Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Saarland
Beschluss verkündet am 29.07.2008
Aktenzeichen: 3 E 270/08
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO, GVG, RVG


Vorschriften:

VwGO § 173
ZPO § 322 Abs. 2
GVG § 17 Abs. 2 S. 1
RVG § 11 Abs. 5
a) Auch eine anwaltliche Vergütungsforderung, die aus Anlass einer anwaltlichen Tätigkeit in einem Verwaltungsrechtsstreit entstanden ist, ist, wenn Einwendungen oder Einreden erhoben werden, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben, und deshalb gemäß § 11 Abs. 5 RVG eine Vergütungsfestsetzung im Verfahren nach § 11 RVG ausscheidet, auf dem Zivilrechtsweg gerichtlich geltend zu machen.

b) Zu den "rechtlichen Gesichtspunkten" im Sinne von § 17 Abs. 2 S. 1 GVG gehört nicht die Frage des Bestehens einer zur Aufrechnung gestellten rechtswegfremden Gegenforderung (im Anschluss an BFH, Beschluss vom 9.4.2002 - VII B 73/01 -).

c) Eine Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Gegenforderung ist nur zulässig und materiell-rechtlich wirksam, wenn die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung entweder unstreitig oder von einer zuständigen Verwaltungsbehörde bestandskräftig oder von einem Gericht rechtskräftig festgestellt ist.


Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 17. Juni 2008 - 1 K 312/08 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe:

I.

Der Kläger vertrat den Beklagten in einer Reihe von Verwaltungsstreitverfahren, insbesondere in Eilrechtschutzverfahren, in denen Letzterer gegenüber verschiedenen Universitäten einen Anspruch auf (vorläufige) Zulassung zum Medizinstudium gerichtlich geltend machte. Unter anderem reichte der Kläger am 8.8.2007 beim Verwaltungsgericht des Saarlandes für den Beklagten einen einstweiligen Anordnungsantrag mit dem Begehren ein, die Universität des Saarlandes zu verpflichten, diesen vorläufig zum Studium der Humanmedizin im Wintersemester 2007/2008 im ersten Fachsemester zuzulassen, den er mit Schriftsatz vom 26.11.2007 zurücknahm (1 L 993/07.NC).

Vor Tätigwerden des Klägers war zwischen ihm und dem Beklagten unter dem 17.5./22.5.2007 eine Vergütungsvereinbarung geschlossen worden, nach der der Beklagte als Auftraggeber für die weiteren anwaltlichen Tätigkeiten in den Hochschulzulassungsverfahren im Wintersemester 2007/2008 - Studiengang Humanmedizin - an den Kläger anstelle der gesetzlichen Gebühren des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein Pauschalhonorar bei - vom Beklagten durch entsprechende Unterschriftsleistung in einer hierfür vorgesehenen Zeile ausgewählt - bis zu zwanzig zu verklagenden Hochschulen in Höhe von 4.800,-- Euro (einschließlich 19 Prozent Umsatzsteuer: 5.712,-- Euro) zu zahlen hatte. Weiter heißt es unter anderem in der Vereinbarung:

"Ist der Mandant rechtschutzversichert, so gilt das Pauschalhonorar nicht. Es entstehen vielmehr die gesetzlichen Gebühren nach dem RVG."

Unter dem 10.10.2007 sandte der Kläger dem Beklagten eine Kostenrechnung über 5.712,00 Euro. Auf diesen Betrag rechnete er dann ausweislich weiterer Schreiben an den Beklagten vom 11.10 und 12.10.2007 Leistungen von dessen Rechtschutzversicherung in Höhe von 1.468,35 Euro und von 978,90 Euro an.

Mit Schreiben vom 24.10.2007 wandte sich der Beklagte über seine derzeitigen Prozessbevollmächtigten an den Kläger und machte im wesentlichen geltend, soweit in der Vergütungsvereinbarung die Klausel enthalten sei, dass für den Fall einer Rechtschutzversicherung nicht mehr das Pauschalhonorar Geltung haben solle, sondern das RVG, sei nicht nur nicht erwähnt worden, dass dadurch insgesamt höhere Kosten entstehen könnten, sondern auch, dass diese höheren Kosten nicht oder nicht vollständig von der Rechtschutzversicherung übernommen würden. Aus seiner Sicht als juristischer Laie sei die Klausel jedoch dahin zu verstehen, dass er, soweit er rechtschutzversichert sei, keine Kosten zu tragen habe, da die gesetzlichen Gebühren nach dem RVG von der Rechtschutzversicherung übernommen würden. Nur vor diesem Hintergrund habe er den Auftrag erteilt, das Verfahren bei zwanzig Hochschulen zu betreiben. Dass nun aber gemeint sein solle, dass ihn gerade bei einer Rechtschutzversicherung auch noch eine eigene Zahlungsverpflichtung treffen solle, sei derart überraschend und täuschend, dass hieraus kein Anspruch hergeleitet werden könne. Vorsorglich werde daher auch die Anfechtung der Beauftragung gemäß § 119 BGB, insbesondere auch wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB erklärt. Er habe in den Gesprächen mit dem Kläger immer wieder geltend gemacht, dass er rechtschutzversichert und nicht in der Lage sei, irgendwelche Kosten selbst zu tragen. Die Beauftragung sei unter der Bedingung erfolgt, dass die Rechtschutzversicherung die Kosten übernehme.

Unter dem 4.12.2007 beantragte der Kläger beim Verwaltungsgericht gemäß § 11 RVG, Anwaltskosten in Höhe von insgesamt 489,45 Euro gegen den Beklagten festzusetzen. Im Rahmen seiner Anhörung zu diesem Antrag machte der Beklagte geltend, die Kostenforderung sei nicht gerechtfertigt. Der Kläger mache Kosten gegen seinen Mandanten geltend. Zuvor habe er jedoch mit ihm die - beigefügte - Honorarvereinbarung getroffen. Außerdem verwies er auf das ebenfalls beigefügte Schreiben vom 24.10.2007.

Mit Beschluss vom 18.1.2008 lehnte die Kostenbeamtin des Verwaltungsgerichts den Vergütungsfestsetzungsantrag gestützt auf § 11 Abs. 5 RVG ab und führte aus, der Beklagte habe nicht gebührenrechtliche Einwendungen (Honorarvereinbarung zwischen Rechtsanwalt und ehemaligem Auftraggeber) geltend gemacht.

Die hiergegen erhobene Erinnerung des Klägers hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 25.1.2008 zurückgewiesen. Unter dem 6.3.2008 übersandte der Kläger dem Beklagten eine Kostenrechnung für eine Tätigkeit in Hochschulzulassungsverfahren über - nach Abzug der von der Rechtschutzversicherung des Beklagten erbrachten Leistungen - insgesamt 7096,15 Euro und erklärte vorab die Aufrechnung gegen etwaige Erstattungsforderungen aus dem Verfahren nach § 11 RVG.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14.3.2008 setzte die Kostenbeamtin des Verwaltungsgerichts die dem Beklagten vom Kläger zu erstattenden, aus Anlass des Vergütungsfestsetzungsverfahrens entstandenen Kosten auf 32,13 Euro fest. Dieser Kostenfestsetzungsbeschluss ist vom Kläger nicht angefochten worden.

Mit Schreiben vom 31.3.2008 erklärte der Kläger gegenüber dem Erstattungsanspruch des Beklagten in Höhe von 32,13 Euro die Aufrechnung mit dem in der Kostennote vom 6.3.2008 errechneten Vergütungsansprüchen in Höhe von 7.096,15 Euro.

Ebenfalls am 31.3.2008 hat der Kläger gegen den Beklagten beim Verwaltungsgericht Klage erhoben mit den Anträgen,

"1. die Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren Beschluss des Verwaltungsgericht des Saarlandes vom 14.3.2008, Az.: 1 L 993/07.NC, wird für unzulässig erklärt.

2. der Beklagte wird verurteilt, die ihm erteilte vollstreckbare Ausfertigung des genannten Beschlusses an den Kläger herauszugeben."

Außerdem hat der Kläger beantragt anzuordnen, dass die Vollstreckung aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 14.3.2008 bis zur Rechtskraft des Urteils einstweilen eingestellt wird, und die Vollstreckung aus dem vorgenannten Beschluss bis zum Erlass des Urteils einstweilen einzustellen.

Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, er habe mit seinen noch offen stehenden erheblichen Vergütungsansprüchen gegen die in dem genannten Kostenfestsetzungsbeschluss titulierte Forderung aufgerechnet. Dieser Anspruch sei daher befriedigt. Im Übrigen sei der Beklagte aus dem Einwand unzulässiger Rechtsausübung nicht berechtigt, aus dem Titel gegen ihn zu vollstrecken. Denn der Beklagte wisse, dass ihm ein Vergütungsanspruch auch für seine Tätigkeit beim Verwaltungsgericht des Saarlandes zustehe. Der Beklagte habe auf die Aufforderung, von Vollstreckungsmaßnahmen Abstand zu nehmen, nicht reagiert.

Das Verwaltungsgericht hat es durch Beschluss vom 24.4.2008 abgelehnt, die Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14.3.2008 einstweilen einzustellen. Außerdem hat es durch weiteren Beschluss vom 17.6.2008 das Klageverfahren "gemäß § 94 VwGO nach Anhörung der Beteiligten bis zur abschließenden Entscheidung über den Bestand des zur Aufrechnung gestellten Honoraranspruchs in einem Verfahren der ordentlichen Gerichtsbarkeit ausgesetzt."

Zur Begründung ist im Wesentlichen unter auszugsweiser Wiedergabe des Beschlusses vom 24.4.2008 ausgeführt, die Kammer sei bei der Beurteilung der Vollstreckungsgegenklage nicht dazu berufen, verbindlich (§§ 173 VwGO, 323 Abs. 2 ZPO) über den zur Aufrechnung gestellten streitigen Honoraranspruch zu entscheiden, für den der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet sei. Seien verschiedene Rechtswege für die titulierte Forderung und die Forderung, mit der aufgerechnet werde, gegeben, so sei das Verfahren auszusetzen, bis das zuständige Gericht über den Bestand der rechtswegfremden Forderungen entschieden habe. Zwar entscheide gemäß § 17 Abs. 2 GVG das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten. Jedoch sei die Aufrechnung kein rechtlicher Gesichtspunkt in diesem Sinne, sondern ein selbständiges Gegenrecht, das dem durch die Klage bestimmten Streitgegenstand einen weiteren selbstständigen Gegenstand hinzufüge.

Gegen den ihm am 20.6.2008 zugestellten Beschluss vom 17.6.2008 hat der Kläger am 3.7.2008 Beschwerde erhoben. Er trägt vor, eine rechtswegfremde Forderung werde gerade nicht zur Aufrechnung gestellt; es gehe um die Aufrechnung mit einer Gebührenforderung für eine verwaltungsrechtliche Streitigkeit, die vor dem erkennenden Gerichts rechtshängig gewesen sei. Das Verwaltungsgericht müsse hierbei keine außerhalb seines Erkenntnisbereichs liegenden zivilrechtlichen Vorfragen klären. Auf diese Fallgestaltung sei die vom Verwaltungsgericht zitierte Rechtsprechung zur Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Gegenforderung angesichts des klaren Wortlauts des § 17 GVG nicht übertragbar, wenn man sie denn überhaupt billige. Eine andere Beurteilung würde im Übrigen seinen Rechtschutz verkürzen und eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 bedeuten. Der Beklagte vollstrecke seine Gebührenforderung durch das erkennende Gericht. Gegen diese Vollstreckung stehe ihm selbst nur der Rechtsweg vor dem Verwaltungsgericht offen. Wenn dieses ihm jedoch entgegenhalte, dass er mit einer rechtswegfremden Forderung aufrechnen wolle, und dies nicht prüfen möchte, laufe seine Vollstreckungsabwehrklage vor dem Verwaltungsgericht ins Leere. Vor dem Zivilgericht könnte er hingegen keine Vollstreckungsabwehrklage erheben. Als Folge könne er seine Verteidigung in Form der Aufrechnung bei keinem Gericht anbringen und müsse die Vollstreckung in sein Vermögen hinnehmen, obwohl ihm weitaus höhere eigene Vergütungsansprüche zustünden. Diese Rechtsfolge sei, wie § 17 GVG zeige, vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt und hätte zur Folge, dass vor dem Verwaltungsgericht Vollstreckungsgegenklagen, mit denen eine Verteidigung mit einer Aufrechnung erfolgte, praktisch leer liefen. Die Aufrechnung sei jedoch gerade das klassische Verteidigungsmittel im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage. Das Verwaltungsgericht habe zudem verkannt, dass es gerade nicht darüber entscheiden solle, ob seine Forderungen aus der Vergütungsvereinbarung in voller Höhe und hinsichtlich sämtlicher Verfahren bestehen. Es habe nur zu entscheiden, ob die Forderung in der Höhe bestehe, die zum Erfolg der Vollstreckungsgegenklage erforderlich sei. Hierzu müsse das Verwaltungsgericht nicht auf fremde Verfahren oder auf fremde Tatbestände aus dem Zivilrecht zurückgreifen, sondern einzig und allein auf das bei ihm anhängig gewesene Eilrechtschutzverfahren. Es müsse entscheiden, ob er hinsichtlich dieses Verfahrens beauftragt gewesen sei, den Beklagten zu vertreten. Dazu genüge ein Rückgriff auf die Gerichtsakten jenes Verfahrens. Der Aussetzungsbeschluss des Verwaltungsgerichts sei daher aufzuheben.

Der Beklagte hat die Zurückweisung der Beschwerde beantragt und zur Sache nicht im Einzelnen Stellung genommen.

II.

Der zulässigen Beschwerde, mit der der Kläger die Aufhebung des Aussetzungsbeschlusses des Verwaltungsgerichts vom 17.6.2008 erstrebt, kann nicht entsprochen werden.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, das Verfahren betreffend die von dem Kläger am 31.3.2008 erhobene Vollstreckungsgegenklage in Anwendung von § 94 VwGO bis zu einer Entscheidung über den Bestand des von diesem zur Aufrechnung gestellten Vergütungsanspruchs in einem Verfahren der ordentlichen Gerichtsbarkeit auszusetzen, ist aus den Gründen des erstinstanzlichen Beschlusses, auf die der Senat in Anwendung von § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug nimmt, rechtlich nicht zu beanstanden. Das Beschwerdevorbringen des Klägers erlaubt keine andere Beurteilung. Sein Einwand, die von ihm zur Aufrechnung gestellte Gebührenforderung könne nicht als rechtswegfremde Gegenforderung im Verständnis der vom Verwaltungsgericht angeführten Rechtsprechung eingestuft werden, da sie durch seine Tätigkeit in dem beim Verwaltungsgericht anhängig gewesenen Eilrechtschutzverfahren 1 L 993/07.NC entstanden sei und daher im Zusammenhang mit der zur Vollstreckung anstehenden Forderung stehe, lässt unberücksichtigt, dass auch ein Anwaltsvertrag, der die Führung eines Verwaltungsrechtsstreits zum Gegenstand hat, privatrechtlicher Natur ist vgl. zur Rechtsnatur von Anwaltsverträgen Hartmann, Kostengesetze, 37. Auflage 2007, Grundzüge RVG Rdnr. 12, und der aus einem solchen Vertrag resultierende Vergütungsanspruch, sofern - wie hier - Einwendungen oder Einreden erhoben werden, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben, und deshalb gemäß § 11 Abs. 5 RVG eine Vergütungsfestsetzung im Verfahren nach § 11 RVG ausscheidet, auch im Zivilrechtsweg gerichtlich geltend zu machen ist.

Der Hinweis des Klägers auf die geringe Höhe der zur Vollstreckung anstehenden Forderung (32,13 Euro) und sein Argument, da die ihm aufgrund seiner Tätigkeit für den Beklagten im Verfahren 1 L 993/07.NC zustehende Vergütung diese Forderung bei weitem überschreite, müsse das Verwaltungsgericht sich nicht mit zivilrechtlichen Fragestellungen auseinandersetzen, sondern brauche nur das Bestehen eines Auftrages des Beklagten für die Durchführung des genannten Eilrechtschutzverfahrens festzustellen, rechtfertigt ebenfalls keine Entscheidung zu seinen Gunsten. Denn die Frage, ob und - wenn ja - in welchem Umfang eine wirksame Beauftragung des Klägers durch den Beklagten erfolgt ist, ist zwischen den Beteiligten gerade umstritten, da Letzterer mit Schreiben vom 24.10.2007 nicht nur geltend gemacht hat, die Beauftragung sei unter der Bedingung erfolgt, dass die Rechtschutzversicherung die Kosten übernehme, sondern zudem - vorsorglich - die Anfechtung der Beauftragung gemäß § 119 BGB, "insbesondere auch wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB erklärt" hat. Von der Klärung der Frage, ob und - gegebenenfalls - in welchem Umfang überhaupt eine wirksame Beauftragung erfolgt ist, hängt ferner die Beantwortung der weiteren Frage ab, in welchem Umfang aus einer etwaigen wirksamen Beauftragung resultierende Vergütungsansprüche des Klägers durch die von der Rechtschutzversicherung des Beklagten erbrachten Leistungen in Höhe von immerhin (1.468,35 Euro + 978,90 Euro =) 2.447,25 Euro erfüllt sind. Es kann demnach keine Rede davon sein, dass das Bestehen eines die zur Vollstreckung anstehende Forderung überschreitenden Vergütungsanspruchs des Klägers gegen den Beklagten aufgrund seiner Tätigkeit in dem Eilrechtsschutzverfahren 1 L 993/07.NC für das Verwaltungsgericht ohne weiteres feststellbar wäre.

Handelt es sich danach bei dem von dem Kläger zur Aufrechnung gestellten Vergütungsanspruch um eine im Zivilrechtsweg zu verfolgende und damit bezogen auf den Verwaltungsprozess "rechtswegfremde" Gegenforderung, die zudem weder unbestritten noch bestandskräftig oder rechtskräftig festgestellt ist vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12.2.1987 - 3 C 22/86 - E 77, 19, so ist dem Verwaltungsgericht im Weiteren darin beizupflichten, dass die Berücksichtigung der vom Kläger erklärten Aufrechnung derzeit nicht zulässig ist. Allerdings bestimmt § 17 Abs. 2 GVG in der Fassung des am 1.1.1991 in Kraft getretenen 4. VwGO-Änderungsgesetzes vom 17.12.1990 (BGBl. I, S. 2809), dass das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten entscheidet, wobei freilich Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG und Art. 34 Satz 3 GG unberührt bleiben.

Die Frage, ob zu den "rechtlichen Gesichtspunkten" im Sinne dieser Bestimmung auch die Frage des Bestehens einer zur Aufrechnung gestellten rechtswegfremden Gegenforderung gehört, ist jedoch in Literatur und Rechtsprechung nach wie vor umstritten vgl. außer der vom Verwaltungsgericht angeführten Rechtsprechung und Literatur zum Beispiel Gaa. Die Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Gegenforderung, NJW 1997, 3343; Bader u.a., VwGO, 4. Auflage 2007, § 41 VwGO Rdnr. 12, die sich nicht zuletzt unter den Gesichtspunkten von Prozessökonomie und Rechtschutzeffektivität für eine Ausdehnung des Prüfungsumfanges des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG auf zur Aufrechnung gestellte rechtswegfremde Gegenforderungen aussprechen; anderer Ansicht wohl BVerwG, Beschluss vom 7.10.1998 - 3 B 68/97 - NJW 1999, 160, 161, allerdings ohne nähere Auseinandersetzung mit § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG; ferner BAG, Beschluss vom 23.8.2001 - 5 AZB 3/01 - NJW 2002, 317; BFH Beschluss vom 9.4.2002 - VII B 73/01 - zitiert nach Juris, Rdnr. 16, Urteil vom 31.5.2005 - VII R 56/04 - zitiert nach Juris Rdnr. 13; Ehlers in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand 2007, § 17 GVG Rdnr. 28.

Sie ist nach Ansicht des Senats mit dem Verwaltungsgericht zu verneinen. Denn zum einen handelt es sich bei einer zur Aufrechnung gestellten rechtswegfremden Forderung nicht um einen rechtlichen Gesichtspunkt vergleichbar einer rechtswegfremden Anspruchsgrundlage, auf die die mit der Klage verfolgte Forderung - unter anderem - gestützt ist, sondern um ein selbstständiges Gegenrecht, das dem durch die Klage bestimmten Streitgegenstand einen selbstständigen Gegenstand hinzufügt. Die Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Gegenforderung ist insoweit am ehesten vergleichbar mit einer Widerklage, für die § 17 Abs. 2 GVG ebenfalls keine Entscheidungsbefugnis eröffnet. Zudem vermag auch der Hinweis der Gegenmeinung auf den Gesichtspunkt der Prozessökonomie nicht zu überzeugen, denn die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung wird nicht rechtshängig, sondern darf parallel im zulässigen Rechtsweg gerichtlich geltend gemacht werden. Zudem erstreckt sich die Rechtskraftwirkung des über § 173 VwGO entsprechend anwendbaren § 322 Abs. 2 ZPO der Höhe nach nur auf den zur Aufrechnung verwendeten Teilbetrag, so dass hinsichtlich der Forderung im Übrigen ein zweiter Rechtsweg beschritten werden müsste, wobei hinsichtlich des durch die Aufrechnung nicht "verbrauchten" Teiles der Forderung auch keine Bindung an die rechtskräftige Beurteilung des über die Aufrechnung entscheidenden Gerichts bestünde.

Vgl. BFH, Beschluss vom 9.4.2002 - VII B 73/01 - a.a.O.; Ehlers, a.a.O.

Zwar mag Entsprechendes auch bei einem Teilverbrauch einer rechtsweggleichen Forderung durch Aufrechnung gelten. Das ändert jedoch nichts daran, dass sich der Gesichtspunkt der Prozessökonomie allenfalls in Grenzen dafür anführen lässt, eine Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Gegenforderung zuzulassen, eben weil sich das gegebenenfalls dahinter stehende Anliegen, einen zweiten Prozess auf einem anderen Rechtsweg zu vermeiden, in den Fällen der bloß teilweisen Verwendung der Gegenforderung zur Aufrechnung nicht erreichen lässt.

Abgesehen hiervon folgt der Senat den Erwägungen des Bundesfinanzhofs im Beschluss vom 9.3.2002, a.a.O., wonach einer Erstreckung der Entscheidungsbefugnis auf rechtswegfremde Forderungen der vom Gesetzgeber mit dem Rechtswegesystem verfolgte Zweck entgegensteht, dass über unterschiedliche Arten von Ansprüchen dafür fachlich besonders qualifizierte Gerichte in einem dafür vorgeschriebenen spezifischen Verfahren entscheiden sollen. Eine Rechtfertigung für die Durchbrechung dieses Prinzips ergibt sich aus dringenden prozessökonomischen Gründen in den Fällen, in denen für denselben prozessualen Anspruch mehrere eigentlich verschiedenen Rechtswegen zugeordnete Anspruchsgrundlagen angeführt werden. Eine vergleichbare Situation liegt im Falle der Prozessaufrechnung nicht vor. Hier wird der verfahrensrechtliche Zusammenhang erst durch die Prozesshandlung eines Beteiligten hergestellt. Die vom Gesetzgeber angestrebte Beschleunigung des Verfahrens kann es in diesem Falle nicht rechtfertigen, auf die Fachkompetenz der jeweiligen Fachgerichtsbarkeit zu verzichten und die Entscheidung (§ 322 Abs. 2 ZPO) über die zur Aufrechnung gestellte Forderung dem vorgeschriebenen Rechtsweg zu entziehen.

Findet danach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG keine Anwendung auf die Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Gegenforderung, so verbleibt es dabei, dass eine solche Aufrechnung, wenn Forderung und Gegenforderung auf verschiedenen Rechtswegen gerichtlich geltend zu machen sind, nur zulässig und materiell-rechtlich wirksam ist, wenn die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung entweder unstreitig oder von einer zuständigen Verwaltungsbehörde bestandskräftig oder von einem zuständigen Gericht rechtskräftig festgestellt ist.

Dieses Ergebnis stellt sich entgegen der Ansicht des Klägers nicht als mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu vereinbarende Verkürzung des mit der Vollstreckungsgegenklage erstrebten Rechtschutzes dar. Denn durch die Aussetzung des diese Klage betreffenden Verfahrens in dem angefochtenen Beschluss ermöglicht ihm das Verwaltungsgericht, Bestehen und Höhe des zur Aufrechnung gestellten Vergütungsanspruches vor einer Entscheidung über die Vollstreckungsgegenklage zu klären. Dass es das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 24.4.2008 abgelehnt hat, dem Kläger vorläufigen Rechtschutz gegen eine etwaige Zwangsvollstreckung bis zur Entscheidung über seine Vollstreckungsgegenklage zu gewähren, beruht auf dem Ergebnis der von ihm im Rahmen dieser letztgenannten Entscheidung vorgenommenen Interessenabwägung, gibt indes keinen Anlass die Frage zu bejahen, ob der Rechtschutz durch die Vollstreckungsgegenklage selbst infolge einer Ablehnung der Aufrechnung mit einer weder unbestrittenen noch bestandskräftigen oder rechtskräftig festgestellten Gegenforderung verfassungswidrig verkürzt wird. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer namentlich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eher typischen Konstellation des Gegenüberstehens einer auf dem Verwaltungsrechtsweg zu verfolgenden Forderung und - wegen Art. 14 Abs. 3 Satz 4, 34 Satz 3 GG - auf dem ordentlichen Rechtsweg geltend zu machender Enteignungsentschädigungs- oder Amtshaftungsansprüche unabhängig von der Auslegung von § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG eine Aufrechnung im Verwaltungsprozess schon wegen § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG ausscheidet, die hieraus resultierende Erschwernis der Rechtsverteidigung mithin vom Gesetzgeber hingenommen wird.

Es muss danach bei der erstinstanzlichen Entscheidung verbleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

Zurück