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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Saarland
Beschluss verkündet am 24.04.2008
Aktenzeichen: 2 B 199/08
Rechtsgebiete: GG, AufenthG


Vorschriften:

GG Art. 1 Abs. 1
GG Art. 2 Abs. 2
GG Art. 6
AufenthG § 60a Abs. 2 Satz 1
Eine Aussetzung der Abschiebung eines "heiratswilligen" Ausländers unter dem Gesichtspunkt der als "Vorwirkung" der Ehe bereits vom Schutzbereich des Art. 6 GG mit umfassten Eheschließungsfreiheit setzt über das Bestehen ernsthafter Absichten der Partner hinaus voraus, dass eine mögliche Bleiberechte vermittelnde Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen "unmittelbar bevorsteht".

Eine nichteheliche Vaterschaft des Ausländers hinsichtlich des ungeborenen Kindes einer deutschen Staatsangehörigen entfaltet für sich genommen ebenfalls noch keine aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkungen in Ansehung des Grundrechts nach Art. 6 GG oder der Pflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 2 GG und Art. 1 Abs. 1 GG, sich schützend vor das ungeborene Leben (nasciturus) zu stellen, und schließt daher die Beendigung des Aufenthalts des werdenden Vaters im Sinne eines rechtlichen Abschiebungshindernisses § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG nicht per se aus.

Die aus den Art. 2 Abs. 2 und Art. 1 Abs. 1 GG abzuleitende Schutzpflicht gebietet die Anerkennung von die Ausländerbehörde bindenden "Vorwirkungen" bei der aufenthaltsrechtlichen Behandlung werdender Väter nicht generell, sondern nur in den Einzelfällen, in denen sich aus besonderen Umständen ergibt, dass die zwangsweise Beendigung des Aufenthalts des Betroffenen eine Verletzung von Rechtspositionen der zurückbleibenden Mutter und insbesondere des ungeborenen Kindes konkret befürchten lässt. Das kommt beispielsweise bei Vorliegen einer mit besonderem Betreuungsbedarf verbundenen, durch ärztliche Atteste belegten Risikoschwangerschaft in Betracht.

Ansonsten ist dem Ausländer auch vor dem Hintergrund der Gewährleistungen des Art. 6 GG regelmäßig zuzumuten, seine beabsichtigte Eheschließung und eine spätere Herstellung der Lebensgemeinschaft mit dem noch ungeborenen Kind vom Heimatland aus zu betreiben.


Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 23. April 2008 - 10 L 402/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller stammt aus Gjakove im Kosovo und reiste mit den Eltern sowie sieben Geschwistern im Mai 1991 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Der für alle gestellte Asylantrag wurde, verbunden mit einer Ausreiseaufforderung, im Februar 1994 abgelehnt. Für den Fall der Nichtbefolgung wurde auch dem Antragsteller die Abschiebung in die Republik Serbien, zu der die Provinz Kosovo damals gehörte, angedroht. (vgl. den Ablehnungsbescheid vom 4.4.1994 - A 1135044-138 -) Rechtsbehelfe dagegen blieben letztlich erfolglos. (vgl. hierzu OVG des Saarlandes, Urteil vom 25.8.1995 - 3 R 56/95 -; zu einem weiteren Verfahren der Eltern und der jüngeren Geschwister betreffend Abschiebungshindernisse Urteil vom 8.8.2000 - 3 R 112/00 -) Der anschließend geduldete Antragsteller ist in der Folge mehrfach erheblich strafrechtlich in Erscheinung getreten.

Im Jahr 1996 wurde der Antragsteller wegen Tragens von Waffen sowie wegen körperlicher Angriffe auf Schüler und Lehrer vom weiteren Besuch der Schule für Lernbehinderte in St. Ingbert ausgeschlossen. Im Jahre 1998 wurde er, damals noch unter dem Geburtsnamen wegen gemeinschaftlichen Raubes in zwei Fällen erstmals zu einer Jugendstrafe verurteilt. (vgl. AG Saarbrücken, Urteil vom 9. und 12.3.1998 - 28 - 14/98 -)

Am 20.9.2000 heiratete der zu diesem Zeitpunkt lediglich aufenthaltsrechtlich geduldete Antragsteller die deutsche Staatsangehörige Evelin S.. Am 17.7.2001 wurde die gemeinsame Tochter A. geboren. Eine Aufenthaltserlaubnis wurde ihm nie erteilt, da er trotz mehrfacher Aufforderung keinen Nationalpass vorgelegt hatte.

Im Oktober 2000 wurde der Antragsteller wegen Hausfriedensbruchs in vier Fällen in Tatmehrheit mit Körperverletzung erneut zu einer Jugendfreiheitsstrafe verurteilt. (vgl. dazu AG Saarbrücken, Urteil vom 11.10.2000 - 28-401/00 -)

Im Dezember 2005 teilte der Antragsteller mit, dass er seit etwa einem Jahr und zwei Monaten nicht mehr mit der Ehefrau zusammen lebe und mit seiner neuen Lebensgefährtin Helena S ein weiteres Kind habe. (vgl. die am 29.11.2005 beglaubigte Anerkennung der Vaterschaft für den am 24.11.2005 geborenen L S.) Im August 2006 erklärte der Antragsteller gegenüber der Ausländerbehörde, er sehe das Kind "ca. einmal im Monat (wenn überhaupt)". Von der Mutter habe er sich getrennt, da sie sehr viel trinke.

Im September 2006 beantragte der Antragsteller erneut die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, verwies auf die bis zur Trennung im Sommer 2004 "nahezu vier Jahre bestehende eheliche Lebensgemeinschaft" und die beiden Vaterschaften.

Erstmals im Februar 2007 legte der Antragsteller einen im gleichen Monat ausgestellten Pass der Republik Jugoslawien vor. Im März 2007 wurde die Ehe mit Frau S. geschieden. (vgl. das Urteil des AG St. Wendel - Familiengericht vom 21.3.2007 - 16 F 381/06 S -)

Unter dem 7.8.2007 wurde dem Antragsteller zum wiederholten Male die beabsichtigte Abschiebung angekündigt.

Durch Urteil des Amtsgerichts St. Ingbert (vgl. AG St. Ingbert, Urteil vom 5.6.2007 - 2 Ds 8 Js 1462/06 (223/07) -) wurde der Antragsteller wegen vorsätzlicher Körperverletzung in drei Fällen zum Nachteil der früheren Ehefrau zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten erneut auf Bewährung verurteilt.

Mit Bescheid vom 31.8.2007 lehnte das damals zuständige Landesamt für Ausländer- und Flüchtlingsangelegenheiten - Gemeinsame Ausländerbehörde - den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab. In der Begründung heißt es, die Erteilung einer eheabhängigen eigenen Aufenthaltserlaubnis setze die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des Ausländers während der ehelichen Lebensgemeinschaft voraus. Mit den beiden Kindern Juliana und Leonardo bestehe keine familiäre Lebensgemeinschaft. Außerdem lägen Ausweisungsgründe vor. Wegen der Einzelheiten wird auf die umfangreiche Begründung des Bescheids Bezug genommen.

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (vgl. den Widerspruchsbescheid vom 13.12.2007 - ohne Aktenzeichen -) hat der Antragsteller am 15.1.2008 Klage beim Verwaltungsgericht - Aktenzeichen 10 K 63/08 - erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners, vorläufig von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen, hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 12.3.2008 - 10 L 64/08 - zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers hat der Senat mit Beschluss vom 23.4.2008 - 2 B 173/08 - zurückgewiesen.

Bereits am 18.4.2008 hatte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht den Antrag gestellt, den Antragsgegner zu verpflichten, vorläufig von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen ihm gegenüber Abstand zu nehmen.

Zur Begründung machte er jetzt erstmals geltend, "nunmehr" lägen Umstände vor, die eine "Wiederaufnahme des Verfahrens" geböten. Er habe einen Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung. Seine gegenwärtige deutsche Lebensgefährtin Hatice Y. erwarte ein Kind von ihm. Sie befinde sich in der 16. Schwangerschaftswoche. Es handele sich um eine Risikoschwangerschaft. Er habe die Vaterschaft bereits anerkannt und die "gemeinsame Sorge sei beurkundet". Die Lebensgefährtin sei während der Schwangerschaft zwingend auf die Anwesenheit und die Unterstützung des Antragstellers, auch bei Verrichtungen im Haushalt und bei Einkäufen, angewiesen. Seine Abschiebung bedeute aufgrund der psychischen Belastung eine starke Gefährdung von Mutter und ungeborenem Kind. Dazu hat der Antragsteller ein ärztliches Attest der Frauenärztin H. vom 17.4.2008 zu den Akten gereicht.

Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 22.4.2008 - 10 L 380/08 - zurückgewiesen. Darin heißt es zur Sache, der Antragsteller habe kein Abschiebungshindernis wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung mit Blick auf die Grundrechte in Art. 6 GG, Art. 8 EMRK dargelegt. Dessen Ausführungen seien unsubstantiiert. Danach lasse sich nicht abschätzen, aus welchem Grund im Falle seiner Abschiebung die geltend gemachten Gefährdungen eintreten sollten oder wieso die Lebensgefährtin zwingend auf eine Unterstützung durch den Antragsteller angewiesen sein sollte. Insoweit habe der Antragsgegner beachtlich vorgetragen, dass die Eltern von Frau Y. im Sauerland lebten und dass sie selbst dort noch bis Januar 2008 gewohnt habe. Auch die Eltern könnten erforderliche Unterstützungsleistungen während der Schwangerschaft erbringen.

Mit Eingang am selben Tag hat der Antragsteller dann beim Verwaltungsgericht beantragt,

"den Antragsgegner zu verpflichten, unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 10 L 380/08 - vorläufig von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen ... Abstand zu nehmen".

Zur Begründung hat er vorgetragen, seine Lebensgefährtin sei türkischer Abstammung und stamme aus einer streng religiösen Familie. Die Eltern akzeptierten die Beziehung zu ihm "nicht ansatzweise" und hätten seine "Verlobte" Ende Dezember 2007 aus der Wohnung verwiesen. Nach dem Rauswurf hätten sie sich zur Heirat entschlossen. Lediglich mit einer jüngeren Schwester bestehe ein heimlicher telefonischer Kontakt. Der Lebensgefährtin sei vom Antragsgegner keine Gelegenheit eingeräumt worden, diese "höchstbrisante Problematik" mit den Eltern zu schildern. Die Beschaffung der Personenstandsurkunden zum Zwecke der Eheschließung gestalte sich schwierig. Hinsichtlich der geltend gemachten gesundheitlichen Gefährdungen habe der Antragsgegner in vergleichbaren Fällen eine amtsärztliche Untersuchung vornehmen lassen. Frau Y. habe sich am 18. und 19.4.2008 stationär in der Caritasklinik in B-Stadt einer Infusionstherapie unterziehen müssen. Sie befürchte, eine Fehlgeburt zu erleiden. Der notwendige Beistand des Kindsvaters bei der Geburt und unmittelbar danach begründe ein Abschiebungshindernis. Art. 6 GG gebiete es, ihm die Anwesenheit in dieser Zeit zu ermöglichen. Auf die Möglichkeit der Lebenshilfe durch andere Personen müsse sich die Lebensgefährtin nicht verweisen lassen. Es sei absehbar, dass die Trennung infolge einer Abschiebung nicht nur vorübergehend sein werde. Aufgrund der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo werde sich die Beschaffung eines Visums ebenso schwierig gestalten wie die der für die Eheschließung notwendigen Papiere. Da sie auf öffentliche Hilfen angewiesen seien, könnten auch die Abschiebungskosten nicht beglichen werden. Aufgrund seiner Vorstrafen werde der Antragsgegner auch einer Familienzusammenführung nicht zustimmen. Außerdem befinde er sich seit nahezu 17 Jahren in Deutschland, so dass die Vorgehensweise des Antragsgegners in hohem Maße unverhältnismäßig sei und gegen Art. 1 GG verstoße. Mit dem Antrag wurde unter anderem ein "endgültiger Arztbrief" der Caritasklinik B-Stadt an die Hausärztin vom 21.4.2008 vorgelegt.

Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 23.4.2008 - 10 L 402/08 - ab. Darin heißt es unter anderem, die nichteheliche Vaterschaft eines Ausländers hinsichtlich eines noch ungeborenen Kindes einer deutschen Staatsangehörigen könne einen Umstand darstellen, der unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Familie (Art. 6 GG) und der Pflicht des Staates, sich gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG schützend und fördernd vor den nasciturus zu stellen, aufenthaltsrechtliche Vorwirkungen entfalten könne. Dies gelte jedenfalls dann, wenn durch eine Abschiebung des nichtehelichen Vaters aufgrund der Besonderheit des Einzelfalles, etwa einer Risikoschwangerschaft, eine erhebliche konkrete Gefahr für die Gesundheit der werdenden Mutter beziehungsweise mittelbar für das ungeborene Leben bestehe. Dass die deutsche Lebensgefährtin eines Ausländers von diesem schwanger sei, genüge jedoch nicht. Besondere Umstände, die den erwähnten staatlichen Schutzauftrag auslösten, seien nicht dargetan. Dem nach unauffälliger Abschlussuntersuchung erstellten Arztbericht des Krankenhauses lasse sich das nicht entnehmen, so dass der Antragsgegner auch keine Veranlassung für eine amtsärztliche Untersuchung habe. Ungeachtet der nicht verkannten relativ schwierigen persönlichen Situation sei nicht ersichtlich, dass es Frau Y. unzumutbar wäre, vorübergehend ohne den Beistand des Antragstellers auszukommen. Insbesondere sei nicht zu ersehen, dass es zu einer längerfristigen Trennung kommen werde beziehungsweise dass zu befürchten sei, dass der Antragsteller der Lebensgefährtin unmittelbar vor und nach der Geburt des gemeinsamen Kindes nicht werde beistehen können. Es sei daran zu denken, dass dem Antragsteller entweder rechtzeitig ein Visum erteilt werden könnte oder dass er zu dem Zweck oder auch im Hinblick auf die beabsichtigte Eheschließung die Erlaubnis erhalte, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde des Antragstellers.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 23.4.2008 - 10 L 402/08 - muss erfolglos bleiben. Das Verwaltungsgericht hat seinem Antrag, den Antragsgegner unter Abänderung des Beschlusses vom 22.4.2008 - 10 L 380/08 - zu verpflichten, vorläufig von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen ihm gegenüber abzusehen, zu Recht nicht entsprochen. Das nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den gerichtlichen Prüfungsumfang im Beschwerdeverfahren abschließend bestimmende Vorbringen in der Beschwerdebegründung vom 24.4.2008 rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Auch nach dem Ergebnis des Beschwerdeverfahrens kann nicht vom Bestehen eines auf die vorläufige Untersagung von Abschiebungsmaßnahmen gerichteten Anordnungsanspruchs (§ 123 Abs. 1 VwGO) ausgegangen werden. Ein rechtliches Abschiebungshindernis (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG) ergibt sich - wie in der erstinstanzlichen Entscheidung zutreffend ausgeführt - auch mit Blick auf den grundrechtlich verankerten Schutz der Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) nicht aus dem nunmehr allein noch geltend gemachten Umstand, dass der Antragsteller nach seinen Angaben Erzeuger des ungeborenen Kindes seiner derzeitigen Lebensgefährtin Hatice Y. ist, die im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit ist.

Dass der Antragsteller nach eigenem Bekunden nun beabsichtigt, Frau Y. zu heiraten, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Eine Aussetzung der Abschiebung eines "heiratswilligen" Ausländers unter dem Gesichtspunkt der als "Vorwirkung" der Ehe bereits vom Schutzbereich des Art. 6 GG mit umfassten Eheschließungsfreiheit setzt über das Bestehen ernsthafter Absichten der Partner hinaus voraus, dass eine mögliche Bleiberechte vermittelnde Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen "unmittelbar bevorsteht". (vgl. beispielsweise OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 26.11.2007 - 2 B 461/07 -, bei juris, vom 30.9.2003 - 2 W 62/03 -, mit zahlreichen Nachweisen auch aus der Rechtsprechung anderer Obergerichte, vom 12.12.2005 - 2 W 27/05 -, SKZ 2006, 63. Leitsatz Nr. 79 und vom 7.12.2006 - 2 W 33/06 -, SKZ 2007, 48, Leitsatz Nr. 65) Davon kann nach dem Sachvortrag des Antragstellers sicher nicht ausgegangen werden.

Nach der Rechtsprechung des Senats entfaltet eine nichteheliche Vaterschaft des Ausländers hinsichtlich des ungeborenen Kindes einer deutschen Staatsangehörigen für sich genommen ebenfalls noch keine aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkungen in Ansehung des Schutzes von Ehe und Familie nach Art. 6 GG oder der Pflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 2 GG und Art. 1 Abs. 1 GG, sich schützend vor das ungeborene Leben ( nasciturus ) zu stellen. (vgl. grundlegend OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 25.3.1993 - 3 W 9/93 - und vom 25.2.1991 - 3 W 20/91 -, beide in juris) Sie schließt daher die Beendigung des Aufenthalts des werdenden Vaters - heute über § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG - nicht per se aus. Daran ist auch angesichts der vom Antragsteller zitierten Rechtsprechung des OVG Bautzen (vgl. OVG Bautzen, Beschlüsse vom 15.9.2006 - 3 BS 189/06 -, InfAuslR 2006, 446 ff., dort unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 25.1.2006 - 3 BS 274/05 -, NVwZ 2006, 613, dort allerdings auch zum Fall einer Risikoschwangerschaft) und auch im Lichte der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur aufenthaltsrechtlichen Bedeutung der durch Art. 6 GG und Art. 8 EMRK geschützten Beziehung von Vätern zu ihren (geborenen) Kindern, insbesondere Kleinkindern, (vgl. hierzu aus der jüngeren Rechtsprechung etwa BVerfG, Beschlüsse vom 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 -, NVwZ 2006, 682, und vom 8.12.2005 - 2 BvR 1001/04 -, InfAuslR 2006, 122 ff.) festzuhalten. Auch nach der genannten obergerichtlichen Rechtsprechung ist allerdings nicht von einem generellen Aufenthaltsrecht des werdenden Vaters während der Schwangerschaft auszugehen, sondern lediglich von der Verpflichtung der Ausländerbehörde, bei aufenthaltsbeendenden Entscheidungen ihm gegenüber im Einzelfall zu bewertende vorfamiliäre Bindungen dem jeweiligen Fall angemessen zu berücksichtigen.

Die aus den Art. 2 Abs. 2 und Art. 1 Abs. 1 GG abzuleitende Schutzpflicht gebietet die Anerkennung von die Ausländerbehörde bindenden "Vorwirkungen" bei der aufenthaltsrechtlichen Behandlung werdender Väter nicht generell, sondern nur in den Einzelfällen, in denen sich aus besonderen Umständen ergibt, dass die zwangsweise Beendigung des Aufenthalts des Betroffenen eine Verletzung von Rechtspositionen der zurückbleibenden Mutter und insbesondere des ungeborenen Kindes konkret befürchten lässt.

Davon kann hier nach Aktenlage nicht ausgegangen werden, so dass auch für den Antragsgegner gegenwärtig auch keine durch Tatsachen begründete Veranlassung besteht, die Lebensgefährtin des Antragstellers einer amtsärztlichen Untersuchung zuzuführen. Insbesondere lässt sich entgegen der Behauptung des Antragstellers nach den vorgelegten Unterlagen nicht feststellen, dass bei Frau Y., die sich sicher psychisch in einer durch die Ereignisse angespannten Situation befindet, eine "Risikoschwangerschaft" besteht. Das im Verfahren 10 L 380/08 vor dem Verwaltungsgericht vorgelegte und in dessen dazu unter dem 22.4.2008 ergangenen Entscheidung zutreffend bewertete "Ärztliche Attest" der Frauenärztin H. vom 17.4.2008 kann das nicht ansatzweise belegen. Medizinische Besonderheiten außer der erwähnten psychischen Situation lassen sich dem Attest nicht entnehmen. Nichts anderes gilt für den vom Antragsteller vorgelegten "endgültigen Arztbrief" der Caritasklinik B-Stadt an die Hausärztin vom 21.4.2008. Dieser bezieht sich auf eine stationäre Aufnahme von Frau Y. vom 18. bis 19.4.2008, verweist abschließend auf eine "unauffällige Abschlussuntersuchung" und enthält lediglich eine Empfehlung zur "Kontrolluntersuchung sowie regulären Schwangerschaftsbetreuung". Woraus sich insoweit das Vorliegen einer über den Normalfall hinausgehenden Risikoschwangerschaft mit gesteigertem medizinischem Betreuungs- oder gar Pflegebedarf durch den Antragsteller ergeben sollte, lässt sich vor dem Hintergrund nicht nachvollziehen. Nichts anderes ergibt sich aus der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der Lebensgefährtin vom 22.4.2008, wonach diese inzwischen von ihren Eltern, die den Antragsteller nicht akzeptierten, "rausgeworfen" worden sei und außer zu dem Antragsteller nur noch "heimlichen telefonischen Kontakt" zu einer jüngeren Schwester habe.

Auch eine dauerhafte Entziehung grundrechtlich geschützter Positionen des Antragstellers infolge der für den morgigen Tag vorgesehenen Abschiebung, etwa in Form einer endgültigen Vereitelung der Möglichkeit zum Aufbau emotionaler Bindungen mit dem noch nicht geborenen Kind, lässt sich nicht feststellen. Dies gilt selbst dann, wenn man davon ausgeht, dass der werdenden Mutter als deutscher Staatsangehöriger ein Verlassen der Bundesrepublik nicht zugemutet werden kann. Der errechnete Geburtstermin liegt im Oktober 2008, also erst fast in einem halben Jahr. Von daher ist dem Antragsteller auch vor dem Hintergrund der Gewährleistungen des Art. 6 GG derzeit ohne weiteres zuzumuten, die beabsichtigte Eheschließung mit Frau Y. und die spätere Herstellung der Lebensgemeinschaft mit dem noch ungeborenen Kind vom Heimatland aus zu betreiben, ohne dass nach gegenwärtigem Erkenntnisstand insoweit bleibende rechtliche Nachteile oder gar Schäden zu besorgen wären. (ebenso etwa VGH München, Beschluss vom 1.2.2006 - 24 CE 06.265 -, bei juris) Ihm insoweit zustehende Ansprüche hätte der Antragsteller - wie bereits vom Verwaltungsgericht ausgeführt - gegebenenfalls gegenüber den zuständigen Behörden seines Heimatlandes beziehungsweise der Bundesrepublik geltend zu machen. Schlechterdings nicht ausräumbare Hindernisse sind nicht glaubhaft gemacht. Vorgetragene Schwierigkeiten in dem erst seit kurzem selbständigen Heimatland Kosovo sind zwar nachvollziehbar, rechtfertigen aber noch keine abweichende Beurteilung, das heißt die Bejahung eines Bleiberechts des Antragstellers zum gegenwärtigen Zeitpunkt.

Vor diesem Hintergrund ist ferner kein Raum für die Annahme eines aufgrund dahingehender Ermessensreduzierung verdichteten Anspruchs des Antragstellers auf Erteilung einer Duldung wegen des Erfordernisses vorübergehenden weiteren Aufenthalts in Deutschland aus dringenden persönlichen Gründen (§ 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG). (vgl. dazu VGH Mannheim, Beschluss vom 13.9.2007 - 11 S 1964/07 -, NVwZ 2008, 233, dort ebenfalls zum Fall einer durch ärztliche Atteste belegten besonderen Gefährdung der werdenden Mutter in der Schwangerschaft)

Daher ist die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu bestätigen und die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3, 52 Abs. 2, 47 GKG 2004, wobei eine Halbierung des Auffangstreitwerts gerechtfertigt erscheint.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

Ende der Entscheidung

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