Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Saarland
Beschluss verkündet am 12.05.2005
Aktenzeichen: 1 Q 3/05
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 113 Abs. 1 Satz 4
VwGO § 124 Abs. 2
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 2
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3
Die Annahme einer schuldhaften Amtspflichtverletzung scheidet regelmäßig aus, wenn das Verwaltungsgericht unter Mitwirkung von drei Berufsrichtern das Verwaltungshandeln für rechtmäßig erklärt hat.
Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 30. November 2004 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 12 K 126/03 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren und in teilweiser Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 18. Januar 2005 auch für das erstinstanzliche Verfahren mit Wirkung vom 30. November 2004 auf 25.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

I. Mit Schreiben vom 11.6.2002 beantragte der Kläger eine Nebentätigkeitsgenehmigung für die im Bereich seiner Fachkompetenz als Forensischer Toxikologe an ihn persönlich und das Institut für Rechtsmedizin gerichteten Untersuchungsaufträge der Polizei, von Justizbehörden sowie sonstigen öffentlichen und internationalen Auftraggebern. Die Beklagte genehmigte die beantragte Nebentätigkeit gemäß ihrem Schreiben vom 22.4.2003 unter mehreren Auflagen. Der vom Kläger eingelegte Widerspruch mit dem Ziel, die Genehmigung für die Nebentätigkeit ohne Auflagen zu erhalten, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 18.7.2003 zurückgewiesen. Am 5.8.2003 ist die Klage beim Verwaltungsgericht eingegangen.

Zum 30.11.2004 wurde der Kläger aufgrund der Vollendung des 65. Lebensjahres in den Ruhestand versetzt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger erklärt, er beabsichtige, bei positivem Ausgang des Verfahrens einen Amtshaftungsprozess zu führen; aufgrund der Einschränkungen in der Nebentätigkeitsgenehmigung entstehe ihm u.a. durch die Inanspruchnahme privater Labore jährlich ein Schaden in Höhe von ca. 50.000,-- Euro.

Sein als Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) für statthaft anerkanntes Begehren hat das Verwaltungsgericht - als Kollegialgericht - durch Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 30.11.2004 abgewiesen. Dagegen richtet sich der auf § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 VwGO gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung.

II. Der Antrag ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet.

1. Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Klägers im Verständnis von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, das dieser auf die beabsichtigte Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs im Wege der Amtshaftung stützt, besteht nicht mehr, nachdem das Verwaltungsgericht als Kollegialgericht eine Rechtsverletzung des Klägers durch die Beklagte verneint hat (dazu unter 2.).

Wegen der dadurch veränderten Sach- und Rechtslage liegt objektiv eine (endgültige) Erledigungssituation vor, bei der nunmehr auch das besondere Feststellungsinteresse gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO weggefallen ist. Hier kommt im Hinblick auf den Ausnahmecharakter der Zulassung der Berufung, aber auch deshalb, weil die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO infolge der Erledigung des Rechtsstreits mangels späteren Ergehens einer Sachentscheidung über die relevanten Streitfragen ihre Funktion nicht mehr erfüllen können, eine Zulassung nicht mehr in Betracht. Deshalb ist der Zulassungsantrag jedenfalls unbegründet vgl. zu alldem u.a. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage, Vorb. § 124 Rdnr. 43 und § 124 a Rdnr. 51.

2. Die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs im Wege der Amtshaftung ist offensichtlich aussichtslos - und kann deshalb nunmehr kein Feststellungsinteresse im Verständnis des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO begründen -, nachdem das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil nach eingehender Prüfung der Einwände des Klägers zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die insgesamt erforderliche und dem Kläger bis zum 31.12.2004 erteilte Nebentätigkeitsgenehmigung auch in Ansehung der vorgenommenen Einschränkung rechtmäßig war. Hat mithin das Verwaltungsgericht unter Mitwirkung von drei Berufsrichtern das Verwaltungshandeln der Beklagten in Bezug auf die vom Kläger erstrebte uneingeschränkte Genehmigung einer Nebentätigkeit vollumfänglich für rechtmäßig erklärt, so schließt dies die Annahme einer schuldhaften Amtspflichtverletzung aus. Denn den für die Beklagte handelnden Amtsträgern kann nicht vorgeworfen werden, sie hätten es "besser" als das Kollegialgericht wissen müssen vgl. u.a. BVerwG, Beschluss vom 14.5.1996 - 2 B 73/96 -, Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 52, S. 5 = NVwZ-RR 1997, 41 = ZBR 1996, 310, sowie Urteil vom 27.2.2003 - 2 C 16/02 -, NVwZ 2003, 1397 = DÖD 2003, 202 = ZBR 2003, 420; Beschluss des Senats vom 16.5.2003 - 1 Q 2/02 -.

Anderes könnte nur dann gelten, wenn die kollegialgerichtliche Billigung auf der Beantwortung einer Rechtsfrage beruht, die für die Behörde keine Rolle gespielt hat oder wenn das Kollegialgericht bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns von einem falschen Sachverhalt ausgegangen ist vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 25.3.1988 - 4 C 21/85 -, Buchholz 406.16 Grundeigentumsschutz Nr. 47 = NVwZ 1989, 667, sowie Beschluss vom 9.8.1990 - 1 B 94/90 -, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 220 = DVBl. 1991, 51 = NVwZ 1991, 270; vgl. auch BGH, Urteil vom 11.6.1981 - III ZR 34/80 -, NJW 1982, 36: Nichtanwendung des genannten Grundsatzes, wenn das Kollegialgericht das Vorgehen des Beamten aus Rechtsgründen billigt, die der Beamte selbst nicht erwogen hat; vgl. zu einer weiteren Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz bei gerichtlicher Überprüfung der Rechtmäßigkeit anhand eines reduzierten Maßstabes der "Vertretbarkeit", der für den Beamten nicht gilt, BGH, Urteil vom 16.10.1997 - III ZR 23/96 -, NJW 1998, 751.

So aber liegt der Fall hier zweifelsfrei nicht. Demgemäß muss der Berufungszulassungsantrag des Klägers zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1, 52 Abs. 1, 47 GKG. Dabei ist unter teilweiser Abänderung der erstinstanzlichen Wertfestsetzung zu berücksichtigen, dass sich der Streitwert für Fortsetzungsfeststellungsklagen im Verhältnis zum Streitwert des ursprünglichen Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsbegehrens regelmäßig auf die Hälfte ermäßigt vgl. dazu u.a. VGH Kassel, Urteil vom 12.6.1991 - 1 UE 2797/86 -, NVwZ-RR 1992, 218, unter Hinweis auf die (zitierte) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, sowie Ziffer 1.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 7./8. Juli 2004, NVwZ 2004, 1327.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Ende der Entscheidung

Zurück