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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 27.05.2009
Aktenzeichen: 8 C 11306/08.OVG
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 14
BauGB § 14 Abs. 1
BauGB § 1 Abs. 3
BauGB § 1 Abs. 3 Satz 1
BauGB § 9
BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 5
Zur Unwirksamkeit einer Veränderungssperre wegen fehlenden Sicherungsbedürfnisses für die Überplanung eines zentralen Grundstückes in einem Dorf mit 200 Einwohnern als Fläche für den Gemeinbedarf (Museum).
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 C 11306/08.OVG

In dem Normenkontrollverfahren

wegen Baurecht, Normenkontrolle gegen Veränderungssperre

hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. Mai 2009, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Held Richter am Oberverwaltungsgericht Schauß Richterin am Oberverwaltungsgericht Lang

für Recht erkannt:

Tenor:

Die am 25. November 2008 beschlossene Satzung über die Veränderungssperre für das Teilgebiet "B..." Ortsteil P... der Antragsgegnerin wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Antragsgegnerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Antragstellerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin wendet sich gegen eine Satzung über eine Veränderungssperre.

Sie ist Eigentümerin des Hausgrundstücks B... in B..., im unbeplanten Innenbereich des Ortsteils P..., bestehend aus den Flurstücken Flur ... Nrn. ...., ... und ... mit zusammen 609 m². Es handelt sich um die frühere Dorfschmiede, in der die Antragstellerin eine Töpferei betrieb.

Dieses Grundstück möchte sie an die AG Starthilfe e.V. verkaufen, einen eingetragenen gemeinnützigen Verein, der sich mit der Betreuung von schwierigen und gefährdeten Jugendlichen und jungen Volljährigen beschäftigt sowie mit der Sozialisierung und Resozialisierung von jungen Straffälligen, Strafgefangenen und Strafentlassenen. Dieser will seine Jugendhilfeeinrichtung "B... Hof" dorthin verlagern.

Die AG Starthilfe e.V. teilte ihre Kaufabsicht dem Ortsbürgermeister der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 7. August 2008 mit. Dieser wies mit Schreiben vom 12. August 2008 darauf hin, dass das Anwesen für den geplanten Zweck wenig geeignet erscheine. Das Vorhaben werde sicherlich die gewachsene Dorfgemeinschaft stören. Der Ortsgemeinderat der Antragsgegnerin beschloss in seiner Sitzung vom 21. August 2008, dass der AG Starthilfe e.V. mitgeteilt werden solle, der Ortsgemeinderat habe sich gegen den Kauf des Anwesens ausgesprochen. Er lehne auch eine eventuelle Nutzungsänderung für eine sozialpädagogische Außenwohngemeinschaft ab.

Mit Schreiben vom 27. August 2008 beantragte die AG Starthilfe e.V. einen Bauvorbescheid über eine Nutzungsänderung des Anwesens B.... Es sei beabsichtigt, in diesem Haus eine Jugendwohngemeinschaft mit vier Plätzen zu errichten, für Jugendliche im Alter zwischen 13 und 18 Jahren, die in der Regel aus einem ungünstigen Milieu und schwierigen familiären Verhältnissen kämen und nicht mehr zu Hause wohnen könnten. Die Wohngemeinschaft solle den Jugendlichen ein stabiles Zuhause und ein Lernfeld bieten, in dem sie verlässliche Beziehungen aufbauen und schulische und berufliche Zwecke verfolgen könnten. Die Dauer der Unterbringung sei auf mehrere Jahre angelegt, die Einrichtung werde von erfahrenen Pädagogen geleitet. Der Ortsbürgermeister leitete diesen Antrag unter Verweis auf die ablehnende Entscheidung des Ortsgemeinderates vom 21. August 2008 weiter. In einer Bürgerversammlung vom 21. Oktober 2008 informierte die AG Starthilfe e.V. über ihr Vorhaben. Bei einer anschließenden Unterschriftensammlung lehnten 163 Einwohner von B... das Vorhaben ab. Mit Schreiben vom 12. November 2008 erläuterte die Verbandsgemeinde dem Ortsbürgermeister die bauplanungsrechtliche Situation: Die Versagung des Einvernehmens enthalte keinen bauplanungsrechtlichen Bezug. Es würden keine bauplanungsrechtlichen Gründe gesehen, das Vorhaben zu verhindern.

In der Sitzung des Ortsgemeinderates vom 25. November 2008, zu der mit Schreiben vom 14. November 2008 eingeladen worden war, führte der Ortsbürgermeister aus, die Ortsgemeinde müsse wegen des Vorhabens der AG Starthilfe e.V. bauleitplanerisch tätig werden. Er verwies darauf, dass 163 Unterschriften gegen das Vorhaben vorlägen, so dass das angestrebte Ziel, Integrationsmöglichkeiten für die Jugendlichen innerhalb des Ortsteiles zu schaffen, nicht erreichbar sei. Er schlug vor, den Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan zu fassen und gleichzeitig eine Veränderungssperre für das Plangebiet zu beschließen. Dabei betonte er, dass keine reine Verhinderungsplanung betrieben werde, sondern auch städtebauliche Gründe für die Aufstellung eines Bebauungsplanes vorlägen. Zu berücksichtigen sei hierbei insbesondere, dass das Anwesen B... ortsbildprägenden Charakter habe und früher als Dorfschmiede genutzt worden sei. Im Hinblick auf die Bemühungen der Ortsgemeinde zur Förderung des Fremdenverkehrs sei eine Reaktivierung des Gebäudes als Dorfschmiede, gegebenenfalls ergänzt um eine Keramikausstellung denkbar. Die Planungsvorstellungen der Ortsgemeinde sollten mit Unterstützung eines Planungsbüros bald konkretisiert werden. Der Ortsgemeinderat beschloss daraufhin nach kurzer Diskussion die Aufstellung eines Bebauungsplans im Ortsteil P..., Teilgebiet "B...", der die Flurstücke Flur ... Nr. ... und ... umfasste. Er stimmte gleichzeitig dem Erlass einer Veränderungssperre für den Planbereich zu und erklärte, die Ortsgemeinde werde ein geeignetes Planungsbüro mit der weiteren Ausarbeitung der städtebaulichen Planungskonzeption bzw. des Bebauungsplanentwurfes beauftragen. Die Satzung über die Veränderungssperre wurde am 29. November 2008 vom Ortsbürgermeister ausgefertigt und am 04.12.2008 zusammen mit dem Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplanes bekannt gemacht.

Mit Bescheid vom 16. Dezember 2008 lehnte der Landkreis Trier-Saarburg die Bauvoranfrage der AG Starthilfe e.V. unter Hinweis auf die Veränderungssperre ab. Gegen diesen Bescheid legte die AG Starthilfe e.V. mit Schreiben vom 13. Januar 2009 Widerspruch ein.

Die Antragstellerin hat bereits am 10. Dezember 2008 Normenkontrollantrag gestellt und hierzu ausgeführt: Der Antrag sei zulässig, denn sie werde durch die Veränderungssperre in ihren Rechten beeinträchtigt, weil die AG Starthilfe e.V. ohne die begehrte Nutzungsänderung vom Kauf Abstand nehme und derzeit auch kein anderer Käufer zu finden sei. Die AG Starthilfe e.V. sei an dem Anwesen besonders interessiert, weil sie in ihr Jugendhilfeprojekt die vorhandene Töpfereieinrichtung gut integrieren könne. Falls die Gemeinde ihr Haus öffentlichen Zwecken zuführen wolle, komme die Veränderungssperre einer Enteignung gleich. Der Antrag sei auch begründet. Die Veränderungssperre sei rechtswidrig. Der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sei noch nicht im erforderlichen Umfang bestimmt und absehbar. Eine Plankonzeption gebe es nicht. Planaufstellung und Veränderungssperre seien nur beschlossen worden, um das Vorhaben der AG Starthilfe e.V. zu verhindern. Es fehle an Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung der betroffenen Grundstücksflächen. Nach in der Presse wiedergegebenen Äußerungen des Ortsbürgermeisters sei die Nutzung noch offen. Es solle ein Planungsbüro damit beauftragt werden, Nutzungsmöglichkeiten zu erarbeiten. Der zu sichernde Bebauungsplan sei unzulässig. Er sei nicht erforderlich, denn es fehle an öffentlichen Belangen, die eine Bauleitplanung rechtfertigen könnten. Es werde lediglich der Gesetzeswortlaut wiedergegeben, ohne dass erkennbar sei, wieso gerade ihr Hausgrundstück etwa zur Berücksichtigung der sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung oder zur Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen in Anspruch genommen werde, zumal die Gemeinde erst 2008 das Dorfgemeinschaftshaus verkauft habe, so dass es widersprüchlich sei, dass nun ihr Haus zu einer Begegnungsstätte umgewidmet werden solle. Die gleichheitswidrige Einzelfallgesetzgebung sei nicht gerechtfertigt. Dadurch werde deutlich, dass die Antragsgegnerin im Rahmen einer Verhinderungsplanung die Instrumente des Baugesetzbuches missbrauche. Die Antragsgegnerin könne ihr Vorhaben auch aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht umsetzen. Es handele sich um eine Negativplanung, die angeführten städtebaulichen Gründe erschöpften sich in fantastischen Ideen, die frühere Schmiede zu reaktivieren und um eine Keramikausstellung zu ergänzen. Der Ortsbürgermeister selbst halte die Vorstellung nur für denkbar, ein Planungsbüro sei nicht beauftragt worden. Der Umsetzung stehe auch die wirtschaftliche Lage der Antragsgegnerin entgegen, die zum Verkauf des Dorfgemeinschaftshauses geführt hätte.

Die Antragstellerin beantragt,

die Veränderungssperre der Ortsgemeinde B..., Ortsteil P..., Teilgebiet "B..." vom 25. November 2008 für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Normenkontrollantrag abzulehnen.

Der Antrag sei zulässig, aber unbegründet. Formelle Mängel der Satzung seien nicht ersichtlich. Bei den vorgetragenen materiell-rechtlichen Einwänden würden wesentliche Gesichtspunkte übersehen. Der ländliche Raum sei strukturell gefährdet und müsse deshalb gezielt gestärkt werden. Dies gelte auch für B...-P.... Geboten seien städtebauliche Maßnahmen insbesondere zur Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen etwa durch Maßnahmen zur Aufwertung des Ortskerns. Die städtebaulich gebotenen Maßnahmen seien jedoch durch das Vorhaben der AG Starthilfe e.V. gefährdet. Da diese Gefährdung durch die Versagung des Einvernehmens nicht habe abgewendet werden können, sei die Veränderungssperre erlassen worden. Es sei unbedenklich, dass ein konkretes Vorhaben die Veränderungssperre ausgelöst habe.

Die Voraussetzungen für eine Veränderungssperre seien gegeben. Eine positive Planungskonzeption liege vor. Ihre Hauptinhalte seien vom Ortsbürgermeister in der Sitzung des Ortsgemeinderates vom 25. November 2008 ausdrücklich benannt worden. Außerdem dränge es sich gerade auf, in dem Gebäude auch einen Versammlungs- und Begegnungsraum einzurichten, weil die Antragsgegnerin ihr Dorfgemeinschaftshaus im Juni 2008 aus wirtschaftlichen Gründen habe veräußern müssen. Ein Widerspruch bestehe darin nicht, denn es sei ein Unterschied, ob es um eine reine Versammlungs- und Begegnungsstätte gehe oder um ein Gebäude, das darüber hinaus anderen öffentlichen Zwecken diene. Diese städtebaulichen Vorstellungen ließen sich auch durch bauplanerische Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB verwirklichen. Die Vergabe eines Planungsauftrags für die weitere Planung an ein Planungsbüro sei vorgesehen. Ein Leistungsangebot liege im Entwurf vor.

Der zu sichernde Bebauungsplan diene der Förderung von Zielen, zu deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs bestimmt seien. Insbesondere sei er erforderlich. Insoweit verfüge die Gemeinde über eine ausgeprägte Einschätzungsprärogative. Außerdem beruhe die Planung auf gewichtigen städtebaulichen Gründen. Insbesondere sollten sozial stabile Bewohnerstrukturen erhalten und die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der örtlichen Bevölkerung berücksichtigt werden. Die Verwirklichung der sozialtherapeutischen Außenwohngemeinschaft in dem Anwesen der Antragstellerin, das in der Ortsmitte des kleinen ländlichen Ortes liege und ortsbildprägenden Charakter habe, gegen den praktisch geschlossenen Widerstand der lokalen Bevölkerung führe zu einem Sinken des Wohnwertes, zu verstärkter Abwanderung der Bevölkerung und zu einem Fallen der Immobilienpreise, so dass Handlungsbedarf bestehe.

Für schlechthin nicht behebbare Mängel des Bebauungsplanes gebe es keine Anhaltspunkte. Eine entschädigungslose Enteignung liege nicht vor. Kosten, die bei Ausübung des Vorkaufsrechts oder der Erfüllung von Entschädigungspflichten anfielen, sollten mit Hilfe von Fördermitteln aus einschlägigen Programmen gedeckt werden. Die Antragstellerin erhalte von der Antragsgegnerin jedenfalls den Verkehrswert, so dass ihr kein Nachteil entstehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogenen Behördenakten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag ist zulässig und begründet.

Die beschlossene Veränderungssperre ist unwirksam, denn die gesetzlichen Voraussetzungen liegen nicht vor.

Nach § 14 Abs. 1 BauGB kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den zukünftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen, wenn ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist.

Der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplanes war in der Sitzung des Ortsgemeinderates vom 25. November 2008 gefasst, bevor die Veränderungssperre beschlossen wurde. Dass beide Beschlüsse in der gleichen Sitzung des Ortsgemeinderates gefasst und auch im gleichen Amtsblatt veröffentlicht wurden, ist unerheblich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 1989, NVwZ 1989, 661).

Die Veränderungssperre dient jedoch nicht zur Sicherung der Planung für den zukünftigen Planbereich.

Das für die Veränderungssperre erforderliche Sicherungsbedürfnis liegt nur vor, wenn eine zu sichernde Planung erkennbar ist und diese eine Sicherung erfordert. Denn die Veränderungssperre dient dazu, die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern, um es der Gemeinde zu ermöglichen, ihre städtebaulichen Ziele ungehindert zu verwirklichen. Mit ihr sind zeitweilige Einschränkungen des Grundstückseigentums verbunden, die nur gerechtfertigt sind, wenn ein entsprechend gewichtiges Sicherungsinteresse der Gemeinde besteht (Art. 14 Abs. 1 GG).

(1) Zwar war die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Planung zum Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre hinreichend erkennbar.

Die hinreichende Bestimmtheit des Planungskonzepts ist deshalb wesentlich, weil ohne sie nicht beurteilt werden kann, ob die Veränderungssperre der Sicherung der Planung dient und ob eine Ausnahme gemäß § 14 Abs. 2 BauGB zugelassen werden kann (BVerwG, Beschluss vom 25. November 2003, NVwZ 2004, 477 ff.). Die Gemeinde muss deshalb planerische Vorstellungen erkennen lassen, die sich nicht darin erschöpfen, einzelne Vorhaben auszuschließen. Dazu genügt, wenn sie eine bestimmte Art der baulichen Nutzung anstrebt (BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 1990, NVwZ 1990, 558).

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin hatte hier die Gemeinde zum Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre ausreichend konkrete Vorstellungen zum Inhalt ihrer Planung geäußert. Diese Vorstellungen wurden vom Ortsbürgermeister ausdrücklich dargelegt, indem er ausführte, dass keine reine Verhinderungsplanung betrieben werde, sondern dass städtebauliche Gründe für die Aufstellung des Bebauungsplanes vorlägen. Es sei zu berücksichtigen, dass das Anwesen B... ortsbildprägenden Charakter habe und früher als Dorfschmiede genutzt worden sei. Im Rahmen der Förderung des Fremdenverkehrs sei eine Reaktivierung als Dorfschmiede, ergänzt um eine Keramikausstellung denkbar. Eine Konkretisierung solle mit Hilfe eines Planungsbüros erfolgen. Aus diesen Ausführungen vor dem Beschluss der Veränderungssperre wird deutlich, dass die Antragsgegnerin zwar das Vorhaben der AG Starthilfe e.V. verhindern wollte, aber darüber hinaus auch eine öffentliche Nutzung des Anwesens der Antragstellerin anstrebte, indem zur Förderung des Fremdenverkehrs die alte Schmiede wieder belebt und durch eine Keramikausstellung ergänzt werden sollte.

(2) Indessen fehlt es an dem die Eigentumsbeschränkung rechtfertigenden positiven Planungsziel.

Die zu sichernde Planung muss Aussicht auf Verwirklichung haben. Sie darf sich nicht in einer reinen Negativplanung erschöpfen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2007, ZfBR 2008, 70). Ob eine unzulässige Verhinderungsplanung vorliegt, hängt von der Beurteilung aller Umstände des Einzelfalls ab. Dabei ist der Gemeinde nicht verwehrt, erst aus Anlass eines konkreten Bauvorhabens bauleit-planerisch aktiv zu werden und dabei in erster Linie das Ziel zu verfolgen, dieses Bauvorhaben zu verhindern. Auch die Beschränkung der Planung lediglich auf ein Grundstück steht ihrer Zulässigkeit nicht zwingend entgegen.

Jedoch darf die Planungskonzeption nicht auf die bloße Verhinderung beschränkt sein. Vielmehr muss sich der gewollte Nutzungsausschluss als Konsequenz aus den positiven Planungszielen ergeben. Für die Abgrenzung von Verhinderungsplanung und positiver Planungskonzeption ist letztlich entscheidend, ob die geplante "Festsetzung in ihrer eigentlichen gleichsam positiven Zielsetzung heute und hier - gewollt und erforderlich ist" (vgl. BVerwGE 40, 258 [262]). Sie darf nicht nur das vorgeschobene Mittel sein, um einen Bauwunsch zu durchkreuzen. Ob die geplante Festsetzung dem wahren Willen der Gemeinde entspricht, ist eine Frage des Einzelfalles und lässt sich nur anhand aller konkreten Umstände beantworten (BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1990, NVwZ 1991, 875 ff.).

Gemessen an diesen Vorgaben hat die Antragsgegnerin nicht dargetan, das von ihr geltend gemachte Ziel, das Grundstück der Antragstellerin als Fläche für den Gemeinbedarf gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB auszuweisen, sei tatsächlich gewollt und aus städtebaulichen Gründen erforderlich.

Die Umstände des Falles sprechen vielmehr dafür, dass es der Antragsgegnerin allein um die Verhinderung des Vorhabens der AG Starthilfe e. V. geht. Sie hat nicht überzeugend dargelegt, dass die Nutzung des Anwesens der Antragstellerin für touristische Zwecke durch Wiederbelebung der alten Schmiede, eine Töpferausstellung und als Begegnungsstätte ernsthaft beabsichtigt ist und gerade hierfür die Festsetzung einer Fläche für den Gemeinbedarf durch eine Veränderungssperre geschützt werden muss.

Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, die Aufwertung des Ortskerns sei seit jeher ihr Anliegen, die Erhaltung der alten Bausubstanz sei schon Gegenstand des Dorferneuerungskonzepts aus den 1980er Jahren gewesen. Die Absicht, das Anwesen der Antragstellerin einer öffentlichen Nutzung zuzuführen, liege auf dieser Linie. Diese Darstellung stimmt indes mit ihrem Verhalten im Übrigen nicht überein. Die Antragsgegnerin hat sich zunächst nicht um den Erwerb des Anwesens der Antragstellerin bemüht, das seit Februar 2008 zum Verkauf stand. Vielmehr hat sie im Juni 2008 sogar ein ihr gehörendes, früher als Gaststätte genutztes und in unmittelbarer Nähe gelegenes, von den Beteiligten als Dorfgemeinschaftshaus bezeichnetes Anwesen verkauft, ohne etwa ein Konzept für seine Nutzung zur Aufwertung des Ortskernes in Auftrag zu geben und entsprechende Fördermittel zu beantragen. Eine Nutzung dieses gemeindeeigenen Anwesens für Zwecke des Gemeinbedarfs hätte nahegelegen, da es als Gaststätte früher eine Rolle im Gemeinschaftsleben gespielt hat. Auch als die AG Starthilfe e.V. die Antragstellerin zur Stellungnahme zu ihrem Wunsch bat, das Anwesen der Antragstellerin zu erwerben, war dies kein Anlass für Ortsbürgermeister und Gemeinderat, ihr Interesse an einer öffentlichen Nutzung dieses Anwesens zu äußern. Erst nachdem der Ortsbürgermeister von der Verbandsgemeinde mit Schreiben vom 12. November 2008 darauf hingewiesen worden war, dass es keine planungsrechtlichen Gründe für die Versagung des Einvernehmens zu der Bauvoranfrage der AG Starthilfe e.V. gebe, lud er mit Schreiben vom 14. November 2008 zu einer Gemeinderatsitzung am 25. November 2008 mit dem Tagesordnungspunkt "Beratung und Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans innerhalb der Ortslage des Ortsteils P... einschließlich Veränderungssperre" ein. In dieser Sitzung wurde dann erstmals betont, dass keine reine Verhinderungsplanung betrieben werde, sondern auch städtebauliche Gründe für die Aufstellung eines Bebauungsplanes vorlägen.

Nach den in der Presse wiedergegebenen Äußerungen des Ortsbürgermeisters, die von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 4. März 2009 vorgelegt wurden, ging es der Antragsgegnerin in erster Linie darum, das Vorhaben der Antragstellerin zu stoppen. Ob sich die Nutzung für touristische Zwecke oder eine Keramik-Ausstellung tatsächlich verwirklichen lasse, wurde als offen bezeichnet. Die Antragsgegnerin hat diese Äußerungen nicht bestritten.

Entsprechend hat die Antragsgegnerin bei ihrem Vortrag im Normenkontrollverfahren die Inanspruchnahme gerade und alleine des Anwesens der Antragstellerin insbesondere damit begründet, dass das Vorhaben der AG Starthilfe e. V. zu einem Sinken des Wohnwertes des Ortes mit der Folge verstärkter Abwanderung und fallender Immobilienpreise führe.

Die ins Auge gefasste Nutzung für touristische Zwecke erscheint zudem wenig realistisch, weil es im Ortsteil P... an jeglichen touristischen Einrichtungen fehlt. Die Vorstellungen von einer Wiederbelebung der alten Schmiede und einer Töpferausstellung scheinen weniger an der touristischen Nachfrage ausgerichtet zu sein, als daran, an die frühere Nutzung des Anwesens anzuknüpfen und so die Beschränkung des Bebauungsplanes auf dieses Anwesen zu begründen.

Schließlich hat der Senat in der mündlichen Verhandlung nicht den Eindruck gewonnen, dass die Antragstellerin die Planung seit Wirksamwerden der Veränderungssperre nachdrücklich verfolgt. Die bisher unterbliebene Beauftragung eines Planungsunternehmens wurde zwar damit begründet, dass entsprechende Mittel in den Entwurf des Haushaltsplanes eingestellt wurden, der noch nicht verabschiedet sei. Vorstellungen, die über die Ansätze aus der Sitzung vom 25. November 2008 hinausgehen, hat die Antragsgegnerin aber in der inzwischen verstrichenen Zeit nicht entwickelt. Offensichtlich verlässt sie sich ganz auf den Ideenreichtum des zu beauftragenden Planungsunternehmens. Eine Veränderungssperre, die der Gemeinde erst die Zeit für die Entwicklung eines bestimmten Planungskonzepts geben soll, ist jedoch mangels beachtlichen Sicherungsbedürfnisses unzulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004, ZfBR 2004, 460).

Auch hinsichtlich der Förderungsmöglichkeiten, von denen die Verwirklichung der Planung abhängig ist, hat die Antragsgegnerin noch keine weiteren Schritte unternommen. Deshalb ist noch völlig offen, in welchem Umfang eine Förderung in Betracht kommt und ob die Antragstellerin in der Lage ist, den verbleibenden Eigenanteil zu tragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000,-- € festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 1 GKG). Dabei orientiert sich der Senat an dem Rahmen von 7500 € bis 60.000 €, der im Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit die Normenkontrolle von Privatpersonen gegen den Bebauungsplan vorgesehen sind (NVwZ 2004, 1327, Nr. 9.8.1) und berücksichtigt, dass es lediglich um eine zeitlich beschränkte Veränderungssperre geht.

Ende der Entscheidung

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