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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Saarland
Beschluss verkündet am 17.08.2005
Aktenzeichen: 1 Q 4/05
Rechtsgebiete: VwGO, BhVO


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 2
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 5
BhVO § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 3
1. Die beihilferechtliche Regelung, wonach die beihilferechtliche Anerkennung eines Geräts zur Selbstbehandlung die Unbedenklichkeit der Selbstbehandung voraussetzt, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

2. Die mit Blick auf mögliche Gesundheitsgefahren vorauszusetzende Unbedenklichkeit einer Selbstbehandlung muss in der geforderten ärztlichen Bescheinigung in objektivierter Form nachvollziehbar dargelegt werden.


Tenor:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2004 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 3 K 129/03 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 938,--Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das im Tenor genannte Urteil zuzulassen, ist zwar zulässig, aber unbegründet.

Mit diesem Urteil wurde das Begehren der Klägerin auf Feststellung (bzw. Voranerkennung) der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die Anschaffung eines Bestrahlungsgeräts für die Breitband UVB-Lichttherapie im Heimtherapiebereich (Anschaffungskosten: 1.877,58 Euro) zur Behandlung einer Hauterkrankung, im konkreten Fall: "Lichen ruber" (Synonym: Knötchenflechte) siehe dazu Springer Lexikon Medizin (2004), Seite 1244 f.: chronische Entzündung der Haut und Schleimhaut mit juckenden Papeln; kann die Haut, Schleimhaut und Nägel befallen, nie aber innere Organe; ist meist quälend oder schmerzhaft, aber immer harmlos und muss nur selten intensiv therapiert werden; tritt weltweit auf und ist eine der häufigsten Hauterkrankungen; abgelehnt. Begründet ist dies damit, dass die beihilferechtlich für die Anerkennung von Apparaten und Geräten zur Selbstbehandlung nach ärztlicher Bescheinigung vorausgesetzte Unbedenklichkeit der Selbstbehandlung bei dem in Rede stehenden UVB-Bestrahlungsgerät nicht gegeben sei.

Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe greifen nicht durch, denn es bestehen weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der klageabweisenden Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), noch belegt die den Prüfungsumfang im Zulassungsverfahren begrenzende Antragsbegründung gemäß Schriftsatz vom 28.2.2005 einen nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO durchschlagenden Verfahrensmangel, und schließlich weist die Rechtssache auch nicht besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Verständnis des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen nicht.

Die Klägerin stellt nicht in Abrede, dass die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Apparate und Geräte zur Selbstbehandlung nach der einschlägigen beihilferechtlichen Regelung (u.a.) voraussetzt, dass "die Selbstbehandlung nach ärztlicher Bescheinigung unbedenklich ist" so die auf § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 3 BhVO beruhenden Richtlinien, die in der bis 30.06.2003 geltenden Fassung (GMBl.Saar 1993, S. 456) in der hier einschlägigen Nr. 2.3 mit der ab 1.7.2003 in Kraft getretenen Neufassung (GMBl.Saar 2003 S. 548) - jetzt einschlägig Nr.2.2 - wörtlich übereinstimmen.

Diese - wie zu betonen ist - ausschließlich beihilferechtliche Unbedenklichkeit einer Selbstbehandlung mit dem von der Klägerin zur Anschaffung vorgesehenen bzw. bereits angeschafften siehe dazu die Auftragsbestätigung der Firma W Medizintechnik vom 9.2.2003, UVB-Bestrahlungsgerät hat das Verwaltungsgericht mit insgesamt zutreffenden Erwägungen, die sich der Senat zu Eigen macht, überzeugend verneint (Seiten 7, 8 des Urteils). Wesentlich neue Gesichtspunkte, die die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ernstlich in Zweifel ziehen könnten, ergeben sich aus der Zulassungsbegründung nicht.

Es genügt nicht, wie die Klägerin offenkundig annimmt, dass die Unbedenklichkeit der Selbstbehandlung ärztlicherseits formal bescheinigt wird. Vielmehr muss die ärztliche Bescheinigung anhand der konkreten Gegebenheiten die mit Blick auf mögliche Gesundheitsgefahren vorauszusetzende Unbedenklichkeit einer Selbstbehandlung in objektivierter Form nachvollziehbar darlegen. Hierfür reicht die Feststellung in der ärztlichen Bescheinigung der Hautärztin Dr. med. K vom 12.6.2003 nicht aus, die Klägerin wende das Bestrahlungsgerät "nach Vorschrift" an und stelle sich regelmäßig zur Überwachungskontrolle vor. Auch die Aussage, es sei bisher nicht zu Verbrennungen gekommen, und die damit verbundene Prognose, bei weiterhin sachgemäßem Gebrauch werde dies auch nicht eintreten, da die Patientin genaue Verhaltensregeln beachte, können die Annahme einer objektiv gegebenen Gefahrensituation bei häuslicher Selbstbehandlung nicht ausschließen. In diesem Zusammenhang hat das Verwaltungsgericht zutreffend hervorgehoben, dass ausweislich der Gebrauchsanweisung das UVB-Bestrahlungsgerät ungeachtet der ab Werk standardmäßig vorgesehenen geringeren Maximaldosis vom Benutzer auf eine größere Bestrahlungsdosis eingestellt werden kann. Darauf, ob auch konkret im Falle der Klägerin die Gefahr einer Schädigung bei einer Selbstbehandlung mit dem streitbefangenen Bestrahlungsgerät besteht oder ob eine derartige Gefahr infolge der Erfahrungen der Klägerin mit Bestrahlungsgeräten und im Hinblick auf die Überwachung der Selbstbehandlung durch die die Klägerin behandelnde Hautärztin ausgeschlossen werden kann, kommt es nicht an so zutreffend für die vergleichbare beihilferechtliche Regelung in Nordrhein-Westfahlen OVG Münster, Urteil vom 13.5.1993 - 1 A 253/90 -, DÖD 1994, 43 = RiA 1994, 45 = ZBR 1993, 383 (Leitsatz).

Die beihilferechtlich vorausgesetzte Unbedenklichkeit einer Selbstbehandlung soll nach Sinn und Zweck dieser Regelung erkennbar generell verhindern, dass durch einen möglichen unsachgemäßen Gebrauch eines Geräts zur Selbstbehandlung zusätzliche Gesundheitsbeeinträchtigungen auftreten, die wiederum einer medizinischen, unter Umständen kostenintensiven Behandlung bedürfen und damit zwangsläufig Beihilfeansprüche begründen bei Benutzung von UVB-Bestrahlungsgeräten sind bei nicht sachgemäßer Einstellung (Dosierung) Gesundheitsschädigungen der Haut, namentlich ein erhöhtes Karzinomrisiko, zu befürchten; vgl. dazu OVG Münster, Beschluss vom 4.6.2002 - 1 A 178/00 -, IÖD 2002, 225.

Die Klägerin wird durch diese beihilferechtliche Regelung nicht unzumutbar belastet. Denn es ist für sie zumutbar, die von ihrer Ärztin für sehr erfolgversprechend und therapeutisch sinnvoll eingeschätzte Lichtbehandlung siehe ärztliche Bescheinigung der Frau Dr. med. K vom 18.3.2003, ambulant in einer wohnortnahen Arztpraxis durchführen zu lassen. Wenn die Klägerin dennoch aus persönlichen, mit beruflicher Belastung einhergehenden Gründen eine "Heimbehandlung" mittels eines von ihr angeschafften UVB-Bestrahlungsgeräts wünscht, so ist ihr unbelassen, ein solches Gerät auf eigene Kosten anzuschaffen aus ihrem Schreiben an den Beklagten vom 15.4.2003 ergibt sich zumindest die Möglichkeit einer Kostenübernahme seitens ihrer Privatversicherung (Debeka).

Die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht verlangt jedenfalls nicht, dass durch Beihilfe und Versicherungsleistung die Aufwendungen in Krankheitsfällen vollständig gedeckt werden, dass der Dienstherr in jedem Fall einen Teil der Aufwendungen übernimmt oder dass das von der Beihilfe nicht gedeckte Risiko in vollem Umfang versicherbar ist. Das Beihilfesystem und die private Versicherung müssen nicht lückenlos aufeinander abgestimmt sein. Das Alimentationsprinzip verbietet es lediglich, dem Beamten Risiken aufzubürden, deren wirtschaftliche Auswirkungen unüberschaubar sind. Das ist nicht zu besorgen, wenn das - nicht versicherbare - finanzielle Risiko auf einen Betrag begrenzt ist, der die amtsangemessene Lebensführung nicht beeinträchtigt so BVerwG, Urteil vom 3.7.2003 - 2 C 36/02 -, BVerwGE 118, 277 = NJW 2004, 308 = ZBR 2004, 49 = IÖD 2004, 50.

Im Falle einer Anschaffung des UVB-Bestrahlungsgeräts, das die Klägerin nach eigener Einschätzung (Schreiben vom 10.5.2003) "in den nächsten Jahren" benötigt, entstehen ihr einmalige Kosten von rund 1.800,- Euro vgl. die bereits erwähnte Auftragsbestätigung vom 9.4.2003, so dass bei einer Kostenverteilung auf mehrere Jahre eine rechtlich bedeutsame Beeinträchtigung ihrer amtsangemessenen Lebensführung nicht anzunehmen ist.

Aus den obigen Ausführungen ergibt sich sodann, dass es zur Beantwortung der Frage, ob die Selbstbehandlung mit dem UVB-Bestrahlungsgerät zu keinen Gesundheitsgefahren führt, nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedarf, so dass der diesbezügliche Beweisantrag vom Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt wurde (§ 86 Abs. 2 VwGO).

Schließlich weist die Rechtssache auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Verständnis des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen, bedarf es nicht erst der Durchführung eines Berufungsverfahrens, sondern steht schon jetzt - auch unter Würdigung des Vorbringens der Klägerin im Zulassungsverfahren - fest, dass das Verwaltungsgericht sowohl im Ergebnis richtig entschieden als auch sein Urteil unter Erörterung aller relevanter Gesichtspunkte überzeugend begründet hat.

Nach allem muss der Berufungszulassungsantrag der Klägerin zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 GKG. Ihr liegt ein Beihilfebemessungssatz der Klägerin von 50 vom Hundert zugrunde.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Ende der Entscheidung

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