlich der Vermarktungsstufe vorgenommen. Vielmehr sehe er auch denjenigen Gewerbetreibenden als Verbraucher an, der die Ware in veränderter Form oder Menge an seine Kunden weitergebe. Der Verordnungsgeber habe lediglich eine Ausnahme hinsichtlich der Handelsstufen bei Fertigpackungen von mehr als 10 kg vorgesehen. Nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 a i.V.m. Abs. 1 FPV dürfe bei Fertigpackungen mit Lebensmitteln von der Angabe der Füllmenge nur abgesehen werden, wenn die Füllmenge in den Begleitpapieren angegeben ist und die Fertigpackungen auf einer der Abgabe an den Letztverbraucher vorausgehenden Handelsstufe in den Verkehr gebracht werden. Im Umkehrschluss ergebe sich daher, dass bei Fertigpackungen mit einem Gewicht bis 10 kg, worunter sämtliche der von dem Beklagten beanstandeten Packungen fielen, diese Ausnahme nicht eingreife.

Auch eine von der Klägerin behauptete abweichende Vereinbarung mit ihrem Käufer führe zu keiner anderen Bewertung. Die Frage, welche Pflichten nach dem Eichgesetz einzuhalten seien, stehe nicht zur Disposition von Herstellern und Händlern. Ansonsten könnten die Vorschriften, die auch den gewerblichen Verbraucher beim Erwerb messbarer Güter schützen sollen, durch private Absprachen unterlaufen und der lautere Wettbewerb ausgehebelt werden. Dies gelte auch im Hinblick auf den von der Klägerin behaupteten entsprechenden Handelsbrauch, weil ein solcher sich gegen zwingendes Recht nicht bilden könne. Darin liege auch kein Widerspruch zu § 380 des Handelsgesetzbuchs - HGB -. Nach der dortigen Regelung sei es aufgrund Vertrages bzw. Handelsbrauchs möglich, von dem grundsätzlichen Abzug des Verpackungsgewichts (Tara) bei der Bemessung des Kaufpreises abzusehen. Die Angabe des Nettogewichts auf der Verpackung hindere die Klägerin bei entsprechender Vereinbarung oder einem entsprechenden Handelsbrauch nach § 380 HGB damit nicht, mit ihren Käufern nach dem Bruttogewicht abzurechnen. Dennoch bestehe nach § 25 FPV ein öffentlich-rechtliches Interesse daran, dass der Käufer das Nettogewicht durch den Aufdruck auf der Verpackung erkennen könne.

Entgegen der Auffassung der Klägerin lasse auch die Berufung auf Art. 2 Abs. (1) lit. m, n der Richtlinie 77/99/EWG des Rates vom 21. Dezember 1976 zur Regelung gesundheitlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit Fleischerzeugnissen (Amtsblatt L 026 vom 31.01.1977, S. 85), in der eine Unterscheidung zwischen "Umhüllung" und "Verpackung" vorgenommen werde, keine andere Beurteilung zu. Die Richtlinie 77/99/EWG diene der hygienischen und gesundheitlichen Herstellung und Inverkehrbringen von Fleischerzeugnissen. Diese Gesichtspunkte seien jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Deshalb komme auch den von der Klägerin angeführten Stellungnahmen des Bundesverbandes der Deutschen Fleischwarenindustrie e.V. vom 19. Dezember 2003 und des Gissel-Instituts für Bakteriologie und Hygiene vom 6. Januar 2004, die sich vorrangig mit hygienerechtlichen Fragen befassten, keine entscheidende Bedeutung zu.

Diese Auslegung des § 6 EichG sei auch mit der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür (Amtsblatt Nr. L 109 vom 6. Mai 2000, S. 29) vereinbar. In der Kennzeichnungspflicht nach § 25 FPV liege auch kein Verstoß gegen Art. 28 EGV, zumal Erfordernisse der Lauterkeit des Handelsverkehrs und des Verbraucherschutzes eine solche nationale Regelung rechtfertigten.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und bekräftigt insbesondere ihre Auffassung, bei der von ihr verwendeten Kunststoffumhüllung handele es sich um eine den Erfordernissen der Fleischhygiene sowie Transportzwecken dienende Umhüllung, nicht aber um eine Verpackung im Sinne der Richtlinie 77/99/EWG. Sie falle nicht in den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 EichG und des § 25 FPV. Insoweit müsse der Begriff der Fertigpackung im Sinne dieser Vorschriften einschränkend ausgelegt werden, weil er nach Sinn und Zweck der Regelungen auf reine Transport- und Hygieneschutzumhüllungen nicht anwendbar sei. Diese Bestimmungen dienten nämlich dem Schutz des Verbrauchers vor unrichtigen Mengenangaben auf verpackten Erzeugnissen und damit vor dessen Übervorteilung. Für gewerbliche Großabnehmer der Klägerin, die aufgrund ihrer Nachfragemacht eine starke Position bei Verhandlungen mit der Klägerin hätten, gelte dies jedoch nicht. Sie hätten kein Interesse an der genauen Angabe der Nettofüllmenge auf der Packung, da es in der Fleischwarenbranche allgemein üblich sei, bei dem Verkauf aus Hygieneschutzgründen umhüllter Fleischerzeugnisse das Bruttogewicht der Preisermittlung zugrunde zu legen. Auch aus der gemeinschaftsrechtlichen Etikettierungs-Richtlinie ergebe sich, dass die Nettofüllmenge bei solchen Transport- bzw. Hygieneschutzumhüllungen nicht angegeben werden müsse. Über die Regelungen dieser Richtlinie hinausgehende Anforderungen an die Etikettierung von Lebensmitteln dürften die Mitgliedstaaten nur unter hier nicht vorliegenden Voraussetzungen aufstellen. Da die Verpflichtung, das Nettogewicht anzugeben, jedenfalls nicht für Lebensmittel aus anderen EG-Staaten gelten könne, würden deutsche Erzeuger i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG diskriminiert, falls sie in Fällen wie hier das Nettofüllgewicht angeben müssten.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach ihrem erstinstanzlichen Klageantrag zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und bekräftigt sein bisheriges Vorbringen.

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus der Gerichtsakte und den von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg.

Der Senat ist mit dem Verwaltungsgericht der Auffassung, dass die Klägerin die von ihr begehrte Feststellung nicht beanspruchen kann, weil es sich bei den von der Eichverwaltung beanstandeten, in Kunststofffolie eingeschweißten Fleischerzeugnissen der Klägerin um Fertigpackungen i.S.d. § 6 Abs. 1 EichG handelt, die gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 FPV nur mit Angabe der Füllmenge und unter Einhaltung der in § 25 FPV zugelassenen Minusabweichungen gewerbsmäßig in den Verkehr gebracht werden dürfen. Dass die beanstandeten Fleischpackungen die Voraussetzungen erfüllen, die § 6 Abs. 1 EichG hinsichtlich des Begriffs der "Fertigpackung" aufstellt, hat das Verwaltungsgericht zutreffend und unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Vorschrift auch bezüglich der Handelsstufe begründet, die der Abgabe an den Letztverbraucher vorangeht. Die daraus folgende Verpflichtung, solche Packungen mit der Angabe des Nettogewichts zu versehen, wurde in dem angefochtenen Urteil zu Recht als gemeinschaftsrechtlich unbedenklich erachtet. Ebenso wenig kann beanstandet werden, dass das Verwaltungsgericht der von der Klägerin dargelegten, hiervon abweichenden Handhabung in der Fleischwarenbranche keine entscheidende Bedeutung für das Eich- bzw. Fertigpackungsrecht beigemessen hat. Daher kann gemäß § 130b Satz 2 VwGO auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden. Ergänzend hierzu und in Würdigung des Berufungsvorbringens ist auf folgende Gesichtspunkte noch einmal hinzuweisen:

1. Der in § 6 Abs. 1 EichG definierte Begriff der Fertigpackungen, dem die von der Klägerin vertriebenen und beanstandeten Fleischpackungen nach dem Wortlaut der Vorschrift ohne Weiteres unterfallen, ist im vorliegenden Zusammenhang nicht deshalb einschränkend auszulegen, weil es sich - wie die Klägerin meint - um Transportverpackungen (a) bzw. Hygieneschutzumhüllungen (b) handelt. Auch § 10a EichO berechtigt die Klägerin nicht, die in Rede stehenden Fleischpackungen ohne Angabe des Nettogewichts in den Verkehr zu bringen (c).

a) In der Amtlichen Begründung (abgedruckt in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Loseblatt-Kommentar, Stand 03/2002, C 115 § 6 Rz 2) zum ursprünglich in § 14 EichG normierten Begriff der "Fertigpackungen" heißt es, dieser werde auch durch die "konsumentengerechte Herrichtung der Packung" bestimmt, woraus folge, dass "Transportpackungen oder sonstige Umhüllungen, die ausschließlich anderen Zwecken als der unmittelbaren Abgabe der Packung an den Verbraucher" dienten, nicht unter den Begriff der "Fertigpackungen" fielen. Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 6 Abs. 1 EichG für "Transportumhüllungen" ist also nicht in erster Linie davon abhängig, in welchem Umfang diese aus Gründen des Transports verwendet werden. Vielmehr kommt eine einschränkende Auslegung des Begriffs "Fertigpackung" nur in Betracht, wenn die Umhüllung nicht (zumindest auch) der Abgabe der Packung an den Verbraucher, sondern ausschließlich anderen Zwecken dient. Wie die Vertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bekräftigten, wurden die Fleischpackungen, die Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreit sind, von der Klägerin in Kunststofffolie eingeschweißt vertrieben, um den Anforderungen des Fleischhygienerechts zu genügen, um den Transport zum Einzelhandelsbetrieb ohne Substanz- und Qualitätsverlust zu gewährleisten, aber auch um den gewerblichen Käufer hinsichtlich der Menge der einzelnen Erzeugnisse bedarfsgerecht zu beliefern. Da der letztgenannte Beweggrund "der unmittelbaren Abgabe der Packung an den Verbraucher" dient, besteht insoweit für eine einschränkende Auslegung des § 6 Abs. 1 EichG keine Veranlassung.

b) Gleiches gilt im Ergebnis für die Unterscheidung von "Umhüllung" und "Verpackung", die Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 77/99/EWG des Rates vom 21. Dezember 1976 zur Regelung gesundheitlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit Fleischerzeugnissen trifft. Diese Differenzierung ist nach den Eingangsworten des Art. 2 Abs. 1 nur für die Richtlinie 77/99/EWG von Bedeutung, so dass kein Raum für die Auffassung der Klägerin ist, nur eine "Verpackung" im Sinne der Richtlinie 77/99/EWG stelle eine Fertigpackung nach § 6 Abs. 1 EichG dar, nicht aber eine "Umhüllung".

c) Wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, kann sich die Klägerin für die von ihr vorgenommene Kennzeichnung ihrer Fleischerzeugnisse auch nicht auf § 10a EichO berufen. Der Verzicht auf die Angabe des Nettogewichts ist nach dieser Bestimmung nur im geschäftlichen Verkehr mit losen Erzeugnissen zulässig, die an Personen abgegeben werden, die das Erzeugnis in ihrer selbständigen beruflichen oder gewerblichen oder in ihrer behördlichen oder dienstlichen Tätigkeit verwenden. Anders als die Klägerin meint, handelt es sich bei den von ihr vertriebenen Fleischpackungen nicht schon deshalb um lose Erzeugnisse, weil sie im damit belieferten Lebensmitteleinzelhandelsbetrieb geöffnet, zerlegt, aufgeschnitten oder weiterverarbeitet werden, um sodann lose an Letztverbraucher abgegeben zu werden. Erst auf dieser (letzten) Handelsstufe liegt ein geschäftlicher Verkehr mit losen Erzeugnissen vor, während die Klägerin an den jeweiligen Lebensmitteleinzelhandelsbetrieb in Kunststofffolie eingeschweißte Erzeugnisse, also keine lose Ware, verkauft. Dass der Verordnungsgeber in dieser Weise für lose Erzeugnisse eine Ausnahme von der Verpflichtung, das Nettogewicht anzugeben, zugelassen hat, mag - wie die Klägerin vorträgt - damit zusammenhängen, dass Personen, die das Erzeugnis in ihrer selbständigen beruflichen oder gewerblichen oder in ihrer behördlichen oder dienstlichen Tätigkeit verwenden, weniger schutzbedürftig sind als ein Letztverbraucher. Der Regelung des § 10a EichO kann aber auch entnommen werden, dass das Schutzbedürfnis des gewerblichen Käufers von Fertigpackungen nach Einschätzung des Verordnungsgebers nicht in vergleichbarer Weise wie bei loser Ware vermindert ist. Angesichts dessen kommt es - wie in dem angefochtenen Urteil bereits ausführlich und zutreffend erläutert - auf den von der Klägerin behaupteten hiervon abweichenden Handelsbrauch in der Fleischwarenbranche nicht entscheidend an.

2. Die Verpflichtung der Klägerin, die von der Eichverwaltung beanstandeten Fleischpackungen auch auf einer der Abgabe an den Letztverbraucher vorausgehenden Handelsstufe nur unter Angabe des Nettogewichts in den Verkehr zu bringen, verstößt nicht gegen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts. Zwar regelt Art. 3 Abs. 1 Nr. 4 der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür (sog. Etikettierungs-Richtlinie) lediglich eine Pflicht zur Angabe der Nettofüllmenge für vorverpackte Lebensmittel, die an den Endverbraucher abgegeben werden sollen. Daraus kann allerdings nicht - wie die Klägerin meint - der Schluss gezogen werden, diese Bestimmung sei in dem Sinne abschließend, dass andere Lebensmittel ohne Nettogewichtsangabe in den Verkehr gebracht werden dürfen, und dass es den Mitgliedstaaten demgemäß nach Art. 18 der Richtlinie 2000/13/EG grundsätzlich untersagt sei, weitergehende Anforderungen an die Etikettierung und Aufmachung der Lebensmittel zu stellen. Denn die Richtlinie 2000/13/EG ist nicht abschließend und gilt nach ihrem Art. 1 Abs. 1 nur für die Etikettierung von Lebensmitteln, die ohne weitere Verarbeitung an den Endverbraucher abgegeben werden sollen. Dass sie nicht in jeder Hinsicht abschließende Regelungen trifft, ist dem Erwägungsgrund Nr. 10 zu entnehmen, wonach der horizontale Charakter der Richtlinie es in einem ersten Stadium nicht gestattet habe, unter die zwingend vorgeschriebenen Angaben all diejenigen aufzunehmen, die dem grundsätzlich für sämtliche Lebensmittel geltenden Verzeichnis hinzuzufügen sind; in einem weiteren Stadium müssten jedoch Gemeinschaftsvorschriften erlassen werden, die auf eine Ergänzung der derzeitigen Regeln abzielen. Auch die Erwägungsgründe der Vorgängernorm, der Richtlinie 79/112/EWG des Rates vom 18. Dezember 1978 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von für den Endverbraucher bestimmten Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür, lassen deutlich werden, dass der Anwendungsbereich der Richtlinie auf die für den Endverbraucher bestimmten Lebensmittel beschränkt ist, während "die Normen für die Etikettierung von Erzeugnissen, die noch weiterverarbeitet oder zubereitet werden sollen", "in einer zweiten Phase festgelegt" werden. Da die von der Klägerin vertriebenen, in Kunststofffolie eingeschweißten Fleischerzeugnisse in dem belieferten Lebensmitteleinzelhandelsbetrieb geöffnet, zerlegt, aufgeschnitten oder weiterverarbeitet werden, bevor sie an Letztverbraucher verkauft werden, handelt es sich nicht um Lebensmittel, die i.S.d. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2000/13/EG ohne weitere Verarbeitung an den Endverbraucher abgegeben werden sollen und deren Etikettierung und Aufmachung die Mitgliedstaaten nicht abweichend regeln dürfen.

3. Schließlich wird die Klägerin durch die Kennzeichnungsverpflichtung des § 6 Abs. 1 FPV nicht in einer den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzenden Weise schlechter als Wettbewerber aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft behandelt.

Da die Bestimmungen des § 6 Abs. 1 EichG und der §§ 6 Abs. 1, 25 FPV für sämtliche Fertigpackungen - unabhängig von dem Staat ihrer Herkunft - gelten, die in der Bundesrepublik in den Verkehr gebracht werden, könnte sich die von der Klägerin vorgetragene "Inländerdiskriminierung" allenfalls einstellen, wenn diese Vorschriften für Erzeuger bzw. Händler aus anderen Mitgliedstaaten aus Gründen des Gemeinschaftsrechts und wegen seines Vorrangs nicht anwendbar wären. Davon kann indessen nicht ausgegangen werden. Dass sich eine solche Rechtsfolge nicht aus der sog. Etikettierungs-Richtlinie (Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür) ergibt, ist bereits ausgeführt worden. Die Verpflichtung, das Nettogewicht einer Fertigpackung auch auf einer der Abgabe an den Letztverbraucher vorausgehenden Handelsstufe anzugeben, verstößt auch nicht gegen das in Art. 28 EG-Vertrag normierte Verbot aller Maßnahmen gleicher Wirkung wie mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen, und zwar auch dann nicht, wenn es eine solche Kennzeichnungspflicht in anderen Mitgliedstaten nicht geben sollte. Zwar sind unter Maßnahmen gleicher Wirkung alle diejenigen zu verstehen, die geeignet sind, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern (vgl. EuGH, Urteil vom 24. November 1993, EuGHE I 1993, 6097 = NJW 1994, 121 "Keck"). Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 20. Februar 1979 (EuGHE 1979, 649 = NJW 1979, 1766 "Cassis de Dijon") stellen Hemmnisse für den freien Warenverkehr, die sich in Ermangelung einer Harmonisierung der Rechtsvorschriften daraus ergeben, dass Waren aus anderen Mitgliedstaaten, die dort rechtmäßig hergestellt und in den Verkehr gebracht worden sind, bestimmten Vorschriften entsprechen müssen (wie etwa hinsichtlich ihrer Bezeichnung, ihrer Form, ihrer Abmessungen, ihres Gewichts, ihrer Zusammensetzung, ihrer Aufmachung, ihrer Etikettierung und ihrer Verpackung) selbst dann, wenn diese Vorschriften unterschiedslos für alle Erzeugnisse gelten, verbotene Maßnahmen gleicher Wirkung dar, sofern sich die Anwendung dieser Vorschriften nicht durch einen Zweck rechtfertigen lässt, der im Allgemeininteresse liegt und den Erfordernissen des freien Warenverkehrs vorgeht. Solche Bestimmungen müssen - so heißt es im Urteil des EuGH vom 20. Februar 1979 (a.a.O.) weiter - notwendig sein, um zwingenden Erfordernissen gerecht zu werden, insbesondere den Erfordernissen einer wirksamen steuerlichen Kontrolle, des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, der Lauterkeit des Handelsverkehrs oder des Verbraucherschutzes. Bei dieser Rechtfertigungsmöglichkeit für Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit bleibt es auch nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 11. Dezember 2003 (EuGHE I 2003, 14887 = NJW 2004, 131 = GewArch 2004, 118 "DocMorris", dort Rz 67). Sie greift hier ein. In dem angefochtenen Urteil ist überzeugend begründet worden, dass eine - unterstellte - Beeinträchtigung des freien Warenverkehrs durch die Kennzeichnungspflicht des §§ 6 Abs. 1 FPV im Interesse der Lauterkeit des Handelsverkehrs und des Verbraucherschutzes gerechtfertigt ist und auch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Einklang steht.

Angesichts dessen muss nicht erörtert werden, ob eine Inländerbenachteiligung bereits dann mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, wenn der betroffene Inländer keinen grenzüberschreitenden Tatbestand erfüllt und sich somit nicht dem Schutz des Gemeinschaftsrechts unterstellt. Der Gesetzgeber genügt unter solchen Umständen dem Gleichheitsgebot möglicherweise bereits dadurch, dass er für Angehörige der anderen Mitgliedstaaten das nationale Recht im erforderlichen Umfang öffnet, ohne jedoch grundsätzlich gehalten zu sein, die reflexartig entstehende Ungleichheit für Inländer durch weitere Modifikationen des nationalen Rechts zu beseitigen. Das könnte nämlich sonst einer Verpflichtung zur Anpassung der nationalen Vorschriften an den niedrigsten Standard gleichkommen, der in einem Mitgliedstaat der Gemeinschaft anzutreffen ist, aber noch im Rahmen dessen liegt, was im Interesse der Allgemeinheit als zwingend erforderliche Beschränkung der Freiheit des Warenverkehrs anzusehen ist (vgl. hierzu Gerhardt, GewArch 2000, 372 [376]).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 ZPO.

Da die Rechtssache im Interesse der einheitlichen Auslegung und Anwendung der Bestimmungen der §§ 6 Abs. 1 EichG, 6 und 25 FPV auf der dem Letztverbraucher vorgelagerten Handelsstufe grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat, war die Revision zuzulassen.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Verfahren im zweiten Rechtszug auf 20.000,- € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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