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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 02.02.2005
Aktenzeichen: 8 A 11771/04.OVG
Rechtsgebiete: BauGB, GemO


Vorschriften:

BauGB § 1
BauGB § 1 Abs. 7
BauGB § 6
BauGB § 6 Abs. 1
BauGB § 6 Abs. 3
BauGB § 35
BauGB § 35 Abs. 3
BauGB § 35 Abs. 3 Satz 3
BauGB § 203
BauGB § 203 Abs. 2
GemO § 67
GemO § 67 Abs. 2
1. Die Flächennutzungsplanung steht in Rheinland-Pfalz gemäß § 203 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 67 Abs. 2 GemO in vollem Umfang der Verbandsgemeinde zu. Diese muss bei der ihr obliegenden Abwägung die Planungsvorstellungen der einzelnen Ortsgemeinden besonders berücksichtigen.

2. Wird bei der kommunalaufsichtlichen Genehmigung eines sich auf den Teilbereich Windkraft beschränkenden Flächennutzungsplans ein Standort ausgenommen, berührt dies regelmäßig das gesamträumliche Entwicklungskonzept für das Verbandsgemeindegebiet. Die so veränderte Planung bedarf der erneuten Abwägung durch den Rat, bevor sie durch Bekanntmachung der Genehmigung in Kraft gesetzt wird.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ URTEIL IM NAMEN DES VOLKES

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Unwirksamkeit eines Flächennutzungsplanes

hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2005, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Bier Richterin am Oberverwaltungsgericht Spelberg Richter am Oberverwaltungsgericht Schauß ehrenamtlicher Richter Rentner Geertsen ehrenamtlicher Richter Angestellter Gewehr

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. April 2004 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Trier wird festgestellt, dass die am 21. Mai 2003 beschlossene und am 28. Oktober 2003 bekannt gemachte Teilfortschreibung des Flächennutzungsplans - Teilbereich Windkraft - gegenüber der Klägerin keine Rechtswirkungen entfaltet.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Teilfortschreibung des Flächennutzungsplans der Beklagten, Teilbereich Windkraft, ihr gegenüber keine Rechtswirkungen entfaltet.

Im Rahmen des durch Beschluss des Verbandsgemeinderates vom 25. Juni 2002 eingeleiteten Verfahrens zur Teilfortschreibung des Flächennutzungsplans mit dem Ziel, möglichst schnell Rahmenbedingungen i.S.v. § 35 Abs. 3 BauGB zur Nutzung der Windenergie zu schaffen und einem Wildwuchs entsprechender Anlagen vorzubeugen, regte die Klägerin an, in ihrer Gemarkung ein Vorranggebiet für Windkraft zur Errichtung von zwei bis drei Windkraftanlagen festzusetzen. Dieses Gebiet wurde als Vorrangfläche 2 zunächst in dem Entwurf zur Teilfortschreibung aufgenommen.

Im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der Träger öffentlicher Belange wies die Kreisverwaltung B.-W. - Fachbereich Umwelt - auf Veröffentlichungen hin, wonach Windkraftanlagen generell ein Risiko für Kraniche darstellen könnten und das umstrittene Gebiet in einem Zugkorridor für Kranichzüge liege. Die Planungsgemeinschaft Region Trier stimmte wegen der Bedeutung des Gebietes als Lebensraum für die Avifauna der Darstellung eines Sondergebietes für die Windenergienutzung nicht zu, solange nicht auf der Grundlage einer vertiefenden gutachterlichen Stellungnahme nachgewiesen werden könne, dass keine erheblichen Beeinträchtigungen der Vogelwelt zu erwarten seien. Auch in der landesplanerischen Stellungnahme der Kreisverwaltung B.-W. vom 18. November 2004 wurden erhebliche Bedenken gegen den Standort 2 geltend gemacht. Diese stützen sich zum einen auf Gesichtspunkte des Vogelschutzes, nämlich die Gefährdung von Kiebitzen und Kranichen, die nur aufgrund einer gutachterlichen Stellungnahme durch einen qualifizierten Ornithologen abschließend beurteilt werden könnten, darüber hinaus auf die Tatsache, dass zwei von der Biotopkartierung Rheinland-Pfalz erfasste Biotope nach § 24 LPflG unmittelbar tangiert oder von der Vorrangfläche sogar teilweise überlagert würden. Schließlich wurde auf eine erhebliche Landschaftsbildbelastung durch die geplanten Anlagen auf dem Standort 2 verwiesen. Insoweit erhob auch die Verbandsgemeinde M. Bedenken, die darüber hinaus auf eine Beeinträchtigung der Siedlungsentwicklung in den benachbarten Ortsgemeinden G. und M. hinwies. In seiner Sitzung vom 28. November 2002 fasste sodann der Verbandsgemeinderat den Beschluss, den Standort 2 wegen der nicht zu bewältigenden Konflikte hinsichtlich des Arten- und Biotopschutzes sowie der erheblichen Beeinträchtigung des Landschafts- und Siedlungsraumes nicht mehr als Fläche zur Windenergienutzung darzustellen. Dagegen wurden die Einwände der Ortsgemeinden M. und G. im Hinblick auf die zu geringen Abstände und ihre künftige bauliche Entwicklung ausdrücklich zurückgewiesen.

Der Entwurf des Flächennutzungsplans wurde sodann in der Zeit vom 10. März 2003 bis 10. April 2003 offen gelegt. Die Klägerin wandte sich mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 8. April 2003 gegen die Streichung des ursprünglich vorgesehenen Standortes 2. Zur Begründung führte sie an, die Frage eines etwaigen Angrenzens an Biotope oder ein Überlappen von Biotopgebiete sei erst auf der Ebene des Baugenehmigungsverfahrens zu prüfen und abzuarbeiten, nicht dagegen im Rahmen des Flächennutzungsplanverfahrens, das lediglich eine Planung in den Grundzügen darstelle. Die Gefährdung von Lebensraum bzw. Zugkorridoren von Vögeln ergebe sich nicht aus vorhandenen wissenschaftlichen Untersuchungen, da die ursprünglich geplante Fläche 2 in dem Gutachten "Vogelschutz und Windenergie Rheinland-Pfalz" nicht als Fläche mit Brut- und Rastvorkommen erwähnt sei und die festgestellte Vogelzugverdichtung eine Senke südöstlich von M. betreffe, dagegen nicht die westnordwestlich von M. gelegene Fläche Nr. 2. Die erforderlichen Abstandsflächen zu Siedlungsgebieten seien eingehalten, die geltend gemachten Bedenken in Bezug auf die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes sowie die Einsehbarkeit von Siedlungsflächen beruhten auf sachfremden Erwägungen und berücksichtigten nicht, dass technische Einrichtungen immer eine Veränderung der natürlichen Umgebung darstellten, dennoch Windkraftanlagen vom Gesetzgeber gerade in dem Außenbereich privilegiert zugewiesen worden seien. Die Kreisverwaltung - Fachbereich Landesplanung - begrüßte in ihrer Stellungnahme vom 24. März 2003 den Verzicht auf den Standort 2. Auch die Planungsgemeinschaft stimmte mit Schreiben vom 10. April 2003 dem Entwurf zu.

In seiner Sitzung vom 21. Mai 2003 beschloss der Verbandsgemeinderat den Flächennutzungsplan in der ausgelegten Fassung. Die Bedenken der Klägerin wurden im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, die untere Landespflegebehörde habe konkrete Hinweise auf das Vorhandensein von Rastplätzen des Kiebitzes und des Kranichs sowie von Nahrungsflügen des Schwarzstorches und des Rotmilans erwähnt, sodass nach dem gesetzlichen Vorsorgeprinzip - jedenfalls ohne spezielles, mindestens einen Jahresablauf umfassendes Gutachten - von einem sehr hohen Konfliktpotential für den Artenschutz auszugehen sei. Als zusätzliches Argument komme die vergleichsweise stärkste Sichtbelastung von allen geprüften Standorten dazu, was im Verbund mit den anderen Konflikten den Gesamtkonflikt als unzumutbar erscheinen lasse. Der beschlossen Flächennutzungsplan stellt die im Planentwurf vorgesehenen Standorte 3, 5 und 8 als Sondergebiete für Windkraft dar.

Mit Bescheid vom 8. September 2003 genehmigte die Kreisverwaltung die Änderung des Flächennutzungsplans, wobei gemäß § 6 Abs. 3 BauGB von der Genehmigung die Fläche des vorgesehenen Standortes 5 (B./B.) ausgenommen wurde. In der Begründung des Bescheides wies die Kreisverwaltung darauf hin, dass die Herausnahme von Teilen aus der Plangenehmigung eine Veränderung des durch Beschluss des Verbandsgemeinderates festgestellten Inhalts des Flächennutzungsplans darstelle, so dass der Verbandsgemeinderat der Herausnahme des Windkraftstandortes 5 durch Beschluss beitreten müsse, bevor die ortsübliche Bekanntmachung erfolgen könne.

Gegen den Genehmigungsbescheid haben sowohl die Klägerin wie die Beklagte Widerspruch eingelegt. Während über den Widerspruch der Beklagten bislang noch nicht entschieden ist, wurde der Rechtsbehelf der Klägerin mit Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses B.-W. vom 27. Januar 2004 zurückgewiesen. Dieser Widerspruchsbescheid ist bestandskräftig. Der Genehmigungsbescheid vom 8. September 2003 wurde am 31. Oktober 2003 bekannt gemacht. In dieser Bekanntmachung ist ausgeführt, mit der Bekanntmachung werde die Teilfortschreibung für die genehmigten Teile wirksam. Der Verbandsgemeinderat war vorher der Einschränkung im Genehmigungsbescheid hinsichtlich des Standortes 5 nicht beigetreten.

Die Klägerin hat am 27. November 2003 Klage erhoben auf Feststellung, dass die am 21. Mai 2003 beschlossene und am 28. Oktober 2003 bekannt gemachte Teilfortschreibung des Flächennutzungsplans - Teilbereich Windkraft - in Bezug auf ihr Gemeindegebiet nicht mit ihr abgestimmt sei und insoweit keine Rechtswirkung entfalte.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. April 2004, auf dessen Gründe verwiesen wird, die Klage abgewiesen.

Mit ihrer Berufung gegen dieses Urteil macht die Klägerin geltend: Ihre Klagebefugnis ergebe sich aus der ihr zustehenden Planungshoheit, die Teil der Selbstverwaltungsgarantie sei. Diese Planungshoheit erstrecke sich auch auf die Aufstellung des Flächennutzungsplans. Die Übertragung der Flächennutzungsplanung auf die Verbandsgemeinde nach § 203 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 67 Abs. 2 GemO sei die Übertragung einer bloßen Aufgabenerfüllung, und nicht einer originären Selbstverwaltungsaufgabe. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Planungshoheit und das Recht auf Festlegung der Bodennutzung zum Kernbereich kommunaler Selbstverwaltung gehörten. Um dessen Kernbestand zu achten, wirkten die Gemeinden nach § 203 Abs. 2 Satz 2 BauGB auch an der Flächennutzungsplanung durch die Verbandsgemeinde mit. Daher sei § 67 Abs. 2 GemO nicht als lediglich verfahrensmäßige Beteiligung der einzelnen Ortsgemeinden zu verstehen, sondern verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass Planungsvorstellungen der einzelnen Ortsgemeinden in materiell-rechtlicher Hinsicht im Rahmen der durchzuführenden Abwägung weitestgehend Rechnung zu tragen sei. Eine Übernahme der Planungsvorstellungen einer Ortsgemeinde komme erst dann nicht mehr in Betracht, wenn diese mit den Planungsvorstellungen einer anderen Ortsgemeinde nicht in Einklang zu bringen seien, so dass hier ein Ausgleich zwischen den Interessen zweier betroffener Ortsgemeinden und damit einer Koordinierung der verschiedenen Planungsabsichten zu erfolgen habe. Derartige widerstreitende Planungsabsichten verschiedener Ortsgemeinden hätten jedoch bei der Frage, ob der Standort 2 als Vorranggebiet ausgewiesen werden solle, nicht bestanden. Die Rechtmäßigkeit der Flächennutzungsplanung ergebe sich auch nicht deshalb, weil der regionale Raumordnungsplan für die Region Trier - Kapitel Energieversorgung/Teilbereich Windenergie - ebenfalls kein Sondergebiet für die Windkraft im Gebiet der Klägerin vorsehe. Denn auch bei der Aufstellung des regionalen Raumordnungsplans seien die Belange der Klägerin nicht ausreichend berücksichtigt worden. Es gebe auch keine Gründe, die den Ausschluss des Standortes 2 rechtfertigten. Die Belange der Biotopflächen nach § 24 LPflG könnten noch ausreichend im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens berücksichtigt werden. Eine angebliche Gefährdung von Vögeln sei nicht hinreichend belegt. Durch den nicht auf sachgerechten Gründen beruhenden Ausschluss des Standortes 2 werde die Klägerin in ihrer Planungshoheit verletzt, da sie ohne einen Verstoß gegen § 8 Abs. 2 BauGB keinen Bebauungsplan für ein Sondergebiet für Windkraft entsprechend ihren Planvorstellungen aufstellen könne.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 7. April 2004 festzustellen, dass die Teilfortschreibung des Flächennutzungsplans der Beklagten, Teilbereich Windkraft, in Bezug auf ihr Gebiet keine Rechtswirkung entfaltet.

Die Beklagte stellt den Antrag,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Klägerin für nicht klagebefugt. Im Übrigen weist sie darauf hin, dass der regionale Raumordnungsplan, Teilfortschreibung Windkraft, mittlerweile in Kraft getreten sei, so dass bereits dieser der von der Klägerin gewünschten Aufstellung von Windenergieanlagen entgegenstehe. Auch habe der Verbandsgemeinderat bei der Aufstellung eines Flächennutzungsplanes nicht nur eine Koordinierungsfunktion, sondern ihm obliege die notwendige bauleitplanerische Gesamtabwägung. Dazu gehöre auch die Berücksichtigung landespflegerischer Belange. Die Vorstellungen der Klägerin über die Windkraftnutzung in ihrem Gebiet seien ordnungsgemäß in die Abwägung einbezogen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die von der Beklagten vorgelegten Vorgänge über die Aufstellung der Teilfortschreibung des Flächennutzungsplans der Beklagten für den Teilbereich Windkraft (7 Hefte) sowie der regionale Raumordnungsplan, Teilbereich Windkraft, genehmigt am 13. Mai 2004. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und auch begründet.

Das Verwaltungsgericht hätte der Klage stattgeben müssen, da der Klageantrag in der in der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2005 präzisierten Form zulässig und auch begründet ist.

Mit dem Verwaltungsgericht ist davon auszugehen, dass die Frage, ob der Flächennutzungsplan der Beklagten gegenüber der Klägerin Wirksamkeit entfaltet, ein zwischen den Beteiligten streitiges Rechtsverhältnis darstellt. Denn der Flächennutzungsplan bindet die Klägerin gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB in ihrer Entscheidung, ob und mit welchem Inhalt sie für das Gemeindegebiet Bebauungspläne aufstellt.

Auch fehlt es der Klägerin nicht am Rechtsschutzinteresse. Zwar ist der regionale Raumordnungsplan für die Region Trier - Teilbereich Windkraft - zwischenzeitlich in Kraft getreten. Er enthält mit der Festlegung von Vorrangzonen und dem Ausschluss von Flächen für Windkraftanlagen an anderer Stelle ein verbindliches Ziel, dem gemäß § 1 Abs. 4 die Bauleitpläne der Gemeinden, zu denen auch die Flächennutzungspläne gehören, anzupassen sind. Daher steht der regionale Raumordnungsplan einer Flächennutzungsplanung mit dem von der Klägerin gewünschten Inhalt entgegen. Da die Klägerin jedoch vorträgt, der regionale Raumordnungsplan sei unwirksam, und dies auch im Einzelnen begründet, und bei Unwirksamkeit des regionalen Raumordnungsplans die Klägerin an der gewünschten Ausweisung einer Fläche für Windenergieanlagen auf ihrem Gemeindegebiet gemäß § 8 Abs. 2 BauGB jedenfalls (auch) durch den hier umstrittenen Flächennutzungsplan gehindert ist, ist das Rechtsschutzbedürfnis aus diesem Grund jedenfalls nicht von vornherein zu verneinen. Soweit das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung das Rechtsschutzbedürfnis schon wegen des Entwurfs des regionalen Raumordnungsplans (als Grundsatz der Raumordnung) in Frage stellt, gilt Vorstehendes sinngemäß, da die Rügen der Klägerin gegen die Wirksamkeit des regionalen Raumordnungsplans inhaltlicher Art sind und sich daher auch auf den Entwurf beziehen.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts kann die Klägerin auch geltend machen, in ihren Rechten betroffen zu sein (§ 42 Abs. 2 VwGO). Diese Rechtsbetroffenheit, die auch Voraussetzungen für eine Feststellungsklage nach § 43 VwGO ist, kann allerdings nicht damit begründet werden, dass die Beklagte einen Flächennutzungsplan mit einem Inhalt für das Gebiet der Klägerin erlassen hat, der mit dieser nicht abgestimmt war, vielmehr den Planungswünschen der Kläger widerspricht. Denn eine Ortsgemeinde kann rechtlich nicht verlangen, dass ein Flächennutzungsplan nur mit ihrer Zustimmung erlassen wird.

Die Aufstellung des hier umstrittenen Flächennutzungsplans entspricht § 67 Abs. 2 GemO. Die rechtlichen Bedenken der Klägerin gegen diese Bestimmung sind nicht begründet (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 8. März 2004 - 8 A 11146/03.OVG). Nach § 203 Abs. 2 BauGB, der § 147 Abs. 2 BBauG i.d.F. vom 18. August 1976 (BGBl. I S. 2221) entspricht, können durch Landesgesetz Aufgaben der Gemeinden nach dem BauGB auf Verbandsgemeinden, Verwaltungsgemeinschaften oder vergleichbare gesetzliche Zusammenschlüsse von Gemeinden, denen nach Landesrecht örtliche Selbstverwaltungsaufgaben der Gemeinden obliegen, übertragen werden. Dem entspricht § 67 Abs. 2 GemO. Bei der Verbandsgemeinde handelt es sich um einen gesetzlichen Zusammenschluss von Ortsgemeinden (s. § 64 Abs. 1 Satz 1 GemO). Ihnen sind kraft Gesetzes Selbstverwaltungsaufgaben übertragen worden (vgl. § 67 Abs. 1 Nrn. 3 bis 6 GemO). Gerade die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz waren für den Bundesgesetzgeber Anlass zur Einführung der Regelung des § 147 Abs. 2 in das BBauG, um dadurch der Schaffung neuer Formen kommunaler Körperschaften in der Gemeindeebene im Kommunalverfassungsrecht der Länder Rechnung zu tragen. (Zur Entstehungsgeschichte siehe Kalb in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Kommentar zum BBauG, Rn. 18 zu § 147).

Die Vorschriften des § 203 Abs. 2 BauGB und § 67 Abs. 2 GemO sind auch mit der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 GG vereinbar (s. BVerfG, Beschluss vom 9. Dezember 1987, BVerfGE 77, 288). In dieser Entscheidung bestätigt das Bundesverfassungsgericht (a.a.O. S. 307) ausdrücklich, dass die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz zu den Gemeindeverbänden gehören, für die der Bund in § 147 Abs. 2 BBauG eine Übertragung von Aufgaben der Bauleitplanung durch Landesgesetz zulässt. Selbst wenn die Planungshoheit der Gemeinden zum unantastbaren Kernbereich der Selbstverwaltung gehört, was das Bundesverfassungsgericht bislang offen gelassen hat (so zuletzt Beschluss vom 7. Mai 2001, BVerfGE 103, 332 - 366 - m.w.N.), greifen die genannten Regelungen in diesen nicht ein. Denn zum einen verbleibt die Flächennutzungsplanung innerhalb der "zweiten Gemeindebene" (so BVerfGE 77, 288); darüber hinaus erschöpft sich die Planungshoheit nicht in der Flächennutzungsplanung, sondern findet ihren eigentlichen Ausdruck in der den Ortsgemeinden zustehenden Befugnis zur Aufstellung von Bebauungsplänen (s. Urteil des 7. Senats des erkennenden Gerichts vom 26. September 2000, AS 28, 404). Der Flächennutzungsplan stellt nur den Rahmen für die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebenden Art der Bodennutzung in den Grundzügen dar (s. § 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Es handelt sich dabei um einen bloß vorbereitenden Bauleitplan, aus dem der Bebauungsplan mit den rechtsverbindlichen Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung (§ 8 Abs. 1 BauGB) gemäß § 8 Abs. 2 BauGB "zu entwickeln" ist, ohne dass eine starre Bindung besteht.

Soweit eine solche strikte Bindung sich aus der Darstellung von Konzentrationszonen für Anlagen nach § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB (so auch für Windenergieanlagen) aus der Regelung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ergibt, kann darin ein Eingriff in den Kern der Selbstverwaltung schon deshalb nicht gesehen werden, weil diese Regelung nur die Zulässigkeit einzelner Arten von baulicher Nutzung betrifft und daher nur einen kleinen sachlich und räumlich begrenzten Ausschnitt der baulichen Entwicklung des Gemeindegebietes.

Schließlich stellen § 67 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 GemO sicher, dass die Ortsgemeinden in substantieller Weise an der Flächennutzungsplanung beteiligt werden, wie es § 204 Abs. 2 Satz 2 BauGB vorschreibt (vgl. auch Urteil des Hessischen Staatsgerichtshofs vom 4. Mai 2004, DVBl. 2004, 1022 - 1025/1026 -; s. zu allem auch Gaentzsch in Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., Rn. 3, 10 und 13 zu § 203).

Die gesetzliche Übertragung der Flächennutzungsplanung auf die Verbandsgemeinde führt dazu, dass die Kompetenz für die Flächennutzungsplanung in vollem Umfang der Verbandsgemeinde zusteht (s. Kalb in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Kommentar zum BauGB, Rn. 33 zu § 203). Allerdings muss die Verbandsgemeinde bei der Aufstellung des Flächennutzungsplans das Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7 BauGB) beachten. Bei der ihr obliegenden Abwägung der betroffenen Belange ist den Planungsvorstellungen der einzelnen Ortsgemeinden ein besonderes Gewicht beizulegen (s. Kalb, a.a.O., Rn. 11 zu § 203). Dieses Recht der Ortsgemeinde auf angemessene Berücksichtigung ihrer Planungsvorstellungen und ihrer Belange kann durch eine die Planungsabsichten der Ortsgemeinde missachtende Flächennutzungsplanung verletzt werden, so dass die Klägerin aus diesem Grund klagebefugt nach § 42 Abs. 2 VwGO ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2000, NJW 2000, 3584).

Die Klage ist auch begründet. Der Flächennutzungsplan - Teilfortschreibung Windkraft - ist schon deshalb unwirksam, weil er in der Form, in der er bekannt gemacht worden ist, nicht von dem dafür zuständigen Verbandsgemeinderat beschlossen worden ist.

Die Kreisverwaltung hat in ihrem Bescheid vom 8. September 2003 von der gemäß § 6 Abs. 1 BauGB erforderlichen Genehmigung ausdrücklich die Fläche des Windkraftstandortes 5 (B./B.) ausgenommen. Darin liegt rechtlich keine Ausnahme von der Genehmigung i.S. von § 6 Abs. 3 BauGB mit der Folge, dass der Flächennutzungsplan in den übrigen, von der Genehmigung nicht ausgenommenen Teilbereichen in Kraft gesetzt werden kann. Denn das Ausnehmen der Genehmigung darf sich nur auf Teile erstrecken, die die Grundkonzeption des Plans nicht berühren, weil ansonsten ein Plan wirksam werden könnte, dessen Inhalt dem Abwägungsergebnis und damit dem Willen des Plangebers nicht entspricht (vgl. Gaentzsch in Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., Rdnr. 16 zu § 6 und Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Kommentar zum BauGB, Rdnr. 26 zu § 6). Bei einem sich auf den sachlichen Teilbereich Windkraft beschränkenden Flächennutzungsplan führt aber in der Regel das Ausklammern eines räumlichen Teilbereichs aus der Genehmigung zu einer derartigen inhaltlichen Änderung. Dies folgt aus der Systematik des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Die darin den Gemeinden aufgezeigte Planungsmöglichkeit führt zu einer planerischen Kontingentierung von an sich nach § 35 Abs. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert zulässigen Vorhaben. Denn eine positive Ausweisung an einer bestimmten Stelle für diese Vorhaben wird mit einer Ausschlusswirkung für den übrigen Planungsraum verbunden. Damit bedingen sich die negativen und positiven Komponenten der Darstellung gegenseitig. Dazu hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17. Dezember 2002 (UPR 2003, 188) ausgeführt, dass die Darstellung einer Konzentrationszone die ihr zugedachte Negativwirkung nur dann besitzt, "wenn ihr ein schlüssiges Plankonzept zugrunde liegt, das sich auf den gesamten Außenbereich streckt.... Die gemeindliche Entscheidung muss nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von Windkraftanlagen freizuhalten." Das Bundesverwaltungsgericht betont weiter die Aufgabe des Flächennutzungsplans, ein gesamträumliches Entwicklungskonzept für das Gemeindegebiet zu erarbeiten, was erfordert, dass die Ausweisung an bestimmter Stelle Hand in Hand mit der Prüfung gehen muss, ob und inwieweit die übrigen Gemeindegebietsteile als Standorte ausscheiden. Im Rahmen der gebotenen Abwägung ist auch das mit der Privilegierung geschützte öffentliche Interesse an der Förderung erneuerbarer Energie in die Abwägung einzubeziehen.

Der Flächennutzungsplan der Beklagten in der Fassung des Beschlusses des Verbandsgemeinderates vom 21. Mai 2003 stellt das Ergebnis der Abwägung zwischen dem genannten öffentlichen Interesse an der Förderung der Windkraft mit den damit konkurrierenden öffentlichen und privaten Belange dar. Danach wurden von ursprünglich ins Auge gefassten 5 möglichen Vorrangstandorten drei Gebiete als Vorrangflächen für die Windkraft dargestellt. Das Ausnehmen der von der Beklagten aufgenommenen Vorrangfläche 5 (B./B.) von der Genehmigung führt dazu, dass die für die Aufstellung von Windkraftanlagen zur Verfügung stehenden Standorte erheblich (um etwa 1/3 bis 1/2 der ursprünglich geplanten Fläche) verkleinert wurden. Ein Flächennutzungsplan ohne die von der Genehmigung ausgenommenen Flächen verschafft daher dem Interesse an der erneuerbaren Energie in einem erheblich geringerem Umfang Geltung. Damit aber wird die gesamte Abwägung in Frage gestellt, da die planerische Entscheidung, den Planungsraum außerhalb der Konzentrationszonen für Windkraftanlagen freizuhalten, u.a. ihre Rechtfertigung auch aus den positiven Standortzuweisungen erfährt. Aus diesem Grunde beruht ein Flächennutzungsplan, in dem ein bedeutender Standort entfällt, nicht mehr auf der Abwägung des Verbandsgemeinderates. Es handelt sich dabei um eine Veränderung des durch Beschluss des Rates festgestellten Inhaltes des Flächennutzungsplanes, worauf die Kreisverwaltung in ihrem Genehmigungsbescheid vom 8. September 2003 hingewiesen hat. Eine derartige Planung bedarf daher einer erneuten Abwägung des dafür zuständigen Rates, bevor sie durch Bekanntmachung der Genehmigung in Kraft gesetzt wird.

Ist somit der von der Klägerin beanstandete Flächennutzungsplan nicht wirksam in Kraft gesetzt worden, so kann er auch gegenüber der Klägerin keine Rechtswirkungen zeitigen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.



Ende der Entscheidung

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