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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Saarland
Beschluss verkündet am 24.05.2007
Aktenzeichen: 1 B 154/07
Rechtsgebiete: GewO


Vorschriften:

GewO § 153
1. Strafrechtliche oder ordnungsrechtliche Ermittlungsverfahren, die nicht zu einer Verurteilung oder einem Bußgeldbescheid geführt haben, besitzen für die gaststättenrechtliche Beurteilung nur insoweit einen Erkenntniswert als Tatsachen festgestellt wurden, die objektiv Rückschlüsse auf das künftige ordnungsrechtliche Verhalten des Betroffenen zulassen.

2. Begangene Ordnungswidrigkeiten sind - ebenso wie Straftaten - nicht zeitlich unbegrenzt vewertbar. Die Einzelheiten ergeben sich aus § 153 GewO.


Tenor:

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 15. März 2007 - 1 F 48/06 - wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14. November 2006 wiederhergestellt.

Die Kosten des Verfahrens - mit Ausnahme der von diesem selbst zu tragenden außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen - fallen dem Antragsgegner zur Last.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren und unter entsprechender Änderung der Festsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 15. März 2007 - 1 F 48/06 - auch für das erstinstanzliche Verfahren auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde gegen den im Tenor bezeichneten Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes, durch den der Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die gaststättenrechtliche Verfügung des Antragsgegners vom 14.11.2006 zurückgewiesen wurde, ist begründet.

Das nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Prüfungsumfang durch den Senat beschränkende Beschwerdevorbringen in den beiden Schriftsätzen des Antragstellers vom 29.3.2007 ist geeignet, die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, das einstweilige Rechtsschutzbegehren zurückzuweisen, in Frage zu stellen. Der Antragsteller teilt in seinen Schriftsätzen mit, der Beigeladene sei in dem aufgrund des Vorfalls vom 1.8.2006 wegen des Vorwurfs, als verantwortlicher Wirt der Gaststätte des Antragstellers Jugendlichen unter 18 Jahren den Aufenthalt in der Gaststätte zwischen 0.00 Uhr und 3.30 Uhr erlaubt zu haben, eingeleiteten Ordnungswidrigkeitenverfahren 6 Owi 45/07 freigesprochen worden. Gleichzeitig trägt er vor, der Antragsgegner habe den Beigeladenen in der Vergangenheit bereits mehrfach mit unbegründeten Vorwürfen überzogen und zieht damit in Zweifel, dass die angefochtene Verfügung auf einer hinreichenden tatsächlichen Grundlage ergangen ist.

Diesbezügliche Zweifel sind durchaus angezeigt. Bei der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage kann nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 GastG für den Ausspruch eines Beschäftigungsverbotes vorliegen. Gleiches gilt im Übrigen hinsichtlich des -seitens des Antragstellers nicht ausdrücklich angegriffenen - auf § 5 Abs. 1 Ziffern 1 und 2 GastG gestützten Betretensverbots.

Nach § 21 Abs. 1 GastG kann die Beschäftigung einer Person in einem Gaststättenbetrieb untersagt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person die für ihre Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt.

Unzuverlässig ist ein Gastwirt nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG insbesondere dann, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er dem Trunke ergeben ist oder befürchten lässt, dass er Unerfahrene, Leichtsinnige oder Willensschwache ausbeuten wird oder dem Alkoholmissbrauch, verbotenem Glücksspiel, der Hehlerei oder der Unsittlichkeit Vorschub leisten wird oder die Vorschriften des Gesundheits- oder Lebensmittelrechts, des Arbeits- oder Jugendschutzes nicht einhalten wird. Hierbei müssen Tatsachen die Annahme der Unzuverlässigkeit rechtfertigen. Bloße Vermutungen oder Verdächtigungen reichen nicht aus, wobei die Unzuverlässigkeit nicht absolut feststehen, sondern aufgrund einer prognostischen Wertung zu bejahen sein muss. (Jüngling/Aßfalg/Lehle/Schwab, Aktuelles Gaststättenrecht, März 1994, § 21 Rdnr. 5)

Ob die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 GastG vorliegend erfüllt sind, bedarf nach derzeitigem Sachstand weiterer Aufklärung.

Festzustellen ist in diesem Zusammenhang zunächst, dass die seitens des Antragsgegners durchgeführten Ermittlungen keine Veranlassung zu der Annahme geben, der Beigeladene habe sich während seiner am 10.10.2005 aufgenommenen Tätigkeit in der Gaststätte des Antragstellers (Bl. 105 VA Paramount) etwas zu Schulden kommen lassen, das seine Zuverlässigkeit in Frage stellen könnte. Der einzige ihm gegenüber im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit in dieser Gaststätte erhobene Vorwurf betrifft den Vorfall vom 1.8.2006. Damals gab ein stark betrunkener Jugendlicher (1,72 Promille), der anlässlich einer Schlägerei in der Dillinger Innenstadt aufgegriffen wurde, an, im "Paramount", der Gaststätte des Antragstellers, gewesen zu sein (Bl. 57 VA Paramount). Die diesbezügliche Einlassung des Antragstellers, das gegen den Beigeladenen eingeleitete Ordnungswidrigkeitenverfahren sei durch Freispruch beendet worden, trifft zu. Nach telefonischer Auskunft des Amtsgerichts B-Stadt vom 25.4.2007 (Vermerk Bl. 122 d.A.) wurde der Beigeladene durch rechtskräftiges Urteil vom 19.3.2007 freigesprochen. Außerbetrieblich ist in jüngster Zeit allein aktenkundig geworden, dass der Beigeladene am 17.4.2006 in einer anderen Dillinger Gaststätte als Gast in eine Schlägerei mit einem anderen Gast verwickelt war. Laut Angaben der Wirtin sollen beide zunächst stundenlang "friedlich" an der Theke gesessen und "einen" getrunken haben. Aus unerklärlichen Gründen sei es plötzlich zu einer verbalen Auseinandersetzung und sodann zu Tätlichkeiten gekommen. Das diesbezüglich gegen den Beigeladenen eingeleitete Verfahren 3 Js 1187/06 wurde gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt (Bl. 68 VA Paramount).

In Bezug auf sein früheres Tätigwerden in der Gaststätte "L.A.", das durch den am 3.6.2004 erfolgten Widerruf der seiner Ehefrau erteilten Gaststättenkonzession beendet wurde, hält der Antragsgegner dem Beigeladenen neben einigen Fällen der Überschreitung der Sperrzeit bzw. nächtlicher Lärmbelästigungen, die im vorliegenden Zusammenhang für sich genommen nicht geeignet wären, die Zuverlässigkeit des Beigeladenen in Frage zu stellen, insbesondere vor, es sei zu sexuellen Belästigungen gekommen, sowie dass der Beigeladene des verbotenen Glückspiels beschuldigt worden sei. Hinsichtlich des Vorwurfs der sexuellen Belästigungen wird auf die Schilderungen zweier weiblicher Gäste abgestellt, wonach der Beigeladene sie am Morgen des 2.5.2004 am Verlassen der Damentoilette gehindert und sexuell belästigt haben soll (Bl. 89 VA L.A.). Zur Anzeige ist der Vorfall nach Aktenlage nicht gekommen, so dass nie aufgeklärt wurde, ob die Beschuldigungen berechtigt waren oder ob die damalige Gegendarstellung des Beigeladenen zutraf. Der Vorwurf, Gäste sexuell zu belästigen, kann unter diesen Gegebenheiten nicht als Tatsache, die geeignet wäre, die Zuverlässigkeit des Beigeladenen in Frage zu stellen, gewertet werden. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den Schilderungen zweier Praktikantinnen des Antragsgegners vom 17.5.2002, diese seien in der Gaststätte "L.A." von dort anwesenden Männern belästigt worden, da dem damals gefertigten Vermerk (Bl. 31 VA L.A.) nicht zu entnehmen ist, ob der Beigeladene zur fraglichen Zeit überhaupt selbst in der Gaststätte anwesend war.

Dem Vorwurf des verbotenen Glückspiels am 15.8.2002 ist demgegenüber durchaus Gewicht beizumessen. Nach Angaben des Landeskriminalamtes vom 21.9.2006 (Bl. 68 VA Paramount) wurde der Beigeladene - offenbar wegen dieses Vorfalls (vgl. Aktenzeichen 7 Js 1902/02) - durch Urteil des Amtsgerichts B-Stadt vom 7.4.2006 wegen unerlaubter Veranstaltung eines Glückspiels verurteilt. Auf telefonische Nachfrage vom 26.4.2007 hat die Staatsanwaltschaft Saarbrücken bestätigt, dass der Beigeladene zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen à 20,- EUR verurteilt wurde (Vermerk Bl. 122 d.A.). Bei der Gewichtung dieser Verurteilung ist zu berücksichtigen, dass der Vorfall geraume Zeit zurückliegt und dass es sich nach Aktenlage um die einzige Verfehlung dieser Art handelt, die zudem mit einer eher milden Strafe belegt wurde. Aktenkundig ist schließlich die Verurteilung des Beigeladenen vom 10.2.2006 wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz, der darin bestand, dass der Beigeladene in seiner Wohnung Munition aufbewahrte, sowie eine Verurteilung vom 10.9.2004 wegen Fahrens mit einem nicht versicherten Kraftfahrzeug (Führungszeugnis Bl. 60 VA Paramount). Erstgenannte Verurteilung hält der Antragsgegner für gaststättenrechtlich relevant, räumt aber ein, dass sie für sich genommen nicht ausreichen würde, ein Beschäftigungsverbot zu begründen.

Bei der prognostischen Bewertung der Zuverlässigkeit des Beigeladenen ist unter anderem von Bedeutung, in welcher Funktion der Beigeladene in der Gaststätte des Antragstellers tätig ist, da es für die Überprüfung der Zuverlässigkeit auch auf die Art der ausgeübten Tätigkeit ankommt. Insoweit gelten etwa hinsichtlich eines Geschäftsführers strengere Anforderungen als hinsichtlich einer Servicekraft. (Michel/Kienzle, Das Gaststättengesetz, Kommentar, 14. Auflage 2003, § 21 Rdnr. 4; Jüngling/Aßfalg/Lehle/Schwab, a.a.O., § 21 Rdnrn. 8 und 13) Der derzeitigen Aktenlage lässt sich nicht mit der vom Antragsgegner angenommenen Sicherheit entnehmen, der Beigeladene sei befugt, den Gaststättenbetrieb des Antragstellers selbständig zu führen, bzw. letzterer könne möglicherweise sogar nur als Strohmann für den Beigeladenen fungieren. Insbesondere gibt die Einlassung des Antragstellers vom 15.9.2006 keinen durchgreifenden Anhaltspunkt dafür, dass dieser dem Beigeladenen entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsführung einräumt. Es existieren weitere Angestellte, die - wie verschiedene gegen die Angestellten persönlich erstattete Anzeigen ausweislich der Verwaltungsunterlagen (Bl. 24, 35, 50 VA Paramount) belegen - die Gaststätte in den Zeiten, in denen sie Dienst haben, führen. Dass jeder von ihnen dabei - ebenso wie der Beigeladene, wenn er Dienst hat - alles zu regeln hat, was ansteht, versteht sich von selbst. Dass der Beigeladene ihnen gegenüber eine hervorgehobene Position in der Gaststättenorganisation innehat, lässt sich der Einlassung des Antragstellers, wonach der Beigeladene in seiner Abwesenheit sein Vertreter sei, nicht mit der gebotenen Sicherheit entnehmen, zumal der Antragsteller gleichzeitig betont hat, die Arbeitskräfte würden von ihm selbst eingestellt. Mithin bedarf es weiterer Aufklärung, welche Rolle der Beigeladene in der Organisation des Gaststättenbetriebs spielt. Das Ergebnis wird unter anderem Einfluss darauf haben, wie die Verurteilung wegen unerlaubten Glückspiels im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung zu gewichten ist.

Schließlich kann der seitens des Antragsgegners in Bezug genommenen Stellungnahme der Polizeiinspektion A-Stadt vom 26.5.2004 im vorliegenden Zusammenhang ebenfalls keine durchschlagende Bedeutung beigemessen werden. Auch der dortige Hinweis, dass in den Jahren 2003 und 2004 jeweils eine Strafanzeige wegen eines Körperverletzungsdelikts gegen den Beigeladenen erstattet wurde, rechtfertigt im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage keine andere Einschätzung, da über den Ausgang dieser Verfahren keine Erkenntnisse vorliegen und mit Blick auf das aktuelle polizeiliche Führungszeugnis des Beigeladenen davon auszugehen ist, dass die behaupteten Vorfälle zu keiner Verurteilung geführt haben.

Soweit der Antragsgegner in der angefochtenen Verfügung ausführt, dass eine Vielzahl kleinerer Gesetzesverletzungen, die jeweils für sich betrachtet noch keine ausreichende Grundlage zur Begründung der Unzuverlässigkeit bieten, in ihrer Häufung eine solche belegen können, wenn sie einen Hang zur Nichtbeachtung geltender Vorschriften erkennen lassen, ist darauf hinzuweisen, dass solche Vorkommnisse nach der Rechtsprechung (BayVGH, Urteil vom 22.1.1986 - 22 B 85 A.354 -, NJW 1986, 3221 f.) für die gaststättenrechtliche Beurteilung nur insoweit einen Erkenntniswert besitzen, als das zugrunde liegende Tatsachenmaterial objektiv Rückschlüsse auf das künftige ordnungsrechtliche Verhalten des Betroffenen zulässt. Dies ist zu verneinen, wenn Verfahren zwar eingeleitet wurden, aber - etwa infolge Einstellung - nicht zur Aufklärung des Sachverhalts und Bestätigung des Tatvorwurfs geführt haben. Des weiteren ist zu beachten, dass Behörden Auskünfte über im Gewerbezentralregister vermerkte rechtskräftige Bußgeldentscheidungen (§ 149 Abs. 2 Nr. 3 GewO) nur unter bestimmten Voraussetzungen (hier: §§ 150 a Abs. 1 Nr. 2 b, 149 Abs. 2 Nr. 1 d GewO) und gemäß § 153 Abs. 5 Satz 2 GewO nur solange erteilt werden dürfen, wie keine Tilgungsreife nach Maßgabe des § 153 Absätze 1 bis 4 GewO eingetreten ist. Ist erst im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung - etwa über den Ausspruch eines Beschäftigungsverbotes - Tilgungsreife nach Maßgabe des § 153 GewO eingetreten, so dürfen die Ordnungswidrigkeit und die Bußgeldentscheidung nicht mehr zum Nachteil des Betroffenen verwertet werden (§ 153 Abs. 6 Satz 1 GewO). Dies korrespondiert mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Beschäftigung einer unzuverlässigen Person in einem Gaststättenbetrieb nur solange untersagt werden darf, wie die tatbestandlichen Voraussetzungen gegeben sind. Ist die Annahme der Unzuverlässigkeit nicht mehr durch Tatsachen gerechtfertigt, besteht ein Anspruch auf Widerruf des Beschäftigungsverbots. (BVerwG, Beschluss vom 17.12.1974 - 1 B 81.74 -,)

Fallbezogen ist zu den in diesem Zusammenhang seitens des Antragsgegners angeführten Ordnungswidrigkeiten festzustellen, dass sich hinsichtlich des Vorwurfs der Sperrzeitüberschreitung in den Verwaltungsunterlagen ein einziger gegenüber dem Beigeladenen ergangener Bußgeldbescheid vom 11.3.2002 über 150 EUR (Vorfall vom 6.1.2002) befindet (Bl. 27 VA L.A.). Ein Vorfall dieser Art bedarf gemäß § 149 Abs. 2 Nr. 3 wegen der unter 200 EUR liegenden Höhe des Bußgeldes nicht einmal der Eintragung im Gewerbezentralregister, wobei selbst eintragungspflichtige Bußgeldentscheidungen nach drei Jahren zu tilgen sind, wenn die Geldbuße nicht mehr als 300 EUR beträgt, ein Umstand, der belegt, dass geringfügige Ordnungswidrigkeiten dem Betroffenen nicht zeitlich unbeschränkt entgegengehalten werden dürfen. Soweit schließlich nach Auskunft der Polizeiinspektion A-Stadt vom 26.5.2004 auch am 24. und 25.10.2003 eine Ordnungswidrigkeitenanzeige wegen Nichteinhaltung der Sperrzeit gegen den Beigeladenen erstattet worden sein soll, gilt Entsprechendes. Der Antragsgegner behauptet in der angefochtenen Verfügung insoweit, dass am 2.1.2004 ein Bußgeldbescheid ergangen sei, ohne sich zur Höhe des Bußgeldes zu äußern, so dass weder feststellbar ist, welches Gewicht dem Verstoß beizumessen ist noch ob gegebenenfalls zwischenzeitlich Tilgungsreife eingetreten wäre. Daher sind die diesbezüglichen Vorhaltungen des Antragsgegners derzeit nicht geeignet, als Tatsachen im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 GastG darzutun.

Die vom Verwaltungsgericht - nicht vom Antragsgegner - in das Verfahren eingeführten zwei Verurteilungen wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz sind bei der gebotenen summarischen Prüfung zur Zeit ebenfalls nicht geeignet, der angefochtenen Verfügung eine tragfähige Grundlage zu verleihen. Sie werden im Führungszeugnis des Beigeladenen vom 11.9.2006 nicht aufgeführt. Ob dies mit den Vorgaben des § 46 BZRG betreffend die Tilgungsfristen im Einklang steht, ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht zu hinterfragen, da dem Führungszeugnis die Bedeutung einer amtlichen Auskunft beizumessen ist und insoweit die Vermutung der inhaltlichen Richtigkeit gilt. Damit ist vorliegend vom Eingreifen des Verwertungsverbotes des § 51 Abs. 1 BZRG auszugehen. Insbesondere ist die diesbezügliche Ausnahmevorschrift des § 52 Abs. 1 Nr. 4 BZRG nicht einschlägig. Diese Vorschrift erlaubt die Berücksichtigung einer früheren getilgten oder tilgungsreifen Tat unter bestimmten Voraussetzungen, wenn der Betroffene die Zulassung zu einem Gewerbe beantragt oder die Aufhebung einer die Ausübung eines Gewerbes untersagenden Entscheidung beantragt. Im Hinblick auf den Ausnahmecharakter des § 52 BZRG kommt eine entsprechende Anwendung auf Personen, die selbst nicht die Zulassung zu einem Gewerbe begehren, sondern von einem Beschäftigungsverbot betroffen sind, nicht in Betracht. (HessVGH, Beschluss vom 13.1.2004 - 6 TG 3098/03 -, GewA 2004, 167 f.)

Nach alledem bleibt festzuhalten, dass bei der gebotenen nur summarischen Prüfung offen ist, ob die angefochtene Verfügung rechtmäßig oder rechtswidrig ist und demgemäß im Wege einer Interessenabwägung zu entscheiden ist, ob die Anordnung des Sofortvollzugs zulässig ist. Die Gewichtung der beteiligten Interessen führt zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Widerspruchs.

Zu berücksichtigen ist zunächst das Interesse des Antragstellers, den Beigeladenen, mit dessen Tätigkeit er seinen eigenen Bekundungen zufolge sehr zufrieden ist und auf dessen Mitarbeit er nicht verzichten möchte (Schreiben des Antragstellers vom 23.9.2006, Bl. 66 VA Paramount), in Erfüllung des bestehenden Arbeitsvertrages weiterhin zu beschäftigen. Dieses Interesse unterliegt grundrechtlichem Schutz, da sich das unter Anordnung des Sofortvollzugs ausgesprochene behördliche Verbot, eine bestimmte Person zu beschäftigen, als Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit - namentlich in das Recht eines jeden Gewerbetreibenden, seine Angestellten in eigener Verantwortung auszuwählen - darstellt. Ist wie vorliegend offen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG für einen solchen Eingriff geforderten gesetzlichen Grundlagen - hier des § 21 Abs. 1 GastG - erfüllt sind, so ist dem Interesse des Gewerbetreibenden, bis zur Klärung der offenen Fragen von den Auswirkungen eines Beschäftigungsverbots verschont zu bleiben, im Rahmen der Gewichtung der gegenläufigen Interessen erhebliches Gewicht beizumessen. Hinzu tritt die Betroffenheit des Beigeladenen, dessen persönliches Interesse an der Aufhebung des Sofortvollzugs wegen gleichgerichteter Interessenlage auf Seiten des Antragstellers in die Gewichtung der gegenläufigen Interessen einzubringen ist. Dem Beigeladenen wird durch das Beschäftigungsverbot die Möglichkeit genommen, sich durch die Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten seinen Lebensunterhalt ganz oder teilweise zu verdienen. Hierauf hat er im Rahmen seiner Anhörung hingewiesen, indem er betont hat, er sei froh, bei dem Antragsteller einen Arbeitsplatz gefunden zu haben (Schreiben des Beigeladenen vom 23.9.2006, Bl. 67 VA Paramount).

Demgegenüber ist dem seitens des Antragsgegners geltend gemachten öffentlichen Interesse an der sofortigen Durchsetzung des Beschäftigungsverbots kein entscheidendes Gewicht beizumessen. Der Antragsgegner argumentiert im Wesentlichen mit seiner - nach derzeitigem Sachstand nicht belegten - Vermutung, insgeheim führe nicht der Antragsteller, sondern der Beigeladene die Gaststätte. Ein durch Tatsachen belegtes konkretes und aktuelles öffentliches Interesse an der sofortigen Unterbindung des weiteren Tätigwerdens des Beigeladenen ist nicht dargetan, weswegen die Interessen der Privatbeteiligten nach derzeitigem Erkenntnisstand höher zu gewichten sind als das öffentliche Vollzugsinteresse.

Der zur Gerichtsakte gereichte Aktenvermerk des Antragsgegners vom 14.05.2007 rechtfertigt keine andere Gewichtung der beteiligten Interessen. Hiernach gibt die Sachbearbeiterin des Antragsgegners an, telefonisch von einer Mitarbeiterin der Stadtkasse B-Stadt erfahren zu haben, der Antragsgegner habe dieser gegenüber geäußert, den Beigeladenen bereits Ende 2006 entlassen zu haben. Diese Mitteilung ist im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht entscheidungsrelevant. Sollte es zutreffen, dass der Antragsteller den Beigeladenen Ende 2006 entlassen hat, so würde dies nur dokumentieren, dass er die - ihm die weitere Beschäftigung des Beigeladenen mit sofortiger Wirkung untersagende - Verfügung des Antragsgegners befolgt hat. Dies besagt aber nichts über einen eventuellen Wegfall seines Interesses, den Beigeladenen schnellstmöglich wieder zu beschäftigen, ihn also erforderlichenfalls erneut einzustellen. Den Fortbestand eines Wiederbeschäftigungsinteresses hat der Antragsteller nachhaltig dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er am 06.12.2006 gegen das Beschäftigungsverbot Widerspruch eingelegt, diesen am 22.12.2006 begründet, noch am gleichen Tag bei dem Verwaltungsgericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs beantragt und gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15.03.2007 am 30.03.2007 Beschwerde eingelegt hat. In Anbetracht der Einleitung eines Widerspruchsverfahrens und des nachhaltigen Ersuchens um gerichtlichen Rechtsschutz gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Interesse des Antragstellers an einer schnellstmöglichen Wiederbeschäftigung des Beigeladenen erloschen sein könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 und Abs. 3, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Der Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit enthält für den Fall eines gaststättenrechtlichen Beschäftigungsverbotes keine Empfehlung. Eine entsprechende Heranziehung der Vorgaben der Ziffer 54.1 des Streitwertkataloges betreffend die Gewerbeerlaubnis bzw. die Gaststättenkonzession scheidet aus, da einem Beschäftigungsverbot eine vergleichbare Bedeutung nicht zukommt. Dies gilt insbesondere auch fallbezogen, da der derzeitige Sach- und Streitstand nach oben Gesagtem die Annahme, der Beigeladene trage maßgeblich zur Erwirtschaftung des in der Gaststätte erzielten Gewinns bei, nicht trägt. Mangels genügender Anhaltspunkte für die Bewertung der Bedeutung der Sache für den Antragsteller ist daher auf den Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG abzustellen, wobei dieser im Hinblick auf die Vorläufigkeit des einstweiligen Rechtsschutzbegehrens zu halbieren und der Streitwert daher auf 2.500,- EUR festzusetzen ist. Die Befugnis des Senates, den Streitwert unter entsprechender Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts auch für das erstinstanzliche Verfahren auf 2.500,-- Euro festzusetzen, ergibt sich aus § 63 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Ende der Entscheidung

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