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Gericht: Oberverwaltungsgericht Saarland
Beschluss verkündet am 06.05.2003
Aktenzeichen: 1 Q 23/02
Rechtsgebiete: BhV


Vorschriften:

BhV § 14 Abs. 5
Die beihilferechtlilche Regelung (für Bundesbeamte in § 14 Abs. 5 BhV), wonach der von einem Rentenversicherungsträger gewährte Zuschuss zur privaten Krankenversicherung ab einer bestimmten Höhe (bis 31.12.2001 = 80,-- DM, jetzt 41,--- Euro) dazu führt, dass der beihilfeberechtigte Ruhestandsbeamte einen von 70 % auf 50 % reduzierten Beihilfebemessungssatz erhält, ist verfassungsrechtlich unbedenklich.
Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2002 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 3 K 233/00 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 4.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

Der auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils und eine grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO) gestützte Antrag des Klägers, die Berufung gegen das im Tenor genannte Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes zuzulassen, bleibt ohne Erfolg.

Der Rechtsstreit betrifft die vom Verwaltungsgericht bejahte Frage, ob der von einem Rentenversicherungsträger - hier: Landesversicherungsanstalt für das Saarland - gesetzlich gewährte Zuschuß zur Krankenversicherung ab einer bestimmten Höhe (bis 31.12.2001: 80,-- DM, jetzt 41,-- Euro) dazu führt, daß der beihilfeberechtigte Ruhestandsbeamte einen von 70 % auf 50 % reduzierten Beihilfebemessungssatz vgl. dazu für beihilfeberechtigte Beamte des Bundes, zu denen der Kläger als Ruhestandsbeamter der (früheren) Deutschen Bundespost gehört, § 14 Abs. 5 BhV (Allgemeine Verwaltungsvorschrift zu § 79 BBG über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen - Beihilfevorschriften -) in der für den hier zu entscheidenden Fall ab 1.7.1997 geltenden Fassung (GMBl. S. 429), aktuelle Fassung vom 1.11.2001 (GMBl. S. 919). auch dann hinnehmen muß, wenn der Beitragszuschuß überwiegend - im Fall des Klägers nach eigenen Angaben zu 89,3 % - auf freiwillig geleisteten Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung beruht. Diese Frage ist in Übereinstimmung mit den vom Verwaltungsgericht dazu dargelegten Gründen zu bejahen, ohne daß es der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.

Es ist aus Rechtsgründen grundsätzlich nicht zu beanstanden, daß die Beihilfegewährung aufgrund ihres unter Fürsorgegesichtspunkten die Alimentation bzw. Versorgung des (Ruhestands-)Beamten lediglich ergänzenden Charakters im System der Beamtenbesoldung und -versorgung vgl. u.a. BVerfG, Beschluß vom 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 -, BVerfGE 83, 89 (100 f.) = NJW 1991, 743; zuletzt bestätigt durch Entscheidung vom 7.11.2002 - 2 BvR 1053/98, dokumentiert bei Juris, daran anknüpft, ob dem Beihilfeberechtigten zu seinen Beiträgen für eine private Krankenversicherung "ein Zuschuß aufgrund von Rechtsvorschriften" gewährt wird. Von Verfassungs wegen besteht keine Verpflichtung des Dienstherrn, den Beamten und Versorgungsempfängern für Krankheitsfälle und ähnliches Unterstützung in Form von Beihilfen in bestimmter Höhe zu gewähren vgl. u.a. BVerfG, Beschluß vom 23.6.1981 - 2 BvR 1067/80 -, BVerfGE 58, 68 (77) = NJW 1981, 1998 = ZBR 1981, 310 = DVBl. 1981, 181.

Bei der Bemessung der Beihilfen steht dem Verordnungsgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu vgl. u.a. BVerfG, Beschluß vom 23.6.1981, - 2 BvR 1067/80 -, BVerfGE 58, 68 (79).

Bei der Festlegung unterschiedlich hoher Bemessungssätze für verschiedene Gruppen von Beihilfeberechtigten ist selbstverständlich der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) zu beachten. Dessen Nichtbeachtung steht hier indes von vornherein nicht in Rede, da sich wesentlich unterscheidende Gruppen von Beamten (Versorgungsempfängern) aus offenkundig sachbezogenen Gründen für ihre jeweiligen Aufwendungen in Krankheitsfällen unterschiedlich hohe Bemessungssätze beanspruchen können. Denn im Hinblick auf den - bereits angesprochenen - nur ergänzenden Charakter der Beihilfe kann demjenigen, dem von einem Rentenversicherungsträger ein Zuschuß in bestimmter Höhe - wie hier von mindestens 80,-- DM - gewährt wird, zugemutet werden, sich durch einen die in diesen Fällen ermäßigte Beihilfe ausgleichenden erhöhten Krankenversicherungsschutz abzusichern so zutreffend Schröder/Beckmann/Weber, Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, § 14 BhV Anm. 20.

Ansonsten kann gerichtlicherseits auf Anfechtung der Ablehnung eines höheren Bemessungssatzes nur geprüft werden, ob die Beihilfevorschriften hinsichtlich der von ihr festgelegten Bemessungssätze den Wesenskern der Fürsorgepflicht verletzen und deshalb ungültig sind vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 18.6.1980 - 6 C 19.79 -, BVerwGE 60, 212 = ZBR 1980, 349 = DÖV 1981, 101.

Daß der Wesenskern der Fürsorgepflicht durch die streitige Regelung verletzt wird, behauptet der Kläger selbst nicht, und dafür ist auch nichts ersichtlich. Der Kläger hat, worauf die Beklagte und ihr folgend das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen haben, die Möglichkeit, auf einen Teil des ihm vom Rentenversicherungsträger gewährten Zuschusses bis 31.12.2001 war dies der einen Betrag von 79,99 DM übersteigende Zuschuß, und ab 1.1.2002 entspricht dem ein Betrag von 40,99 Euro, zu verzichten, so daß ihm der für alle Ruhestandsbeamte gültige Bemessungssatz von 70 % (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 BhV) verbleibt, vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16.10.1997 - 2 C 10/97 -, ZBR 1998, 206 = DÖD 1998, 158 = IÖD 1998, 139; Urteil des Senats vom 30.10.1992 - 1 R 65/90 -, ZBR 1994, 87 = SKZ 1993, 128 = RiA 1993, 210.

Macht der Versorgungsempfänger, wie vorliegend der Kläger, von der ihm zustehenden Möglichkeit eines Teilverzichts auf den Zuschuß keinen Gebrauch, so ist dies seine freie Entscheidung; sie wird im Regelfall - wirtschaftlich vernünftig - darauf beruhen, daß der Zuschuß des Rentenversicherungsträgers so hoch ist, daß mit dem die beihilferechtlich festgelegte Grenze überschreitenden Zuschußteil eine den niedrigeren Bemessungssatz ausgleichende ergänzende private Krankenversicherung bezahlt werden kann in dieser Situation befindet sich auch der Kläger, dem nach den nicht angegriffenen Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil für den fraglichen Zeitraum ein monatlicher Zuschuß von 142,57 DM gezahlt wurde, von dem er für den aufgrund der Ermäßigung des Beihilfebemessungssatzes um 20 % erforderlich gewordenen zusätzlichen privaten Krankenversicherungsschutz 45,-- DM/Monat verwenden mußte.

Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise verbleibt auf der Grundlage des § 14 Abs. 5 BhV dem von der Zuschußregelung betroffenen Versorgungsempfänger - so auch dem Kläger - ein Zuschußanteil von mindestens 79,99 DM (ab 1.1.2002: 40,99 Euro), ohne daß sich dadurch seine krankenversicherungsrechtliche Situation im Vergleich zu solchen Versorgungsempfängern verschlechtert, denen kein Krankenversicherungszuschuß von einem Rentenversicherungsträger gezahlt wird. Die dem zuschußbegünstigten Versorgungsempfänger einen Teil des Zuschusses - unmittelbar oder mittelbar - vorenthaltende beihilferechtliche Regelung rechtfertigt sich aus der Erwägung, daß sie das Zusammentreffen zweier der Sicherung im Krankheitsfalle dienender finanzieller Entlastungen aus unterschiedlichen öffentlichen Kassen bei Überschreiten einer festgesetzten Grenze verhindert so BVerwG, Urteil vom 16.10.1997 - 2 C 10.97 -, ZBR 1998, 206 (207); vgl. zur zulässigen Berücksichtigung der Leistungen aus freiwilliger Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung bei der Berechnung der beihilfefähigen Aufwendungen BVerwG, Urteil vom 24.11.1988 - 2 C 18.88 -, BVerwGE 81, 27 = NJW 1989, 1558 = ZBR 1989, 284 = DÖD 1989, 241.

Zur Abgrenzung zwischen einer ihrem Umfang nach noch hinzunehmenden und einer nicht mehr hinzunehmenden Kumulierung der öffentlichen Leistungen konnte eine typisierende Regelung getroffen werden, ohne daß dabei darauf abgestellt werden muß, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Beitragszuschuß auf freiwillig geleisteten Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung beruht von letzterem ist das BVerwG in der zitierten Entscheidung vom 16.10.1997 ganz selbstverständlich ausgegangen, wie sich aus folgendem Satz (siehe ZBR 1998, 207, vorletzter Absatz, letzter Satz) ergibt: "Im übrigen trägt die Berücksichtigung eines Zuschußverzichtes bei einer - wie im Falle des Klägers - teilweise auf freiwilligen Beiträgen beruhenden Renten- und Zuschußberechtigung auch deren Charakter als freiwillige Eigenvorsorge dadurch Rechnung, daß die Aufrechterhaltung des aus dieser Eigenvorsorge erwachsenen Zuschußanspruchs den Berechtigten beihilferechtlich freigestellt ist."

Die pauschale Regelung, wonach § 14 Abs. 5 BhV dem Versorgungsempfänger (mindestens) 79,99 DM (ab 1.1.2002: 40,99 Euro) von dem Zuschuß zur Krankenversicherung beläßt, berücksichtigt angemessen auch die Fälle, in denen der Zuschuß auf freiwilligen Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung beruht. Diese generalisierende Regelung trägt insbesondere den praktischen Erfordernissen der Verwaltung Rechnung, denn eine Regelung, bei der im Einzelfall das Verhältnis von Pflichtbeiträgen zu freiwilligen Beiträgen festgestellt werden müßte, wäre beihilferechtlich nicht praktikabel. Um der Praktikabilität der Regelung willen darf dabei in Kauf genommen werden, daß in Einzelfällen ausnahmsweise auch eine gewisse Benachteiligung der Betroffenen eintritt vgl. dazu in Bezug auf das Beihilferecht u.a. BVerfG, Beschluß vom 23.6.1981 - 2 BvR 1067/80 -, BVerfGE 58, 68 (79 f.).

Bestehen nach alldem keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, so ist im weiteren auch nicht ersichtlich, welche Frage grundsätzlicher Bedeutung die Zulassung der Berufung rechtfertigen könnte. Soweit der Kläger in der Regelung des § 14 Abs. 5 BhV eine Verletzung seines verfassungsrechtlich - Art. 14 Abs. 1 GG - geschützten Eigentums erblickt, bedarf es zur Beantwortung dieser Frage nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens. Diese Frage ist nämlich aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eindeutig zu verneinen. Denn dem Kläger wird die ihm mit der Gewährung eines Zuschusses zur Krankenversicherung gesetzlich eingeräumte sozialversicherungsrechtliche Position durch die beihilferechtliche Regelung in § 14 Abs. 5 BhV nicht entzogen vgl. zur Eigentumsgarantie der vom Rentenver- sicherungsträger gesetzlich geschuldeten Zuschüsse für die Krankenversicherung der Rentner BVerfG, Urteil vom 16.7.1985 - 1 BvL 5/80 -, BVerfGE 69, 272 = NJW 1986, 39.

Der Zuschuß wird ihm grundsätzlich ungeschmälert ausgezahlt, so daß er für die von ihm zur gesetzlichen Rentenversicherung geleisteten Beiträge, und zwar auch die freiwilligen Beiträge, weiterhin ein vollwertiges Äquivalent erhält. Soweit sich die Zuschußzahlung mittelbar auf die Beihilfegewährung auswirkt, wird Art. 14 GG nicht tangiert vgl. grundlegend BVerfG, Beschluß vom 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 -, BVerfGE 76, 256 = ZBR 1988, 23, zur rechtlich vergleichbaren Situation der Rentenanrechnung auf die Versorgungsbezüge.

Ein nach § 46 Abs. 1 SGB I zulässiger (Teil-)Verzicht auf diese Sozialleistung kann nur freiwillig erfolgen vgl. BVerwG, Urteil vom 16.10.1997, a.a.O., und aus diesem Grund gleichermaßen kein Anknüpfungspunkt für eine Prüfung des Art. 14 GG sein.

Schließlich stellt sich auch nicht die Frage der analogen Anwendung des § 55 Abs. 4 Nr. 1 BeamtVG im Regelungsbereich des § 14 Abs. 5 BhV, da letztere Vorschrift - worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat - eine abschließende Regelung darstellt und von daher für das Ausfüllen einer Regelungslücke durch analoge Anwendung einer sonstigen Rechtsvorschrift kein Raum ist vgl. zur fachgerichtlichen Beurteilung, ob der Sachverhalt eine Analogie rechtfertigt, BVerfG, Beschluß vom 3.4.1990 - 1 BvR 1186/89 -, BVerfGE 82,6 = NJW 1990, 1593.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 25 Abs. 2, 14 Abs. 3 und 1, 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.

Dieser Beschluß ist nicht anfechtbar.



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