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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 16.10.2002
Aktenzeichen: 8 A 10288/02.OVG
Rechtsgebiete: MGVO


Vorschriften:

MGVO § 9 Abs. 1 Nr. 1
MGVO § 7
MGVO § 7 Abs. 2 a Nr. 3
MGVO § 7 Abs. 4
1. Die vollständige Einstellung der Milcherzeugung durch den Pächter geraume Zeit vor der Rückgabe der Pachtflächen an den Verpächter führt nicht dazu, dass der Pächter im Genuss der den zurückzugebenden Flächen entsprechenden Referenzmengen verbleibt. Vielmehr muss entsprechend Art. 7 Abs. 1 Nr. 2 Verordnung (EWG) Nr. 1546/88 die Aufteilung der Referenzmenge zwischen Pächter und Verpächter "nach den für die Milcherzeugung verwendeten Flächen" entsprechend den Größen- und Nutzungsverhältnissen, die unmittelbar vor der vollständigen Aufgabe der Milcherzeugung bestanden haben, erfolgen.

2. Behauptet der Pächter, im Jahr vor der Aufgabe der Milcherzeugung die Pachtflächen nicht mehr für die Milcherzeugung genutzt zu haben, muss er deutlich machen, dass die Aufgabe der Nutzung zur Milcheerzeugung nicht im Hinblick auf die beabsichtigte vollständige Aufgabe der Milcherzeugung erfolgt ist, sondern als davon unabhängige Änderung der Betriebsverhältnisse, die gegenüber den Verpächtern nicht gegen Treu und Glauben verstößt.

3. Entsprechend der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs im Urteil vom 20. Juni 2002 - C 401/99 - ist es für den Übergang einer Referenzmenge auf einen Verpächter bei Rückgabe der Pachtfläche ausreichend, dass dieser im Zeitpunkt der Beendigung des Pachtvertrages die verfügbare Referenzmenge auf einen Dritten überträgt, der die Eigenschaft eines Milcherzeugers besitzt.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ URTEIL IM NAMEN DES VOLKES

8 A 10288/02.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Vollzugs der Milchgarantiemengenverordnung

hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2002, an der teilgenommen haben Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Bier Richter am Oberverwaltungsgericht Schauß Richter am Oberverwaltungsgericht Utsch ehrenamtlicher Richter Architekt Jahner ehrenamtlicher Richter Dipl.-Bauingenieur Kindling

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. September 2001 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Bescheinigung über den Übergang einer Milchreferenzmenge von ihm auf den Beigeladenen zu 1).

Er ist Landwirt. Am 4. April 1984 stand ihm eine Anlieferungsreferenzmenge von 166.200 kg zu. 1993 lieferte er auf Eigentums- und Pachtflächen in seinem Betrieb erzeugte Milch entsprechend der Referenzmenge. 1994 stellte er die Milchproduktion ein, lieferte jedoch vom 1. April 1997 bis zum 28. Mai 1997 noch 3.658 kg Milch ab.

Nach Aufgabe der Milcherzeugung veräußerte der Kläger der Milcherzeugung dienende Flächen und Anteile seiner Referenzmenge. Dazu wurden entsprechende Bescheinigungen über den Übergang von Referenzmengen auf die Erwerber erteilt.

Am 13. November 1998 vereinbarten der Kläger und der Beigeladene zu 1) die Übertragung einer Referenzmenge von 66.352 kg zum 1. April 1998 für 92.000,00 DM auf den Beigeladenen zu 1) und beantragten die Ausstellung einer Bescheinigung über den Übergang der Referenzmenge. Der Kläger gab an, er bewirtschafte 52,60 ha, davon seien insgesamt 18,50 ha gepachtet.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 17. Dezember 1998 die Ausstellung der beantragten Bescheinigung ab: Die Übertragung von Milchreferenzmengen ohne Fläche sei nach § 7 Abs. 2 a Satz 2 Nr. 3 MGV nur zulässig, wenn Ansprüche der Verpächter auf Rückübertragung von Referenzmengen nach § 7 Abs. 1, 4 und 5 MGV nicht beeinträchtigt würden. Hier seien Altverpächteransprüche in Höhe einer Referenzmenge von 63.648 kg festgestellt worden. Diese Referenzmenge stehe für eine anderweitige Übertragung nicht zur Verfügung. Da die Referenzmenge des Klägers noch 66.352 kg betrage, berühre die vereinbarte Übertragung die ermittelten Altverpächteransprüche.

Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2000 zurückgewiesen: Der Kläger habe nicht glaubhaft gemacht, dass keine Altverpächteransprüche geltend gemacht würden. Selbst bei Zweifeln an der Geltendmachung von Altverpächteransprüchen sei eine Übertragung der Referenzmenge unzulässig.

Zur Begründung seiner Klage vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger vorgetragen: Mit dem Auslaufen der Milchgarantiemengenverordnung zum 31. März 2000 bestünden keine Altverpächteransprüche mehr. Rückübertragungsansprüche der Altverpächter entstünden allenfalls mit Ende der bislang ungekündigten Pachtverhältnisse. Die Pachtflächen seien seit 1993 nicht mehr zur Milcherzeugung genutzt worden, sondern zur Erzeugung von Getreide, Heu und Grassamen. Er habe seit 1994 keine Milch mehr abgeliefert mit Ausnahme eines Zeitraumes im April und Mai 1997. Mehr als die Hälfte der Altpachtflächen seien kleiner als 1 ha und fielen unter die Bagatellklauseln der Milchgarantiemengenverordnung. Altverpächteransprüche bestünden daher nicht, so dass sich Verzichtserklärungen erübrigten. Ihm stehe deshalb ein Anspruch auf die beantragte Bescheinigung zu.

Das Verwaltungsgericht Trier hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf die begehrte Bescheinigung, da die Voraussetzungen für ihre Erteilung nicht vorlägen. Denn der Kläger habe mit dem flächenlosen Verkauf seine Referenzmenge in Höhe von 66.352 kg nicht wirksam auf den Beigeladenen zu 1) übertragen, weil Altverpächteransprüche gegenüber dem Kläger in Höhe einer Referenzmenge von 63.648 kg in Betracht kämen, die durch die beabsichtigte Übertragung gefährdet würden. Verpächteransprüche seien nicht ausgeschlossen. Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Zusatzabgabenverordnung gingen bei Beendigung von Altpachtverträgen Referenzmengen auf den Verpächter über, wenn auch mit der Maßgabe, dass 33 v.H. zugunsten der Landesreserve eingezogen würden. Bei Einstellung der Milcherzeugung geraume Zeit vor Rückgabe der Flächen verbleibe der Pächter nicht im Genuss der Referenzmenge, vielmehr richte sich die auf den Verpächter übergehende Referenzmenge dann nach dem Verhältnis, in dem vor Aufgabe der Milcherzeugung die gepachteten Flächen zu den übrigen Milcherzeugungsflächen des Pächters gestanden hätten. Die Bagatellgrenze des § 7 Abs. 2 Satz 2 MGVO greife nicht ein, Verzichtserklärungen der Altverpächter lägen nicht vor.

Seine vom Senat mit Beschluss vom 25. Februar 2002 zugelassene Berufung begründet der Kläger wie folgt: Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 20. Juni 2002 sei Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 so auszulegen, dass bei Beendigung eines landwirtschaftlichen Pachtvertrages über einen Milchwirtschaftsbetrieb die Übertragung der daran gebundenen Referenzmenge auf den Verpächter nur dann möglich sei, wenn dieser die Eigenschaft eines Erzeugers i.S.v. Art. 9 c dieser Verordnung habe oder im Zeitpunkt der Beendigung des Pachtvertrages die verfügbare Referenzmenge auf einen Dritten übertrage, der diese Eigenschaft besitze. Für die Zuteilung der relevanten Referenzmengen an die Verpächter reiche es aus, wenn diese im genannten Zeitpunkt nachwiesen, dass sie konkrete Vorbereitungen dafür träfen, in kürzester Zeit die Tätigkeit eines Erzeugers i.S.v. Art. 9 c auszuüben. Die Altverpächter seien hier keine Milcherzeuger. Im Übrigen seien die Altpachtflächen seit 1993 nicht mehr zur Milcherzeugung genutzt worden, so dass auf ihnen keine Referenzmenge ruhe. Er habe nicht geraume Zeit zuvor die Milcherzeugung vollständig eingestellt, sondern noch 1997/98 Milch erzeugt.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils sowie unter Aufhebung seines Bescheides vom 17. Dezember 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2000 zu verpflichten, ihm die beantragte Bescheinigung zur Übertragung einer Milchreferenzmenge in Höhe von 66.352 kg auf den Beigeladenen auszustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er weist darauf hin, dass er keine von dem angefochtenen Bescheid abweichende Entscheidung treffen könne, bis nicht die Ergebnisse der Beschäftigung einer Arbeitsgruppe mit dem Urteil des EuGH vorlägen. Die Altverpächterin Josefine Elsen habe mit Erklärung vom 11. September 2002 auf die Übertragung der an die gepachteten Flächen gebundene Referenzmenge verzichtet. Deshalb sei eine Übertragung ihres Quotenanteils von 7.344 kg sowie einer nicht mit Ansprüchen Dritter belasteten Restquote von 2.704 kg und eine entsprechende Bescheinigung nach § 9 Milchgarantiemengenverordnung möglich. Dazu sei aber eine entsprechende Erklärung des Klägers und des Beigeladenen zu 1) erforderlich.

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten verwiesen sowie auf die Gerichtsakte 8 B 10269/00.OVG und zwei Hefte Verwaltungs- und Widerspruchsakten. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Auch das inzwischen ergangene Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 20. Juni 2002 - 9-401/99 - bietet keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Bescheinigung des Übergangs einer Referenzmenge von 66.352 kg von ihm auf den Beigeladenen zu 1) wegen einer flächenlosen Übertragung dieser Referenzmenge.

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt als Anspruchsgrundlage für die begehrte Bescheinigung nur § 9 Abs. 1 Nr. 1 der Milchgarantiemengenverordnung (MGV) vom 21. März 1994 (BGBl. I S. 586) i.d.F. der 33. Änderungsverordnung vom 25. März 1996 (BGBl. I S. 535) in Betracht, die nach § 28 a der Verordnung zur Durchführung der Zusatzabgabenverordnung (ZAF) vom 12. Januar 2000 (BGBl. I S. 27) noch anzuwenden ist. Danach hat der Kläger einen Anspruch auf die beantragte Bescheinigung über den Übergang einer Referenzmenge, wenn eine entsprechende Referenzmenge auf den Beigeladenen zu 1) übergegangen ist. Der Übergang von Referenzmengen ist nach § 7 MGV zu beurteilen. Danach können Referenzmengen vom Milcherzeuger ohne Übergang des entsprechenden Betriebes oder der entsprechenden Fläche mit Wirkung für mindestens 2 Zwölfmonatszeiträume durch schriftliche Vereinbarung übertragen oder überlassen werden. Eine solche Vereinbarung ist jedoch nach § 7 Abs. 2 a Nr. 3 MGV nur zulässig, soweit Ansprüche des Verpächters auf Rückübertragung von Referenzmengen nach § 7 Abs. 1, 4 und 5, die zum Zeitpunkt der erstmaligen Übertragung oder Überlassung nach Satz 2 Nr. 1 bestanden haben und auf die der Verpächter nicht schriftlich verzichtet hat, nicht beeinträchtigt werden. Zum Zwecke der Berechnung der zulässigerweise übertragbaren Referenzmengen sind im Fall von Rückübertragungsansprüchen nach Abs. 4 im Zweifel Verpächteransprüche nach Abs. 4 Satz 1 zugrunde zu legen.

Hier werden durch die Übertragung einer Referenzmenge von 66.352 kg ohne Übergang der entsprechenden Flächen, die zwischen dem Kläger und den Beigeladenen zu 1) unter dem 13. November 1998 vereinbart wurde, Ansprüche von Verpächtern auf Rückübertragung von Referenzmengen beeinträchtigt, auf die die Verpächter nicht schriftlich verzichtet haben. Zwar liegt inzwischen ein schriftlicher Verzicht der Beigeladenen zu 2) auf eine Referenzmenge in Höhe von 7.344 kg vor. Es besteht jedoch weiterhin die Gefahr der Beeinträchtigung von Ansprüchen der Beigeladenen zu 3), 4) und 5). Der Beigeladenen zu 3) und den Beigeladenen zu 4) und 5) als Rechtsnachfolgern des verstorbenen Verpächters J. K. stehen nach § 7 Abs. 1, 2 und 4 MGV Ansprüche auf Rückübertragung von Referenzmengen bei Rückgewähr von Pachtflächen entsprechend eines auslaufenden Pachtvertrages, der vor dem 2. August 1992 abgeschlossen worden ist, zu, wenn es sich um Teile eines Betriebes handelt, die für die Milcherzeugung genutzt wurden und die größer als 1 ha sind.

Die hier maßgeblichen Pachtverträge wurden unstreitig vor dem 1. April 1984 abgeschlossen, obwohl der Kläger in seinem Antrag vom 13. November 1998 zunächst fälschlich angegeben hatte, sie seien nach dem 1. April 1984 abgeschlossen worden. Die Pachtverträge mit der Beigeladenen zu 3) wurden am 15. März 1981 rückwirkend zum 1. November 1980 abgeschlossen. Unerheblich ist, dass noch nicht absehbar ist, wann die Pachtflächen zurückgewährt werden, weil der Vertrag sich um ein Jahr verlängert, wenn er nicht gekündigt wird und eine Kündigung noch nicht erfolgt ist. Es handelt sich auch um Teile eines Betriebes die größer als ein Hektar sind. Dabei kommt es auf die zurückzugebende Fläche insgesamt an, nicht auf die Größe der einzelnen Grundstücke.

Unschädlich für die Verpächteransprüche ist auch, dass es sich bei Rückgabe der Pachtflächen voraussichtlich nicht um Teile eines Betriebes handelt, die für die Milcherzeugung genutzt werden, weil der Kläger die Milcherzeugung aufgegeben hat. Denn die vollständige Einstellung der Milcherzeugung durch den Pächter geraume Zeit vor der Rückgabe der Pachtflächen an die Verpächter führt nicht dazu, dass der Pächter im Genuss der den zurückzugebenden Flächen entsprechenden Referenzmenge verbleibt. Vielmehr muss entsprechend Art. 7 Abs. 1 Nr. 2 Verordnung (EWG) Nr. 1546/88 die Aufteilung der Referenzmenge zwischen Pächter und Verpächter "nach den für die Milcherzeugung verwendeten Flächen" entsprechend den Größen- und Nutzungsverhältnissen, die unmittelbar vor der vollständigen Aufgabe der Milcherzeugung bestanden haben, erfolgen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1998 - 3 C 50/96 -, BVerwGE 106, 134 = RdL 1998, 106 f.).

Die vollständige Aufgabe der Milcherzeugung ist 1994 erfolgt. Dies ergibt sich aus den Erklärungen des Klägers und der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht. Danach hat der Kläger bis Mai 1994 regelmäßig Milch angeliefert, dann jedoch nicht mehr, bis auf einen Zeitraum von März bis Mai 1997. Dabei handelt es sich nach einem Schreiben der Molkerei vom 30. Juni 1997 um eine Menge von 3.658 kg, bei einer Referenzmenge von 166.200 kg. Dazu erklärt der Kläger, es habe sich um Rinder gehandelt, die abgekalbt hätten und gemolken werden konnten. Dies versteht der Senat so, dass diese Rinder ungeplant trächtig geworden sind. Angesichts der Geringfügigkeit der 1997 noch erzeugten Milchmenge und des Umstandes, dass diese Milcherzeugung nicht geplant war, sondern unerwünscht zustande kam, geht der Senat von einer Einstellung der Milcherzeugung im Mai/Juni 1994 aus, wie dies auch der Kläger in seinem Schriftsatz vom 18. November 1998 getan hat.

Maßgeblich sind deshalb die Größen- und Nutzungsverhältnisse von Eigentums- und Pachtflächen unmittelbar davor im Wirtschaftsjahr 1993/94. In dieser Zeit sind die Pachtflächen als zur Milcherzeugung genutzte Flächen anzusehen, also als Flächen, die wenigstens mittelbar zur Milcherzeugung beigetragen haben. Daran ändert der Vortrag des Klägers nichts, er habe die Pachtflächen seit 1993 nicht zur Milcherzeugung genutzt. Maßgeblich ist, ob die Flächen tatsächlich zur Milcherzeugung genutzt wurden, also in einem funktionellen Zusammenhang mit der Milcherzeugung standen. Dieser fehlt nur dann, wenn sie ausschließlich zu anderen Zwecken oder überhaupt nicht genutzt worden sind. Nicht die Zugehörigkeit zu einem Milchwirtschaftsbetrieb macht die Milcherzeugungsfläche aus, sondern der von der Fläche geleistete ummittelbare oder mittelbare Beitrag zur Milcherzeugung. Es besteht eine Vermutung, dass Flächen eines Milchwirtschaftsbetriebes der Milcherzeugung dienen, diese kann freilich widerlegt werden. Landwirtschaftliche Flächen sind für die Milcherzeugung verwendet worden, wenn sie im Rahmen der Fruchtfolge zumindest in einem Jahr zur Milcherzeugung des Pächters beigetragen haben und anschließend nicht aus der die Milcherzeugung einschließenden Fruchtfolge herausgenommen wurden (BVerwG, Urteil vom 2. Dezember 1993 - 3 C 82.90 - in RdL 1994, 246).

Behauptet der Pächter wie hier, im Jahr vor der Aufgabe der Milcherzeugung habe er die Pachtflächen nicht mehr für die Milcherzeugung genutzt, muss er deutlich machen, dass die Aufgabe der Nutzung zur Milcherzeugung nicht im Hinblick auf die beabsichtigte vollständige Aufgabe der Milcherzeugung erfolgt ist, sondern als davon unabhängige Änderung der Betriebsverhältnisse, die gegenüber den Verpächtern nicht gegen Treu und Glauben verstößt. Denn wenn die Aufgabe der Nutzung der Pachtfläche zur Milcherzeugung im Hinblick auf die vollständige Aufgabe der Milcherzeugung erfolgt, kann dies nicht bei der Verteilung der Referenzmengen zugrunde gelegt werden. Vielmehr ist maßgeblich die Nutzung der Flächen, bevor die geplante Aufgabe der Milcherzeugung sich auf deren Nutzung für die Milcherzeugung auswirkte.

Es ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht offensichtlich davon ausging, die Aufgabe der Nutzung der Pachtflächen zur Milcherzeugung stehe im Zusammenhang mit der Aufgabe der Milcherzeugung insgesamt. Denn der Kläger hat etwas anderes nicht vorgetragen, obwohl der Senat bereits in seinem Beschluss vom 20. März 2000 - 8 B 10269/00.OVG - den Antrag des Klägers auf Zulassung der Beschwerde im vorangegangenen Eilverfahren mit der Begründung zurückgewiesen hatte, dass dieser gerade nicht behaupte, die Aufgabe der Verwendung der Pachtflächen stehe nicht im Zusammenhang mit der Aufgabe der Milchviehhaltung insgesamt. Weder im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht noch im Berufungsverfahren hat der Kläger dazu Angaben gemacht, die über die allgemeine Erklärung, er habe seit 1993 die Pachtflächen nicht mehr zur Milcherzeugung genutzt, hinausgehen. Er behauptet nach wie vor nicht, er habe die Milcherzeugung auf den Pachtflächen aus Gründen aufgegeben, die nicht im Zusammenhang mit der Aufgabe der Milcherzeugung insgesamt stehen. Selbst wenn er dies behaupten würde, müsste diese Behauptung durch eine signifikante Veränderung der Bodennutzung dokumentiert werden, die eine Wiederaufnahme der Milcherzeugung nicht erwarten ließe (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Dezember 1993 a.a.O. S. 249). Eine solche signifikante Veränderung lässt sich dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen.

Den danach möglichen Ansprüchen der Beigeladenen zu 3), 4) und 5) auf Rückgabe der Pachtflächen mit der Referenzmenge steht nicht entgegen, dass die Beigeladenen nicht selbst Milcherzeuger sind.

Zwar hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 20. Juni 2002 - C-401/99 - festgestellt, dass die Übertragung von Referenzmengen, die an bei Beendigung eines Pachtvertrages zurückzugebende Flächen gebunden sind, an den Verpächter grundsätzlich nur dann möglich ist, wenn dieser die Eigenschaft eines Milcherzeugers hat. Die Beigeladenen sind nicht Milcherzeuger und es gibt auch keine Anhaltpunkte dafür, dass sie bei Rückgabe der Pachtfläche Milcherzeuger sein werden. Der Europäische Gerichtshof lässt in seiner Entscheidung für den Übergang einer Referenzmengen auf einen Verpächter bei Rückgabe der Pachtfläche jedoch ausreichen, dass dieser im Zeitpunkt der Beendigung des Pachtvertrages die verfügbare Referenzmenge auf einen Dritten überträgt, der die Eigenschaft eines Milcherzeugers besitzt. Es ist nicht ausgeschlossen, sondern vielmehr naheliegend, dass diese Voraussetzung bei Rückgabe der Pachtflächen, deren Zeitpunkt noch unbestimmt ist, erfüllt wird.

Im Hinblick auf diese Möglichkeit gefährdet die Übertragung der Referenzmenge auf den Beigeladenen zu 1) die Verpächteransprüche der Beigeladenen zu 3), 4) und 5). Das Bestehen von Verpächteransprüchen, die gefährdet sind, führt dazu, dass die Berufung insgesamt zurückzuweisen ist, weil die beantragte Bescheinigung über den Übergang einer Referenzmenge von 66.352 kg nicht erteilt werden darf. Es steht dem Kläger frei, eine Bescheinigung über den Übergang einer geringeren Referenzmenge zu beantragen, deren Übertragung nicht zu einer Gefährdung von Verpächteransprüchen führt, weil die Beigeladene zu 2) eine Verzichtserklärung abgegeben hat. Vorsorglich ist jedoch darauf hinzuweisen, dass nach den vorliegenden Pachtverträgen die von der Beigeladenen zu 3) angepachteten Flächen nicht, wie vom Kläger angegeben, 14 ha oder, wie im Urteil des Verwaltungsgerichts angenommen, 15 ha betragen, sondern 16,6 ha.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Es besteht kein Anlass, dem Kläger gemäß § 162 Abs. 3 VwGO die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.



Ende der Entscheidung

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