Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 16.01.2008
Aktenzeichen: 8 A 10976/07.OVG
Rechtsgebiete: GG, BNatSchG, LNatSchG, LPflG, VwVfG


Vorschriften:

GG Art. 14
GG Art. 14 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 3
BNatSchG F. 2002 § 29 Abs. 2
LNatSchG § 23
LNatSchG § 23 Abs. 1
LNatSchG § 23 Abs. 2
LNatSchG § 25 Abs. 2 Satz 1
LNatSchG § 23 Abs. 2 Satz 2
LNatSchG § 53
LNatSchG § 53 Abs. 2
LNatSchG § 53 Abs. 2 Satz 1
LPflG § 20
LPflG § 20 Abs. 2
LPflG § 20 Abs. 2 Satz 2
LPflG § 18
LPflG § 18 Abs. 4
LPflG § 18 Abs. 4 Satz 2
VwVfG § 36
VwVfG § 36 Abs. 1
VwVfG § 39
VwVfG § 39 Abs. 1
VwVfG § 45 Abs. 1
VwVfG § 45 Abs. 1 Nr. 2
VwVfG § 46
1. Das Landesnaturschutzgesetz lässt ebenso wie zuvor das Landespflegegesetz Einschränkungen vom Beseitigungsverbot in Baumschutzverordnungen und -satzungen nicht nur aus Gründen der Verkehrssicherheit, sondern auch zur Ermöglichung sonst zulässiger (baulicher) Grundstücksnutzungen zu (§ 23 Abs. 2 Satz 1 LNatSchG).

2. Die Baumfällgenehmigung darf mit der Auflage zu Ersatzpflanzungen oder Ersatzzahlungen verknüpft werden.

3. Die Anknüpfung der Ersatzmaßnahmen an die "Funktionsleistung des entfernten Baumes" ist hinreichend bestimmbar, verlangt allerdings eine für den Bürger nachvollziehbare Begründung im jeweiligen Genehmigungsbescheid.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ

URTEIL

IM NAMEN DES VOLKES

8 A 10976/07.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Baurechts

hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Januar 2008, an der teilgenommen haben Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Held Richter am Oberverwaltungsgericht Schauß Richter am Oberverwaltungsgericht Müller-Rentschler ehrenamtlicher Richter Angestellter Gewehr ehrenamtliche Richterin Dipl.-Psychologin Graff

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 19. Juni 2007 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrags abwenden, wenn nicht die die Vollstreckung betreibenden Beteiligten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Widerspruchsbescheides des Stadtrechtsausschusses der Beklagten, mit dem eine der Beigeladenen als Nebenbestimmung zu einer Baumfällgenehmigung auferlegte Ersatzgeldforderung aufgehoben wurde.

Die Beigeladene ist Eigentümerin des ursprünglich mit zwei Einfamilienhäusern bebauten Grundstücks "Am H." in Mainz-F., auf dem sich auch ein alter, ökologisch wertvoller und das Ortsbild prägender Baumbestand befindet.

Auf ihren Antrag hin erteilte die Beklagte ihr mit Bauschein vom 5. Oktober 2005 die Genehmigung für den Neubau von zwei Mehrfamilienhäusern nebst einer Tiefgarage unter zahlreichen Nebenbestimmungen. Unter Ziffer 35 der sog. "landespflegerischen Hinweise" wurde der Beigeladenen die Genehmigung zur Entfernung von zehn nach der "Rechtsverordnung zum Schutz des Baumbestandes innerhalb der Stadt Mainz" vom 12. Dezember 2003 - BaumschutzVO MZ - geschützten Bäumen erteilt, die aufgrund des Bauvorhabens nicht erhalten werden können; zugleich wurde der Beigeladenen auferlegt, als Ersatz 21 "Laub-/Obstbäume, Stammumfang 18/20 cm" auf dem Grundstück anzupflanzen; da auf dem Grundstück nur 11 kleinkronige Bäume gepflanzt werden könnten, habe die Beigeladene für zehn Ersatzbäume pro Baum 450,- €, insgesamt also 4.500,- € zu zahlen.

Gemäß § 1 der auf das damalige Landespflegegesetz gestützten BaumschutzVO MZ werden alle wirtschaftlich nicht genutzten Bäume im Gebiet der Stadt Mainz unter Schutz gestellt, sofern sie - u. a. - einen Stammumfang von mindestens 80 cm, gemessen in einer Höhe von 100 cm über dem Boden, aufweisen. Wesentlicher Schutzzweck ist gemäß § 2 die Bestandserhaltung der Bäume sowohl zur Sicherung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts in der Stadt als auch zur Belebung, Gliederung und Pflege des Orts- und Landschaftsbildes. Gemäß § 3 ist u. a. die Entfernung geschützter Bäume verboten. Gemäß § 5 Abs. 1 b) ist von den Verboten des § 3 auf Antrag eine Ausnahme zu erteilen, wenn eine nach den baurechtlichen Vorschriften zulässige Nutzung sonst nicht verwirklicht werden kann. Gemäß § 5 Abs. 5 können Ausnahmen und Befreiungen mit Nebenbestimmungen verbunden werden, wobei dann, wenn als Nebenbestimmungen Ersatzpflanzungen oder Ersatzzahlungen vorgegeben werden, sich deren Qualität oder Höhe nach § 5 Abs. 7 ermittelt. § 5 Abs. 7 hat folgenden Wortlaut: "Ersatzpflanzungen sind mit wirtschaftlich nicht genutzten Bäumen im Geltungsbereich dieser Verordnung vorzunehmen. Die erforderliche Ersatzpflanzung bemisst sich jeweils nach der Funktionsleistung des geschädigten bzw. entfernten Baumes. Sind Ersatzpflanzungen ganz oder teilweise unmöglich, so kann bestimmt werden, dass der erforderliche Geldbetrag zur Pflanzung und Unterhaltung durch die Stadt Mainz an anderer Stelle zu zahlen ist."

Auf den - letztlich auf die Anfechtung der Ersatzgeldforderung beschränkten -Widerspruch der Beigeladenen hin hob der Stadtrechtsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 8. August 2006 die Ersatzgeldforderung in Ziffer 35 der Baugenehmigung vom 5. Oktober 2005 auf.

Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Ersatzgeldforderung, bei der es sich um eine Auflage i. S. v. § 36 Abs. 1 VwVfG handele, sei jedenfalls seit Inkrafttreten des Landesnaturschutzgesetzes - LNatSchG - nicht i. S. v. § 36 Abs. 1, 1. Alt. VwVfG durch eine Rechtsvorschrift zugelassen. Möglicherweise habe zwar § 20 Abs. 2 i. V. m. § 18 Abs. 4 LPflG eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die in § 5 Abs. 5 i. V. m. Abs. 7 BaumschutzVO MZ geregelte Möglichkeit einer Ersatzgeldforderung als Auflage in einer Baugenehmigung geboten. Jedenfalls aber sei eine derartige Ermächtigung mit dem Inkrafttreten des LNatSchG weggefallen. Denn nach § 53 Abs. 2 S. 1 LNatSchG blieben die aufgrund der bisherigen Ermächtigungen des LPflG erlassenen Rechtsverordnungen nur mit den sich aus dem LNatSchG ergebenden Änderungen in Kraft; das LNatSchG enthalte indessen eine den §§ 20 Abs. 2, 18 Abs. 4 LPflG vergleichbare Regelung nicht mehr, sondern bestimme in § 23 Abs. 2, dass Ausnahmen von dem - nach Maßgabe näherer Bestimmung in der Rechtsverordnung geltenden - Verbot zur Beseitigung des geschützten Landschaftsbestandteils nur noch aus zwingenden Gründen der Verkehrssicherheit zulässig seien. Auf die in § 48 LNatSchG geregelte Möglichkeit der Erteilung einer Befreiung unter Nebenbestimmungen könne nicht abgestellt werden, weil die Befreiung - anders als die Ausnahme nach § 5 Abs. 1 BaumschutzVO MZ - im Ermessen der Behörde stehe. Die Auflage einer Ersatzgeldzahlung sei auch nicht i. S. v. § 36 Abs. 1, 2. Alt. VwVfG zur Sicherung der gesetzlichen Voraussetzungen eines Verwaltungsaktes zulässig. Für die Erteilung der Baugenehmigung fehlten keine Voraussetzungen, die erst durch die Auflage einer Ersatzgeldforderung erfüllt würden; insbesondere könne dem Vorhaben gemäß § 21 Abs. 2 BNatSchG nicht die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung entgegengehalten werden. Auch die Baumfällgenehmigung sei gemäß § 5 Abs. 1 b BaumschutzVO MZ unter den dort genannten Voraussetzungen - unabhängig von Ersatzgeldzahlungen - zwingend zu erteilen.

Die hiergegen gerichtete Beanstandungsklage der Klägerin wies das Verwaltungsgericht Mainz durch Urteil vom 19. Juni 2007 - 3 K 788/06.MZ - ab. In den Gründen wird ausgeführt, der angegriffene Widerspruchsbescheid erweise sich im Ergebnis als rechtmäßig. Der Stadtrechtsausschuss habe sich keine ihm nicht zustehende Normverwerfungskompetenz angemaßt, sondern lediglich angenommen, dass die BaumschutzVO MZ infolge einer durch § 53 Abs. 2 S. 1 LNatSchG bewirkten Änderung ihres Inhalts nun keine Ermächtigungsgrundlage mehr für den Erlass von Nebenbestimmungen in Gestalt von Ersatzpflanzungen oder Ersatzzahlungen als Auflagen zu einer Ausnahmegenehmigung nach § 5 Abs. 1 b BaumschutzVO MZ besitze, mit der Folge, dass § 5 Abs. 5 BaumschutzVO MZ auch ohne förmliche Aufhebung mit Inkrafttreten des LNatSchG automatisch außer Kraft getreten sei. In der Sache könne allerdings offenbleiben, ob mit Inkrafttreten des LNatSchG eine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von Nebenbestimmungen der hier in Rede stehenden Art nicht mehr bestehe. Denn die der Nebenbestimmung in Ziffer 35 der Baugenehmigung zugrunde liegende Regelung in § 5 Abs. 5 i. V. m. Abs. 7 BaumschutzVO MZ sei jedenfalls mangels hinreichender Bestimmtheit nichtig. Auf die Anforderung von Ersatzzahlungen seien die für das Abgabenrecht entwickelten Grundsätze zu übertragen, wonach der Gesetz- oder Verordnungsgeber die wesentlichen für die Erhebung und die Höhe der Abgabe maßgebenden Faktoren so hinreichend bestimmt fassen müsse, dass der Abgabenpflichtige die auf ihn entfallende Abgabenlast vorausberechnen könne. Ebenso wie der Adressat einer Gebührenoder Beitragserhebung wolle der Pflichtige bei der Anforderung einer Ersatzzahlung nach der BaumschutzVO MZ mit hinreichender Sicherheit wissen, welche finanziellen Lasten auf ihn zukommen. Daher müsse in der Baumschutzverordnung zumindest der Maßstab enthalten sein, den die Naturschutzbehörde der Ermittlung des Wertes eines Ersatzbaumes, für deen die Ersatzzahlung gemäß § Abs. 7 S. 3 BaumschutzVO MZ zu verwenden sei, zugrunde zu legen habe. An einem derartig bestimmten Maßstab fehle es hier. Soweit von einem "erforderlichen Geldbetrag" die Rede sei, sei dies viel zu unbestimmt, um dem Pflichtigen eine Vorstellung der auf ihn zukommenden finanziellen Belastung zu ermöglichen, zumal es verschiedene Baumwertermittlungsverfahren gebe, deren Ergebnisse bei einzelnen Baumarten um mehrere tausend Euro variieren könnten.

Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung trägt die Klägerin vor, das Verwaltungsgericht habe ihrer Klage stattgeben und den Widerspruchsbescheid aufheben müssen. Insbesondere würden die BaumschutzVO der Beklagten und deren darauf basierende Verwaltungspraxis dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz gerecht. Mit der Anknüpfung des § 5 Abs. 7 BaumschutzVO MZ an die "Funktionsleistung des geschädigten bzw. entfernten Baumes" sei ein Kriterium maßgeblich, mit dessen Hilfe die Höhe der Ersatzzahlung bestimmt werden könne. Ein gewisser Abstraktionsgrad sei in einer Baumschutzverordnung zulässig und zur sachgerechten Beurteilung des Einzelfalls sogar unabdingbar. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei keine Bestimmtheit um jeden Preis geboten; durch die Regelung müsse lediglich ausgeschlossen werden, dass es zu einer willkürlichen Behandlung in der Verwaltungspraxis komme. Diesem Maßstab werde die BaumschutzVO MZ und die darauf basierende Verwaltungspraxis gerecht. Der in der Verwaltungspraxis der Beklagten angewandte Modus zur Ermittlung der Ersatzleistungen, wie er sich im Einzelnen aus einem Vermerk der unteren Naturschutzbehörde vom 8. Juni 2007 ergebe, sei transparent und trage dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung. Das danach hier veranschlagte Ersatzgeld von 450,- € pro Baum decke nur die Wiederbeschaffungs- und Pflanzkosten; der Aufwand für die dauerhafte Unterhaltung und Pflege sowie für Verkehrssicherungsmaßnahmen sei nicht in Ansatz gebracht worden. Es könne dem Verordnungsgeber nicht zum Nachteil gereichen, dass er zu Gunsten der Normunterworfenen die im Schadensersatzrecht entwickelte Gehölzwertberechnungsmethode nach Koch, bei der weitaus höhere Beträge anfielen, nicht anwende. Die Übertragung der Rechtsprechung zum Abgabenrecht sei systemfremd, weil Regelungsgegenstand und Regelungszweck des Abgabenrechts einerseits und des Naturschutzrechts andererseits nicht vergleichbar seien. Im Übrigen sei für den Normunterworfenen hinreichend erkennbar, dass er nach § 5 Abs. 7 der VO mindestens den Wiederbeschaffungswert zu tragen habe.

Das Verwaltungsgericht habe ferner verkannt, dass sich der Stadtrechtsausschuss durchaus eine ihm nicht zustehende Normverwerfungskompetenz angemaßt habe, weil er die Verordnung inzident als rechtswidrig verworfen habe. Im Übrigen bestehe nach wie vor eine Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung von Ersatzzahlungen. Maßgeblich sei die zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung geltende Ermächtigungsgrundlage und nicht die im Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch geltende gesetzliche Regelung. Daran habe § 53 Abs. 2 LNatSchG nichts geändert, der sich nur auf materielle Vorgaben des LNatSchG beziehe. Hingegen gelte gemäß § 23 Abs. 2 S. 1 LNatSchG das Verbot der Beseitigung geschützter Landschaftsbestandteile weiterhin "nach Maßgabe näherer Bestimmungen in der Rechtsverordnung". Der Landesgesetzgeber habe die bewährte Praxis der Genehmigung zur Beseitigung geschützter Landschaftsbestandteile unter Auflagen nicht ändern wollen. Eine derartig restriktive Auslegung von §§ 53 Abs. 2 i. V. m. 23 Abs. 2 S. 2 LNatSchG, wonach Ausnahmen nur noch aus Gründen der Verkehrssicherheit zulässig seien, entspreche offensichtlich nicht der Intention des Landesgesetzgebers. In § 23 Abs. 2 S. 2 LNatSchG werde nur ein besonders wichtiger und konfliktträchtiger Grund für Ausnahmen des Objektschutzes hervorgehoben, aber keine abschließende Regelung getroffen.

Unabhängig davon sei die Ersatzgeldauflage gemäß § 36 Abs. 1, 2. Alt. VwVfG zulässig, denn sie stelle sicher, dass der Schutzzweck der BaumschutzVO MZ durch zweckgebundene Ersatzzahlung und Verwendung der Mittel erfüllt werde. Die BaumschutzVO MZ gelte auch im unbeplanten Innenbereich, weil mit ihr geschützte Landschaftsbestandteile definiert würden. Insoweit genieße § 21 Abs. 2 BNatSchG keinen Anwendungsvorrang.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Mainz vom 19. Juni 2007 - 3 K 788/06.MZ - den Widerspruchsbescheid des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 8. August 2006 aufzuheben.

Die Beklagte stellt keinen Antrag. Sie schließt sich einerseits den Ausführungen der Berufungsbegründung zur hinreichenden Bestimmtheit von § 5 Abs. 5 i. V. m. Abs. 7 BaumschutzVO MZ an, hält aber andererseits an der Auffassung des Stadtrechtsausschusses fest, dass es seit Inkrafttreten des LNatSchG an der erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für eine Verordnungsregelung fehle, nach der eine Ausnahme vom Verbot der Beseitigung eines geschützten Baumbestandes mit der Auflage einer Ersatzpflanzung und Ersatzgeldzahlung verbunden werden kann.

Die Beigeladene beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt ihre Auffassung, dass § 5 Abs. 5 i. V. m. Abs. 7 BaumschutzVO MZ wegen Unbestimmtheit unwirksam sei und deshalb nicht die Festsetzung eines Ersatzgeldes gemäß Ziffer 35 der Baugenehmigung rechtfertigen könne. Bei naturschutzrechtlichen Ersatzzahlungen handele es sich um Sonderabgaben, für die das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot in erhöhtem Maße gelte. Aus dem Inhalt der die Abgabe begründenden Rechtsvorschrift müsse sich mit ausreichender Bestimmtheit ermitteln lassen, was von dem Pflichtigen verlangt werde. Der allein auf die Möglichkeit der Zahlung eines "erforderlichen Geldbetrags zur Pflanzung und Unterhaltung durch die Stadt Mainz an anderer Stelle" abstellende § 5 Abs. 7 S. 3 BaumschutzVO lasse nicht erkennen, in welcher Höhe Ersatzzahlungen zu entrichten seien. Die in § 5 Abs. 7 S. 2 angesprochene "Funktionsleistung des geschädigten bzw. entfernten Baumes" beziehe sich auf die vorrangig angestrebte Ersatzpflanzung, nicht auf die Ersatzzahlung. Die auf die Ersatzpflanzung bezogene Bemessungsregelung sei bei der Bestimmung der lediglich subsidiären Ersatzzahlung nicht anwendbar. Anhaltspunkte für die Mindestanforderungen an die Bestimmtheit von Ersatzzahlungen ergäben sich zum Beispiel aus der Musterbaumschutzsatzung Nordrhein-Westfalen, nach der die Höhe der Ersatzzahlung von dem Wert des Baumes abhänge, mit dem ansonsten eine Ersatzpflanzung erfolgen müsse. Der Hinweis der Klägerin auf eine ständige Verwaltungspraxis der Beklagten könne eine hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage für die Bemessung der Ersatzgeldforderung nicht ersetzen.

Sie schließt sich ferner der Auffassung des Stadtrechtsausschusses an, wonach es an der erforderlichen Ermächtigungsgrundlage im LNatSchG für § 5 Abs. 5 i.V.m. Abs. 7 BaumschutzVO MZ fehle.

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den von den Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätzen und Schriftstücken sowie aus den beigezogenen Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Beanstandungsklage gegen den Widerspruchsbescheid des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 8. August 2006, mit dem die Ersatzzahlungsauflage in Ziffer 35 der Baugenehmigung vom 5. Oktober 2005 aufgehoben wurde, zu Recht abgewiesen, weil sich der angegriffene Widerspruchsbescheid im Ergebnis als rechtmäßig erweist.

Zwar fehlt es der Ersatzzahlungsauflage nicht an der erforderlichen Zulassung durch eine (gültige) Rechtsvorschrift im Sinne von § 36 Abs. 1, 1. Alternative VwVfG (1.). Doch erweist sich die Ersatzzahlungsauflage mangels einer nachvollziehbaren Begründung von Art und Umfang der für die Bemessung der Ersatzzahlungshöhe maßgeblichen Ersatzpflanzung als rechtswidrig (2.).

1. Trotz ihrer Bezeichnung als (bloßer) "landespflegerischer Hinweis" handelt es sich bei der Ersatzzahlung in Ziffer 35 der Baugenehmigung vom 5. Oktober 2005 - wie bereits im Widerspruchsbescheid klargestellt - um eine Auflage im Sinne von § 1 Abs. 1 LVwVfG in Verbindung mit § 36 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 VwVfG. Sie ist als isoliert anfechtbare Nebenbestimmung mit der der Beigeladenen als Ausnahme vom Baumbeseitigungsverbot gemäß § 5 Abs. 1 b) der Rechtsverordnung zum Schutz des Baumbestandes innerhalb der Stadt Mainz vom 12. Dezember 2003 - BaumschutzVO MZ - erteilten Baumfällgenehmigung verbunden worden und stellt keine die Baumfällgenehmigung inhaltlich modifizierende Auflage dar. Denn die BaumschutzVO MZ macht die Erteilung der Ausnahmegenehmigung nicht von der Verbindung mit einer Ersatzpflanzungs- oder Ersatzzahlungsauflage abhängig, sondern sieht in § 5 Abs. 5 Satz 1 nur vor, dass Ausnahmen und Befreiungen mit Nebenbestimmungen verbunden werden "können". Da auf die Erteilung der Baumfällgenehmigung als Ausnahme vom Baumbeseitigungsverbot unter den Voraussetzungen (zum Beispiel) des § 5 Abs. 1 b) BaumschutzVO MZ ein Anspruch besteht ("ist zu erteilen, wenn ..."), ist die Rechtmäßigkeit der Ersatzgeldauflage an § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 36 Abs. 1 VwVfG zu messen. Dabei kommt eine Zulassung der Auflage "zur Sicherstellung der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts" gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG in Verbindung mit § 36 Abs. 1, 2. Alternative VwVfG allerdings nicht in Betracht. Denn nach § 5 Abs. 1 b) BaumschutzVO besteht ein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung, wenn eine nach den baurechtlichen Vorschriften zulässige Nutzung sonst nicht verwirklicht werden kann; weder die Durchführung einer Ersatzpflanzung noch die Zahlung eines Ersatzgeldes sind danach Voraussetzung für die Erteilung der Baumfällgenehmigung.

Die Verbindung einer Ausnahmegenehmigung vom Verbot der Beseitigung geschützter Baumbestände mit der Auflage einer Ersatzpflanzung und - soweit diese nicht möglich ist - einer Ersatzzahlung wird aber durch § 5 Abs. 5 i.V.m. Abs. 7 der BaumschutzVO MZ in rechtsgültiger Weise durch eine Rechtsvorschrift im Sinne von § 36 Abs. 1, 1. Alternative VwVfG zugelassen.

Weder fehlt es den einschlägigen Bestimmungen der BaumschutzVO MZ an der erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage (a.), noch sind die für die Bemessung der Ersatzzahlung einschlägigen Bestimmungen in § 5 Abs. 5 i.V.m. Abs. 7 BaumschutzVO MZ in einer zu ihrer Gesamtnichtigkeit führenden Weise unbestimmt (b.).

a. Die Zulassung der Verbindung einer Baumfällgenehmigung mit einer Ersatzpflanzungs- und Ersatzzahlungsauflage durch § 5 Abs. 5 i.V.m. Abs. 7 BaumschutzVO MZ findet weiterhin ihre gesetzliche Ermächtigungsgrundlage in den §§ 20 Abs. 2 Satz 2, 18 Abs. 4 Satz 2 des Landespflegegesetzes - LPflG - i.d.F. vom 5. Februar 1979 (GVBl. S. 36). Im Zeitpunkt des Erlasses der BaumschutzVO MZ bildeten diese Vorschriften die Ermächtigungsgrundlage dafür, in einer Verordnung, mit der gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 LPflG der gesamte Baumbestand im Gemeindegebiet als "geschützter Landschaftsbestandteil" unter Schutz gestellt wurde, vorzusehen, dass die Genehmigung zum Beispiel zur Beseitigung von Teilen des geschützten Baumbestandes unter anderem mit Auflagen verbunden werden kann. Zwar ist das Landespflegegesetz gemäß § 67 Abs. 2 des Landesgesetzes zur nachhaltigen Entwicklung von Natur und Landschaft (Landesnaturschutzgesetz - LNatSchG -) vom 28. September 2005 (GVBl. S. 387) am 12. Oktober 2005 außer Kraft getreten und das LNatSchG enthält keine den §§ 20 Abs. 2 Satz 2, 18 Abs. 4 Satz 2 LPflG entsprechende ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage für die Zulassung von Auflagen zur Baumfällgenehmigung durch Rechtsverordnung. Nach allgemeinen staatsrechtlichen Grundsätzen lässt jedoch der spätere Wegfall einer im Zeitpunkt des Erlasses der Rechtsverordnung gültigen Ermächtigungsgrundlage die Wirksamkeit der Rechtsverordnung grundsätzlich unberührt (vgl. z.B. Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 9. Aufl. 2007, Art. 80, Rn. 15; Lücke/Mann, in: Sachs, Grundgesetz, 4. Aufl. 2007, Art. 80, Rn. 7, jeweils m.w.N.).

Entgegen der Ansicht des Stadtrechtsausschusses der Beklagten hat der Landesgesetzgeber im LNatSchG auch nicht von seiner Möglichkeit, eine Rechtsverordnung durch Gesetz zu ändern oder zu ergänzen (vgl. dazu Lücke/Mann, in: Sachs, a.a.O., Rn. 7 a), in der Weise Gebrauch gemacht, dass Ausnahmen vom Verbot der Beseitigung geschützter Baumbestände nicht mehr zur Ermöglichung von Bauvorhaben unter der Auflage von Ersatzpflanzungen und Ersatzzahlungen zulässig sind.

Allerdings liegt in dieser Auffassung des Stadtrechtsausschusses nicht die Anmaßung einer dem Rechtsausschuss nicht zustehenden Normverwerfungskompetenz (vgl. dazu grundlegend: OVG des Saarlandes, AS 23, S. 233, 234 ff.). Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden hat, hat der Stadtrechtsausschuss nicht § 5 Abs. 5 i.V.m. Abs. 7 BaumschutzVO MZ als nichtig verworfen, sondern ist durch Auslegung von §§ 53 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. 23 Abs. 2 Satz 2 LNatSchG zu dem Ergebnis gelangt, dass die BaumschutzVO MZ kraft Gesetzes nur noch mit verändertem Inhalt dahingehend in Kraft geblieben ist, dass Ausnahmen vom Verbot der Beseitigung durch Rechtsverordnung als "geschützter Landschaftsbestandteil" unter Schutz gestellter Baumbestände nicht mehr unter der Auflage von Ersatzpflanzungen und Ersatzzahlungen zur Ermöglichung von Bauvorhaben, sondern nur noch aus Gründen der Verkehrssicherheit zulässig sind.

In der Sache ist diese Auslegung der §§ 53 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. 23 Abs. 2 Satz 2 LNatSchG jedoch unzutreffend.

Zwar bleiben gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 LNatSchG die aufgrund der bisherigen Ermächtigungen des Landespflegegesetzes erlassenen Rechtsverordnungen (nur) mit den sich aus dem Landesnaturschutzgesetz ergebenden Änderungen in Kraft. Auch bestimmt § 23 Abs. 2 Satz 2 LNatSchG, dass Ausnahmen vom Verbot der Beseitigung des geschützten Landschaftsbestandteils nur zulässig sind, wenn sie aus zwingenden Gründen der Verkehrssicherheit durchgeführt werden und keine anderen Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit erfolgreich durchgeführt werden konnten. Diese Vorschrift ist jedoch nicht so zu verstehen, dass durch sie die auf weitere Gründe abstellenden Ausnahmevorschriften in den aufgrund des Landespflegegesetzes erlassenen Baumschutzsatzungen und -verordnungen nunmehr rechtsgrundlos gestellt werden. § 23 Abs. 2 Satz 2 LNatSchG enthält keine abschließende Regelung zulässiger Ausnahmen vom Baumfällverbot, sondern hebt nur eine besonders wichtige und konfliktträchtige Ausnahmesituation besonders hervor. Sie lässt insbesondere Regelungen in Baumschutzsatzungen und -verordnungen, die Ausnahmen vom Verbot der Beseitigung als Teil eines geschützten Landschaftsbestandteiles unter Schutz gestellter Baumbestände zur Ermöglichung sonst zulässiger Grundstücksnutzungen vorsehen, unberührt (ebenso: Messerschmidt, Bundesnaturschutzrecht, § 29 BNatSchG, Rn. 81, zu der mit § 23 Abs. 2 Satz 2 LNatSchG wörtlich übereinstimmenden bundesrahmenrechtlichen Vorschrift des § 29 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG). Einen Anhaltspunkt hierfür bietet bereits der Wortlaut des § 23 Abs. 2 Satz 1 LNatSchG, wonach die Beseitigung des geschützten Landschaftsbestandteiles sowie alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des geschützten Landschaftsbestandteils führen können, weiterhin "nach Maßgabe näherer Bestimmungen in der Rechtsverordnung" verboten sind. Auch ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des § 23 LNatSchG, dass mit der Neuregelung keine grundlegende Änderung des Schutzumfangs für als geschützte Landschaftsbestandteile durch Rechtsverordnung unter Schutz gestellte Baumbestände beabsichtigt war; vielmehr sollte der Schutzgegenstand des bisherigen § 20 LPflG "im gleichen Umfang" weiter gelten (so die Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung zu § 23 LNatSchG, LT-Drucks. 14/3877, S. 42). Vor allem aber ist eine Auslegung der §§ 53 Abs. 2 Satz 1, 23 Abs. 2 LNatSchG dahin, dass die Möglichkeit von Ausnahmen vom Baumschutz in der Rechtsverordnung insbesondere für den Fall vorzusehen ist, dass eine nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften zulässige Nutzung des Grundstücks sonst nicht verwirklicht werden kann, verfassungsrechtlich geboten. Zwar bestimmt das in einer Satzung oder Verordnung ausgesprochene Verbot, Bäume zu entfernen, zu zerstören, zu schädigen oder ihre Gestalt wesentlich zu verändern, grundsätzlich in zulässiger Weise Inhalt und Schranken des Grundeigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. NdsOVG, Urteil vom 27. Februar 1986, NuR 1987, S. 327). Mit der dem Verordnungsgeber durch § 23 Abs. 1 Satz 2 LNatSchG eingeräumten Ermächtigung, den gesamten Baumbestand einer Gemeinde unabhängig vom Standort der Bäume unter Schutz stellen zu können, hat der Gesetzgeber aber eine Regelung zugelassen, die - gerade in einem Großstadtgebiet -unausweichlich zu - durch die allgemeine Befreiungsregelung nicht zu bewältigenden - Konflikten zwischen den Zielen des Baumschutzes und den Eigentümerinteresses führt. Eine Konkretisierung der Sozialbindung des Eigentums im Sinne von Art. 14 GG stellt eine Baumschutzverordnung jedoch nur dar, wenn sie einen gerechten Ausgleich zwischen diesen widerstreitenden Interessen ermöglicht. Das ist bei Baumschutzverordnungen wie der hier in Frage stehenden aber nur gewährleistet, wenn sie Abweichungen von dem grundsätzlichen Verbot baumschädigender oder -gefährdender Handlungen vorsieht, durch die unter wertender Berücksichtigung der Bedeutung der im Bundesnaturschutzgesetz und dem Landesnaturschutzgesetz umschriebenen öffentlichen Aufgaben des Naturschutzes im Einzelfall den entgegenstehenden Nutzungsinteressen der Eigentümer Rechnung getragen werden kann (so überzeugend bereits: OVG Berlin, Urteil vom 22. Mai 1987, NuR 1987, S. 323, 324 zum Berliner Naturschutzrecht). Danach ist der Bestand der Ausnahmevorschriften in den Baumschutzsatzungen und -verordnungen, die eine Ausnahme vom Baumfällverbot - gegebenenfalls unter der Auflage von Ersatzpflanzungen und/oder Ersatzzahlungen - zur Ermöglichung sonst zulässiger Grundstücksnutzungen vorsehen, bereits verfassungsrechtlich garantiert (so auch Messerschmidt, a.a.O., Rn. 83, m.w.N.). Daran wollte der Gesetzgeber des Landesnaturschutzgesetzes ersichtlich nichts ändern.

Darin, dass das Landesrecht über das Instrument des Baumschutzes für Eingriffe in geschützte Landschaftsbestandteile durch Baumvorhaben im Innenbereich Verbote mit Ausnahmen unter der Auflage von "Ersatzmaßnahmen" vorsieht, liegt auch keine unzulässige Umgehung des § 21 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG, demzufolge die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung für Vorhaben im Innenbereich nicht gilt. Wie sich vielmehr bereits aus den Gesetzesmaterialien zur Vorgängervorschrift des § 21 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG (§ 8 a Abs. 6 BNatSchG a.F.) ergibt, sollte durch die Unanwendbarkeit der Eingriffsregelung im Innenbereich nicht zugleich ausgeschlossen werden, die Bebaubarkeit von Innenbereichsgrundstücken aus Naturschutzgründen über andere Instrumente, wie zum Beispiel die Unterschutzstellung als geschützter Landschaftsbestandteil, einzuschränken (vgl. BT-Drucks. 12/3944, S. 25 ff.).

b. Die für die Bemessung der Höhe der Ersatzzahlung maßgeblichen Bestimmungen des § 5 Abs. 5 i.V.m. Abs. 7 BaumschutzVO MZ sind auch nicht mangels hinreichender Bestimmtheit ungültig. Sie leiden jedenfalls nicht an Bestimmtheitsmängeln, die zu ihrer Gesamtnichtigkeit führen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt ein Verstoß gegen das aus Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitende Erfordernis angemessener Bestimmtheit einer Norm bei Verwendung sogenannter unbestimmter Rechtsbegriffe nur dann vor, wenn es wegen der Unbestimmtheit nicht mehr möglich ist, objektive Kriterien zu gewinnen, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden und die Gerichte ausschließen. Aus dem Inhalt der Rechtsvorschrift muss sich mit ausreichender Bestimmtheit ermitteln lassen, was von den pflichtigen Personen verlangt wird. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Vorschrift lässt noch nicht die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit entfallen. Das Ausmaß der gebotenen Bestimmtheit lässt sich nicht allgemein festlegen, sondern richtet sich nach der Eigenart des zu regelnden Sachgebiets (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 16. Juni 1994, BVerwGE 96, 100, juris Rn. 8, m.w.N.). Verfassungsrechtlich geboten ist danach nicht eine Bestimmtheit "um jeden Preis", sondern eine auch unter Berücksichtigung der praktischen Handhabung in der Weise ausreichende Bestimmtheit, die eine willkürliche Behandlung durch Behörden oder Gerichte ausschließt (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 17).

Diesen Anforderungen wird die Regelung der Ersatzzahlung in der BaumschutzVO MZ im Wesentlichen gerecht.

Nach § 5 Abs. 7 Satz 3 BaumschutzVO MZ bemisst sich die Höhe der Ersatzzahlung nach dem für die Ersatzpflanzung, soweit diese unmöglich ist, "erforderlichen Geldbetrag", wobei neben den Kosten der "Pflanzung" auch die Kosten der "Unterhaltung" einbezogen werden.

Um die Höhe des Ersatzgelds ermitteln zu können, bedarf es danach der konkreten Feststellung von Art und Umfang der Ersatzpflanzung, an deren Stelle das Ersatzgeld gezahlt werden soll. Hierfür muss die Verordnung normative Vorgaben enthalten, die eine Bestimmung von Art und Umfang der Ersatzpflanzung im Einzelfall aufgrund sachgerechter und konkretisierbarer Kriterien ermöglichen und damit eine willkürliche Behandlung durch die Behörde ausschließen (vgl. dazu Messerschmidt, a.a.O., Rn. 105). Solche Vorgaben enthält § 5 Abs. 7 Satz 2 BaumschutzVO MZ, wonach sich die erforderliche Ersatzpflanzung "jeweils nach der Funktionsleistung des geschädigten bzw. entfernten Baumes" bemisst. Damit verweist die Verordnung auf eine naturschutzfachliche Bewertung der Bedeutung des jeweiligen (geschädigten oder entfernten) Baumes für den Naturhaushalt, d. h. auf dessen "ökologische Wertigkeit" und damit auf ein Kriterium, das einer unmittelbaren Bewertung in Geld nicht zugänglich ist. Dies ist dem Naturschutzrecht allerdings keineswegs fremd. Dabei ermöglicht es die Regelung des Schutzzwecks der Verordnung in § 2 BaumschutzVO MZ, das Kriterium der "Funktionsleistung des geschädigten bzw. entfernten Baumes" näher zu konkretisieren. Wesentlich ist danach die Bedeutung des Baumes für die Sicherung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, einschließlich der klimatischen Situation, in dem Siedlungsgebiet, aber auch für die Belebung, Gliederung und Pflege des Orts- und Landschaftsbildes. § 5 Abs. 7 Satz 2 BaumschutzVO enthält somit einen an das zuständige Amt der Stadtverwaltung gerichteten Konkretisierungsauftrag, in jedem Einzelfall eine naturschutzfachliche Bewertung der Bedeutung des zu entfernenden Baumes für den Naturhaushalt unter Berücksichtigung der in § 2 der Verordnung genannten Kriterien vorzunehmen. Der so ermittelte "ökologische Wert" des zu entfernenden Baumes muss weiter in Relation zum ökologischen Wert einer Ersatzpflanzung gesetzt werden, dass heißt, es ist auch zu ermitteln, welche und wie viele als Ersatz zu pflanzende "Jungbäume" - jedenfalls auf längere Sicht betrachtet - den Verlust des "Altbaumes" für den Naturhaushalt und die anderen in § 2 der Verordnung genannten Gesichtspunkte voraussichtlich ausgleichen können werden (vgl. zu dieser Problematik: Messerschmidt, a.a.O., Rn. 106 ff.). Die auf diese Weise nach Art und Umfang festgelegte Ersatzpflanzung bildet die Basis für die Bemessung der Ersatzzahlung nach § 5 Abs. 7 Satz 3 BaumschutzVO MZ.

Zwar ist der Beigeladenen darin Recht zu geben, dass eine pauschalisierende Maßstabsvorgabe in der Verordnung für die Bestimmung des Umfangs der Ersatzpflanzung - wie etwa die Anknüpfung an den Stammumfang des entfernten oder geschädigten Baumes in § 7 Abs. 2 der Musterbaumschutzsatzung Nordrhein-Westfalen (abgedruckt bei Messerschmidt, a.a.O., Anhang B VIII 2.5) und in § 7 Abs. 2 Musterbaumschutzsatzung Rheinland-Pfalz (abgedruckt in "Gemeinde und Stadt" 1996, Beilage 6/96) - es dem Pflichtigen eher ermöglicht, den Umfang der auf ihn zukommenden Ersatzpflanzung und der - bei deren gänzlicher oder teilweiser Unmöglichkeit - zu erbringenden Ersatzzahlung im Voraus genauer abzuschätzen und sein Verhalten - etwa bei der Planung eines Bauvorhabens - daran auszurichten. Daher steht außer Zweifel, dass der Verordnungsgeber auch zu einer stärker generalisierenden und typisierenden Regelung des Umfangs der Ersatzpflanzung und zugleich der Höhe der Ersatzzahlung berechtigt ist. Er ist indessen dazu nicht verpflichtet, sondern darf im Rahmen einer gerechten Abwägung der Naturschutz- und Eigentumsnutzungsinteressen auch eine Regelung treffen, die durch Anknüpfung an die konkrete ökologische Bedeutung des betroffenen Baumes die verschiedenen Aspekte des Schutzzwecks der Baumschutzverordnung stärker berücksichtigt. Denn eine pauschalisierende Regelung wie etwa in § 7 Abs. 2 der beiden genannten Mustersatzungen, die hinsichtlich der Zahl der zu pflanzenden "Ersatzbäume" lediglich auf den Stammumfang des entfernten Baumes abstellt und im Übrigen nur festlegt, dass als Ersatz Bäume derselben oder einer zumindest gleichwertigen Art zu pflanzen sind, trägt der ökologischen Bedeutung des entfernten Baumes für den Naturhaushalt und dem Erfordernis eines möglichst vollständigen Ausgleichs des insoweit durch die Entfernung des Baumes eintretenden Verlustes nur unzureichend Rechnung. Die Bedeutung des Baumes für das Orts- und Landschaftsbild wird sogar ganz ausgeblendet. Demgegenüber ermöglicht das Kriterium der "Funktionsleistung des geschädigten bzw. entfernten Baumes" in § 5 Abs. 7 Satz 2 BaumschutzVO MZ eine angemessene Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte. Zugleich genügt es dem Gebot einer hinreichenden normativen Steuerung des Verwaltungshandeln, um eine willkürliche Bestimmung der Ersatzpflanzung und damit der Ersatzzahlung auszuschließen, weil es mit Hilfe der in § 2 der Verordnung genannten Schutzzwecke näher konkretisiert werden kann. Erweist sich die Anknüpfung an die "Funktionsleistung des geschädigten bzw. entfernten Baumes" damit als hinreichend bestimmbar, so führt dies allerdings zwangsläufig zu erhöhten Anforderungen an die Begründung von Art und Umfang der Ersatzpflanzung als Maßstab für die Höhe der Ersatzzahlung im jeweiligen Bescheid.

Genügt danach § 5 Abs. 7 BaumschutzVO MZ, soweit er die Höhe der Ersatzzahlung am Umfang der zum Ausgleich der Funktionsleistung des geschädigten Baumes erforderlichen Ersatzpflanzung ausrichtet, dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot, so ist die weitere Regelung, wonach der "erforderliche Geldbetrag" sowohl die Kosten der Pflanzung als auch der Unterhaltung umfasst, allerdings nur teilweise hinreichend bestimmt. Zwar lässt sich der unbestimmte Rechtsbegriff "erforderlicher Geldbetrag zur Pflanzung" noch dahin konkretisieren, dass darunter zum einen die Aufwendungen für den Erwerb der Ersatzpflanzen in der erforderlichen Anzahl und zum anderen die für den eigentlichen Anpflanzungsvorgang anfallenden Lohn- und Materialkosten zu verstehen sind. Die pauschale Einbeziehung von Kosten der "Unterhaltung" ist jedoch nicht hinreichend bestimmt oder auch nur bestimmbar. Der Verordnung lassen sich insoweit keine Anhaltspunkte entnehmen, welche Aufwendungen unter den Begriff der "Unterhaltung" fallen und insbesondere, auf welchen Unterhaltungszeitraum sie zu berechnen sind. Berücksichtigt man, dass eine Ersatzpflanzung auch einer größeren Anzahl von "Jungbäumen" den Verlust der Funktionsleistung eines entfernten älteren Baumes für den Naturhaushalt regelmäßig erst nach Ablauf mehrerer Jahrzehnte vollständig ausgleichen kann (vgl. dazu Messerschmidt, a.a.O., Rn. 106, m.w.N.), so erscheint der Umfang der in die Höhe der Ersatzzahlung einfließenden Unterhaltungsaufwendungen nicht einmal annäherungsweise abschätzbar.

Die Unbestimmtheit der Einbeziehung von Aufwendungen für die "Unterhaltung" der Ersatzpflanzung führt jedoch nur zur Teilnichtigkeit der Verordnungsbestimmung über die Höhe der Ersatzzahlung. Denn es ist anzunehmen, dass der Verordnungsgeber die Ersatzzahlungsregelung auch ohne die Einbeziehung von Unterhaltungskosten erlassen hätte, wenn er deren mangelnde Bestimmtheit erkannt hätte. Hierfür spricht schon, dass die Stadtverwaltung in offenbar ständiger Verwaltungspraxis bei der Berechnung des Ersatzgeldes Kosten der Unterhaltung der Ersatzpflanzung nicht berücksichtigt (vgl. dazu den Vermerk vom 8. Juni 2007, Bl. 117 der GA). Da sie dies auch im Falle der Beigeladenen nicht getan hat, wirkt sich die Teilnichtigkeit von § 5 Abs. 7 Satz 3 BaumschutzVO MZ auch vorliegend nicht aus.

2. Die Ersatzzahlungsauflage im Bescheid vom 5. Oktober 2005 ist jedoch vom Stadtrechtsausschuss im Ergebnis zu Recht aufgehoben worden, weil sie an einem Begründungsmangel leidet, der weder geheilt noch unbeachtlich ist und deshalb zu ihrer Aufhebung führen muss.

Gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 39 Abs. 1 VwVfG ist ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen, in der die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen sind, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Soweit es sich um eine Ermessensentscheidung handelt, muss die Begründung grundsätzlich auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

Wie bereits ausgeführt, enthält § 5 Abs. 7 Satz 2 BaumschutzVO MZ mit der Orientierung des - letztlich auch für die Höhe der Ersatzzahlung maßgeblichen -Umfangs der Ersatzpflanzung an der "jeweiligen Funktionsleistung des geschädigten bzw. entfernten Baumes" einen Konkretisierungsauftrag an die Verwaltung, in jedem Einzelfall die ökologische Bedeutung des betroffenen Baumes für den Naturhaushalt und die anderen in § 2 der Verordnung genannten Aspekte des Schutzzwecks der Verordnung sowie Art und Umfang der zum Ausgleich des entsprechenden Verlustes erforderlichen Ersatzpflanzung zu ermitteln. Dies erfordert eine naturschutzfachliche Bewertung des konkreten Sachverhaltes durch das zuständige Amt der Beklagten, die im Auflagenbescheid nachvollziehbar darzustellen ist, weil andernfalls die für die Bemessung von Art und Umfang der Ersatzpflanzung und damit für die Höhe der an ihre Stelle tretenden Ersatzzahlung wesentlichen tatsächlichen Gründe für den Adressaten der Auflage nicht erkennbar sind.

Vorliegend lässt Ziffer 35 des Bescheides vom 5. Oktober 2005 indessen in keiner Weise erkennen, aufgrund welcher naturschutzfachlichen Bewertungen die Behörde zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Beigeladene zum Ausgleich des durch die Entfernung von 10 Bäumen eintretenden Funktionsverlustes für den Naturhaushalt zu einer Ersatzpflanzung von "21 Laub-/Obstbäumen" mit einem "Stammumfang von 18/20 cm" verpflichtet ist. Auch aus dem weiteren Schriftverkehr zwischen den Beteiligten ergeben sich hierfür keine zureichenden Anhaltspunkte. Die Stellungnahme des Umweltamtes der Beklagten gegenüber der Bauaufsichtsbehörde vom 16. September 2005 (Bl. 87 f. der VA), auf deren Formulierungsvorschlag Ziffer 35 des Bescheides zurückgeht, enthält - abgesehen davon, dass sie der Beigeladenen offenbar nicht zugänglich gemacht wurde - über den vagen Hinweis hinaus, dass es sich bei den zu rodenden Bäumen um einen alten und "teilweise ökologisch sehr wertvollen, ortsbildprägenden Baumbestand" handelt, keine nachvollziehbaren Bewertungen, die das angenommene Verhältnis von 10 "Altbäumen" zu 21 Ersatzbäumen erklären könnten.

Der Mangel der Begründung ist auch nicht im Sinne von § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG durch Nachholung der erforderlichen Begründung bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens geheilt worden. Der im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorgelegte Vermerk des Umweltamtes vom 8. Juni 2007 erläutert lediglich das Zustandekommen des in ständiger Verwaltungspraxis angewendeten Pauschalbetrages von 450,-- € pro Baum, geht aber gerade nicht auf die der Bestimmung von Art und Umfang der Ersatzpflanzung im konkreten Fall der Beigeladenen zugrunde liegenden naturschutzfachlichen Bewertungen ein. Zudem macht gerade dieser Vermerk deutlich, dass sich die Beklagte in ihrer Verwaltungspraxis weitgehend von der Vorgabe des § 5 Abs. 7 Satz 2 BaumschutzVO MZ, die Ersatzpflanzung nach der jeweiligen Funktionsleistung des entfernten Baumes zu bemessen, zugunsten einer eher pauschalierenden und an fiskalischen Bedürfnissen orientierten Betrachtungsweise gelöst hat. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht wurden vom Vertreter der Beklagten keine Erklärungen zur Begründung des konkreten Umfangs der Ersatzpflanzung im Falle der Beigeladenen abgegeben.

Der Begründungsmangel ist schließlich nicht gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 46 VwVfG unbeachtlich. Denn es ist nicht offensichtlich, dass die Verletzung der Begründungspflicht die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Dies folgt schon daraus, dass die Verbindung einer Ausnahmegenehmigung vom Baumbeseitigungsverbot mit einer Auflage gemäß § 5 Abs. 5 Satz 1 BaumschutzVO MZ im Ermessen der Behörde steht ("kann ... verbunden werden"). Die Entscheidung über den konkreten Inhalt der Auflage enthält überdies - wie dargestellt - mit der Anknüpfung an die "Funktionsleistung des entfernten Baumes" Elemente einer naturschutzfachlichen Beurteilung, die gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist. Eröffnet das materielle Recht im konkreten Fall Ermessen oder einen Beurteilungsspielraum, so ist im Regelfall nicht auszuschließen, dass sich die Verletzung der in § 46 genannten Vorschriften auf die Entscheidung in der Sache ausgewirkt hat (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, § 46, Rn. 32). Anhaltspunkte für einen Ausnahmefall bestehen vorliegend nicht; insbesondere war der Ermessens- und Beurteilungsspielraum hier nicht auf null reduziert.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Klägerin hat auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen, weil diese sich durch Stellung eines eigenen Antrags am Prozesskostenrisiko beteiligt hat (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.500,-- € festgesetzt (§§ 47, 52 GKG).



Ende der Entscheidung

Zurück