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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Saarland
Urteil verkündet am 23.08.2006
Aktenzeichen: 1 R 19/06
Rechtsgebiete: SHKG, PsychThG, BO


Vorschriften:

SHKG § 1 Abs. 2
SHKG § 2
SHKG § 2 Abs. 1
SHKG § 2 Abs. 1 Satz 1
SHKG § 2 Abs. 1 Satz 2
SHKG § 4 Abs. 1 Nr. 1
SHKG § 4 Abs. 1 Nr. 2
SHKG § 4 Abs. 1 Nr. 3
SHKG § 4 Abs. 1 Nr. 4
SHKG § 4 Abs. 1 Nr. 6
SHKG § 4 Abs. 1 Nr. 7
SHKG § 4 Abs. 1 Nr. 9
SHKG § 4 Abs. 5
SHKG § 12 Abs. 1 Nr. 7
PsychThG § 1
PsychThG § 1 Abs. 3
PsychThG § 12
PsychThG § 12 Abs. 3
BO § 4 Abs. 2
Bei der Erstellung von forensischen Glaubwürdigkeitsgutachten werden regelmäßig die durch die Approbation als Psychologische Psychotherapeutin erlangten Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten mitverwendet mit der Folge, dass dadurch die Pflichtmitgliedschaft zur Psychotherapeutenkammer ausgelöst wird.
Tenor:

Unter Abänderung des aufgrund mündlicher Verhandlung vom 13. Juli 2005 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 1 K 148/04 - wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Pflichtmitglied der Beklagten und deshalb zur Zahlung des Kammerbeitrags für das Jahr 2003 verpflichtet ist.

Im Jahr 1999 war der Klägerin die Approbation als Psychologische Psychotherapeutin erteilt worden.

Auf dem vorläufigen Meldebogen für die Ersterfassung der Mitglieder der im Jahr 2002 durch Gesetz statuierten (und daraufhin errichteten) A. hatte die Klägerin unter dem 18.7.2003 angegeben, dass sie in freiberuflicher Praxis sich mit gerichtspsychologischer Begutachtung befasse und eine freiwillige Mitgliedschaft wünsche, da sie nicht psychotherapeutisch tätig sei.

Unter dem 16.10.2003 hatte der Errichtungsausschuss der Beklagten den "Veranlagungsbescheid 2003" erlassen, mit dem von der Klägerin ein Beitrag von 360,-- Euro (Beitragsklasse II) verlangt wurde. Mit Schreiben vom 20.10.2003 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass freiberufliche Tätigkeiten, bei denen qualifiziertes psychotherapeutisches Wissen eine Voraussetzung ist und Anteile psychotherapeutischer Tätigkeit (z.B. Psychodiagnostik) verwendet werden, als Berufsausübung als Psychologische Psychotherapeutin zu bewerten seien.

Mit weiterem Schreiben (ohne Datum) wurde der Klägerin mitgeteilt, dass die von ihr vorgetragenen Gründe keine Beitragsreduzierung ermöglichten und sie "deshalb in Beitragsklasse I ..." veranlagt werde. Dem war ein Beitragsbescheid für das Jahr 2003 über 480,-EUR beigefügt.

Mit Bescheid vom 12.5.2004 wurde der "Widerspruch gegen den Veranlagungsbescheid 2003" zurückgewiesen. Zur Begründung heißt es:

"Die derzeit gültige Beitragsordnung der A. sieht eine Beitragsermäßigung lediglich im Zusammenhang mit besonderen Lebensumständen vor. Entsprechend § 2 des Saarländischen Heilberufekammergesetzes gehören der Kammer als Pflichtmitglieder alle zur Berufsausübung Berechtigten ... PP und K.JP ... an, die im Saarland ihren Beruf ausüben. Insoweit bestimmt das Gesetz nur vollwertige Mitgliedschaften. Die Approbation selbst stellt eine generell nutzbare Berufserlaubnis dar. Das Einfließen psychotherapeutischer sowie auch diagnostischer Kenntnisse und Erfahrung in psychologische oder im Rahmen der Jugendhilfe definierte Aufgaben ist unseres Erachtens unbestreitbar. Demzufolge werden Sie in Beitragsklasse I gemäß der Anlage zur Beitragsordnung der A. vom 16.6.2003 veranlagt."

Mit Schreiben vom 2.6.2004 legte die Klägerin gegen die "Mitteilung", sie sei Mitglied der Kammer, "vorsorglich noch einmal" Widerspruch ein.

Mit ihrer am 14.6.2004 gegen den Veranlagungsbescheid 2003 erhobenen Klage hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht:

Entscheidend für die Pflichtmitgliedschaft sei die tatsächliche Ausübung des Berufs einer Psychologischen Psychotherapeutin. Sie sei ausschließlich als forensische Psychologin tätig und unterhalte eine gerichtspsychologische Praxis. § 2 Abs. 1 Satz 2 SHKG, wonach Berufsangehörigen, die ihren Beruf nicht ausüben und ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Saarland haben, der freiwillige Beitritt offen stehe, mache deutlich, dass es nicht allein auf die Approbation ankomme. Ihre Tätigkeit sei dem allgemein anerkannten Beruf der Psychologin und nicht dem der Psychologischen Psychotherapeutin zuzuordnen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beitragsbescheid der Beklagten vom 16.10.2003, abgeändert durch den nachfolgenden Bescheid zur Beitragsklasse I, in der Gestalt des aufgrund der Sitzung vom 19.4.2004 ergangenen Widerspruchsbescheids aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat im Wesentlichen vorgetragen, der Begriff der Berufsausübung in § 2 Abs. 1 SHKG sei weit auszulegen. Hierzu gehörten alle approbierten Psychotherapeuten, die unter diesem Begriff einer beruflichen Tätigkeit nachgingen. Sinn und Zweck der Bildung einer Psychotherapeutenkammer sei auch die "Überwachung" aller Psychotherapeuten, die unter dieser Bezeichnung beruflich tätig seien. Die Tätigkeit als forensische Psychologin und das Unterhalten einer gerichtspsychologischen Praxis sei nicht als "neuer" Beruf anerkannt und führe zwangsläufig dazu, dass die entsprechende Tätigkeit unter einen bisher allgemein anerkannten Beruf subsumiert werde. In diesem Zusammenhang sei es ausreichend, dass Berufsangehörige - hier die Psychologischen Psychotherapeuten - die Kenntnisse, die Voraussetzung für die Approbation seien, mitverwenden könnten.

Durch aufgrund mündlicher Verhandlung vom 13.7.2005 ergangenes Urteil - 1 K 148/04 - hat das Verwaltungsgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klägerin sei nicht Pflichtmitglied der Beklagten, da anders als in anderen Bundesländern, in denen - über die Berufsausübung hinaus - bereits die Approbation und der gewöhnliche Aufenthalt im jeweiligen Bundesland die Pflichtmitgliedschaft begründe, nach § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Saarländischen Heilberufekammergesetzes (SHKG) die Berufsausübung konstitutives Merkmal der Pflichtmitgliedschaft sei. Die Klägerin habe nachvollziehbar dargelegt, dass sie ausschließlich als forensische Psychologin tätig sei und - dementsprechend - eine gerichtspsychologische Praxis unterhalte. Ihre Tätigkeit sei dem allgemein anerkannten Beruf der Psychologin zuzuordnen und nicht dem der Psychologischen Psychotherapeutin. Da die Klägerin in ihrer Berufsausübung nicht in eine heilkundliche Behandlung psychischer oder psychosomatischer Störungen eingebunden sei, übe sie keine Psychotherapie nach dem Psychotherapeutengesetz aus. Selbst wenn man davon ausgehe, dass der Begriff der Berufsausübung zur Abgrenzung der Pflichtmitgliedschaft nach § 2 Abs. 1 SHKG darüber hinaus weitergehender sei, sei das von der Beklagten angenommene Einfließen psychotherapeutischer sowie auch diagnostischer Kenntnisse und von Erfahrung in psychologische oder im Rahmen der Jugendhilfe definierte Aufgaben nicht durch Tatsachen belegt. Eine weitergehende sachverständige Aufklärung der konkreten Tätigkeit der Klägerin, sozusagen ins Blaue hinein, sei bei dieser Sachlage nicht angezeigt. Die Klägerin habe vorgetragen, zumindest zu 98 % in Strafsachen tätig zu sein, und zwar ausschließlich in Bezug auf die Überprüfung der Glaubwürdigkeit von Kindern und Jugendlichen als Opfer von Straftaten beziehungsweise als Zeugen. Zu ca. 2 % sei sie in familiengerichtlichen Verfahren tätig, allerdings nicht im Sinne einer Diagnostik oder Behandlung von Krankheiten, sondern zur Feststellung der Eignung von Erziehungsberechtigten zur Erziehung eines Kindes, etwa bei einem Elternkonflikt über die Ausübung des Sorgerechts. Betrachte man den familienrechtlichen Teil, übe sie in minimaler Weise eine Tätigkeit zur Überwindung sozialer Konflikte aus, soweit man Konflikte unter Eltern um das Umgangsrecht hierunter subsumieren wolle. Sie treffe weder in Strafverfahren noch in familienrechtlichen Verfahren Aussagen zum Vorliegen einer Störung mit Krankheitswert. Sie habe die ihr am 4.1.1999 erteilte Approbation beantragt, weil sie die entsprechenden Jahre zuvor psychotherapeutisch tätig gewesen sei und ihr insoweit die Approbation zugestanden habe. Seit 2002 sei sie ausschließlich als gerichtspsychologische Sachverständige tätig.

Bei dieser Sachlage könne nicht festgestellt werden, die Klägerin biete - wenn auch nur in geringem Umfang - Hilfe bei Störungen des Denkens, Fühlens, Erlebens und Handelns an oder bei ihrer Tätigkeit würden Fachkenntnisse, die zum Fachwissen Psychologischer Psychotherapeuten gehören, vorausgesetzt und angewendet. Weiterhin gebe es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin ihre berufliche Tätigkeit auch aufgrund der Eigenschaft als Psychologische Psychotherapeutin ausübe und ihre Einkünfte daraus erwüchsen. Wie die Erörterung in der mündlichen Verhandlung gezeigt habe, gehe ihr Einsatz in gerichtlichen und behördlichen Verfahren auf eine bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Psychotherapeutengesetzes bestehende positive Reputation zurück. Von daher gebe es keinen Anlass zu der Annahme, die gerichtliche oder behördliche Beauftragung der Klägerin erfolge auch nur zum Teil wegen ihrer Approbation zur Psychologischen Psychotherapeutin. Tatsachen dafür, dass die Klägerin anlässlich ihrer Berufsausübung Dritten gegenüber als Psychologische Psychotherapeutin auftrete, seien nicht bekannt.

Der auf eine Geldleistung gerichtete Beitragsbescheid könne auch nicht teilweise aufrechterhalten werden, da die Klägerin nicht als freiwilliges Mitglied der Beitragsklasse V unterfalle (wird im Urteil näher ausgeführt).

Gegen das am 8.5.2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.8.2005 die Zulassung der Berufung beantragt. Diesem Antrag hat der Senat mit Beschluss vom 4.5.2006 - 1 Q 72/05 - entsprochen. Am 31.5.2006 hat die Beklagte die Berufung wie folgt begründet:

Der Begriff der Berufsausübung nach dem Heilberufekammergesetz sei weiter zu fassen als der zur Ausübung von Psychotherapie im Sinne des Psychotherapeutengesetzes. Eine heilkundliche Tätigkeit werde nicht vorausgesetzt, wie sich z.B. aus § 4 Abs. 1 Nr. 2 des Heilberufekammergesetzes ergebe, wonach auch beamtete Psychologische Psychotherapeuten, die nicht klinisch arbeiteten, grundsätzlich einer Überwachung durch die Kammer unterlägen. Von einer Berufsausübung im Sinne des Heilberufekammergesetzes sei folglich dann auszugehen, wenn bei der beruflichen Tätigkeit psychotherapeutische Kenntnisse mitverwendet würden oder mitverwendet werden könnten. Nur eine berufsfremde Tätigkeit unterfalle nicht der Pflichtmitgliedschaft. Ob die konkrete Tätigkeit (beispielsweise) von einem (nur) Dipl.-Psychologen ausgeübt werden dürfe, sei nicht entscheidend. Die Klägerin sei als Gutachterin für verschiedene Gerichte und Staatsanwaltschaften tätig. Sie erstelle Glaubwürdigkeitsgutachten für Opfer und Zeugen sexueller Gewalt. Ihre anerkannten Fachkenntnisse auf diesem Gebiet beruhten zum Großteil auf ihrer früheren Tätigkeit in der Beratung und Behandlung von Opfern sexueller Gewalt. Daraus ergebe sich - aus Sicht der Beklagten -, dass die Klägerin psychotherapeutisches Wissen in ihre Tätigkeit als forensische Psychologin einfließen lasse, jedenfalls einfließen lassen könne, und keinesfalls in einem fremden, mit ihrer Ausbildung und Qualifikation nicht zusammenhängenden Beruf tätig sei. Die Klägerin stelle, wenn sie die Glaubwürdigkeit von Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen als Opfer oder Zeugen von Straftaten zu beurteilen habe, einen Bezug her zwischen dem Erlebten oder angeblich Erlebten, dessen psychischer Verarbeitung und/oder der aus anderen Motiven folgenden verzerrenden oder falschen Wiedergabe. Im Übrigen habe sie eingeräumt, in familiengerichtlichen Verfahren in "minimaler" Weise eine Tätigkeit zur Überwindung sozialer Konflikte auszuüben.

Für den streitbefangenen Zeitraum (2003) habe die Klägerin zudem unter der Überschrift "Gerichtspsychologische Praxis" als "Psychologische Psychotherapeutin" firmiert.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Unter Bezugnahme auf die - aus ihrer Sicht - zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hebt sie nochmals hervor, dass sie ausschließlich als forensische Psychologin tätig sei und ausschließlich eine gerichtspsychologische Praxis unterhalte. Die Beklagte nehme zu Unrecht an, in ihre Tätigkeit als forensische Psychologin würden psychotherapeutische sowie diagnostische Kenntnisse und Erfahrungen einfließen. Dabei verkenne sie nämlich, dass sie mindestens zu 98 % ihrer Tätigkeit in Strafverfahren, und zwar ausschließlich in Bezug auf die Überprüfung der Glaubwürdigkeit von Kindern und Jugendlichen als Opfer von Straftaten beziehungsweise als Zeugen, und in höchstens 2 % in familiengerichtlichen Verfahren tätig sei, allerdings nur zur Feststellung der Eignung von Erziehungsberechtigten zur Erziehung eines Kindes im Rahmen eines Elternkonflikts über die Ausübung des Sorgerechts.

Auf Anfrage des Senats haben die Beteiligten mitgeteilt, dass auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz verzichtet werde.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den Inhalt der verfahrensbezogenen Gerichtsakten einschließlich der Verwaltungsunterlagen (1 Heft) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Über die zulässige Berufung kann aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die Berufung der Beklagten gegen das im Urteilstenor genannte Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes ist begründet.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die durch Beitragsbescheid vom 16.10.2003 in der abgeänderten Form, wie sie dem Widerspruchsbescheid vom 19.4.2004 zugrunde liegt, erfolgte Heranziehung der Klägerin zur Zahlung des Kammerbeitrags für das Jahr 2003 rechtmäßig.

Die Klägerin ist Pflichtmitglied der A. (§§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 Satz 1 SHKG) Saarländisches Heilberufekammergesetz - SHKG - in der Neufassung vom 2. Juni 2003, Amtsblatt des Saarlandes vom 10. Juli 2003, Seite 1770 ff., und unterliegt deshalb der satzungsmäßigen Beitragspflicht §§ 4 Abs. 5, 12 Abs. 1 Nr. 7 SHKG in Verbindung mit § 1 der "Beitragsordnung der A.", Amtsblatt des Saarlandes vom 17. Juli 2003, Seite 1985 ff. (im Folgenden: Beitragsordnung).

Im erstinstanzlichen Urteil wird die Pflichtmitgliedschaft der Klägerin im Kern mit der Begründung verneint, dass sie keine Psychotherapie nach dem Psychotherapeutengesetz ausübe. Ergänzend und hilfsweise wird unter Zugrundelegung eines weitergehenden Begriffs der Berufsausübung im Verständnis des § 2 Abs. 1 Satz 1 SHKG eine Pflichtmitgliedschaft der Klägerin zusätzlich damit verneint, dass das von der Beklagten angenommene Einfließen psychotherapeutischer sowie auch diagnostischer Kenntnisse und von Erfahrung in psychologische oder im Rahmen der Jugendhilfe definierte Aufgaben, die die Klägerin wahrnehme, nicht durch Tatsachen belegt sei.

Diese Erwägungen rechtfertigen nicht die Abweisung der Klage. Vielmehr ist die Klägerin als approbierte Psychologische Psychotherapeutin gemäß § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 SHKG Mitglied der Beklagten und von daher auf der Grundlage der am 27. Juni 2003 vom (damaligen) Ministerium für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales genehmigten Beitragsordnung (§§ 1, 2 und 3) zur Beitragszahlung verpflichtet.

Pflichtmitglieder der Beklagten sind (u.a.) alle zur Berufsausübung berechtigten Psychologischen Psychotherapeutinnen, die im Saarland ihren Beruf ausüben (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SHKG). Die Klägerin übte im Beitragsjahr 2003 als approbierte Psychologische Psychotherapeutin dadurch, dass sie in freiberuflicher gerichtspsychologischer Praxis gerichtspsychologische Gutachten erstellte, "ihren Beruf" im Verständnis des § 2 Abs. 1 Satz 1 SHKG aus.

Der Beruf als Psychologische Psychotherapeutin im Sinne des Saarländischen Heilberufekammergesetzes wird nicht nur ausgeübt, wenn in wissenschaftlich anerkannten psychotherapeutischen Verfahren Störungen mit Krankheitswert festgestellt, geheilt oder gelindert werden, wie es § 1 Abs. 3 PsychThG Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Psychotherapeutengesetz) vom 16. Juni 1998, BGBl. I 1998, 1311, für die Definition des Begriffs der Psychotherapie bestimmt. Dies ergibt sich aus dem vom Psychotherapeutengesetz abweichenden Regelungszweck des § 2 Abs. 1 SHKG. Das Psychotherapeutengesetz dient der Regelung des Berufszuganges. Deshalb fordert es eine ausreichende berufliche Qualifikation. Nur dann soll der diplomierte Psychologe sich Psychologischer Psychotherapeut nennen dürfen, womit ihm zugleich die Möglichkeit einer eigenständigen Kassenzulassung eröffnet wird. Vor diesem Hintergrund hat der Bundesgesetzgeber den Begriff der Ausübung der Psychotherapie bestimmt und darunter nur wissenschaftlich anerkannte Verfahren, die zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Störungen mit Krankheitswert verwendet werden, gefasst. Dementsprechend musste derjenige, der vor Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes bereits psychotherapeutisch tätig war, unter anderem 4.000 beziehungsweise bei Vorliegen zusätzlicher Voraussetzungen 2.000 Stunden psychotherapeutischer Berufstätigkeit nachweisen, um aufgrund der Übergangsregelung des § 12 PsychThG ohne weitere Ausbildung und Prüfung approbiert zu werden. § 2 Abs. 1 SHKG will dagegen den Umfang der Kammermitgliedschaft bestimmen, also den Kreis derjenigen abgrenzen, die von Gesetzes wegen zwangsweise körperschaftlich verbunden werden. Die körperschaftliche Verbundenheit in einer Berufskammer findet ihre innere Rechtfertigung in gemeinsamen beruflichen Interessen der Mitglieder, die die Kammer fördert vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 7.12.2001 - 1 BvR 1806/98 -, NVwZ 2002, 335 ff..

Dies bedeutet, dass all diejenigen zu einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer in der Form einer rechtsfähigen Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 3 SHKG) herangezogen werden können, die gleichartige Interessen haben und deshalb durch die Tätigkeit der Kammer in diesen vertreten und gefördert werden. In diesem Sinne muss die Berufsausübung gemäß § 2 Abs. 1 SHKG verstanden werden. All diejenigen Psychologischen Psychotherapeuten üben ihren Beruf im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SHKG aus, die durch die Erfüllung der der Kammer zugewiesenen Aufgaben einen Vorteil haben. Zu den Aufgaben der Beklagten gehören insbesondere folgende Aufgaben:

- die beruflichen Belange der Kammermitglieder unter Beachtung des Wohles der Allgemeinheit wahrzunehmen,

- die Kammermitglieder zur Erfüllung ihrer Berufspflichten anzuhalten und deren Einhaltung zu überwachen,

- die berufliche Fortbildung der Kammermitglieder zu fördern sowie die Weiterbildung der Kammermitglieder zu regeln,

- die Aus-, Fort- und Weiterbildung des bei den Kammermitgliedern beschäftigten Personals zu fördern sowie die ihnen nach dem Berufsbildungsgesetz obliegenden Aufgaben wahrzunehmen,

- auf ein gedeihliches Verhältnis der Kammermitglieder zueinander und zu anderen Heil- und Heilhilfsberufen hinzuwirken,

- bei berufsbezogenen Streitigkeiten unter den Kammermitgliedern und bei die Berufsausübung betreffenden Streitigkeiten zwischen Kammermitgliedern und Dritten auch auf Antrag eines/einer Beteiligten zu vermitteln,

- die zuständigen Behörden in Fragen der Gesetzgebung und der Verwaltung zu beraten und zu unterstützen, vgl. dazu § 4 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 3, 4, 6, 7 und 9 SHKG.

Hierdurch wird deutlich, dass die Beklagte die Aufgabe hat, die beruflichen Belange der Gesamtheit der Psychologischen Psychotherapeuten zu wahren vgl. in diesem Zusammenhang u.a. auch Beschluss des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin vom 21.3.2003 - VerfGH 2/03 -, dokumentiert bei Juris, wonach ein Großteil der Aufgaben der Kammer (im konkreten Fall handelte es sich um die Ärztekammer) darin besteht, als Interessenvertretung die Gesamtbelange ihrer Mitglieder gegenüber der Öffentlichkeit und dem Staat zu wahren, ohne dass sich der aus dieser Aufgabe ergebende Vorteil zwangsläufig bei jedem Mitglied in einem wirtschaftlichen Vorteil niederschlagen muss (S. 8).

Vorteile aus dieser umfassenden Aufgabenerfüllung werden damit bei einer gebotenen typisierenden Betrachtungsweise all denjenigen Psychologischen Psychotherapeuten zuteil, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen, die sie bei ihrer Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten erworben haben, einsetzen oder mitverwenden. Das gilt auch dann, wenn die ausgeübte Tätigkeit mit anderen Berufen verwandt ist. Ausgenommen sind demgegenüber nur diejenigen, die entweder den die Kammerzugehörigkeit vermittelnden Beruf überhaupt nicht oder einen fremden, mit ihrer Ausbildung und Qualifikation nicht zusammenhängenden Beruf ausüben vgl. u.a. OVG Bremen, Urteil vom 29.11.2005 - 1 A 148/04 -, dokumentiert bei Juris (S. 7); VG Köln, Urteil vom 27.10.2004 - 9 K 2843/03 -, dokumentiert bei Juris; VG Ansbach, Urteil vom 14.12.2004 - An 9 K 03.02279 -, dokumentiert bei Juris; im Ergebnis ebenso VG Arnsberg, Urteil vom 9.8.2002 - 13 K 1505/02 -, dokumentiert bei Juris; siehe auch das von der Beklagten vorgelegte Urteil des VG Wiesbaden vom 12.4.2005 - 7 E 1302/04 (V) -: "Entscheidungserheblich ist, ... ob ... eine solche Nähe zum Berufsbild eines approbierten Psychologischen Psychotherapeuten besteht, dass die konkrete Berufstätigkeit der genannten Regelung unterfällt"; sehr überzeugend VG Frankfurt, Urteil vom 30.11.2005 - 12 E 1033/05 -, dokumentiert bei Juris.

Dass der saarländische Gesetzgeber von diesem weiten Verständnis des Begriffs der Berufsausübung in § 2 Abs. 1 SHKG ausgegangen ist, folgt nicht nur aus der Aufgabenstellung der Beklagten sowie dem Umstand, dass diese Aufgaben nur dann sinnvoll und angemessen wahrgenommen werden können, wenn der Kreis der Mitglieder entsprechend weit gefasst ist, sondern ergibt sich konkret aus § 4 Abs. 1 Nr. 2 SHKG. Denn diese im Zusammenhang mit der Aufgabenbeschreibung der in Kammern organisierten Berufsvertretungen bereits erwähnte Vorschrift unterwirft die Kammermitglieder bei der Erfüllung ihrer Berufspflichten einer Überwachung durch die Kammer nur, soweit nicht bei Beamten die Zuständigkeit des Dienstvorgesetzten gegeben ist. Daraus folgt aber nichts anderes, als dass der saarländische Gesetzgeber beamtete Psychologische Psychotherapeuten, die im Saarland ihren Beruf ausüben, grundsätzlich zu den Pflichtmitgliedern zählt, ohne dass es darauf ankommt, ob diese im Verständnis des § 1 Abs. 3 PsychThG heilkundlich tätig sind. Denn es liegt auf der Hand, dass in der öffentlichen Verwaltung im Beamtenstatus beschäftigte Psychologische Psychotherapeuten jedenfalls in der Mehrzahl der Fälle nicht klinisch-diagnostisch/kurativ, mithin nicht heilkundlich tätig sind, sondern im Wesentlichen mit allgemeinen Verwaltungsaufgaben betraut sein dürften, zu denen in Abgrenzung zur Ausübung heilkundlicher Tätigkeit auch der Fortbildungsbereich mit Lehrbefugnissen zu rechnen ist.

Diese weite Auslegung des Begriffs der Berufsausübung als Voraussetzung für die Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung zur Pflichtmitgliedschaft in den übrigen Heilberufskammern vgl. (u.a.) BVerwG, Urteil vom 30.1.1996 - 1 C 9/93 -, NJW 1997, 814, wonach es nicht Bundesrecht widerspricht, dass nach Landesrecht auch ein approbierter Apotheker, der zugleich Diplomchemiker und in einem naturwissenschaftlichen Fach promoviert ist, als Zwangsmitglied einer Landesapothekerkammer angehört, wenn er als beamteter wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Pharmazie und Lebensmittelchemie einer Universität in erster Linie als Leiter des Mikroanalytischen Zentrallabors tätig ist; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 27.4.1990 - 1 B 180/89 -, NJW 1990, 2335, wonach eine "ärztliche Tätigkeit" im beitragsrechtlichen Sinne (als Voraussetzung für die Pflichtmitgliedschaft in einer Ärztekammer) auch dann vorliegen kann, wenn für die Tätigkeit eines ausschließlich in einem Labor für Mikrobiologie in der Pharmaindustrie tätigen Arztes auch Fachkenntnisse vorausgesetzt und angewendet werden, die zum ärztlichen Fachwissen gehören; ein vergleichbarer Sachverhalt liegt auch dem Urteil des BVerwG vom 26.1.1993 - 1 C 33/89 -, NJW 1993, 3003, zugrunde; ähnlich OVG Lüneburg, Urteil vom 6.9.1996 - 8 L 728/95 -, dokumentiert bei Juris, wonach der Begriff der ärztlichen Tätigkeit an die ärztliche Approbation anknüpft und nicht nur die Tätigkeit des die Heilkunde am Menschen ausübenden, behandelnden Arztes erfasst, sondern weitergehend auch solche Tätigkeiten einschließt, die der medizinischen Wissenschaft zuzuordnen sind und Kenntnisse voraussetzen, die zum ärztlichen Fachwissen gehören (S. 2); in diesem Sinne auch die früheren Urteile des OVG Lüneburg vom 29.11.1993 - 8 L 11/90 -, NdsVBl. 1995, 20 (der Begriff der ärztlichen Tätigkeit im Sinne des niedersächsischen Kammerbeitragsrechts für Ärzte schließt die Tätigkeit der in den klinischen und den theoretischen Fächern mit der entsprechenden Grundlagenforschung - hier: Biochemie - lehrenden und forschenden Ärzte ein), sowie vom 23.9.1988 - 8 A 5/86 -, MedR 1989, 104 (Lehrstuhlinhaber für Physiologie und Anatomie, die im Besitz der ärztlichen Approbation sind, üben ihre Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung Arzt aus und sind deshalb Pflichtmitglieder der Ärztekammer und beitragspflichtig); vgl. weiterhin VGH Kassel, Urteil vom 29.9.1992 - 11 UE 1829/90 -, ESVGH 43, 47 = MedR 1993, 269 (dieses Urteil lag der revisionsrechtlichen Überprüfung durch das BVerwG in der oben bereits zitierten Entscheidung vom 30.1.1996 - 1 C 9/93 -, NJW 1997, 814, zugrunde und wurde nur deshalb aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, weil sich dem Berufungsurteil keine Feststellungen über den Inhalt der Beitragssatzung entnehmen ließen); siehe auch VG Berlin, Urteil vom 20.4.2005 - 14 A 109.01 -, dokumentiert bei Juris: die dieser Beitragsstreitigkeit zugrunde liegende Beitragsordnung definiert ärztliche Tätigkeiten ausdrücklich als jede Tätigkeit eines approbierten Arztes, bei der ärztliche Fachkenntnisse angewendet oder mitverwendet werden; dazu gehöre - so § 4 Abs. 2 BO - nicht nur die Behandlung von Patienten, sondern z.B. auch die Tätigkeit in der medizinischen Lehre und Forschung, in Wirtschaft, Industrie und Verwaltung, als Fachjournalist sowie gelegentliche Tätigkeit als ärztlicher Gutachter, als Praxisvertreter oder im ärztlichen Notfalldienst (S. 4).

Bei ihrer beruflichen Tätigkeit als forensische Psychologin verwendet die Klägerin ihre Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten, die sie im Rahmen ihrer Ausbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin erworben hat, mit.

Die Gutachtertätigkeit der Klägerin, die nach ihren eigenen Angaben zu 98 % in Strafverfahren erfolgt und die Überprüfung der Glaubwürdigkeit von Kindern und Jugendlichen als Opfer beziehungsweise als Zeugen von Straftaten zum Gegenstand hat, steht in einem untrennbaren Zusammenhang mit der heilkundlichen Psychotherapie im Verständnis des § 1 PsychThG. Bei den Kindern und Jugendlichen, deren Glaubwürdigkeit als Opfer beziehungsweise als Zeugen von Straftaten zu beurteilen ist, handelt es sich überwiegend um Opfer beziehungsweise Zeugen sexueller Gewalt, die in vielen Fällen aufgrund der erlittenen Traumata einer psychotherapeutischen Behandlung bedürfen. Bei forensischen Glaubwürdigkeitsbeurteilungen, denen regelmäßig eine eingehende Exploration vorausgehen muss, kann der Gutachter im Rahmen der Befragung auf eine diagnostische Klärung, nämlich die Feststellung des Vorliegens von Störungen mit Krankheitswert, nicht verzichten. Denn die Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens von Störungen mit Krankheitswert, bei denen Psychotherapie indiziert ist (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 PsychThG), kann für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit bedeutsam sein. Letzteres ist offenkundig und bedarf keiner weiteren Begründung.

In diesem Zusammenhang werden sich, sofern bereits eine Therapie eingeleitet oder - in weiter zurückliegenden Fällen - bereits abgeschlossen ist, auch Fragen nach Inhalt und Umfang der Therapie stellen, und damit einhergehend kann es angebracht sein, nachzufragen, ob unabhängig von dem in Rede stehenden Ereignis - vorher oder nachher - eine psychotherapeutische Behandlung stattgefunden hat.

Davon ausgehend kann nicht zweifelhaft sein, dass die Klägerin ihre Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten, die sie im Laufe ihrer Ausbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin erworben hat, im Rahmen ihrer im Beitragsjahr 2003 ausgeübten forensischen Gutachtertätigkeit mitverwendet hat. An die Stelle der Ausbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin und des Bestehens der staatlichen Prüfung (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 PsychThG) trat bei der Klägerin, da sie die Approbation im Wege der Übergangsregelung des § 12 PsychThG erhalten hat, die praktizierte psychotherapeutische Berufstätigkeit (Stunden- und Fallzahlen) nebst den Supervisionen zwischen dem 1.1.1989 und dem 31.12.1998 dieser Zeitraum ergibt sich aus der Übergangsregelung gemäß § 12 Abs. 3 PsychThG.

Diese von ihr nachgewiesene psychotherapeutische Berufstätigkeit, wie sie in dem von ihr detailliert skizzierten beruflichen Werdegang aufgelistet ist vgl. dazu den Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 2.5.2005, bestätigt den Bezug und die daraus zu folgernde Mitverwendung der insoweit erworbenen Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten bei der in Rede stehenden Gutachtertätigkeit. Denn danach war sie von 1990 bis 1993 als Dipl.-Psychologin psychotherapeutisch tätig in dem "Bundesmodellprojekt der Notrufgruppe A-Stadt e.V. Nele, Beratung gegen sexuelle Ausbeutung von Mädchen in A-Stadt". Daneben beteiligte sie sich von 1991 bis 1993 nebenberuflich bei Fortbildungsangeboten für Sozial- und Jugendbehörden zu Fragen der sexuellen Gewalt an Kindern sowie zu Fragen der Diagnostik und zum therapeutischen Prozess bei sexueller Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen.

Für die Mitverwendung psychotherapeutischer Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten bei der Erstellung von Glaubhaftigkeitsgutachten im Zusammenhang mit Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung spricht im Weiteren die Tatsache, dass neben den für den Bereich der Aussagepsychologie grundsätzlich durchaus kompetenten Dipl.-Psychologen oftmals auch Fachärzte für "Psychiatrie und Psychotherapie" als Gutachter herangezogen werden vgl. u.a. Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 8.11.2005 - L 2 VG 7/02 -, dokumentiert bei Juris, betreffend einen Rechtsstreit um die Anerkennung von Gesundheitsstörungen und von Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG), in welchem der Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie eines Universitätsklinikums als Sachverständiger zu der Frage der Glaubwürdigkeit der (dortigen) Klägerin hinsichtlich des von ihr behaupteten sexuellen Missbrauchs durch ihren zwischenzeitlich verstorbenen Vater angehört wurde; vgl. im gegebenen Zusammenhang auch Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 30.6.2005, L 15 VG 13/02 -, dokumentiert bei Juris: Im Rahmen dieses Rechtsstreits, in dem es gleichermaßen um einen Entschädigungsanspruch nach dem OEG wegen der psychischen Folgen eines von der (dortigen) Klägerin geltend gemachten sexuellen Missbrauchs durch ihren Vater ging, wurde von einem Gutachter die Glaubwürdigkeit der Klägerin u.a. mit der Begründung in Zweifel gezogen, dass eine suggestive Beeinflussung durch wiederholte psychotherapeutische Behandlungen nicht ausgeschlossen werden könne, was untermauert, dass bei der Begutachtung der Glaubwürdigkeit von Opfern sexueller Gewalt psychotherapeutische Kenntnisse und Erfahrungen relevant sind; vgl. im Übrigen Beschlüsse des BGH vom 11.9.2002 - 1 StR 171/02 - und vom 5.4.2005 - 3 StR 42/05 - sowie Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 5.9.2001 - (4) 1 HEs 160/01 (95/01) -, alle dokumentiert bei Juris, wo jeweils die Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben von Opfern sexuellen Missbrauchs in Rede steht, was gleichermaßen auf die Bedeutung psychotherapeutischer Kenntnisse und Erfahrungen in diesem Bereich hinweist.

Schließlich hat die Klägerin jedenfalls bis Juli 2005 im Zusammenhang mit ihrer forensischen Gutachtertätigkeit ihre durch die Approbation dokumentierte psychotherapeutische Kompetenz besonders herausgestellt, indem sie auf dem jeweiligen Briefkopf der von ihr erstellten Gutachten neben den Bezeichnungen "Dipl.-Psychologin" und "Forensische Psychologin" auch ihre Berufsbezeichnung "Psych. Psychotherapeutin" aufgeführt hat vgl. dazu den von der Beklagten mit Schriftsatz vom 19.10.2005 in Kopie vorgelegten Briefbogen der Klägerin mit dem Datum 14.7.2005.

Sind nach alldem die bei der Klägerin vorhandenen psychotherapeutischen Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten für ihre forensische Gutachtertätigkeit förderlich, so dass der Schluss gerechtfertigt ist, dass sie diese auch einsetzt, so folgt daraus ihre Verpflichtung zur Zahlung des Vollbeitrags nach Beitragsklasse I in Höhe von 480,- EUR für das Beitragsjahr 2003 §§ 1 Abs. 2, 3 Abs. 1, erster Spiegelstrich der Beitragsordnung in Verbindung mit der "Anlage zur Beitragsordnung der A.", Amtsblatt des Saarlandes vom 17. Juli 2003, Seite 1985-1987.

Die Beitragsstaffelung, die abgesehen von möglichen Beitragsermäßigungen aus persönlichen Gründen (vgl. § 5 der Beitragsordnung), die hier nicht vorliegen, danach unterscheidet, ob es sich um niedergelassene - dann Verpflichtung zur Zahlung des Vollbeitrags nach Beitragsklasse I - oder um angestellte und verbeamtete Psychologische Psychotherapeuten handelt - dann Ermäßigung des Vollbeitrags auf 75 Prozent nach Beitragsklasse II -, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Insbesondere begegnet es keinen Bedenken, dass die Beitragsordnung nicht weiter zwischen den verschiedenen Berufsfeldern der Pflichtmitglieder unterscheidet. Ob eine diesbezügliche Differenzierung mit Blick auf die konkrete berufliche Tätigkeit dann rechtlich geboten ist, wenn festgestellt werden kann, dass Kammermitgliedern aufgrund sich nachhaltig unterscheidender Berufstätigkeit ein wesentlich größerer beziehungsweise ein wesentlich kleinerer Nutzen aus dem Wirken der berufsständischen Kammer erwächst, kann auf sich beruhen bejahend etwa OVG Lüneburg, Urteil vom 13.12.2001 - 8 L 4694/99 -, MedR 2002, 477 sowie DVBl. 2002, 420 (Leitsätze); verneinend wohl OVG Bremen, Urteil vom 29.11.2005 - 1 A 148/04 -, dokumentiert bei Juris.

Angesichts des weiten Satzungsermessens der Beklagten war es jedenfalls in der Gründungs- und Aufbauphase kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz, von einer weiter gehenden vorteilsbezogenen Ausdifferenzierung der Beitragsordnung abzusehen und alle niedergelassenen Mitglieder ungeachtet der jeweils konkret ausgeübten Berufstätigkeit gleich zu behandeln. Es kann nämlich in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben, dass durch das am 1.1.1999 in Kraft getretene Psychotherapeutengesetz erstmals eine gesetzliche Grundlage für die eigenverantwortliche heilberufliche Tätigkeit als Psychotherapeut geschaffen wurde, der Berufsstand also gesetzlich überhaupt erst eingerichtet wurde. Anders als bei den traditionellen Heilberufen bestehen insoweit keine überkommenen Berufsbilder. Es liegt auf der Hand, dass in einer solchen Situation, das heißt in der Phase der Etablierung eines Berufsstandes, die Aufgabenwahrnehmung in besonderer Weise das Gesamtinteresse der Mitglieder berührt so überzeugend OVG Bremen, Urteil vom 29.11.2005 - 1 A 148/04 -, a.a.O., und OVG Lüneburg, Urteil vom 30.9.2005- 3 LB 14/04-, dokumentiert bei Juris.

Anhaltspunkte dafür, dass die Beitragsordnung der Beklagten gegen das Äquivalenzprinzip verstößt, liegen ebenfalls nicht vor. Denn aus dem Äquivalenzprinzip folgt lediglich, dass Kammerbeiträge ihrer Höhe nach in keinem Missverhältnis zu dem Wert der Mitgliedschaft stehen dürfen, das heißt die Beiträge dürfen die Beitragspflichtigen nicht schlechthin übermäßig belasten. Nicht erforderlich ist, dass die Höhe des Beitrags unmittelbar dem Vorteil der Kammerzugehörigkeit entspricht. Einen Verstoß der Beitragsordnung gegen das Äquivalenzprinzip macht die Klägerin selbst nicht einmal andeutungsweise geltend. Ein solcher Verstoß ist auch bei einem Vollbeitrag von 480,- EUR jährlich nicht ersichtlich. Denn als approbierte Psychotherapeutin hat die Klägerin durch die Tätigkeit der Beklagten als Interessenvertretung wirtschaftlich nicht messbare Vorteile. Darüber hinaus stellen für sie die Fort- und Weiterbildungsangebote der Beklagten zumindest einen möglichen Vorteil dar.

Nach allem kann das erstinstanzliche Urteil keinen Bestand haben, so dass das Begehren der Klägerin abgewiesen werden muss.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Beschluss

Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 480,- EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1 und Abs. 2 GKG).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Ende der Entscheidung

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