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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Saarland
Beschluss verkündet am 17.07.2009
Aktenzeichen: 2 B 385/09
Rechtsgebiete: Verordnung (EG) Nr. 539/2001, AufenthG


Vorschriften:

Verordnung (EG) Nr. 539/2001 Art. 1 Abs. 2
AufenthG § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
AufenthG § 31 Abs. 2
AufenthG § 31 Abs. 2 Satz 1
AufenthG § 60a Abs. 2 Satz 3
Die zeitweilig in der Rechtspraxis in Vergessenheit geratene und durch Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt (Teil II, 2008, 1179) in Erinnerung gerufene Zusage der Bundesrepublik Deutschland aus dem Jahr 1956, mit der Staatsangehörigen der Vereinigten Staaten von Brasilien die Möglichkeit der Einreise ohne Visum zugesagt worden ist, stellt allein eine Einreise nach Deutschland visumsfrei, nicht aber einen anschließenden - im konkreten Fall jahrelangen - Aufenthalt.

Die Visumsfreistellung der Einreise für einen Kurzaufenthalt bis zu drei Monaten durch die Bestimmung in Art. 1 Abs. 2 in Verbindung mit dem Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15.3.2001 betrifft ebenfalls nur die Einreise zum Zwecke eines Kurzaufenthalts, ersetzt insoweit allenfalls ein Besuchervisum und erlaubt damit nicht die Einreise zur Begründung eines Daueraufenthalts.

Bei der Auflösung einer ehelichen Lebensgemeinschaft eines Ausländers in Deutschland ohne Erreichen der von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht geforderten Ehebestandszeit nicht ungewöhnliche Begleitumstände begründen keine "besondere" Härte im Sinne des § 31 Abs. 2 Satz 1 AufenthG oder gar eine Unzumutbarkeit am weiteren Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft im Sinne des Satzes 2 der Vorschrift für ein ausnahmsweise ohne Einhaltung der genannten Zeitvorgabe anzuerkennendes eheunabhängiges eigenes Aufenthaltsrecht in Deutschland.

Eine solche Unzumutbarkeit (§ 31 Abs. 2 Satz 2 2. Alt. AufenthG) setzt mehr voraus als den Zerfall einer Beziehung oder die Zerrüttung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Erfasst werden sollten durch diese Regelung beispielsweise die Fälle, in denen der nachgezogene Ehegatte die eheliche Lebensgemeinschaft infolge physischer oder psychischer Misshandlungen durch den anderen Ehegatten aufgehoben hat.

Nach der Rechtsprechung des Senats kann ferner dem Ausländer oder der Ausländerin das Vorliegen einer "besonderen" Härte im Rahmen der Geltendmachung eines eigenständigen nachehelichen Aufenthaltsrechts nach § 31 Abs. 2 AufenthG unter dem Aspekt der notwendigen Rückkehr in das Heimatland nur zugebilligt werden, wenn die von ihm/ihr zu gewärtigenden Schwierigkeiten der Wiedereingliederung in die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Herkunftslandes deutlich über die damit naturgemäß regelmäßig verbundenen Probleme hinausgehen. Die alle Rückkehrer beziehungsweise Rückkehrerinnen gleichermaßen treffenden typischen Rückkehreffekte können von daher die Ausreisepflicht von vornherein nicht über das Merkmal der "besonderen Härte" in § 31 Abs. 2 Satz 1 AufenthG suspendieren.

Es besteht regelmäßig kein Anspruch auf Duldung eines vorübergehenden weiteren Aufenthalts mit Blick auf ein laufendes Scheidungsverfahren. Ein Anspruch nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG kann in dem Zusammenhang regelmäßig nicht angenommen werden, wenn den vom Ausländer vorgebrachten Umständen im Einzelfall auch durch eine kurzfristige Betretenserlaubnis für die Bundesrepublik Rechnung getragen werden kann, was insbesondere beim Hinweis auf ein Mitwirkungserfordernis in eigenen und fremden Verfahren vor deutschen Gerichten grundsätzlich in Betracht kommt.


Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 1. Juni 2009 - 10 L 268/09 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin ist brasilianische Staatsangehörige, begehrt die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis und wendet sich ferner gegen die im Zuge deren Ablehnung durch den Antragsgegner ausgesprochene Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung.

Die Antragstellerin heiratete am 20.12.1990 in Salvador/Brasilien den deutschen Staatsangehörigen W. In einem Schreiben der Antragstellerin vom Januar 2004 an die Ausländerbehörde in Saarbrücken, bei der sie bis dahin nicht in Erscheinung getreten war, heißt es, sie habe mit dem Ehemann einige Jahre in Brasilien gelebt, bis sich dieser entschlossen habe, nach Deutschland zurückzukehren. Sie sei ihm im November 2000 gefolgt, davon ausgegangen, dass sie als Ehefrau eines Deutschen "kein Visum benötige" und in dem Glauben vom Ehemann bestärkt worden. Sie sei der deutschen Sprache nicht mächtig, leide inzwischen an Diabetes, habe keine Krankenversicherung und bitte, auf den Ehemann einzuwirken, dass dieser - wie mehrfach zugesagt - sich mit der Ausländerbehörde in Verbindung setze.

Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache im Februar 2004 bei der Ausländerbehörde erklärte der Ehemann, dass er mit der Antragstellerin, die sich seit drei Jahren in einer ihm gehörenden Wohnung in A-Stadt aufhalte, eine bisher nicht bestehende eheliche Lebensgemeinschaft nicht aufnehmen wolle. Er sei ursprünglich davon ausgegangen, dass sie ihn "nur kurz besuche" und dann nach Brasilien zurückkehre.

Im Juli 2004 beantragte die Antragstellerin die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Nachdem der Ehemann - mit seinen Worten - "berichtigend" gegenüber der Ausländerbehörde erklärt hatte, dass die Ehe mit der Antragstellerin "wenn auch unter zeitweiligen Spannungen noch ausgeübt" werde und eine Trennung nicht beabsichtigt sei, wurde dieser am 2.12.2004 eine bis zum 1.12.2005 gültige Aufenthaltserlaubnis erteilt. Auf die an diesem Tag beantragte Verlängerung erhielt die Antragstellerin in der Folge Fiktionsbescheinigungen.

Zum 21.9.2005 meldete der Ehemann seinen Wohnsitz in A-Stadt ab. Im Mai 2006 beantragte er beim Amtsgericht in A-Stadt die Scheidung der kinderlos gebliebenen Ehe und verwies dabei auf einen Trennungszeitpunkt im März 2005. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Ablehnung des Verlängerungsantrags wandte die Antragstellerin ein, der Ehemann sei nicht im September 2005 aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen, sondern habe sich nur "aus steuerlichen Gründen" in H. angemeldet. Die Trennung sei erst im Mai 2006 erfolgt.

In der Sitzung des Amtsgerichts - Familiengericht - A-Stadt im Oktober 2006 bekräftigte der Ehemann den von ihm genannten Trennungszeitpunkt (März 2005), wohingegen die Antragstellerin erklärte, für sie sei die Trennung Ende April/Anfang Mai 2006 gewesen, als der Ehemann seine Sachen aus der gemeinsamen Wohnung herausgenommen habe. (vgl. die Niederschrift über die nicht öffentliche Sitzung des AG Saarbrücken vom 19.10.2006 - 2 F 178/06 S -, Blätter 86-88 der Ausländerakte)

Durch Bescheid vom 28.1.2009 lehnte der Antragsgegner die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ab, forderte die Antragstellerin zur Ausreise auf und drohte ihr für den Fall der Nichtbefolgung die Abschiebung nach Brasilien an. Zur Begründung wurde ausgeführt, da die Antragstellerin unstreitig seit geraumer Zeit, zumindest seit Mai 2006, vom Ehemann getrennt lebe und ein Scheidungsverfahren eingeleitet worden sei, komme eine Aufenthaltserlaubnis zur Wahrung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr in Betracht. Ein eigenständiges nacheheliches Aufenthaltsrecht stehe der Antragstellerin nicht zu. Da sie sich zunächst unerlaubt in Deutschland aufgehalten habe, sei die erforderliche Mindestbestandszeit einer rechtmäßigen Ehe von zwei Jahren im Inland nicht erfüllt. Eine Aufenthaltserlaubnis sei ihr vielmehr erst am 2.12.2004 erteilt worden. Vom Vorliegen eines Härtefalles könne ebenfalls nicht ausgegangen werden. Ein solcher werde insbesondere nicht durch den Vortrag belegt, dass sie sich aufgrund eigener Verständigungsschwierigkeiten habe in Deutschland auf den Ehemann verlassen müssen. Wer die Trennung zu verantworten habe, spiele ausländerrechtlich keine Rolle.

Gegen die Entscheidung hat die Antragstellerin Widerspruch erhoben und beim Verwaltungsgericht einen Aussetzungsantrag gestellt.

Sie hat geltend gemacht, nach ihrem "Zuzug" im November 2000 habe sie sich wenigstens für drei Monate rechtmäßig in Deutschland aufgehalten, da brasilianischen Staatsangehörigen nach einer einschlägigen EU-Verordnung vom März 2001 die Einreise und ein solcher Kurzaufenthalt ohne Visum erlaubt seien. Die Berechtigung zur Einreise nach Deutschland ohne Visum habe die deutsche Botschaft in Brasilien bereits in einer Verbalnote von 1956 zugesagt. Von daher sei eine Aufenthaltserlaubnis für brasilianische Staatsangehörige "deklaratorischer Natur". Erstmals im Mai 2001 habe sie sich wegen einer Aufenthaltserlaubnis an die Ausländerbehörde gewandt. Den deutschen Behörden sei ihr Aufenthalt auch bekannt gewesen. So habe sie etwa gemeinsame Steuererklärungen unterschrieben. Die Trennung vom Ehemann sei im Mai 2006 erfolgt. Dieser habe wiederholt falsche Angaben gegenüber Behörden gemacht und sich im September 2005 lediglich aus steuerlichen Gründen nach H. umgemeldet. Er strebe ihre Ausweisung an und wolle keinen Unterhalt mehr bezahlen. Der Ehemann habe eine "äußerst ambivalente Persönlichkeit", sei vermögend, besitze mehrere Immobilien in A-Stadt und H.-A. und habe sie letztlich nur geheiratet, damit er bei der Trans Brasil Airlines, deren "Geschäftsführerin" sie seinerzeit gewesen sei, immer erster Klasse habe fliegen können. Der Ehemann habe sie täglich in Brasilien angerufen und gebeten, zu ihm nach Deutschland zu kommen. Nachdem die Fluggesellschaft 2001 in die Insolvenz gegangen sei, habe er aber das Interesse an ihr verloren. Auch habe er ständig erklärt, dass sie nicht zur Ausländerbehörde gehen müsse. Spätestens seit Januar 2004 sei sie als rechtmäßig in Deutschland lebend anzusehen. Es sei nicht von ihr zu vertreten, dass die Ausländerbehörde auf ihre "Anzeige" vom 19.1.2004 erst im Dezember eine Aufenthaltserlaubnis erteilt habe. Zudem ergebe sich ein Härtefall daraus, dass sie im November 2000 alle Kontakte in die Heimat "komplett abgebrochen" und auch keine Möglichkeit habe, in Brasilien wieder in angemessener Zeit Fuß zu fassen und ein neues Leben zu beginnen.

Das Verwaltungsgericht hat das Aussetzungsbegehren durch Beschluss vom 1.6.2009 - 10 L 268/09 - zurückgewiesen. Zur Begründung wurde auf den Ablehnungsbescheid Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, die Voraussetzungen für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht der Antragstellerin ließen sich unabhängig von den angegebenen Trennungszeitpunkten nicht feststellen. Auch bei dem von der Antragstellerin genannten Termin im Mai 2006 sei bezogen auf den allein maßgeblichen Zeitpunkt der erstmaligen Erteilung der Aufenthaltserlaubnis im Dezember 2004 die notwendige Ehebestandszeit von zwei Jahren nicht erfüllt. Insoweit sei auch nicht die Frist von drei Monaten für einen legalen Aufenthalt zu Besuchszwecken einzurechnen, da es allein auf die zusammenhängenden Zeiten des rechtmäßigen Bestands der ehelichen Lebensgemeinschaft bis zur Trennung ankomme. Zwar treffe es zu, dass die Antragstellerin für die Einreise zu einem Kurzaufenthalt von drei Monaten kein Visum benötigt hätte. Dann sei aber ein Aufenthaltstitel innerhalb von drei Monaten nach der Einreise zu beantragen gewesen. Die angebliche Vorsprache bei der Ausländerbehörde im Jahr 2001 sei weder aktenkundig noch habe sie zu einer Antragstellung geführt. Die Verzögerung bei der Entscheidung im Jahre 2004 habe die Ausländerbehörde nicht zu vertreten. Der Ehemann habe seinerzeit zunächst das Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft ausdrücklich und mit nachvollziehbarer Begründung bestritten. Nach seiner davon abweichenden Erklärung vom 30.11.2004 sei dann die Aufenthaltserlaubnis unverzüglich erteilt worden. Eine besondere Härte lasse sich trotz inzwischen neunjährigen Aufenthalts in Deutschland nicht feststellen. Die Antragstellerin habe den überwiegenden Teil ihres Lebens in Brasilien verbracht und dort ihren Beruf ausgeübt. Nach ihren Angaben im Verfahren über den Versorgungsausgleich verfüge sie über eine Rente in Brasilien und habe dort ein von ihrer Schwester bewohntes Haus. Die angegebenen Gründe für die Übersiedlung nach Deutschland, für die Nichtstellung eines Antrags bei der Ausländerbehörde und für das Scheitern ihrer Ehe und die Motive des Ehemannes seien bereits wenig nachvollziehbar und begründeten im Übrigen selbst bei einer Richtigkeit keine besondere Härtesituation.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende Beschwerde der Antragstellerin.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 1.6.2009 - 10 L 268/09 -, mit dem ihr Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die nach § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG "vollziehbare" Ablehnung der Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis in dem Bescheid des Antragsgegners vom 28.1.2009 zurückgewiesen wurde, muss erfolglos bleiben. Nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO bestimmt sich der gerichtliche Prüfungsumfang im Beschwerdeverfahren abschließend nach dem Vorbringen in der Beschwerdebegründung, hier derjenigen vom 9.7.2009. Dieses rechtfertigt keine Änderung der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

Soweit die Antragstellerin im Zusammenhang mit der zeitweilig in der Rechtspraxis in Vergessenheit geratenen und durch Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt (vgl. hierzu BGBl. II 2008, 1179) in Erinnerung gerufenen Zusage der Bundesrepublik Deutschland aus dem Jahr 1956, mit der Staatsangehörigen der Vereinigten Staaten von Brasilien die Möglichkeit der Einreise ohne Visum zugesagt worden ist, "fragt", wie sie "als rechtlicher Laie die Zusage hätte kennen sollen", rechtfertigt das keine andere Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Beschluss zutreffend ausgeführt, dass damit allenfalls eine Einreise nach Deutschland visumsfrei gestellt wurde, nicht aber ein anschließender - hier jahrelanger - Aufenthalt. Daher kann die Antragstellerin aus der zwischenstaatlich erteilten Zusicherung den geltend gemachten Anspruch auf Anerkennung ihres jahrelangen ausländerbehördlich bis zum Dezember 2004 nicht legalisierten Aufenthalts nicht herleiten, und zwar unabhängig davon, ob sie die Sonderregelung kannte oder nicht. Die in der Sachverhaltswiedergabe angesprochene Visumsfreistellung der Einreise für einen Kurzaufenthalt bis zu drei Monaten durch die - übrigens erst nach der Einreise der Antragstellerin erlassene - Bestimmung in Art. 1 Abs. 2 in Verbindung mit dem Anhang II der Europäischen Visa-Verordnung vom März 2001 (vgl. die Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15.3.2001 zur "Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumspflicht befreit sind", abgedruckt bei Renner, Ausländerrecht, 8. Auflage 2005, Anhang Texte Nr. 3.13, Seiten 1321 ff.) betrifft ebenfalls nur die Einreise zum Zwecke eines Kurzaufenthalts und ersetzt insoweit allenfalls ein Besuchervisum. Ein solcher Zweck lag aber der Einreise der Antragstellerin nicht zugrunde. Diese ist nach ihren Behauptungen im November 2000 ihrem Ehemann nach Deutschland gefolgt und zwar unstreitig zur Begründung eines Daueraufenthalts, für den die Freistellung vom Visumszwang generell nicht gilt. Der Vorgang wurde von ihr selbst im erstinstanzlichen Vorbringen als "Zuzug" bezeichnet und kann nach den Gesamtumständen des Falles auch nur als solcher gewertet werden. Auf das sich darüber hinaus auch bei einer visumsfrei gestellten Einreise für anschließende Daueraufenthalte aus den aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen (vgl. aktuell § 41 AufenthV, früher § 9 DVAuslG) ergebende fristgebundene Erfordernis der Beantragung eines Titels bei der inländischen Ausländerbehörde zur Legalisierung des Aufenthalts hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen.

Soweit die Beschwerde mit Blick auf die Härteklausel des § 31 Abs. 2 AufenthG darauf hinweist, dass die Antragstellerin vom Ehemann "unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in die Bundesrepublik Deutschland gelockt" worden sei und dass dieser nur darauf bedacht gewesen sei, "aus der Beziehung seinen Vorteil zu ziehen", lässt sich hieraus offensichtlich kein Anspruch auf Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis herleiten. Diese bei der Auflösung einer ehelichen Lebensgemeinschaft eines Ausländers in Deutschland ohne Erreichen der von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht geforderten Ehebestandszeit nicht ungewöhnlichen Erkenntnisse und Begleitumstände mögen die Verpflichtung zur Rückkehr in das Heimatland aus Sicht der Antragstellerin "ungerecht" erscheinen lassen. Eine "besondere" Härte im Sinne des § 31 Abs. 2 Satz 1 AufenthG oder gar eine Unzumutbarkeit am weiteren Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft im Sinne des Satzes 2 der Vorschrift für ein ausnahmsweise ohne Einhaltung der genannten Zeitvorgabe anzuerkennendes eheunabhängiges eigenes Aufenthaltsrecht der Antragstellerin in Deutschland begründen sie sicher nicht. (vgl. hierzu zuletzt OVG des Saarlandes, Beschluss vom 4.2.2009 - 2 B 449/08 -) Eine solche Unzumutbarkeit (§ 31 Abs. 2 Satz 2 2. Alt. AufenthG) setzt mehr voraus als den Zerfall einer Beziehung oder die Zerrüttung der ehelichen Lebensgemeinschaft. (vgl. hierzu die Erläuterungen und Beispielsfälle unter Nr. 31.2.5 der Vorläufigen Anwendungshinweise zu § 31 AufenthG, abgedruckt bei Renner, Ausländerrecht, 8. Auflage 2005, zu § 31) Erfasst werden sollten durch diese Regelung beispielsweise die Fälle, in denen der nachgezogene Ehegatte - nicht, wie hier, der Partner - die eheliche Lebensgemeinschaft infolge physischer oder psychischer Misshandlungen durch den anderen Ehegatten aufgehoben hat. Davon oder von einer vergleichbaren Sachverhaltskonstellation kann hier nicht die Rede sein.

Nach der Rechtsprechung des Senats kann ferner dem Ausländer oder der Ausländerin das Vorliegen einer "besonderen" Härte im Rahmen der Geltendmachung eines eigenständigen nachehelichen Aufenthaltsrechts nach § 31 Abs. 2 AufenthG unter dem Aspekt der notwendigen Rückkehr in das Heimatland nur zugebilligt werden, wenn die von ihm/ihr zu gewärtigenden Schwierigkeiten der Wiedereingliederung in die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Herkunftslandes deutlich über die damit naturgemäß regelmäßig verbundenen Probleme hinausgehen. (vgl. insoweit auch die Vorläufigen Anwendungshinweise zu § 31 AufenthG, Ziffer 31.2.4.3, abgedruckt bei Renner, Ausländerrecht, 8. Auflage 2005, zu § 31 AufenthG) Daher ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtung etwa der Aufenthaltsdauer und der individuellen Integrationsleistungen speziell mit Blick auf geltend gemachte Rückkehrschwierigkeiten eine besondere Härte nur anzunehmen, wenn im Einzelfall über die regelmäßig mit der Aufenthaltsverlagerung in ein anderes Land verbundenen Schwierigkeiten hinaus besondere Umstände vorliegen, aus denen heraus die Ausreisepflicht den konkreten Ausländer oder die Ausländerin ungleich härter trifft als andere in vergleichbarer Situation. (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 23.11.2005 - 2 W 31/05 -, SKZ 2006, 61 Leitsatz Nr. 75 (Rückkehr einer geschiedenen Frau nach Thailand), und vom 8.6.2000 - 9 V 14/00 -, SKZ 2000, 265 Leitsatz Nr. 126, wonach die bei der Rückkehr zu erwartenden Schwierigkeiten nach Art und Schwere so erheblich sein müssen, dass die Versagung der Aufenthaltserlaubnis als nicht mehr vertretbar erscheinen würde, noch zu § 29 AuslG) Dafür gibt es angesichts der konkreten Fallumstände keine Anhaltspunkte. Die Antragstellerin hat den weit überwiegenden Teil ihres Lebens in ihrem Heimatland verbracht, kennt Sprache und Lebensverhältnisse, bezieht in Brasilien eine Rente, hat - wie allein der Verweis auf die Schwester belegt - familiäre Anknüpfungspunkte und ist sogar Eigentümerin einer Wohnung. (vgl. in dem Zusammenhang die - erfolgreiche - sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 27.9.2006 gegen die mit dem Hinweis auf eine Verwertungsmöglichkeit der Wohnung begründete Versagung von Prozesskostenhilfe im Scheidungsprozess, mit der die Antragstellerin geltend gemacht hat, dass sie im Falle einer zu erwartenden "Ausweisung" dort wiederum Wohnung finden müsse) Die alle Rückkehrer beziehungsweise Rückkehrerinnen gleichermaßen treffenden typischen Rückkehreffekte können von daher die Ausreisepflicht von vornherein nicht über das Merkmal der "besonderen Härte" in § 31 Abs. 2 Satz 1 AufenthG suspendieren. (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 18.9.2001 - 1 V 26/01 -, SKZ 2002, 168, Leitsatz Nr. 69)

Ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis ergibt sich ferner nicht mit Blick auf das laufende Scheidungsverfahren. Die Antragstellerin verweist insoweit darauf, dass die Klärung der "familienrechtlichen Angelegenheit" mit ihrem Ehemann "sehr komplex und schwierig" sei, weswegen eine ständige und persönliche Kommunikation mit den sie in dem Scheidungsverbundverfahren vertretenden Rechtsanwälten erforderlich sei. Diese könne von Brasilien aus nicht gewährleistet werden. Dabei ist bereits in prozessualer Hinsicht festzustellen, dass dieser Einwand einer Notwendigkeit des vorübergehenden Verbleibs in Deutschland erstmals im Laufe des vorliegenden Beschwerdeverfahrens erhoben und - ersichtlich - gegenüber dem Antragsgegner bisher noch nicht geltend gemacht wurde. (vgl. in dem Zusammenhang OVG des Saarlandes, Beschluss vom 22.6.1994 - 3 W 1/94 -, wonach darin ein Antragswechsel (§ 91 VwGO entspr.) zu erblicken ist, der dem Erfordernis "vorgängiger Durchführung eines Verwaltungsverfahrens" unterliegt) Wollte man darin formal über das wörtliche Vorbringen hinaus eine Geltendmachung von Anhörungsrechten im Scheidungsverfahren, die grundsätzlich auch im Wege der Amtshilfe realisierbar wären, erblicken, müsste sich die Antragstellerin zumindest eine Änderung des Aufenthaltszwecks entgegenhalten lassen, dem nicht durch die Anfechtung des Bescheids des Antragsgegners vom 28.1.2009 beziehungsweise durch den darauf gerichteten Antrag auf Vollzugsaussetzung der Versagung der Aufenthaltserlaubnis, sondern nur durch Einleitung eines neuen Verwaltungsverfahrens auf vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a AufenthG Rechnung getragen werden könnte. (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 9.2.1996 - 9 W 67/95 - mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen zur damaligen Gesetzeslage) Ob die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG, der die Duldung der vorübergehenden weiteren Anwesenheit eines Ausländers im Bundesgebiet aus "dringenden persönlichen Gründen" in das Ermessen der Ausländerbehörde stellt auf der Grundlage des Sachvortrags der Antragstellerin bejaht werden könnten, erscheint sehr zweifelhaft. Zum einen ist nicht ersichtlich, dass die Kommunikation zwischen der Antragstellerin und den sie vertretenden Rechtsanwälten nach der Rückkehr nach Brasilien unzumutbar erschwert oder gar ausgeschlossen wäre. Zum anderen kann ein solcher Anspruch - ebenso wie die rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG) - dann nicht angenommen werden, wenn den vom Ausländer vorgebrachten Umständen im Einzelfall auch durch eine kurzfristige Betretenserlaubnis Rechnung getragen werden kann, was insbesondere beim Hinweis auf ein Mitwirkungserfordernis in eigenen und fremden Verfahren vor deutschen Gerichten grundsätzlich in Betracht kommt. Vorliegend spricht alles dafür, dass dies auch im vorliegenden Fall ausreichend ist. Sollte die Antragstellerin ihrer Ausreisepflicht freiwillig nachkommen, unterläge sie nach dem zuvor Gesagten bei einer Wiedereinreise - anders als nach einer Abschiebung (§ 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) - keinem Visumszwang.

Der Antragsgegner wird dieses Anliegen der Antragstellerin unter Würdigung der Gesamtumstände, auch der Effizienz der Durchführung des Scheidungsverfahrens und des Aspektes, inwieweit das Familiengericht eine persönliche Anwesenheit der Antragstellerin für erforderlich hält, zur Beantwortung der Frage der Erteilung oder gegebenenfalls Verlängerung einer vorübergehenden Duldung zu beurteilen haben. Aus der bei dem Vorgang befindlichen Aktenrückforderung des Amtsgerichts - Familiengericht - A-Stadt vom 29.6.2009 wird zwar deutlich, dass dem im Scheidungsverbund geführten Verfahren offenbar Fortgang gegeben werden soll. Dieses ist indes bereits im Mai 2006 eingeleitet worden und daher nunmehr über drei Jahre anhängig. Das zentrale Problem bildet in dem Zusammenhang wohl die bisher mangelnde Bereitschaft oder - nach eigenem Vortrag - Möglichkeit des Ehemannes, der bei Stellung seines Scheidungsantrags noch auf einen in Brasilien vereinbarten, weit reichenden Ausschluss gegenseitiger Ansprüche unter anderem auf Versorgungsausgleich und Unterhalt verwiesen hatte, belastbare, insbesondere schriftliche Nachweise über seine aus der Vermietung mehrerer Immobilien erzielten Einkünfte (vgl. dazu die in einem Termin des Amtsgerichts - Familiengericht - am 19.10.2006 - 2 F 178/06 S - geschlossenen Vergleich (Ziffer 5) übernommene Verpflichtung zur Rechnungslegung und die zur Erzwingung der Verpflichtung vom Amtsgericht mit Beschluss vom 16.5.2007 - 2 F 178/06 S - ausgesprochene Festsetzung eines Zwangsgeldes) sowie eine Aufstellung seines "Endvermögens" zur Ermittlung etwaiger Ansprüche der Antragstellerin auf Zugewinnausgleich vorzulegen. (vgl. das insoweit ergangene Teilversäumnisurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 23.4.2009 - 2 F 178/06 GÜR - , mit dem der Ehemann verurteilt wurde, Auskunft über sein Endvermögen bei Stellung des Scheidungsantrags im Mai 2006 in Form eines geordneten Verzeichnisses zu erteilen) Hierzu kann die Antragstellerin nach dem eigenen Vorbringen mangels eigener Kenntnisse nichts beitragen.

Die nach § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG rechtlich vom Vorliegen von Abschiebungsverboten nicht tangierte Abschiebungsandrohung unterliegt keinen Bedenken. Die Antragstellerin ist nach Ablauf ihres Aufenthaltstitels im Dezember 2005 und Ablehnung der Verlängerung durch den Antragsgegner vollziehbar ausreisepflichtig (§ 50 Abs. 1 AufenthG). Die gegebenenfalls erforderliche Abschiebung als Vollstreckungsmaßnahme dient der Durchsetzung der Ausreisepflicht. Dass die im Bescheid vom 28.1.2009 ausgesprochene angemessene Ausreisefrist (§ 59 Abs. 1 AufenthG) zum 5.3.2009 inzwischen durch Zeitablauf überholt ist, berührt deren Rechtmäßigkeit nicht.

Vor diesem Hintergrund hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 28.1.2009 zu Recht zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3, 52 Abs. 2, 47 GKG 2004, wobei eine Halbierung des Auffangstreitwerts gerechtfertigt erscheint.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

Ende der Entscheidung

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