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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 20.12.2006
Aktenzeichen: 8 C 10881/06.OVG
Rechtsgebiete: VwVfG, LBauO


Vorschriften:

VwVfG § 74
VwVfG § 74 Abs. 2
VwVfG § 74 Abs. 2 S. 2
VwVfG § 74 Abs. 2 S. 3
LBauO § 47
LBauO § 81
LBauO § 81 S 1
Zum Anspruch auf Ergänzung eines eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses um die Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach gemäß § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG im Falle von Beeinträchtigungen eines Gewerbebetriebs durch Baustelleneinrichtungen und die zeitweise Inanspruchnahme notwendiger Stellplätze.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 C 10881/06.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Eisenbahnrechts

hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Dezember 2006, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Held Richter am Oberverwaltungsgericht Stamm Richter am Oberverwaltungsgericht Utsch

für Recht erkannt:

Tenor:

Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss betreffend Bau und Erneuerung des Kaiser-Wilhelm-Tunnels in Cochem.

Sie ist Eigentümerin des Anwesens E.straße ... in Cochem. Dieses ist an verschiedene Nutzer verpachtet, die dort gastronomische Betriebe, eine Discothek sowie ein Fitnessstudio betreiben. Das Anwesen grenzt an die im Eigentum des Landes Rheinland-Pfalz stehende, 440 qm große Parzelle Flur ... Nr. ..., die dem öffentlichen Verkehr gewidmet ist (Fußgängerzone) und auf der im Anwesen der Klägerin angesiedelte Gastronomiebetriebe bisher aufgrund von Sondernutzungserlaubnissen im Sommer auf einer Fläche von 12 qm Außengastronomie betrieben haben. Ferner ist die Klägerin Eigentümerin der Grundstücke Flur ... Nr. ... (286 qm) und ... (80 qm) am B. Weg in Cochem, auf denen sich dem Anwesen E.straße ... als notwendige Stellplätze zugeordnete Parkmöglichkeiten befinden.

Im Zuge des Baus und der Erneuerung des Kaiser-Wilhelm-Tunnels sollen angrenzend an das Anwesen der Klägerin 56 qm der landeseigenen Parzelle Flur ... Nr. ... zum Zwecke der Baustelleneinrichtung vorübergehend in Anspruch genommen werden. Von dem Grundstück Flur ...Nr. ... sollen 39 qm für den Bau einer Rampe zum Tunnelrettungsplatz dauerhaft und 33 qm für den Baustellenbetrieb vorübergehend in Anspruch genommen werden. 40 qm des Grundstücks Flur ... Nr. ... sind ebenfalls dauerhaft für den Bau der Rampe vorgesehen.

Mit am 15. April 2004 und am 29. April 2004 bei der Anhörungsbehörde eingegangenen Schreiben wandte sich die Klägerin nach Auslegung der Planfeststellungsunterlagen (15. März bis 15. April 2004) gegen die Planung. Sie machte geltend, die Inanspruchnahme der Stellplätze am B. Weg führe dazu, dass für das Anwesen E.straße ... die notwendigen Stellplätze nicht mehr zur Verfügung stünden und das Objekt daher nicht mehr weiter betrieben werden könne. Eine Baustelleneinrichtung vor dem Haus führe zum Wegfall der sommerlichen Außengastronomie, die das Herzstück des gastronomischen Betriebes darstelle. Zudem würden dadurch die Eingänge des Hauses und auch der Notausgang der Discothek unbenutzbar. Daher stehe die Kündigung sämtlicher Pachtverträge bevor. Aus diesen Gründen sei das gesamte Anwesen von der Beigeladenen zu übernehmen. Anderenfalls müsse die Planung so abgeändert werden, dass die Funktion der E.straße für Kundenströme nicht beeinträchtigt und ihre Stellplätze nicht in Anspruch genommen würden.

Im Rahmen des der Klägerin am 14. Juli 2006 zugestellten Planfeststellungsbeschlusses wies die Beklagte deren Einwendungen zurück. Die Inanspruchnahme der vorgesehenen Flächen sei für die Durchführung des Bauvorhabens unerlässlich. Hinsichtlich der zeitweise in Anspruch genommenen Stellplätze sei die Beigeladene zur Absprache mit der Klägerin und zur Bereitstellung von Ersatzstellplätzen verpflichtet. Auch sei sie verpflichtet, den Zugang zum Anwesen E.straße ... (Cafe und Pub) sowie den Notausgang der Discothek jederzeit zu gewährleisten. Entschädigungsfragen seien nicht Gegenstand der Planfeststellung. Der Baulärm sei nach Maßgabe der zahlreichen festgesetzten Auflagen zum mindern.

Am 27. Juli 2006 hat die Klägerin Klage erhoben und ursprünglich die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses begehrt. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage hat der Senat im Verfahren 8 B 10880/06.OVG abgelehnt.

Die Klägerin meint, sie sei durch den Planfeststellungsbeschluss mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung betroffen. Die dadurch bewirkten Beeinträchtigungen ihres Eigentums stünden außer Verhältnis zum Zweck der geplanten Maßnahme. Die weitere wirtschaftliche Nutzung ihres Anwesens werde durch die geplante Inanspruchnahme der daran angrenzenden Verkehrsfläche, den Baulärm und die Wegnahme zweier von insgesamt ca. 20 vorhandenen, notwendigen Stellplätze vereitelt, ohne dass sich die Beklagte im Rahmen der Abwägung damit hinreichend auseinandergesetzt habe. Insoweit habe im Planfeststellungsbeschluss eine angemessene Entschädigung festgesetzt werden müssen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Planfeststellungsbeschlusses zu verpflichten, der Beigeladenen dem Grunde nach die Pflicht aufzuerlegen, die baustellenbedingten Beeinträchtigungen in der Nutzung ihres Anwesens E.straße ... finanziell angemessen auszugleichen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend, das Anwesen E.straße ... werde durch die Planfeststellung nicht grunderwerbsmäßig in Anspruch genommen. Die auf einer geringen Fläche vorgesehene, vorübergehende Nutzung der vor dem Anwesen befindlichen öffentlichen Verkehrsfläche für die Baustelleneinrichtung berühre keine Rechte der Klägerin, da die sommerliche Außengastronomie dort lediglich aufgrund von Sondernutzungserlaubnissen stattgefunden habe. Im Übrigen führe die Inanspruchnahme der Grundstücke am B. Weg lediglich zum temporären Wegfall von zwei Stellplätzen, die für diese Zeit im nahe gelegenen Parkhaus angemietet werden könnten. Der Zugang zum Anwesen E.straße ... bleibe während der gesamten Bauzeit gewährleistet. Zum Baustellenbetrieb enthalte der Planfeststellungsbeschluss umfassende Auflagen zum Schutz der Nachbarschaft.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls, die Klage abzuweisen.

Sie folgt im Wesentlichen der Argumentation der Beklagten und bestreitet, dass die zeitweise in Anspruch genommenen Stellplätze notwendige Stellplätze im Sinne des Bauordnungsrechts seien. Zudem könnten sie in Übereinstimmung mit der Stadt Cochem auf nahegelegenen öffentlichen Parkplätzen während der Bauzeit ersetzt werden. Auch betreffe die Baustelleneinrichtung vor dem Anwesen E.straße ..., von der aus lediglich kurzzeitige Arbeiten für die Erstellung der Einschnitte und Rettungsplätze durchgeführt würden, nicht die Fläche, auf der bisher Außengastronomie stattgefunden habe.

Der Senat hat zu tatsächlichen und rechtlichen Fragen der Bereitstellung von Ersatzstellplätzen Auskünfte der Stadt Cochem und der Kreisverwaltung Cochem-Zell eingeholt. Für den Inhalt der Auskünfte wird auf Bl. 188 und 125 der Gerichtsakte - GA - verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Verwaltungsakten der Beklagten lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf ihren Inhalt wird ebenfalls verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Soweit die Klägerin ihr ursprüngliches Klagebegehren nicht mehr weiterverfolgt und dadurch ihre Klage teilweise zurückgenommen hat, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.

Die aufrechterhaltene Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Planergänzung in Form der Festsetzung einer Entschädigung (dem Grunde nach) im Planfeststellungsbeschluss zu.

Als Anspruchsgrundlage kommt ausschließlich § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG in Betracht. Die Vorschrift gebietet als Surrogat des in § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG geregelten Anspruchs auf technisch-reale Schutzvorkehrungen die Festsetzung einer Entschädigung, wenn solche Schutzvorkehrungen wegen unzumutbarer Beeinträchtigungen eines Planbetroffenen zwar geboten, aber untunlich oder mit dem Zweck des Vorhabens unvereinbar sind. Nicht auf dem Unterbleiben technisch-realer Schutzmaßnahmen beruhende und daher nicht von § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG erfasste Beeinträchtigungen durch rechtmäßige Planfeststellungsbeschlüsse können allenfalls einen Anspruch wegen enteignendem Eingriff begründen. Ein solcher gehört indessen nicht zum Prüfungs- und Entscheidungsprogramm des Planfeststellungsbeschlusses (s. BayVGH, NuR 2004, 386, 389).

Die Entschädigungsregelung in § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG erfasst in ihrem Anwendungsbereich sowohl schwere und unerträgliche Beeinträchtigungen, die die Enteignungsschwelle überschreiten, als auch planungsrechtlich unzumutbare Nachteile (s. BVerwGE 107, 313, 332), die sich als entschädigungspflichtige Inhaltsbestimmung des Eigentums darstellen (s. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl. 2005, § 74 Rn 135). Sie schließt insoweit gesonderte Ansprüche aus enteignendem oder enteignungsgleichem Eingriff aus. Hingegen bietet sie keine Grundlage für den Ausgleich sämtlicher, durch die Planung ausgelöster Vermögensnachteile (s. BVerwG, NJW 1997, 142).

Vorliegend überschreiten die von der Klägerin geltend gemachten Nachteile - ungeachtet der Frage, ob sie überhaupt Gegenstand technisch-realer Schutzmaßnahmen im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG sein könnten - nicht die Schwelle der planungsrechtlichen Zumutbarkeit.

I. Die im Planfeststellungsbeschluss angeordnete, ca. neun Monate dauernde Inanspruchnahme einer insgesamt 79 qm großen Fläche auf den Grundstücken Gemarkung Cochem Flur ... Nr. ... und ..., die vorübergehend zwei von ca. zwanzig der Klägerin zur Verfügung stehenden notwendigen Stellplätzen unbenutzbar macht, hat keine unzumutbaren Auswirkungen auf den in der Verpachtung des Anwesens E.straße ... bestehenden Gewerbebetrieb der Klägerin.

Der Planfeststellungsbeschluss verpflichtet die Beigeladene unter Ziff. C.2.3.2.4, für die Dauer der Inanspruchnahme der Stellplätze in Absprache mit der Klägerin und der Kreisverwaltung Cochem-Zell Ersatzstellplätze zur Verfügung zu stellen. Diese Schutzauflage ist nicht nur bestimmt, sondern auch geeignet, unzumutbare Auswirkungen des zeitweiligen Stellplatzwegfalls auf den Betrieb der Klägerin zu vermeiden. Insbesondere ist die Erfüllung der Auflage durch die Beigeladene entgegen der Auffassung der Klägerin tatsächlich möglich. Nach der vom Senat eingeholten Auskunft der Stadtverwaltung Cochem vom 28. November 2006 (Bl. 118 GA) besteht eine - aber möglicherweise nicht die einzige - Möglichkeit zur Auflagenerfüllung darin, dass die Beigeladene der Klägerin zwei Jahrestickets für das dem Anwesen E.straße ... schräg gegenüber liegende Parkhaus zur Verfügung stellt. Die Nutzung dieser Ersatzstellplätze ist auch ohne weiteres zumutbar. Insbesondere können die Pächter der Klägerin die Parktickets Bediensteten, die bisher auf anderen Stellplätzen geparkt haben, zur Verfügung stellen, um diese für Kunden freizumachen. Die Entfernung vom Parkhaus zum Anwesen E.straße ... ist auch keineswegs größer als von den Stellplätzen am B. Weg. Die Nutzung dieser Ersatzstellplätze führt auch nicht zu einer bauordnungsrechtlichen Illegalität der Nutzung des Hauses E.straße ..., die die Gefahr einer Nutzungsuntersagung nach sich zieht. Der auch mit Bausachen befasste Senat lässt ausdrücklich offen, ob die zeitweilige Unbenutzbarkeit vorhandener und durch Baulast gesicherter notwendiger Stellplätze überhaupt einen Verstoß gegen die Vorschriften des § 47 LBauO begründen kann. Selbst wenn man - wie die Kreisverwaltung Cochem-Zell als zuständige Bauaufsichtsbehörde im Schreiben vom 07. Dezember 2006 (Bl. 125 GA) - hiervon ausgehen wollte, ist im konkreten Fall gleichwohl der Erlass einer zeitlich beschränkten Nutzungsuntersagungsverfügung gemäß § 81 Satz 1 LBauO ausgeschlossen. Die im Schreiben der Kreisverwaltung angekündigte Duldung der Nutzung während des Stellplatzwegfalls beruht insoweit nicht auf einem jederzeit widerruflichen Entgegenkommen der Behörde. Vielmehr dürfte in Fällen, in denen notwendige Stellplätze zeitweilig unbenutzbar sind, aber in dieser Zeit durch Nutzung eines in zumutbarer Entfernung gelegenen öffentlichen Parkhauses mit regelmäßig freien Kapazitäten ersetzt werden können, das der Behörde in § 81 Satz 1 LBauO eingeräumte Einschreitensermessen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit in Richtung auf ein Unterlassen des Einschreitens reduziert sein. Hieraus folgt, dass die Klägerin durch die von der Beklagten verfügte Schutzauflage auch in rechtlicher Hinsicht ausreichend vor Gefahren für die ungehinderte Fortführung ihres Gewerbebetriebes gesichert ist.

II. Auch von der im Planfeststellungsbeschluss genehmigten Errichtung einer 70 qm großen Baustelleneinrichtungsfläche (BE 5) auf der an das Anwesen E.straße ... angrenzenden Straßenfläche wird der Gewerbebetrieb der Klägerin nicht unzumutbar beeinträchtigt.

Dass durch die unter Ziff. C.2.3.2.4 verfügten Schutzauflagen der Zugang zu Cafe und Pub sowie der Notausgang der Discothek ausreichend gesichert wird, hat der Senat bereits in seinem zwischen denselben Beteiligten ergangenen Beschluss vom 19. Oktober 2006 (8 B 10880/06.OVG, S. 5 des Umdrucks) festgestellt. Hierauf kann zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden.

Die Auswirkungen, die von der nach Angaben der Beigeladenen allenfalls zwölf Monate bestehenden Baustelleneinrichtung auf die bisher aufgrund von Sondernutzungserlaubnissen genutzte, 12 qm große (Bl. 112 GA) Gastronomiefläche im öffentlichen Verkehrsraum ausgehen, führen nicht zu unzumutbaren Folgen für die wirtschaftliche Verwertung des Anwesens E.straße ... . Es ist zwischen den Beteiligten inzwischen unstreitig (s. Bl. 108 GA), dass sich die Baustelleneinrichtung mit der Fläche für Außengastronomie nicht überschneidet, mithin die gastronomische Nutzung prinzipiell auch während der Bauphase möglich ist. Dass sich ihre Attraktivität in dieser Zeit mindert, ist indessen von der Klägerin entschädigungslos hinzunehmen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Nutzung einer öffentlichen Verkehrsfläche zu gastronomischen Zwecken aufgrund von im Ermessen der zuständigen Behörde stehenden, befristeten Sondernutzungserlaubnissen ohnehin weder unter dem Aspekt des Anliegerrechts noch unter dem des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vom Eigentumsrecht der Klägerin umfasst ist. Auch ein schutzwürdiges Vertrauen auf den unbeeinträchtigten Fortbestand dieser Erwerbschance ist nicht begründet. Zudem wird die Außengastronomie nur auf kleiner Fläche betrieben. Berücksichtigt man zusätzlich, dass der Beigeladenen im Planfeststellungsbeschluss unter A.1.3 umfangreiche Vorgaben für die Minimierung nachbarschaftsbeeinträchtigender Bauauswirkungen gemacht worden sind, kann kein Zweifel daran bestehen, dass die von der Baustelleneinrichtung BE 5 während einer Saison ausgehenden Beeinträchtigungen der Außengastronomie die wirtschaftliche Nutzung des Anwesens E.straße ... nicht unzumutbar beeinträchtigen.

III. Der Einwand der Klägerin, das Anwesen E.straße ... werde während des Bestands der Baustelleneinrichtungen an der Eisenbahnüberführung E.straße vom Kundenstrom aus der Fußgängerzone abgeschnitten und daher unzumutbar in seinem "Kontakt nach außen" beeinträchtigt, begründet ebenfalls keinen Entschädigungsanspruch.

Es kann dahinstehen, ob der dem gewerblich genutzten Grundstück der Klägerin durch die Lage an der E.straße vermittelte "Kontakt nach außen" zumindest hinsichtlich der möglicherweise auf "Laufkundschaft" angewiesenen gastronomischen Nutzungen vom eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb umfasst ist (s. dazu etwa BGHZ 23, 157, 163 und BVerwGE 54, 1ff). Denn auch dann begründet nicht jede Beeinträchtigung eine Entschädigungspflicht. Vielmehr sind Beeinträchtigungen, die auf Arbeiten an der Straße selbst bzw. an Straßenleitungen beruhen, vom Anlieger bis zur Grenze der Existenzgefährdung hinzunehmen (s. BGHZ 57, 359, 365). Wird der Außenkontakt des Anliegergrundstücks - wie hier - durch nicht straßenbezogene Arbeiten gestört, gilt zwar eine abgesenkte Opfergrenze. Diese ist bereits dann erreicht, wenn die Folgen des Eingriffs für den Anlieger nach Dauer, Intensität und Auswirkung so erheblich sind, dass ihm eine entschädigungslose Hinnahme nicht mehr zugemutet werden kann, z.B. bei einem mehrjährigen "fühlbaren" Ertragsverlust (s. BGH, BRS 45 Nr. 73). Ein solcher ist vorliegend nicht zu erwarten.

Zum einen hat der Vertreter der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung (s. S. 2 der Sitzungsniederschrift) erklärt, die Baustelleneinrichtung an der Eisenbahnüberführung E.straße werde voraussichtlich neun Monate, längstens ein Jahr dauern. Zum anderen hält sich die Beeinträchtigung der Erreichbarkeit des Anwesens der Klägerin in Grenzen, die einen nennenswerten Ertragsverlust im Bereich der Gastronomie ausschließen. Zwar mag der Fußgängerverkehr auf der E.straße durch die Baustelleneinrichtung, die das Unterqueren der Bahnlinie auf dieser Straße hindert, beeinträchtigt werden. Indessen liegt das Anwesen der Klägerin in einem Bereich, der nicht nur über die E.straße, sondern aus Richtung des Stadtzentrums auch durch die L 98 (Brückenstraße) erschlossen wird, die sich in Höhe der E.straße ... mit dieser zu einem "Platz" von beachtlicher Breite vereinigt. Von diesem aus wird das Anwesen auch nach Errichtung der 70 qm großen Baustelleneinrichtung BE 5 ohne weiteres wahrnehmbar und erreichbar sein, sodass der Außenkontakt zu Passanten allenfalls unwesentlich verschlechtert wird.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 und 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die Klägerin auch mit den außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu belasten, da diese einen eigenen Antrag gestellt und sich somit am Kostenrisiko des Prozesses beteiligt hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708ff ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 15.000 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziff. 34.2, 2.2.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327).

Ende der Entscheidung

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