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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Saarland
Urteil verkündet am 15.09.2006
Aktenzeichen: 2 R 1/06
Rechtsgebiete: AuslG, StPO, VwGO, AufenthG


Vorschriften:

AuslG § 8 Abs. 2
AuslG § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
AuslG § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
AuslG § 47 Abs. 1 Nr. 1
AuslG § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4
AuslG § 53 Abs. 6 S. 1
AuslG § 81 Abs. 6
StPO § 154 Abs. 2
VwGO § 124 a Abs. 6 Satz 1
AufenthG § 11 Abs. 1
AufenthG § 25 Abs. 5
AufenthG § 25 Abs. 5 S. 1
AufenthG § 60 Abs. 2
AufenthG § 60 Abs. 3
AufenthG § 60 Abs. 5
AufenthG § 60 Abs. 7
Die nachfolgende Geburt eines Kindes kann die Befristung der angeordneten Ausweisung erfordern.

Lässt die Geburt eines Kindes, dem nicht zumutbar ist, seinem ausländischen Vater in das Ausland zu folgen, erwarten, dass dieser bei legalisiertem Aufenthalt keine Straftaten mehr begehen wird, steht die Ausweisung aufgrund der Verurteilung wegen Straftaten der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht entgegen.


Tenor:

Die Berufungen werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zu 1. zu zwei Drittel und der Klägerin zu 2. zu einem Drittel zur Last.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die miteinander verheirateten Kläger begehren die Aufhebung der Ausweisung des Klägers zu 1. Zudem begehrt der Kläger zu 1. die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

Der am ... 1980 im Kosovo geborene Kläger zu 1. ist serbischer Staatsangehöriger und reiste mit seinen Eltern im September 1993 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sein Asylverfahren war erfolglos, danach wurde er geduldet. Eine Abschiebung war zunächst bis zum Frühjahr 2000 aus tatsächlichen Gründen unmöglich. Der im Asylfolgeverfahren geltend gemachte und vom Verwaltungsgericht des Saarlandes mit Urteil vom 26.1.2000 - 10 K 491/98.A - zuerkannte Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG wurde durch das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 8.8.2000 - 3 R 180/00 - versagt. Die dagegen erhobene Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat das Bundesverwaltungsgericht am 23.11.2000 - 1 B 117/00 - verworfen. Am 24.11.2000 heiratete der Kläger zu 1. die Klägerin zu 2., die deutsche Staatsangehörige ist.

Nachdem der Kläger zu 1. im Jahr 1996 wegen Diebstahls geringwertiger Sachen aufgefallen war, wurde er am 9.10.1997 wegen Körperverletzung in zwei Fällen in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung zu drei Wochen Dauerarrest verurteilt, den er vom 3.4. bis zum 24.4.1998 verbüßte.

Wegen Taten am 23.4.1997 (21 Js 835/97), 16.6.1997 (21 Js 1128/97) und 19.8.1997 (21 Js 1434/97) wurde der mit seinem Vater angeklagte Kläger zu 1. durch Urteil des Landgerichts I-Stadt vom 12.5.1999 (4 II 67/98 I) auf die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts I-Stadt vom 26.8.1998 wegen Bedrohung, Körperverletzung in zwei Fällen sowie gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das Verfahren bezüglich einer Tat vom 19.3.1998 (21 Js 851/98) war auf Antrag der Staatsanwaltschaft nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Vom 26.8.1998 bis 8.12.1998 und 3.1.1999 bis 22.1.1999 hatte der Kläger zu 1. bereits wegen der abgeurteilten Taten Untersuchungshaft verbüßt. Nach weiteren Taten am 28.8.1999 (21 Js 1488/99), 6.9.1999 (21 Js 1628/99), 21.10., 27.10. und 3.11.1999 (21 Js 1748/99) sowie 22.11.1999 (20 Js 1797/99) und 15.12.1999 (21 Js 208/00) wurde der Kläger zu 1. durch das Amtsgericht I-Stadt (28-513/99) am 3.5.2000 wegen Bedrohung, Körperverletzung in fünf Fällen, in zwei Fällen hiervon in Tateinheit mit Beleidigung, in einem Fall hiervon in Tateinheit mit Bedrohung, des Hausfriedensbruchs in drei Fällen, in einem Fall hiervon in Tateinheit mit Bedrohung, in einem weiteren Fall hiervon begangen in Tateinheit mit Körperverletzung - unter Einbeziehung der vorgehenden Verurteilung - zu einer Jugendstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Jugendstrafe, auf die die Untersuchungshaft angerechnet wurde, verbüßte der Kläger vom 9.3.2000 bis zu seiner vorzeitigen Entlassung mit Bewährungsauflagen und Aussetzen der Vollstreckung der Reststrafe von 43 Tagen auf die Dauer von zwei Jahren am 19.3.2004.

Mit Datum vom 8.11.2001 wurde er vom Beklagten zur beabsichtigten Ausweisung angehört. Darauf machte er geltend, nach dem Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport vom 21.5.2001 sei ihm wegen seiner Zugehörigkeit zur Bevölkerungsgruppe der "Ashkali" ein Anspruch auf Duldung eingeräumt. Unter dem 27.2.2002 wurde ihm vom Beklagten mitgeteilt, er werde derzeit auf Grund dieses Erlasses geduldet, die Ausweisung werde ausgesetzt, bis entschieden sei, ob die Angehörigen der ethnischen Minderheiten ein Bleiberecht im Bundesgebiet erhielten. Nach dem Vortrag des Beklagten wurden erst mit dem Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport vom 23.5.2003 die rechtlichen Voraussetzungen für die Rückführung von Minderheiten in den Kosovo geschaffen.

Am 29.10.2003 beantragte der Kläger zu 1. unter Hinweis auf seine Ehe mit der Klägerin zu 2. eine Aufenthaltserlaubnis. Mit Schreiben vom 7.11.2003 hörte der Beklagte ihn zu deren Versagung und der beabsichtigten Ausweisung an. Zusammen mit dem Kläger zu 1. nahm die Klägerin zu 2. am 25.11.2003 Stellung. Sie beriefen sich auf den Schutz ihrer Ehe.

Mit dem streitigen Bescheid vom 19.2.2004 wurde der Kläger zu 1. unter Anordnung der sofortigen Vollziehung wegen der strafgerichtlichen Verurteilung ausgewiesen und die Aufenthaltserlaubnis wegen dieses Ausweisungsgrundes versagt. Unter Ziff. 4 des Bescheids heißt es: Die Wiedereinreise wird auf Dauer untersagt. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger zu 1. erfülle den Ausweisungstatbestand einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Jugendstrafe von mindestens drei Jahren. Die Qualität der Straftaten und ihre kurze zeitliche Abfolge ließen auf eine Wiederholungsgefahr schließen. Untermauert werde dies durch die im Vollzug erfolgte Begutachtung des Klägers zu 1. durch das Institut für Gerichtliche Psychologie und Psychiatrie der Universität des Saarlandes sowie die Geschehnisse, die drei zwischen Juni und August 2003 verhängten Disziplinarmaßnahmen der Justizvollzugsanstalt zugrunde lägen. Die Ausweisung diene präventiv der Abschreckung anderer ausländischer Bevölkerungsteile. Ein besonderer Ausweisungsschutz bestehe nicht, da die Ehe erst während der Haft geschlossen und nicht in einem gemeinsamen Haushalt gelebt worden sei. Gemäß § 8 Abs. 2 AuslG dürfe ein Ausländer, der ausgewiesen oder abgeschoben worden sei, nicht erneut in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten. Ihm werde auch bei Vorliegen eines Anspruchs nach dem Ausländergesetz keine Aufenthaltsgenehmigung erteilt. Demzufolge werde die Wiedereinreise des Klägers zu 1. dauerhaft untersagt. Zweifellos stelle die Ausweisung mit dem Verbot der Wiedereinreise eine einschneidende Maßnahme dar. Der Kläger zu 1. habe jedoch durch sein eigenes Verhalten dazu Anlass gegeben. Mit seiner Ausweisung solle auch verdeutlicht werden, dass die Begehung von Straftaten im Bundesgebiet zu einem Aufenthaltsverbot führe. Die Ausweisung und das Verbot der Wiedereinreise erfolgten auch vor dem Hintergrund, die inländische Bevölkerung vor zukünftigen Straftaten zu schützen. Insbesondere die vom Kläger zu 1. bei der Begehung der Straftaten angewandte Brutalität, mit der er der Vielzahl seiner Opfer aus nichtigen Anlässen zum Teil erhebliche Verletzungen zugefügt habe, stelle eine erhebliche Gefährdung der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland dar.

Am 10.3.2004 erhob der Kläger zu 1. dagegen Widerspruch, den er u. a. damit begründete, es werde eine eheliche Lebensgemeinschaft durch die regelmäßigen, fast wöchentlichen Besuche der Klägerin zu 2. und des im Rahmen von Außenlockerungen gewährten Hafturlaubs gelebt.

Der Antrag des Beklagten vom 12.3.2004 auf Anordnung von Abschiebehaft wurde vom Amtsgericht Ottweiler am 15.3.2004 zurückgewiesen, da ein Haftgrund, etwa eine Entziehungsabsicht, nicht bestehe. Der für den 28.4.2004 geplante Abschiebetermin konnte nicht eingehalten werden, da die Übergangs-Verwaltungs-Mission der Vereinten Nationen im Kosovo (UNMIK) vor dem Hintergrund neuerlicher Spannungen Rückführungen von Personen, die den ethnischen Minderheiten zugehörig waren, bis auf weiteres ausgesetzt hatte.

Durch Widerspruchsbescheid vom 28.7.2004 wurde der Widerspruch des Klägers zu 1. zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, nach der aktuellen Sach- und Rechtslage nach der Entlassung aus der Haft komme ihm wegen der ehelichen Lebensgemeinschaft besonderer Ausweisungsschutz zu und er könne nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden. Die von ihm verwirklichten Taten stellten einen Fall besonders schwerer Kriminalität dar, bei dem regelmäßig ein derart schwerwiegender Grund anzunehmen sei. Da die begangenen Straftaten besonders schwer wögen und ein Interesse an einer wirksamen Generalprävention begründeten, sei unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit seine Ausweisung zulässig. Die Ausweisung sei auch aus spezialpräventiven Gründen zulässig, da Anhaltspunkte dafür festgestellt werden könnten, dass eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch neue Verfehlungen drohe und damit von ihm eine bedeutsame Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgehe. Der Kläger zu 1. lasse sich aus nichtigem Anlass zu erheblichen Verletzungen anderer Menschen hinreißen und habe sich in keiner Weise im Griff. Ihm fehle jegliches normale Sozialverhalten. Er habe zwar gelernt, eine Kosten-Nutzen-Analyse seines Verhaltens anzustellen, und bemühe sich um ein kontrolliertes Verhalten. Allerdings werde dieser Lernprozess von ihm rein mechanisch bewerkstelligt, so dass eine echte Einsicht im Sinne einer Verinnerlichung nicht vorliege. Auch könne man nicht von einer Reifung der Persönlichkeit auf dem emotionalen Sektor sprechen. Vielmehr bleibe die Diagnose einer sehr impulsiven und unbeherrschten aggressiven Primärpersönlichkeit. Zu berücksichtigen sei auch, dass er am 29.7.2003 Vollzugslockerungen wegen Vorfällen in der Justizvollzugsanstalt verloren habe und habe diszipliniert werden müssen. In seiner Anhörung zur Haftentlassung vor dem Amtsgericht Ottweiler am 12.2.2004 habe er sich selbst als von seinem Temperament her aufbrausenden Menschen bezeichnet. Bei Gewichtung aller Umstände sei nicht anzunehmen, dass ihm inzwischen die emotionale Untermauerung der geltend gemachten positiven Entwicklung in einem Maße gelungen sei, dass ohne weiteres erwartet werden könnte, dass er außerhalb der Haft und ohne den Druck des Ausweisungsverfahrens auf Dauer nicht mehr straffällig werde. Allein der Umstand der Eheschließung mit einer Deutschen sei nicht geeignet, die Gefährlichkeitsprognose in irgendeiner Weise in Frage zu stellen. Art. 6 Abs. 1 GG schütze nicht grundsätzlich vor einer Ausweisung. Mit Art. 8 EMRK sei die Ausweisung vereinbar, da sie in Ansehung des verfolgten legitimen staatlichen Ziels verhältnismäßig sei. Des Weiteren sei die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis rechtmäßig, da diese auch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs versagt werden könne, wenn - wie hier - ein Ausweisungsgrund vorliege. Auch das angeordnete Verbot der Wiedereinreise sei rechtmäßig.

Auf den am 5.8.2004 zugestellten Widerspruchsbescheid erhob der Kläger zu 1. am 5.9.2004 Klage beim Verwaltungsgericht (10 K 265/04).

Am 13.4.2004 hatte die Klägerin zu 2. gegen die im Bescheid vom 19.2.2004, der ihr vom Beklagten nicht bekannt gegeben worden war, enthaltene Ausweisung Widerspruch erhoben und sich auf den grundgesetzlichen Schutz der Ehe und ihre unterbliebene Anhörung berufen. Durch Widerspruchsbescheid vom 28.7.2004, der Klägerin zu 2. zugestellt am 2.8.2004, wurde der Widerspruch der Klägerin zu 2. als unzulässig zurückgewiesen, da sie die für die Einlegung des Widerspruchs festgesetzte Gebühr nicht bezahlt hatte. Dagegen erhob die Klägerin zu 2. am 5.8.2004 Klage (10 K 225/04).

Am 31.3.2005 wurde der Sohn J der Kläger geboren. Mit Schreiben vom 14.4.2005 bat der Kläger zu 1. um Überprüfung, ob ihm wegen der geänderten Umstände nicht doch eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden könne.

Zur Begründung ihrer Klagen haben sich die Kläger auf den Wegfall general- und spezialpräventiver Gründe für die Ausweisung im Hinblick auf eine positive Prognose nach der Geburt des Kindes und die besondere Bedeutung des Schutzes von Ehe und Familie durch Art. 6 Abs. 1 GG und des Familienlebens nach Art. 8 EMRK berufen.

Die Klägerin zu 2. hat darüber hinaus die Zurückweisung des Widerspruchs als unzulässig gerügt, da die Zahlung der Gebühr keine Zulässigkeitsvoraussetzung des Widerspruchsverfahrens sei.

Der Kläger zu 1. hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 19.02.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.07.2004 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

Die Klägerin zu 2. hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 19.02.2004, soweit er die Ausweisung des Klägers zu 1. betrifft, in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 28.07.2004 aufzuheben.

Der Beklagte hat jeweils beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er sich auf die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen und die die Aussetzung der Anordnung der sofortigen Vollziehung zurückweisenden gerichtlichen Entscheidungen bezogen.

Mit auf Grund mündlicher Verhandlung vom 4.6.2005 ergangenen Urteilen hat das Verwaltungsgericht die Klagen abgewiesen.

In den jeweiligen Entscheidungsgründen ist im Wesentlichen ausgeführt, die Ausweisung des Klägers zu 1. sei selbst dann, wenn auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen wäre, rechtmäßig. Im Fall des Klägers zu 1. lägen hinreichende generalpräventive Gründe vor, denn die von ihm begangenen Straftaten wögen besonders schwer und begründeten ein Interesse an einer wirksamen Generalprävention. Auch aus spezialpräventiven Gründen sei seine Ausweisung zulässig. Die durch seine Straftaten gezeigte erhebliche Gefährlichkeit könne nicht als gebannt angesehen werden, zumal deren bloße Reduzierung auf ein tolerables Maß dem Sicherheitsinteresse der Öffentlichkeit vor weiterer Begehung gleichartiger Straftaten nicht genüge.Einen wesentlichen Teil der Straftaten habe er als Heranwachsender begangen und die von ihm ohne nähere Substantiierung behauptete Ursache der Straftaten in einem negativen familiären, insbesondere durch den Vater geprägten Umfeld erscheine konstruiert. Selbst wenn er nicht mehr straffällig geworden sein sollte, müsse dies vor dem Hintergrund des anhängigen Ausweisungsverfahrens gesehen werden, das insoweit zweifellos Druck auf ihn ausübe, sodass keine gesicherten Rückschlüsse auf sein Verhalten ohne diesen Druck möglich seien. Gerade angesichts der speziellen Art der durch seine Straftaten dokumentierten Gefährlichkeit müsse deutlich mehr als ein Jahr ohne erneute Straffälligkeit vorgetragen und belegt werden, um von einer nachhaltigen Besserung ausgehen zu können. Dies gelte erst recht, da seine eruptive Aggressivität nach den Feststellungen in den Gutachten des Instituts für Gerichtliche Psychologie und Psychiatrie der Universität des Saarlandes in seiner Primärpersönlichkeit verankert sei und offen bleibe, ob dieser Teil seiner Persönlichkeit den aufgebauten Kontrollinstanzen unterlegen bleibe, vor allem wenn man berücksichtige, dass das soziale Lernen bisher in dem strengen und rigiden Rahmen der Haft vollzogen worden sei. Allein die familiäre Lebensgemeinschaft mit seiner deutschen Ehefrau und seinem deutschen Sohn rechtfertigten die Annahme eines atypischen Sachverhaltseiner eine Regelausweisung ausschließenden Ausnahmefallgestaltung jedenfalls nicht. Soweit darauf verwiesen werde, dass mit der Jugendstrafe ein Erziehungszweck erreicht worden sei, könne auch hierdurch keine Atypik hergeleitet werden. Insofern sei von Bedeutung, dass sich das Wohlverhalten des Klägers zu 1. bislang ausschließlich in einem Rahmen vollzogen habe, dessen Überschreitung sanktioniert werde, und derzeit keine Erfahrungswerte vorlägen, wie sich der Kläger ohne die sein Verhalten disziplinierenden Kontrollinstanzen verhalten werde. Was die Belange der Klägerin zu 2. und des gemeinsamen Kindes angehe, sei zwar zu sehen, dass es diesen nicht ohne weiteres zumutbar sei, dem Kläger zu 1. in sein Herkunftsland, die zu Serbien gehörende Provinz Kosovo, zu folgen. Die Ausweisung des Klägers zu 1. stelle sich indes im Hinblick auf seine erwiesene Gefährlichkeit, von der weiter auszugehen sei, und insbesondere die aus der Begehung der Straftaten abzuleitenden generalpräventiven Belange als verhältnismäßig dar. Von Bedeutung sei hierbei auch, dass ihm die Möglichkeit nicht verwehrt sei, eine Befristung der Ausweisung zu erwirken, mit der Folge, dass eine ausweisungsbedingte Trennung der Familie keine Trennung auf Dauer darstelle. Zwar habe der Beklagte die Ausweisung "auf Dauer" verfügt. Daraus sei allerdings lediglich abzuleiten, dass er von einer bereits mit der Ausweisung verbundenen Befristung der Ausweisung habe absehen wollen. Ein Befristungsantrag sei damit nicht ausgeschlossen. Die Ausweisungsentscheidung und das Verbot der Wiedereinreise stünden nach alledem mit den ausländerrechtlichen Vorschriften im Einklang. Die Ausweisung sei auch mit dem Recht auf Achtung des Familienlebens nach Art. 8 EMRK vereinbar. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 1. sich erst seit seinem 13. Lebensjahr als geduldeter ehemaliger Asylbewerber in Deutschland aufhalte und seine Bemühungen, eine Schul- und Berufsausbildung zu erwerben, gescheitert seien. Des Weiteren sei zu sehen, dass die Eheschließung während des Vollzugs der viereinhalbjährigen Gesamtstrafe erfolgt sei, zu einem Zeitpunkt also, als die Eheleute allen Grund gehabt hätten, davon auszugehen, dass die schweren kriminellen Verfehlungen des Klägers zu 1. ausländerrechtliche Folgen für sein weiteres Verbleiben im Inland haben würden. Außerdem seien die Schwangerschaft und die Geburt des gemeinsamen Kindes vor dem Hintergrund der für sofort vollziehbar erklärten Ausweisung erfolgt. In Anbetracht dessen sei seine Ausweisung auch verhältnismäßig. Dies alles berücksichtigend gebühre dem Schutz der öffentlichen Ordnung und der Verhütung von weiteren Straftaten der Vorrang gegenüber dem Interesse des Klägers zu 1. an der Fortsetzung seines Familienlebens in Deutschland. Die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis durch den Beklagten sei ebenfalls rechtmäßig, da das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis entgegenstehe.

Darüber hinaus ergänzend ist im Verfahren der Klägerin zu 2. ausgeführt, zwar sei deren Klagebefugnis aus dem grundgesetzlichen Schutzbereich der Ehe zu bejahen und die Zurückweisung des Widerspruchs als unzulässig rechtswidrig, so dass durch ihren - auch im Übrigen - zulässigen Widerspruch der Weg zur sachlichen Überprüfung des gegenüber dem Kläger zu 1. ergangenen Bescheids des Beklagten eröffnet sei. Der Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheids leide jedoch nicht an einem formellen Fehler im Hinblick auf eine fehlende Anhörung der Klägerin zu 2.

Das Urteil im Verfahren des Klägers zu 1. wurde diesem am 27.7.2005 und im Verfahren der Klägerin zu 2. dieser am 28.7.2005 zugestellt. Der Kläger zu 1. hat am 26.8.2005 die Zulassung der Berufung beantragt und dies am 27.9.2005 begründet (2 Q 43/05). Der entsprechende Antrag der Klägerin zu 2. ging am Montag, dem 29.8.2005, bei Gericht ein und wurde am 28.9.2005 begründet (2 Q 44/05). Durch Beschlüsse des Senats vom 17.2.2006 wurden die Berufungen zugelassen und die Berufungsverfahren 2 R 1/06 und 2 R 2/06 zur gemeinsamen Entscheidung im Verfahren 2 R 1/06 verbunden. Die Begründung der Berufung des Klägers zu 1. ging am 17.3.2006 und die der Klägerin zu 2. am 13.3.2006 bei Gericht ein.

Ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger zu 1. im Zusammenhang mit einem Polizeieinsatz am 28.09.2005 (8 Js 2270/05) wegen eines Streits zwischen diesem, der Klägerin zu 2. und deren Vater wurde mangels Tatnachweises eingestellt.

Wegen eines Verkehrsunfalls unter alkoholischer Beeinflussung am 3.12.2005 wurde gegen den Kläger zu 1. ein Strafverfahren durchgeführt (65 Js 168/06).

Wegen des Verdachts einer gefährlichen Körperverletzung am 5.2.2006 vor einer Diskothek in I-Stadt ist das Ermittlungsverfahren 4 Js 1567/06 anhängig.

Am 1.5.2006 wurde das Kind B der Kläger geboren.

Zur Begründung der Berufungen tragen die Kläger vor, die Geburt des zweiten Kindes müsse sich bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu Gunsten des Klägers zu 1. auswirken. Es widerspreche dem besonderen Schutz von Ehe und Familie, den Kindern im prägenden Kleinkindalter den Vater zu entziehen. Die ausländerrechtlichen Begriffe der besonders schwer wiegenden Straftat und der schweren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung seien nach dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) auszulegen. Der Tat am 5.2.2006 komme kein derartiges Gewicht zu, dass sie das Auseinanderreißen der Familie rechtfertige. Im Übrigen wiederholen und vertiefen die Kläger ihr vorangegangenes Vorbringen.

Der Kläger zu 1. beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 6.7.2005 - 10 K 265/04 - den Bescheid des Beklagten vom 19.2.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.7.2004 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Die Klägerin zu 2. beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 6.7.2005 - 10 K 225/04 - den Bescheid des Beklagten vom 19.2.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.7.2004 aufzuheben und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht er sich auf die Ausführungen in den erstinstanzlichen Urteilen und trägt ergänzend vor, die zwischenzeitliche Tat des Klägers zu 1. stützte den Verdacht, dass er keine Gewähr für das Unterbleiben solcher Verfehlungen biete, die vor über zwei Jahren zu seiner Ausweisung geführt hätten. Die spezialpräventiven Erwägungen erwiesen sich als sachgemäß. Von einer Reduzierung seiner Gefährlichkeit auf ein tolerables Niveau sei nach wie vor nicht auszugehen. Es lägen weiterhin stichhaltige Anhaltspunkte vor, dass von ihm eine schwere Gefährdung für die öffentliche Sicherheit ausgehe.

Zu dem Vorfall vor der Diskothek in I-Stadt am 5.2.2006 hat der Senat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen D., A. und B.. Zur Entwicklung und des ihm bekannt gewordenen Verhaltens des Klägers zu 1. seit der Haftentlassung wurde dessen Bewährungshelfer E. als Zeuge gehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.9.2006 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf Inhalt der Gerichtsakten, der Verfahrensakten 10 F 18/04,10 F 28/04, 10 F 54/04, 2 W 23/04, 2 W 43/04 und 2 W 2/05, der staatsanwaltschaftlichen Akten 21 Js 835/97, 21 Js 1128/97, 21 Js 1434/97, 21 Js 851/98, 21 Js 1488/99, 21 Js 1628/99, 21 Js 1748/99, 20 Js 1797/99, 21 Js 208/00, 8 Js 2270/05 und 4 Js 1567/06, des Vollstreckungshefts des Amtsgerichts Ottweiler 14 BRs 10/04 und der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe:

Die durch Senatsbeschlüsse vom 17.2.2006 zugelassenen Berufungen sind rechtzeitig innerhalb der Berufungsbegründungsfrist des § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründet worden und erweisen sich auch sonst als zulässig, haben jedoch keinen Erfolg.

Die Anfechtungsklage des Klägers zu 1., die auf die Aufhebung seiner Ausweisung zielt, hat keinen Erfolg, da die vom Beklagten verfügte Ausweisung des Klägers zu 1. nicht zu beanstanden ist.

Wie der Senat in seinem auf das Eilrechtsschutzbegehren des Klägers zu 1. ergangenen Beschluss vom 10.5.2005 - 2 W 2/05 - dargelegt hat, kann der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung anhand der ausländerrechtlichen Bestimmungen unter Beachtung der grundgesetzlichen Anforderungen des Schutzes von Ehe und Familie nach Art. 6 GG weiterhin, entsprechend der bisherigen ständigen Rechtsprechung, der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung zugrunde gelegt werden. Danach ist die Vereinbarkeit der Ausweisung mit den ausländerrechtlichen Bestimmungen gegeben. Die nun von den Klägern geforderte Anwendung nach dem späteren Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern vom 30.7.2004 entbehrt jeder Grundlage. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens durch den Widerspruchsbescheid vom 28.7.2004 war die streitige Ausweisung offensichtlich rechtmäßig. Mit der Verurteilung zu einer Jugendstrafe von vier Jahren und sechs Monaten lagen die Voraussetzungen einer Regelausweisung nach §§ 47 Abs. 1 Nr. 1, 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG vor. Da die Ehe der Kläger erst während der Strafhaft geschlossen und außerhalb der Strafvollzugsanstalt lediglich vier Monate bis zur Widerspruchsentscheidung gelebt worden war, war weder ein atypischer Sachverhalt gegeben, der ein Abweichen vom Regelfall erfordert hätte, noch stand der von Art. 6 Abs. 1 GG gewährte Schutz von Ehe und Familie bzw. der in Art. 8 EMRK gründende Anspruch auf Achtung des Familienlebens der Ausweisung des Klägers zu 1. entgegen. Zur Begründung wird Bezug genommen auf die in den einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangenen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 6.4.2004 - 10 F 18/04 - und 30.7.2004 - 10 F 28/04 - und des Senats vom 30.6.2004 - 2 W 23/04 - und 5.11.2004 - 2 W 43/04 -.

Die Ausweisung des Klägers zu 1. steht des Weiteren zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in angemessenem Verhältnis zu dem auch gegenwärtig zu beachtenden in Art. 8 EMRK verankerten Anspruch der Kläger auf Achtung des Familienlebens und hat, insbesondere unter Berücksichtigung der Geburt der zwei gemeinsamen Kinder der Kläger, Bestand.

Die Vorschriften der Europäischen Menschenrechtskonvention sind grundsätzlich bei der Entscheidung über eine Ausweisung zu beachten. Dies bedeutet, dass deren Vorgaben sowie die hierzu ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs für Menschenrechte bei der gerichtlichen Entscheidung über den Bestand einer Ausweisungsentscheidung zu berücksichtigen sind. Der Prüfung der Ausweisungsentscheidung an Art. 8 EMRK steht dabei nicht entgegen, dass der Aufenthalt des Klägers zu 1. gegenwärtig geduldet wird. Wie der Beklagte zu erkennen gegeben hat, ist der Vollzug der Ausweisung allein von deren gerichtlicher Bestätigung abhängig, so dass deren Vollzugscharakter nicht entfallen ist. Art. 8 Abs. 1 EMRK bestimmt, dass jedermann u. a. Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens hat. Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Die Ausweisung des Klägers zu 1. unterfällt dem Schutzbereich des Art. 8 EMRK, da sie zur Trennung von der Klägerin zu 2. und den gemeinsamen Kindern führt. Ein solcher Eingriff verletzt die Konvention, wenn er nicht die Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 2 EMRK erfüllt, d. h. gesetzlich vorgesehen ist, eines oder mehrere der dort aufgeführten legitimen Ziele verfolgt und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist. Letzteres erfordert, dass die Ausweisung einem dringenden sozialen Bedürfnis entspricht und insbesondere verhältnismäßig zu dem verfolgten legitimen Ziel ist, d. h. ein ausgewogenes Gleichgewicht der betroffenen Interessen wahrt. Maßgeblich kommt es bei der Prüfung des Art. 8 EMRK auf den Zeitpunkt an, in dem das Aufenthaltsverbot rechtskräftig wird. Daher kann auch bei einer an sich nicht unverhältnismäßigen Ausweisung die nachfolgende Geburt eines Kindes die ausdrückliche Befristung der Ausweisung erfordern. Ist das der Fall, ist die Ausweisung in Verbindung mit dem unbefristeten Aufenthaltsverbot für das Hoheitsgebiet dann zu den verfolgten berechtigten Zielen unverhältnismäßig Das Begehren des Klägers zu 1. vom 14.4.2005 um Überprüfung, ob ihm wegen der geänderten Umstände nicht doch eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden könne, umfasst den Antrag auf Befristung der Ausweisung. Es bedarf danach der aktuellen Feststellung, dass ein befristetes Aufenthaltsverbot als staatliche Maßnahme nicht ausreicht. Sonst begründet auf Grund des Vorrangs des Art. 8 EMRK, der bei bestehender Familiengemeinschaft des ausländischen Vaters mit seinem deutschen Kind den Bestand der Entscheidung über die Ausweisung von der angemessenen Befristung abhängig macht, die Fehlerhaftigkeit der Befristung unmittelbar die Rechtswidrigkeit der Ausweisung. Entscheidend ist danach, ob im konkreten Fall die unbefristete Ausweisung der faire Ausgleich zwischen den Interessen der Kläger und ihrer Familie auf der einen und den staatlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verhütung von Straftaten auf der anderen Seite ist. Dazu bieten sich folgende Leitlinien an:

- die Art und Schwere der von dem Betroffenen begangenen Straftat,

- die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen in dem Land, aus dem er ausgewiesen werden soll,

- die seit der Tatzeit verstrichene Zeitspanne und das Verhalten des Betroffenen in dieser Zeit,

- die Staatsangehörigkeit der verschiedenen Betroffenen,

- die familiäre Situation wie die Dauer der Ehe und andere Faktoren, die die Effektivität des Familienlebens eines Paares zum Ausdruck bringen,

- der Umstand, ob der Gatte bzw. die Gattin über die Straftat informiert war, als die familiäre Beziehung aufgenommen wurde,

- der Umstand, ob aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind, und wenn ja, deren Alter, und

- das Ausmaß der Schwierigkeiten, denen der Gatte bzw. die Gattin im Herkunftsland des Betroffenen voraussichtlich begegnen wird.

Nach der Beweisaufnahme und unter Würdigung aller Umstände erweist sich die unbefristete Ausweisung des Klägers zu 1. auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt als verhältnismäßig zu den mit ihr verfolgten legitimen Zielen.

Der Kläger zu 1. reiste im Alter von 13 Jahren mit seiner Familie im September 1993 nach Deutschland ein und war im Zusammenhang mit Körperverletzungsdelikten seit April 1997 auffällig. Als Jugendlicher prügelte er zusammen mit seinem Vater auf andere ein. Als Heranwachsender schädigte er allein aus nichtigem Anlass unbeteiligte Dritte. Er hat sich einer Vielzahl schwer wiegender Körperverletzungen mit zum Teil erheblichen Folgen für die Opfer schuldig gemacht und sich auch nicht durch einen dreiwöchigen Dauerarrest im Jahr 1997, Untersuchungshaft in den Jahren 1998 und 1999 und eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten durch das Landgericht I-Stadt am 12.5.1999 von weiteren Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit anderer abhalten lassen, so dass durch das Amtsgericht I-Stadt mit Urteil vom 3.5.2000 schließlich auf ein den zwischen Anfang 1997 und Ende 1999 verübten Taten angemessenes Gesamtstrafmaß von vier Jahren und sechs Monaten erkannt wurde. Dabei ist insbesondere hervorzuheben, dass der Kläger als 19-jähriger und wenige Monate nach seiner Verurteilung wegen Körperverletzungsdelikten zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten Opfer - ohne dass diese ihm dazu Anlass gegeben hätten - angegriffen und erheblich körperlich verletzt hat. So hat er nach den Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts I-Stadt vom 3.5.2000 - 28-513/99 - (21 Js 1488/99) am 29.8.1999 einer Frau, die er vor dem Anwesen, in dem die Klägerin zu 2. wohnte, gefragt hatte, ob sie mit ihrer Begleiterin bei ihm eingebrochen habe, und nachdem diese geantwortet hatte, sie kenne ihn nicht und wisse nicht, wo er wohne, mit der Faust ins Gesicht geschlagen, so dass die Geschädigte eine Prellung am rechten Jochbein, eine Prellung am Auge, eine Prellung an der Nase sowie einen Bluterguss am Mund davontrug. Am 6.9.1999 schlug der Kläger zu 1., nach einer Tage vorausgegangenen Auseinandersetzung seines Bruders mit einem Dritten, einem Mann gegen die Nase und wandte sich dann dem Dritten zu, dem er mit der Faust in den Rücken und auf die Brust schlug, so dass beide Opfer hierdurch verletzt wurden. Für einen Jugendtreff war dem Kläger zu 1. Hausverbot erteilt. Darüber setzte er sich mehrmals hinweg und griff am 3.11.1999 einen dort angestellten Mann, der ihn aufgefordert hatte, das Grundstück zu verlassen, mit einem Schlag gegen den Hals an und verletzte diesen dadurch. Am 22.11.1999 trat er einer Hundehalterin, die in dem Gerangel wegen zwei ineinander verbissener Hunde, wobei ein Hund der Klägerin zu 2. gehörte, zu Boden gefallen war, mit dem beschuhten Fuß gegen das Bein und verletzte diese hierdurch. Am 30.11.1999 schlug er, nachdem sich wieder zwei Hunde, davon der der Klägerin zu 2., ineinander verbissen hatten, dem Hundehalter, der die Hunde trennen wollte, mit der Faust ins Gesicht und noch mehrmals auf diesen ein. Auch einem diesem zu Hilfe eilenden Mann schlug der Kläger zu 1. ins Gesicht und auf die Brust. Die Geschädigten waren zwei Wochen bzw. drei Tage arbeitsunfähig. Am 15.12.1999 verstieß der Kläger zu 1. erneut gegen das Hausverbot. Als er durch einen Sozialarbeiter des Grundstücks verwiesen werden sollte, zog er einen langen Dolch aus der Jacke und drohte "Ich mache dich fertig, ich stechŽ dich ab.", worauf der Sozialarbeiter eilends davonlief.

Nach seiner Haftentlassung am 19.3.2004 unter der Auflage einer Bewährungszeit von zwei Jahren wurde er als Erwachsener im Zusammenhang mit einem Körperverletzungsdelikt am 5.2.2006 wieder auffällig. Zwar ist wegen der Tat noch keine Verurteilung erfolgt, doch ist auch dieser Vorfall für die Beurteilung des Bestandes der Ausweisungsverfügung mit den Erkenntnismöglichkeiten des Gerichts in den Blick zu nehmen, da die Ausweisung nicht den Anforderungen der Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK unterliegt.

Auf Grund der polizeilichen Feststellungen in der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte 4 Js 1567/06 zum Vorfall am 5.2.2006 und nach der Einvernahme der Zeugen D., A. und B. ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger zu 1. am 5.2.2006 gegen 3.00 Uhr vor einer Diskothek in I-Stadt den Zeugen B. mit unflätigen Ausdrücken beschimpfte und eine tätliche Auseinandersetzung begann, in deren Folge der Zeuge B. durch von dem Kläger zu 1. und einem Dritten abgegebene Schläge in das Gesicht eine Prellung der Oberlippe und als Folge des Sturzes Abschürfungen am Knie erlitt. Die Täter ließen von ihrem Opfer erst ab, als sie annahmen, dass die Polizei herbeigerufen worden war. Diesen Geschehensablauf sieht der Senat aufgrund der Aussagen der Zeugen D., A. und B. als erwiesen an.

So sagte der Zeuge D. aus, er sei an dem besagten Abend mit dem Kläger zu 1. zusammen gewesen und habe sich bemüht, die Rangelei zwischen diesem und dem Zeugen B. zu beenden. Es sei nichts Großes, keine Schlägerei gewesen, die Beteiligten hätten sich geschubst. Weiter hat der Zeuge D. bekundet, es habe der Zeuge B. etwas gesagt, als er, der Zeuge D., und der Kläger zu 1. an diesem vorbeigegangen seien, daraufhin habe auch der Kläger zu 1. etwas gesagt und es habe sich die Rangelei ergeben. Es sei so gewesen, dass sie schon aneinander vorbeigelaufen gewesen seien, dann habe der Zeuge B. etwas gesagt. Sie hätten sich dann umgedreht, der Zeuge B. sei ihnen entgegengelaufen und dann sei es zur Rangelei gekommen.

Die Zeugin A. gab an, sie sei mit ihrem Freund, dem Zeugen B., aus der Diskothek gekommen und an dem Kläger zu 1. und zwei weiteren Personen, darunter dem Zeugen D. vorbeigegangen. Der Kläger zu 1. habe dabei den Zeugen B. angesprochen, den er aus der Haft gekannt habe, und als dieser das ignoriert habe, ihn mit unflätigen Ausdrücken beschimpft. Der Zeuge B. habe daraufhin zu dem Kläger zu 1. gesagt: "Hast du ein Problem?", worauf die körperliche Auseinandersetzung losgegangen sei. Der Zeuge B. sei von zweien, u. a. dem Kläger zu 1., auf ein Auto geschubst und geschlagen worden. Als sie dem Zeugen B. zu Hilfe gekommen sei und den Kläger zu 1. habe wegziehen wollen, habe der sie in den Arm gebissen. Abgelassen hätten die beiden von dem Zeugen B., als jemand gesagt habe, die Polizei komme.

Der Zeuge B. erklärte, er sei mit der Zeugin A. an dem Kläger zu 1., dem Zeugen D. und einem Dritten vorbeigekommen, als der Kläger zu 1. ihm nachgerufen habe, warum er ihn nicht grüße, er, der Kläger zu 1., sei in der JVA der King gewesen, er würde ihn in den Arsch ficken. Er, der Zeuge B., habe zuvor nichts gesagt und sich, weitergehend, bereits etwa 10 m bis 20 m vom Kläger zu 1. entfernt gehabt. Er habe sich umgedreht, sei auf den Kläger zu 1. zugegangen und habe ihn gefragt, was für ein Problem er habe. Er habe gesehen, dass der Kläger zu 1., der auf ihn zugekommen sei, seine Jacke ausgezogen gehabt habe, da habe er angenommen, dass etwas passieren würde, und seine Jacke der Zeugin A. gegeben. Der Kläger zu 1. habe ihn dann geschubst und auf ihn eingeschlagen, sie hätten sich gerangelt, der Kläger zu 1. habe ihm welche gegeben und er habe sich verteidigt. Er sei auch von dem Dritten, den er von der JVA kenne, dessen Namen er aber nicht wisse, von hinten angegriffen worden. Er sei auf einem Auto zu liegen gekommen. Als jemand gerufen habe, die Polizei komme, seien die drei davongelaufen. Als Folge der Auseinandersetzung habe er eine Schürfwunde am Knie und eine dicke Lippe davongetragen.

Damit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger zu 1. den Zeugen B. angegriffen und dann auf ihn eingeschlagen hat. Soweit der Zeuge D. bekundet hat, der Zeuge B. habe als erster den Kläger zu 1. angesprochen, was der Zeuge B., dazu befragt, in Abrede stellte, ist diese Angabe des Zeugen D. nicht glaubhaft. Entsprechend verhält es sich mit dem Leugnen der Beteiligung einer dritten Person. Beides wird durch die diesbezüglich konkreten und daher glaubhaften Aussagen der Zeugen A. und B. widerlegt und nichts spricht dafür, dass der Zeuge B., der in Begleitung seiner Freundin war, einen Streit habe provozieren wollen. Damit steht fest, dass der Kläger zu 1. gemeinsam mit einem weiteren Täter ohne begründeten Anlass am 5.2.2006 den Zeugen B. angegriffen und verletzt sowie der diesem zu Hilfe eilenden Zeugin A. in den Arm gebissen hat.

Der Kläger zu 1. lebt zwar mittlerweile seit 13 Jahren in Deutschland, doch hat er davon ein Drittel in staatlichem Gewahrsam verbracht. Für ein weiteres Verbleiben des Klägers zu 1. im Bundesgebiet spricht, dass aus der in der Haft am 24.11.2000 geschlossenen Ehe der Kläger die Kinder J, geb. 31.3.2005, und B, geb. 1.5.2006, hervorgegangen sind. Wegen der allgemeinen Lage im Kosovo und der Zugehörigkeit des Klägers zu 1. zur Minderheit der "Ashkali" ist es der Klägerin zu 2. und den gemeinsamen Kindern nicht zumutbar, dem Kläger zu 1. in den Kosovo zu folgen. In diesem Zusammenhang hat der Senat den Bewährungshelfer des Klägers zu 1. E. zu der ihm bekannt gewordenen Entwicklung und dem Verhalten des Klägers zu 1. seit dessen Haftentlassung befragt. Dazu hat der Bewährungshelfer E. ausgesagt, ihm sei die Betreuung des Klägers zu 1. erst seit Januar 2005 übertragen. Der Kläger zu 1. habe den Kontakt zu ihm wie erforderlich gehalten und die Auflagen erfüllt. Die klägerische Familie sei sehr selbstständig, so dass sie die sozialhilferechtlichen Dinge selbst in die Hand nehme, und erfahre Unterstützung durch die Familie der Klägerin zu 2. Seit die Kinder auf der Welt seien, hätten sich die Inhalte seiner Gespräche mit dem Kläger zu 1. diesen zugewandt. Zwischen den Klägern gebe es eine Arbeitsteilung. Die Klägerin zu 2. arbeite noch nebenbei und der Kläger zu 1. übernehme einen Teil der Kinderbetreuung. Die Kinder schliefen wohl nicht die ganze Nacht durch und der Kläger zu 1. übernehme die nächtliche Betreuung. Von Eheschwierigkeiten der Kläger habe er nichts mitbekommen. Der Kläger zu 1. habe ihm gesagt, er habe sich um Arbeit bemüht, wegen der Kurzfristigkeit der Duldung sei jedoch kein Arbeitgeber bereit gewesen, ihn zu beschäftigen.

Kann demnach die familiäre Gemeinschaft nur in Deutschland gelebt werden und spricht die positive Darstellung des Bewährungsverlaufs durch den Bewährungshelfer E. für ein Verbleiben im Bundesgebiet, steht der sich aus dem Recht auf Achtung des Familienlebens ergebenden Forderung nach einem Absehen von der Ausweisung bzw. einer Befristung der Ausweisung doch entgegen, dass der Kläger zu 1. als Erwachsener durch die neuerliche Straftat belegt hat, dass er nicht in der Lage ist, sich dauerhaft, ohne erhebliche Straftaten zu begehen in die Gesellschaft einzuordnen. Gerade der Umstand, dass es dem Kläger zu 1. unter dem Anspruch der strafrechtlichen Bewährung und dem Druck des Ausweisungsverfahrens nicht gelungen ist, seine Aggressivität unter Kontrolle zu behalten, dokumentiert, dass er nicht auf eine stabile Aggressionsvermeidungsstrategie zurückgreifen kann. Die anfänglichen Erfolge kann er nicht dauerhaft halten. Seine neuerliche Tat vom 5.2.2006 ist durch eine gewisse Eruptivität gekennzeichnet, die vom deutlichen Willen des Klägers zu 1. zeugt, seiner Aggressivität freien Lauf zu lassen und Dritten körperlichen Schaden zuzufügen. Wie grundlegend im Gutachten des Instituts für Gerichtliche Psychologie und Psychiatrie vom 1.11.2002 dargelegt, besteht bei dem Kläger zu 1. eine unterdurchschnittliche Intelligenz, die sich auch im charakterlichen Bereich in der Form mangelnder Selbstbeobachtung bemerkbar macht. Seine eruptive Aggressivität beruht zu einem Teil auf falschem sozialem Lernen und ist anhand willentlicher Anstrengung teilweise beherrschbar, sie scheint zu einem anderen Teil in der Primärpersönlichkeit verankert. Wie sich weiter aus der zweiten Begutachtung des Klägers zu 1. durch das Institut für Gerichtliche Psychologie und Psychiatrie vom 18.02.2003 ergibt, begründen die Einschränkungen seiner Lernfähigkeit Begrenzungen dessen, was er auf eigene Faust außerhalb des Reglements der Haft zu leisten imstande ist. Die nunmehr zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung festzustellende misslungene Bewährung im "Alltag" nach der Haftentlassung zeigt, dass die sehr impulsive und unbeherrschte aggressive Primärpersönlichkeit nicht dauerhaft den aufgebauten Kontrollinstanzen unterlegen bleibt. Insoweit ist die in den angesprochenen Gutachten zu erwartende Klarheit zur Deliktsrückfälligkeit durch das weitere Verhalten des Klägers zu 1. in den Lockerungen der Bewährung gewonnen und weiterhin von einem hohen, nicht zu beherrschenden Gewaltpotential des Klägers zu 1. auszugehen.

Dabei ist der neuerlichen Tat nicht deshalb geringeres Gewicht beizumessen, weil es sich um eine körperliche Auseinandersetzung zwischen ehemaligen Häftlingen handelt. Deren körperliche Integrität verdient keinen geringeren Schutz. Wie der Vorfall vom 5.2.2006 bzgl. der Person der Zeugin A. zeigt, können auch leicht unbeteiligte Dritte in eine solche Tätlichkeit einbezogen werden. Weiter kommt dem Umstand, dass es gegenüber den früheren Taten nicht zu einer größeren Schädigung der Opfer gekommen ist, keine besondere Bedeutung zu, da der Kläger zu 1. den Zeugen B. nicht überraschen konnte und weiterer Schaden durch das schnelle Herbeirufen der Polizei, was die Täter zur Flucht veranlasste, verhindert werden konnte. Die Gewaltanwendung vom 5.2.2006 ist auch nicht deshalb zugunsten des Klägers zu 1. geringer zu bewerten, weil der Zeuge B. dieser nicht ausgewichen ist, sondern sich dem Kläger zu 1. gestellt hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 1. die Auseinandersetzung provoziert hat, indem er den Zeugen B. im Beisein von dessen Freundin beleidigte, und im Weiteren selbst die Tätlichkeit suchte. Dies ist ihm umso vorwerfbarer, weil seine Bewährungszeit noch nicht abgelaufen war und er eigentlich unter dem Druck des Ausweisungsverfahrens Anlass hatte, jeder Auseinandersetzung aus dem Wege zu gehen. Wenn es dennoch dem Kläger zu 1. bei diesen Umständen nicht gelingt, nicht mehr einschlägig straffällig zu werden, spricht alles dafür, dass es im Falle der Aufhebung der Ausweisung zu weiteren Straftaten kommt. Bei der gesamten Vorgeschichte kann auch aus der Tatsache, dass der Kläger zu 1. sich bei der Zeugin A. im Verlauf der mündlichen Verhandlung entschuldigte, nachdem diese erklärt hatte, sie könne nur sagen, dass es an und für sich nicht ihr Interesse gewesen sei, den Kläger zu 1. anzuzeigen, es hätte ihr genügt, wenn er sich bei ihr entschuldigt hätte, nicht geschlossen werden, der Kläger zu 1. sei nunmehr zu besserer Einsicht gekommen. Dieses Verhalten spricht vielmehr dafür, dass es prozesstaktisch veranlasst war und es dem Kläger weiterhin an grundsätzlicher Einsichtsfähigkeit in sein Fehlverhalten mangelt, er eigenes schuldhaftes Handeln bis zuletzt leugnet und allein durch Druck zu positivem Handeln zu motivieren ist. Sind danach vom Kläger zu 1. auch weiterhin Straftaten von erheblichem Gewicht zu erwarten, geht das staatliche Interesse des Schutzes der Gemeinschaft in diesem Fall dem klägerischen Interesse und dem der gemeinsamen Kinder am Bestand der Familiengemeinschaft vor.

Im konkreten Einzelfall tragen die besonderen Umstände auch keine Befristung der Ausweisung, da der Kläger zu 1. wegen der bestehenden konkreten Wiederholungsgefahr in so hohem Maße eine Gefährdung der öffentlichen Interessen darstellt, dass der mit ihr verfolgte Zweck des Schutzes der körperlichen Unversehrtheit der Bevölkerung nur durch seine unbefristete Fernhaltung vom Bundesgebiet erreicht werden kann. Wie seine Begutachtung durch das Institut für Gerichtliche Psychologie und Psychiatrie ergeben hat, begründen die Einschränkungen der Lernfähigkeit des Klägers zu 1. Begrenzungen dessen, was er außerhalb eines strengen Reglements zu leisten imstande ist. Der erhebliche Verstoß des Klägers zu 1. gegen die Rechtsordnung nach der Entlassung aus der Haft unter der Auflage der Bewährung, der in der einschlägigen Tat vom 5.2.2006, die innerhalb der Bewährungszeit und keine 23 Monate nach der Haftentlassung verübt wurde, vorliegt, zeigt, dass das Fehlverhalten des Klägers zu 1. in seiner Primärpersönlichkeit verankert ist und alle Einflussmöglichkeiten gescheitert sind. Damit gibt es keine tragfähige Grundlage für die Prognose eines Zeitraumes, nach dem die besonderen Umstände des Falles ein tolerables Maß der Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erwarten lassen. Eine Befristung, die nicht auf tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Veränderung der Persönlichkeit des Klägers zu 1. beruht, stellte wegen der erwiesenen Verankerung des Gewaltpotentials in dessen Primärpersönlichkeit und der mangelnden Selbstbeobachtung, welche keine dauerhafte Änderung des Verhaltens erwarten lassen, keinen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen der Kläger und der gemeinsamen Kinder einerseits und dem Interesse des Staates an der Verhütung von Straftaten andererseits dar. Selbst wenn man einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren in den Blick nähme, müsste berücksichtigt werden, dass ein solcher Zeitraum unzureichend ist, weil der Kläger zu 1. seit seinen ersten Taten der vorsätzlichen Körperverletzung Anfang 1997, auch gegenüber Mitgefangenen während der Zeit seiner Inhaftierung und nunmehr bis heute und damit über neun Jahre hinweg immer wieder und ohne besonderen Anlass gegenüber anderen körperliche Gewalt ausübend aufgetreten ist. Tatsächliche Anhaltspunkte, die eine positive Prognose und die Befristung auf einen darüber hinausgehenden Zeitraum rechtfertigten, sind nicht gegeben.

Die ohne Befristung verfügte Ausweisung des Klägers zu 1. ist damit zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats nicht zu beanstanden. Die diesbezügliche Anfechtungsklage hat somit keinen Erfolg.

Des Weiteren ist die auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gerichtete Verpflichtungsklage des Klägers zu 1. abzuweisen, da ihm im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung kein Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis wegen der familiären Lebensgemeinschaft mit der Klägerin zu 2. und den gemeinsamen Kindern zukommt.

Der Erteilung der diesbezüglich in erster Linie einschlägigen Aufenthaltserlaubnis für ausländische Familienangehörige Deutscher nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 3 AufenthG steht entgegen, dass ein Ausländer, der, wie der Kläger zu 1., ausgewiesen worden ist und dessen Ausweisung, wie vorgehend ausgeführt, Bestand hat, sich nicht im Bundesgebiet aufhalten darf und ihm auch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs kein Aufenthaltstitel nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt wird (§ 11 Abs. 1 S. 1, 2 AufenthG).

Aber auch eine abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG zulässige Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG, wonach einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist, ist ausgeschlossen, da keine, allein hier in Betracht kommenden, rechtlichen Gründe der Ausreise des Klägers zu 1. entgegenstehen.

Eine Ausreise ist im Sinne von § 25 Abs. 5 S. 1 AufenthG aus rechtlichen Gründen unmöglich, wenn ihr rechtliche Hindernisse entgegenstehen, welche die Ausreise ausschließen (wie etwa das Fehlen erforderlicher Einreisepapiere oder sonstige Einreiseverbote in den Herkunftsstaat) oder als unzumutbar erscheinen lassen. Derartige Hindernisse können sich sowohl aus inlandsbezogenen Abschiebungsverboten ergeben, zu denen u. a. auch diejenigen Verbote zählen, die aus Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind, als auch aus zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG. Bei Bestehen solcher Abschiebungsverbote hat nach dem Gesetzeskonzept die zwangsweise Rückführung des betroffenen Ausländers zu unterbleiben. Dann aber ist ihm in aller Regel auch eine freiwillige Rückkehr in sein Heimatland aus denselben rechtlichen Gründen nicht zuzumuten und damit unmöglich im Sinne des § 25 Abs. 5 S. 1 AufenthG. Insbesondere, wenn die Geburt eines Kindes eine "Zäsur" in der Lebensführung des betroffenen Ausländers darstellt, die in Anbetracht aller Umstände erwarten lässt, dass er bei legalisiertem Aufenthalt keine Straftaten mehr begehen wird, ist die Aufenthaltsbeendigung im Einzelfall nicht mit höherrangigem Recht vereinbar und kommt den gegen einen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet sprechenden Gründen kein Vorrang zu. Wie oben ausgeführt, ist aber der Aufenthalt des Klägers zu 1. im Inland zum Wohl der gemeinsamen Kinder und der Klägerin zu 2. aus den Gründen der dargestellten Abwägung der beteiligten Interessen zur Ausweisung und deren Vollzug weder von Art. 6 Abs. 1 GG noch von Art. 8 EMRK gefordert. Wie die Tat am 5.2.2006 zeigt, hat auch die Geburt des ersten Kindes keine Zäsur in der Lebensführung des Klägers zu 1. bewirkt.

Dem Kläger zu 1. kommt somit auch kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu.

Die Anfechtungsklage der Klägerin zu 2. gegen die Ausweisung des Klägers zu 1. durch den Bescheid vom 19.2.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.7.2004 ist ebenfalls zurückzuweisen.

Dabei kann dahinstehen, ob die Anfechtungsklage der Klägerin zu 2., die, ansonsten zulässig, am 13.4.2004 gegen die ihr nicht bekannt gegebene Ausweisung des Klägers zu 1. Widerspruch erhoben hat und, wie erstinstanzlich zutreffend dargelegt, aus eigenem Recht die Ausweisung ihres Ehegatten gerichtlich überprüfen lassen kann, bereits deshalb erfolglos ist, weil die Klägerin zu 2. erst nach Zustellung des Widerspruchsbescheids vom 28.7.2004 die darin festgesetzte Widerspruchsgebühr am 5.8.2004 leistete und nicht bereits zuvor den im Schreiben des Beklagten vom 17.06.2004 bezifferten Betrag für die Bearbeitung des Widerspruchs gezahlt hat. Selbst wenn die streitige und mit der bundesrechtlichen Regelung des § 81 Abs. 6 AuslG i. V. m. § 8 Gebührenverordnung zum Ausländergesetz (seit 1.1.2005 § 69 Abs. 6 AufenthG i. V. m. § 51 Aufenthaltsverordnung) begründete Zurückweisung des Widerspruchs mit der möglicherweise abschließenden Regelung der Voraussetzungen für die dem Widerspruchsverfahren nachfolgende Klage in der Verwaltungsgerichtsordnung nicht vereinbar wäre, wäre allein deshalb nicht der Widerspruchsbescheid aufzuheben. Da mit der Regelausweisung des Klägers zu 1. nicht eine im Ermessen der Behörde stehende Entscheidung betroffen ist, scheidet eine isolierte Aufhebung der Widerspruchsentscheidung aus. Die Anfechtung der Ausweisung des Klägers zu 1. durch die Klägerin zu 2. erweist sich in der Sache aber aus den obigen Ausführungen zur diesbezüglichen Anfechtungsklage des Klägers zu 1. als unbegründet.

Die Berufungen der Kläger sind danach zurückzuweisen.

Die Kosten des Verfahrens tragen nach §§ 154 Abs. 2, 159 VwGO, 100 ZPO, entsprechend ihrer Beteiligung am Streitwert, der Kläger zu 1. zu zwei Drittel und die Klägerin zu 2. zu einem Drittel.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Beschluss

Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52, 47 Abs. 1 GKG festgesetzt für die Zeit bis zu dem Verbindungsbeschluss vom 17.2.2006 für das Verfahren der Ausweisung und der Aufenthaltserlaubnis 2 R 1/06 auf 10.000,-- EUR und für das lediglich die Ausweisung betreffende Verfahren 2 R 2/06 auf 5.000,-- EUR und für die Zeit danach für das verbundene Verfahren auf 15.000,-- EUR.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Ende der Entscheidung

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