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Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 14.06.2005
Aktenzeichen: 6 C 10308/05.OVG
Rechtsgebiete: GG, AO, KAG, HundVStVO, POG


Vorschriften:

GG Art. 105 Abs. 2
AO § 3 Abs. 1
KAG § 5 Abs. 2
HundVStVO § 1
POG § 43
1. Ein Steuersatz für gefährliche Hunde, der sowohl seiner Höhe wegen als auch wegen des Belastungsunterschiedes zum Steuersatz für "normale" Hunde die Aufwandsbereitschaft der örtlichen Gemeinschaft signifikant verfehlt und damit die Erzielung von Einnahmen praktisch verhindert, ist als formenmissbräuchliche Abgabenregelung von der Besteuerungskompetenz des Art. 105 Abs. 2 a) GG nicht gedeckt.

2. Ein Steuersatz für gefährliche Hunde, dessen erkennbarer außerfiskalischer Lenkungszweck in der Verhinderung einer solchen Tierhaltung besteht oder der in seinen Auswirkungen einem ordnungsbehördlichen Verbot dieses Inhalts nahe kommt, bedarf neben der kompetenzrechtlichen Absicherung im Steuerrecht zusätzlich einer solchen in den Materien des sachlichen Rechts.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 C 10308/05.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Hundesteuer

hier: Normenkontrollverfahren

hat der 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Juni 2005, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Hehner Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Frey Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Beuscher

für Recht erkannt: Tenor:

§ 3 Nr. 3 der Haushaltssatzung der Antragsgegnerin für das Haushaltsjahr 2005 vom 22. März 2005 wird insoweit für nichtig erklärt, als darin für dieses Haushaltsjahr in Bezug auf den ersten so genannten gefährlichen Hund ein Steuerhebesatz von 1.000,-- € festgesetzt wird.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Antragsteller seinerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des im Ortsrecht der Antragsgegnerin geregelten Steuersatzes für das Halten eines gefährlichen Hundes.

Der im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin wohnhafte Antragsteller hat seit 1. März 2005 einen Staffordshire Bullterrier aus dem Besitz des Tierschutzvereins K. probeweise bei sich aufgenommen, da er sich mit Rücksicht auf die damit verbundene steuerliche Belastung außerstande sieht, das Tier auf Dauer zu halten. Zu dieser Thematik weist das Satzungsrecht der Antragsgegnerin mehrere einschlägige Regelungen auf. Die Satzung über die Erhebung von Hundesteuer vom 17. Mai 2002 enthält dazu unter anderem folgende Bestimmungen:

§ 5 Abs. 2: "Das Halten von gefährlichen Hunden wird gesondert besteuert."

§ 5 Abs. 4 c): "Bei Hunden der Rasse Staffordshire Bullterrier sowie Hunden, die von dieser Rasse abstammen, wird die Eigenschaft als gefährlicher Hund unwiderlegbar vermutet."

§ 5 Abs. 6: "Ab dem Kalenderjahr 2004 werden die Steuersätze im Rahmen der jährlichen Haushaltssatzung festgesetzt."

Dementsprechend trifft die Haushaltssatzung der Antragsgegnerin für das Haushaltsjahr 2005 vom 22. März 2005 in ihrem § 3 Nr. 3 folgende Regelung:

"Die Hundesteuer beträgt für Hunde, die innerhalb des Gemeindegebietes gehalten werden:

für den ersten so genannten gefährlichen Hund 1.000,-- €"

für den zweiten so genannten gefährlichen Hund 1.000,-- €"

für jeden weiteren so genannten gefährlichen Hund 1.000,-- €."

Diesen Steuersatz, der mit dem der zurückliegenden Jahre identisch ist, hält der Antragsteller für bundesweit einmalig. Die davon ausgehende finanzielle Belastung entfalte eine erdrosselnde Wirkung, denn sie sei darauf angelegt, die Erfüllung des Steuertatbestandes, d.h. die Erzielung öffentlicher Einnahmen, praktisch unmöglich zu machen. Bisher habe die Antragsgegnerin aus der Haltung gefährlicher Hunde noch kein Steueraufkommen erzielen können und daran werde sich nach der eigenen Steuerprognose auch in Zukunft nichts ändern. Das verdeutliche, dass die Steigerungsquote des Steuersatzes für gefährliche Hunde um das 33fache im Vergleich zu dem auf 30,-- € im Jahr zu veranschlagenden Steuersatz für normale Hunde jede aufwandsbezogene Orientierung vermissen lasse. Sie überschreite vielmehr die Grenze der Leistungsfähigkeit der Aufwandtreibenden auf örtlicher Ebene und sei damit unverhältnismäßig. Im Zentrum der Regelungsintention des Satzungsgebers stehe der Zweck, das Halten gefährlicher Hunde mit den Mitteln des Steuerrechts zu unterbinden. Für eine solche dysfunktionale Betätigung der Satzungsautonomie fehle der Antragsgegnerin die Regelungskompetenz. Letztere biete nämlich keine ausreichende Grundlage mehr, wenn die steuerliche Lenkung nach Gewicht und Auswirkung einer verbindlichen Verhaltensregel nahe komme, die Finanzfunktion der Steuer mithin durch eine Verwaltungsfunktion mit Verbotscharakter verdrängt werde. Ein derart verdeckter Verbotstatbestand gerate hier zudem in einen sachlichen Widerspruch zu den Vorgaben des staatlichen Ordnungsrechts, soweit sich dies auf die Haltung gefährlicher Hunde beziehe.

Der Antragsteller beantragt,

§ 3 Nr. 3 der Haushaltssatzung der Antragsgegnerin für das Haushaltsjahr 2005 vom 22. März 2005 insoweit für nichtig zu erklären, als darin für dieses Haushaltsjahr ein Steuerhebesatz von 1.000,-- € für den ersten so genannten gefährlichen Hund festgesetzt wird.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie bestreitet die Verfolgung steuerrechtswidriger Lenkungszwecke. Der angegriffene Steuersatz ziele nicht auf die Verhinderung, sondern lediglich auf die Eindämmung der entsprechenden Hundehaltung im Interesse des Gemeinwohls. Dies sei steuerrechtlich nicht zu beanstanden, wenn nur eine Einnahmeerzielungsabsicht vom Satzungsgeber mitverfolgt werde. Letzteres lasse sich hier nicht ernstlich bestreiten, da bei einer monatlichen Steuerbelastung in Höhe von 83,33 € nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden könne, dass interessierte Hundehalter sich davon abhalten lassen werden, ein solches Tier bei sich aufzunehmen. Bei Steuersätzen in Höhe von 1.000,-- bis 1.656,-- DM habe die Rechtsprechung jedenfalls noch keine Veranlassung gesehen, die Satzungsbestimmungen wegen erdrosselnder Wirkung zu beanstanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze in der Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Satzungsbestimmungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

Seiner Zulässigkeit steht insbesondere nicht entgegen, dass der Antragsteller den ursprünglichen Antragsgegenstand, die Gültigkeitsprüfung des § 5 Abs. 2 a) Abs. 4 und 6 der Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung von Hundesteuer vom 17. Mai 2002 - HStS - i.V.m. § 3 Nr. 3 der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2004, in entsprechender Anwendung von § 91 Abs. 1 VwGO geändert und sein Rechtsschutzbegehren auf die Kontrolle des § 3 Nr. 3 der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2005 vom 22. März 2005 - HHS 2005 - umgestellt hat. Die Antragsgegnerin hat nämlich in die geänderte Zielsetzung des Verfahrens eingewilligt.

Der geänderte Normenkontrollantrag ist auch im Übrigen zulässig. Er richtet sich nach Maßgabe von § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO gegen eine Rechtsvorschrift, die im Range unter dem Landesgesetz steht (autonomes Satzungsrecht) und deren abstrakte Gültigkeitskontrolle durch § 4 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO dem Oberverwaltungsgericht zugewiesen worden ist. Nach der Antragsänderung fehlt dem Antragsteller auch nicht mehr die Antragsbefugnis, denn nunmehr kann er im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO plausibel geltend machen, durch die angegriffene Rechtsnorm in seinen Rechten verletzt zu sein.

Freilich eröffnete sich ihm diese rechtliche Möglichkeit erst unter der Geltung der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2005, weil die Hundesteuer nach § 6 Abs. 1 HStS als Jahressteuer festzusetzen ist und der Antragsteller den Steuertatbestand erst im Verlauf des Jahres 2005 verwirklicht hat. Er hat nämlich den Staffordshire Bullterrier, der Anknüpfungspunkt der Steuerpflicht ist, nach den bei den Akten befindlichen Bescheinigungen nicht vor dem 1. März 2005 bei sich aufgenommen. Dass der Erwerb des Tieres unter einer auflösenden Bedingung erfolgt ist, indem der Antragsteller mit Zustimmung des Veräußerers des Hundes sich das Recht vorbehalten hat, das Tier für den Fall zurückzugeben, dass der umstrittene Steuersatz gerichtlich gebilligt werden sollte, lässt die Antragsbefugnis unberührt. Die Möglichkeit, in eigenen Rechten verletzt zu sein, besteht nämlich selbst bei einer probeweisen Tierhaltung, weil auch dadurch jedenfalls nach einem Zeitraum von mehr als 2 Monaten ab Aufnahme des Hundes die Steuerpflicht ausgelöst wird (vgl. § 2 Abs. 2 HStS).

Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.

§ 3 Nr. 3 HHS 2005, der seinem Regelungsgegenstand nach einen Steuersatz in Höhe von 1.000,-- € für den ersten so genannten gefährlichen Hund festlegt, ist sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht mit höherrangigem Recht unvereinbar. Auf die Überprüfung dieser Satzungsbestimmung hat sich das Rechtsschutzbegehren bei seiner zweckentsprechenden Auslegung zu konzentrieren, da die Berechtigung zur steuerrechtlichen Sonderbehandlung der gefährlichen Hunde - namentlich der sog. Listenhunde im Sinne des § 5 Abs. 4 HStS - dem Grunde nach im Vorbringen des Antragstellers ersichtlich nicht in Frage gestellt wird. Eine solche Regelungsbefugnis ist überdies weder in der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 19. September 2000 - 6 A 10789/00.OVG - AS 28, 373 ff.; Urteil vom 26. November 2002 - 6 C 10609/02.OVG - AS 30, 190 ff.) noch in der des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 19. Januar 2000 - 11 C 8.99 - BVerwGE 110, 265 ff.; Beschluss vom 22. Dezember 2004 - 10 B 21.04 - KStZ 2005, 113 ff.) auf rechtliche Vorbehalte gestoßen, so dass die Einbeziehung der die Hundesteuerpflicht dem Grunde nach regelnden Bestimmungen (§§ 5 Abs. 2, 5 Abs. 4 c, 5 Abs. 6 HStS) in den Anwendungsbereich der Normenkontrolle nicht sachdienlich ist. Etwas anderes gilt hingegen für die Kontrolle des hier außerhalb der Hundesteuersatzung geregelten Steuersatzes, insbesondere wenn er in seiner Höhe so deutlich aus dem Rahmen fällt, wie dies bei § 3 Nr. 3 HHS 2005 der Antragsgegnerin der Fall ist.

1. Diese Bestimmung, die für den ersten so genannten gefährlichen Hund im Sinne des § 5 Abs. 4 Buchstabe c) HStS einen Steuersatz in Höhe von 1.000,-- € festlegt, ist schon in formeller Hinsicht mit höherrangigem Recht unvereinbar. Für eine solche Ausgestaltung des Hundesteuersatzes mangelt es der Antragsgegnerin an der Regelungskompetenz. Dabei ist bereits überaus fraglich, ob die Antragsgegnerin für eine steuerrechtliche Normierung dieses Inhaltes in der hier in Rede stehenden Höhe überhaupt über die erforderliche Besteuerungskompetenz verfügt (a). Aber selbst wenn dies der Fall sein sollte, ändert sich nichts an der Kompetenzwidrigkeit des § 3 Nr. 3 HHS 2005, weil die Antragsgegnerin für die mit dieser Bestimmung zugleich verfolgte außerfiskalische Sachregelung eine weitere Normsetzungskompetenz in der Sache benötigt, die sie nicht besitzt (b). a) Die Materie des Hundesteuerrechtes ist zwar durch Artikel 105 Abs. 2 a) GG i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 1 KAG, § 1 des Landesgesetzes über die Ermächtigung der Gemeinden zur Erhebung von Hundesteuer vom 2. März 1993 (GVBl S. 139) der autonomen Rechtssetzungsbefugnis der Gemeinden zugewiesen worden. Doch greift diese Ermächtigung nur ein, wenn und soweit damit die Erhebung einer Steuer im Sinne der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 AO geregelt wird. Fehlt bei der Normierung einer Steuer die begrifflich vorausgesetzte ernste Absicht der Einnahmeerzielung, handelt es sich um ein formenmissbräuchliches Regelungsunterfangen (vgl. BVerfGE 16, 147 [161]; 38, 61 [80 f.]), das gesetzlich und verfassungsrechtlich nicht legitimiert ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. August 1994 - 8 N 1.93 - BVerwGE 96, 272 [278]). Ihm kommt vielmehr eine "erdrosselnde Wirkung" im Sinne des Kompetenzrechtes zu, wenn es seiner Zwecksetzung nach ersichtlich darauf ausgerichtet ist, die Erfüllung des Steuertatbestandes praktisch unmöglich zu machen.

Eine Erdrosselungswirkung in diesem Sinne misst der Antragsteller dem Tatbestand des § 3 Nr. 3 HHS 2005 bei. Diese Vorschrift sei ebenso wie die inhaltsgleichen Vorgängerregelungen bislang ohne jede Ertragsrelevanz geblieben. An dieser Gegebenheit werde sich nach den Ertragsschätzungen der Antragsgegnerin in absehbarer Zukunft nichts ändern. Damit liege auf der Hand, dass der Steuersatz für gefährliche Hunde von seiner objektiven Wirkung sich absolut dysfunktional zur Einnahmeerzielungsabsicht des § 3 Abs. 1 AO verhalte. Der finanzielle Aufwand, der mit der Haltung eines gefährlichen Hundes verbunden sei, übersteige bei typisierender Betrachtungsweise und einer Orientierung an der durchschnittlichen Leistungsfähigkeit bei weitem die Möglichkeiten der Aufwandtreibenden im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin, zumal Steuerbefreiungs- oder Ermäßigungstatbestände für Kampfhunde satzungsrechtlich nicht vorgesehen seien. Der behaupteten Erdrosselungswirkung ist die Antragsgegnerin mit dem Einwand entgegengetreten, dass dem Satzungsgeber ein solches Regelungsmotiv nicht einfach aufgrund der Höhe des Steuersatzes unterstellt werden dürfe. Für das Bestehen einer Einnahmeverhinderungsabsicht fehle in Anbetracht der Höhe der anderenorts für Kampfhunde festgesetzten, durchaus noch vergleichbaren Steuersätze jeder Anhaltspunkt. Sinn und Zweck des erhöhten Steuersatzes sei die Eindämmung der Kampfhundehaltung, eine Zielsetzung, hinter die der Fiskalzweck durchaus in Einklang mit § 3 Abs. 1 2. Halbsatz AO zurücktreten könne.

Die Frage, ob in Anbetracht der kontroversen Ausdeutbarkeit der Regelung des § 3 Nr. 3 HHS 2005 die Einnahmeerzielungsabsicht allein mit Blick auf die Höhe des Steuersatzes abgesprochen und eine Erdrosselungswirkung angenommen werden kann, unterliegt mithin einer unterschiedlichen Bewertung je nachdem, ob sie nach der erkennbaren Regelungsabsicht des Satzungsgebers oder nach der objektiven Wirkung der Normierung beantwortet wird. Welcher Maßstab insoweit der zutreffende ist, bedarf indessen im vorliegenden Fall keiner abschließenden Beantwortung, weil § 3 Nr. 3 HHS 2005 selbst dann kompetenzwidrig ist, wenn die Antragsgegnerin über die erforderliche Besteuerungskompetenz verfügt haben sollte.

b) Bei der Normierung einer lenkenden Steuer (vgl. dazu F. Kirchhof, Die Tauglichkeit von Abgaben zur Lenkung des Verhaltens, DVBl 2000, 1166 ff.; Hendler/Heimlich, Lenkung durch Abgaben, ZRP 2000, 325 ff.), bei der der Fiskalzweck völlig hinter den Lenkungszweck zurücktritt, gilt nämlich eine Ausnahme von dem Grundsatz (vgl. BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1989 - 2 BvR 1991/95 - BVerwGE 98, 106 ff.), dass eine zu der Steuergesetzgebungskompetenz hinzutretende Sachkompetenz nicht erforderlich ist. Freilich wird die Sachkompetenz nach dem Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BVerfGE 98, 106 [118]; BVerwGE 96, 272 ff.; BVerwG, Beschluss vom 14. Juni 1996 - 8 NB 6.95 - NVwZ-RR 1997, 111 ff.; kritisch dazu Trzaskalik, Inwieweit ist die Verfolgung ökonomischer, ökologischer und anderer öffentlicher Zwecke durch Instrumente des Abgabenrechts zu empfehlen? Gutachten E zum 63. DJT, 2000, E 35 f.), welcher der Senat folgt, nur dann benötigt, wenn das Steuergesetz in seiner konkreten Ausgestaltung - auch unterhalb des Umschlages "in eine reine Verwaltungsfunktion mit Verbotscharakter" (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 1974 - 1 BvR 51/69 u.a. - BVerfGE 38, 61 [81]) - einem unmittelbaren, gezielten sachlichen Gebot oder Verbot nach Gewicht und Auswirkung gleich kommt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, denn der mit dem Steuersatz für gefährliche Hunde in der HHS 2005 der Antragsgegnerin verfolgte Lenkungszweck kommt in seiner Wirkung einem unmittelbaren und gezielten Verbot gleich, solche Hunde zu halten.

Dieser rechtlichen Bewertung steht nicht entgegen, dass die im Gewand der Abgabe überbrachte "Verhaltensanweisung" als solche in der steuerrechtlichen Normierung, in der nur eine Zahlungsverpflichtung zum Ausdruck kommt, nicht aufscheint. Aus der Art und dem Umfang der normierten Sonderbelastung lassen sich nämlich durchaus Rückschlüsse auf die Unerwünschtheit des im Tatbestand umschriebenen Verhaltens ziehen. Das kennzeichnende Merkmal der lenkenden Steuer besteht gerade darin, dass das nicht Geregelte den Sinn der Regelung ausmacht und das Lenkungsziel in der Tatbestandsvermeidung liegt. Bezogen auf die Hundesteuer im Allgemeinen und den erhöhten Steuersatz für so genannte Kampfhunde im Besonderen bedeutet dies, dass es nach der satzungsrechtlichen Wertung nicht gleichgültig ist, ob der Bürger ein solches Tier hält oder Steuern bezahlt (vgl. Trzaskalik, a.a.O., Gutachten E zum 63. DJT, E 29 m.w.N.). Vielmehr gibt es eine rechtliche Präferenz dafür, die Tierhaltung zu vermeiden.

Sie ist im Falle der gefährlichen Hunde sogar zu einer eindeutigen Dominanz des außerfiskalischen Lenkungszweckes gesteigert. Der Steuersatz für gefährliche Hunde in Höhe von 1.000,-- €, dessen normatives Gewicht nach der generell-abstrakten Wertung des Satzungsgebers durch Steuerbefreiungs- oder -ermäßigungstatbestände nicht vermindert werden soll, kommt nämlich einem administrativen Hundehaltungsverbot gleich. Denn für den Rechtsunterworfenen gibt es in Anbetracht der Belastungsintensität des in Rede stehenden Steuersatzes offensichtlich keine realistische Alternative, dem Verbot auszuweichen. Dies lassen die wirtschaftlichen Spielräume im Anwendungsbereich des Ortsrechtes der Antragsgegnerin ersichtlich nicht zu, denn dort ist seit der Einführung des erhöhten Steuersatzes, der in seiner absoluten Höhe die in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bisher gebilligten Steuersätze bei weitem übertrifft (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000 - 11 C 8.99 - BVerwGE 110, 265 ff. - Steuersatz: 720,-- DM; BayVGH, Urteil vom 29. Juli 1997 - 4 B 95.1675 - NVwZ 1997, 819 f. - Steuersatz: 1.200,-- DM; OVG Lüneburg, Urteil vom 19. Februar 1997 - 13 L 521/95 - NVwZ 1997, 816 ff. - Steuersatz: 1.200,-- DM; OVG NRW, Beschluss vom 15. Mai 2001 - 14 B 472/01 - NVwZ-RR 2001, 602 f. - Steuersatz: 1.656,-- DM; VG Schwerin, Urteil vom 30. November 1999 - 4 A 1426/99 - Steuersatz: 800,-- DM), noch kein gefährlicher Hund registriert worden.

Ein weiteres Indiz für die Verbotsgleichheit des § 3 Nr. 3 HHS 2005 ergibt sich aus dem Belastungsunterschied zwischen den Steuersätzen für den "normalen" Hund und dem gefährlichen Hund. Er beläuft sich hier auf das 33fache und erreicht damit eine singuläre Dimension, denn soweit ersichtlich sind im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle bisher nur Steigerungssätze im Bereich des 15fachen als hinnehmbar erachtet worden (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 19. Februar 1997, a.a.O. S. 816). Stellt man dabei in Rechnung, dass der Steuersatz für den normalen Hund nicht nur die angenommene Aufwandsbereitschaft der örtlichen Gemeinschaft für Zwecke der Hundehaltung zum Ausdruck bringen, sondern auch ein Zeichen dafür setzen soll, welche abgabenrechtliche Belastung zur Eindämmung der Hundehaltung allgemein für notwendig und ausreichend erachtet wird (so schon BVerwG, Urteil vom 7. März 1958, BVerwGE 6, 247 ff.), gewinnt man von daher einen Orientierungsmaßstab, der selbst unter Berücksichtigung eines weiten Rechtsetzungsermessens des Satzungsgebers Anhaltspunkte über den Verlauf der rechtlichen Grenzen des erhöhten Steuersatzes für gefährliche Hunde abgeben kann. So gesehen ist es zunächst rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Steuersatz für gefährliche Hunde in dem Maße angehoben wird, in dem der vermutete objektive Aufwand für das Halten solcher besonderen Hunde den Aufwand für die Hundehaltung allgemein übersteigt. Zu dieser objektivierbaren aufwandsbezogenen Komponente bei der rechtlichen Ausgestaltung des Steuersatzes tritt die stärker wertungsabhängige "Eindämmungskomponente" hinzu, die die Rechtsnatur der Hundesteuer mitbestimmt (vgl. dazu Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Bd. 3, 1969, S. 339). Bei ihr hat der Satzungsgeber die vermutete Leistungsfähigkeit der örtlichen Gemeinschaft wertend in den Blick zu nehmen und sich die Frage vorzulegen, in welchem Umfang die in der Haltung eines Kampfhundes zum Ausdruck kommende gesteigerte Leistungsfähigkeit steuerlich abgeschöpft werden soll, damit das rechtspolitische Ziel der verstärkten Eindämmung von gefährlichen Hunden auch mit den Mitteln des Steuerrechts erreicht werden kann. Bei diesem letzten Schritt innerhalb der wertenden Betrachtung hat der Satzungsgeber allerdings darauf zu achten, dass bei der Steigerung des Steuersatzes die Verhältnismäßigkeit gewahrt wird und der steuerrechtlich legitime Lenkungszweck, nämlich die "Eindämmungsfunktion" der Hundesteuer, nicht in eine steuerrechtlich missbilligte "Verhinderungsfunktion" umschlägt bzw. diesem Effekt zumindest nahe kommt.

Jedenfalls dem zuletzt genannten rechtlichen Erfordernis trägt die Regelung des § 3 Nr. 3 HHS 2005 nicht hinreichend Rechnung, ohne dass allgemeingültig festgelegt werden kann, wo die Obergrenze für die Steigerung des Steuersatzes verläuft. Als die Antragsgegnerin mit dieser Bestimmung den Steuersatz für gefährliche Hunde für das Jahr 2005 bestätigte, konnte sie aufgrund der gleich lautenden Regelungen in den zurückliegenden Jahren sowie den damit gesammelten Erfahrungen die prohibitive, dem administrativen Verbot wirkungsspezifisch gleich kommende Funktion der steuerrechtlichen Regelung unschwer erkennen und dies in ihre steuerpolitischen Überlegungen für das Haushaltsjahr 2005 einbeziehen. Wie sich aus der bei den Gerichtsakten befindlichen Niederschrift über die Sitzung des Ortsgemeinderates der Antragsgegnerin vom 17. November 2004 ergibt, waren dem Gremium aufgrund einer entsprechenden Information des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz zudem die rechtlichen Vorbehalte dieses Spitzenverbandes gegenüber dem zur Prüfung gestellten Steuerhebesatz bekannt. Wenn die Antragsgegnerin auch unter diesen Umständen mit einstimmig gefasstem Ratsbeschluss an ihrem Steuersatz für Kampfhunde unbeirrt festhielt, ohne sich zur Angemessenheit ihres abweichenden Rechtsstandpunktes auch nur zu äußern, dann stellt dies einen ausreichenden Beleg dafür dar, dass nach der Vorstellung des Satzungsgebers der steuerrechtliche Lenkungszweck in seiner Wirkungsweise einem ordnungsrechtlichen Hundehaltungsverbot sehr nahe kommen sollte.

Zur Verfolgung dieser Zielsetzung bedurfte die Antragsgegnerin einer Normsetzungskompetenz auf dem Gebiet des Ordnungsrechtes. Eine solche steht ihr indessen nicht zu, weil die Rechtsetzungsmaterie der Gefahrenabwehr nicht in den gegenständlichen Anwendungsbereich der kommunalen Satzungsautonomie einbezogen, sondern im Verordnungswege nach Maßgabe der §§ 43 ff. POG zu verfolgen ist.

2. Der mithin kompetenzwidrig erlassene Steuerhebesatz für gefährliche Hunde steht freilich auch in materieller Hinsicht mit höherrangigem Recht nicht in Einklang.

a) Eine Vorschrift wie § 3 Nr. 3 HHS 2005 verletzt nämlich allein wegen ihrer fehlenden kompetenzrechtlichen Deckung den Schutzbereich des Artikels 2 Abs. 1 GG. Denn Eingriffe in seine allgemeine Handlungsfreiheit muss der Bürger unter anderem lediglich dann hinnehmen, wenn sie Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung sind, d.h. zu der Kategorie von Rechtsakten gehören, die ihrerseits in formeller und materieller Hinsicht mit der Rechtsordnung übereinstimmen (vgl. BVerfGE 6, 32 ff.). Dass es daran fehlt, ist oben bereits dargelegt worden.

b) Abgesehen von dem unter 2. a) festgestellten Widerspruch gibt es noch einen weiteren Kollisionstatbestand zwischen § 3 Nr. 3 HHS 2005 und dem einfachen Landesrecht. Denn der auf der Ebene des Ortsrechts verkörperte steuerrechtliche Lenkungszweck tritt in einen deutlichen Wertungswiderspruch (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1991/95 - BVerfGE 98, 106 ff. [119 ff.]) zu den vorrangigen ordnungsrechtlichen Bestimmungen des Landesrechtes. Durch deren Verbote werden jeweils die unteren Grenzen des rechtlich Erlaubten fixiert (vgl. dazu Trzaskalik, Gutachten E zum 63. DJT, 2000, E 16 m.w.N.), so dass abgabenrechtliche Lenkungen unterhalb dieser Schwelle mithin nicht mehr legitimiert sind.

Dies verkennt die Antragsgegnerin, denn § 3 Nr. 3 HHS 2005 läuft in seiner Ausgestaltung als Lenkungssteuer den im Landesgesetz über gefährliche Hunde (LHundG) vom 22. Dezember 2004 (GVBl S. 576) enthaltenen ordnungsrechtlichen Direktiven zuwider. Nach den insoweit einschlägigen §§ 3, 4 und 5 LHundG unterliegt die Haltung und das Führen gefährlicher Hunde zwar erheblichen rechtlichen Einschränkungen, doch bleiben diese Verhaltensweisen im Grundsatz erlaubt. Im Gegensatz dazu ist die Haltung gefährlicher Hunde nach der oben herausgearbeiteten, einem ordnungsbehördlichen Verbot gleich kommenden steuerrechtlichen Lenkungsintention der Antragsgegnerin grundsätzlich unerwünscht, ohne dass dabei die ordnungsrechtliche Sperrwirkung des Steuergesetzes beachtet worden ist. In Anbetracht dieses durch Auslegung nicht ausräumbaren Wertungswiderspruchs hat die ortsrechtliche Regelung ohne weiteres hinter die landesrechtliche Normierung zurückzutreten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils stützt sich auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.

Revisionsgründe im Sinne von § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,-- € festgesetzt (§§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 1 GKG.)

Ende der Entscheidung

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