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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 08.12.2003
Aktenzeichen: 8 B 11827/03.OVG
Rechtsgebiete: LBauO


Vorschriften:

LBauO § 81
LBauO § 81 S 1
Eine Duldungsanordnung zur Durchsetzung einer Beseitigungsverfügung kann nur erlassen werden, wenn die Gefahr besteht, dass ein Dritter unter Berufung auf eigene Rechte den Vollzug der Beseitigungsverfügung verhindert. Sie ist daher rechtswidrig, wenn ihr Adressat dem Vollzug der Beseitigungsverfügung zugestimmt hat oder ihm offensichtlich kein den Vollzug hinderndes Recht zusteht.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS

8 B 11827/03.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Duldungsverfügung

hier: aufschiebende Wirkung

hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 8. Dezember 2003, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Bier Richter am Oberverwaltungsgericht Schauß Richter am Oberverwaltungsgericht Utsch

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 16. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 250 € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde hat weder im Haupt- (1) noch im Hilfsantrag (2) Erfolg.

1. Die zum Hauptantrag dargelegten Beschwerdegründe, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt (s. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des angefochtenen Beschlusses. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, dem Antragsteller gemäß § 80 Abs. 5 VwGO vorläufigen Rechtsschutz gegen die bauaufsichtliche Verfügung vom 15. Januar 2003 zu gewähren, die ihn verpflichtet zu dulden, dass die Eheleute B. verschiedene bauliche Anlagen von seinen im Außenbereich gelegenen Grundstücken entfernen.

Rechtsirrig ist die Auffassung des Antragstellers, die Anordnung der sofortigen Vollziehung weise wegen inhaltlicher Unrichtigkeit der Begründung einen formellen Mangel auf. Den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügt jede schriftliche Begründung, die nicht lediglich formelhaft ist, sondern auf den konkreten Fall abstellt. Dass dies vorliegend der Fall ist, hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargestellt. Auf die inhaltliche Richtigkeit der Begründung kommt es im Rahmen des § 80 Abs. 3 VwGO nicht an (s. Schoch in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 80 Rn 177 m.w.N.).

Zu Recht hat die Vorinstanz die Vollziehungsanordnung wegen offensichtlicher Rechtmäßigkeit der strittigen Duldungsanordnung auch für materiell gerechtfertigt erachtet.

Der Hinweis des Antragstellers, er habe die in der Duldungsanordnung bezeichneten Grundstücke mittlerweile an die Eheleute B. verkauft, stellt die Richtigkeit des erstinstanzlichen Beschlusses nicht in Frage. Noch nicht der Grundstückskaufvertrag führt zu einem Eigentumswechsel, sondern erst die hierfür erforderliche Umschreibung der Grundstücke im Grundbuch (s. § 873 Abs. 1 BGB); diese hat der Antragsteller weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Überdies kann ein Eigentumserwerb durch den Beseitigungspflichtigen nach Erlass einer Duldungsanordnung gegen den Eigentümer allenfalls zur Erledigung, nicht aber zur Rechtswidrigkeit derselben führen.

Zu Unrecht bezweifelt der Antragsteller die Rechtmäßigkeit der Duldungsanordnung mit der Begründung, ihm fehle die zivilrechtliche Befugnis, die Eheleute Bissinger an der Beseitigung baulicher Anlagen auf seinen Grundstücken zu hindern. Zwar setzt die Rechtmäßigkeit einer Duldungsanordnung die Gefahr voraus, dass deren Adressat die Vollziehung einer gegen Dritte ergangenen bauaufsichtlichen Verfügung unter Berufung auf eigene Rechte vereitelt (s. Decker in Simon/Busse: BayBauO, Art. 82 Rn 404). Hat er hingegen ausdrücklich sein Einverständnis mit der Vollziehung der bauaufsichtlichen Verfügung erklärt oder fehlt ihm offensichtlich eine Berechtigung, sie zu verhindern, ist die Duldungsanordnung überflüssig und daher rechtswidrig (s. Bad.-Württemb. VGH, Urteil vom 22. Mai 2000, NuR 2001, 583, 584). Beides ist hier aber nicht der Fall. Zum einen hat sich der Antragsteller im Verwaltungsverfahren keineswegs mit der Beseitigung der auf seinen Grundstücken errichteten Zäune sowie der Dungstätte einverstanden erklärt, sondern die Antragsgegnerin mit Telefax vom 21. April 1999 ausdrücklich gebeten, vom Erlass einer Beseitigungsverfügung Abstand zu nehmen. Überdies hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt, dass mangels schriftlichem Pachtvertrag und Gewissheit über den Zeitpunkt der Zaunerrichtung keineswegs auszuschließen ist, dass der Antragsteller unter Berufung auf sein Grundeigentum den Vollzug der gegenüber den Eheleuten B. erlassenen Beseitigungsverfügung vereiteln könnte.

Ob die Rechtmäßigkeit dieser Beseitigungsverfügung zugleich Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der Duldungsanordnung ist (so Bad.-Württemb. VGH, Urteil vom 19. August 1992, NVwZ 1993, 1215, 1216; a.A. Decker aaO., m.w.N. aus der Rechtsprechung des BayVGH) kann dahinstehen. Soweit sich der Antragsteller auf die von den Eheleuten Bissinger im Verfahren 8 B 11828/03.OVG geäußerten Bedenken gegen die Beseitigungsverfügung beruft, sind diese mit Beschluss vom heutigen Tage sämtlich zurückgewiesen worden. Auf die Begründung dieses Beschlusses wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug genommen, zumal der Antragsteller vom selben Prozessbevollmächtigten wie die Eheleute Bissinger vertreten wird.

2. Soweit der Antragsteller den Hauptantrag im Hinblick auf den Grundstücksverkauf "fürsorglich" für erledigt erklärt, handelt es sich - da die Erledigungserklärung einseitig geblieben ist - um den Hilfsantrag, den Eintritt der Erledigung festzustellen. Ein solcher Hilfsantrag ist - anders eine Erledigungserklärung unter hilfsweiser Aufrechterhaltung des bisherigen Hauptantrages - unzulässig (s. Kopp/Schenke: VwGO, 13. Aufl. 2003, § 161, Rn 29a m.w.N.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus §§ 20 Abs. 3, 14, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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