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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Saarland
Beschluss verkündet am 05.01.2007
Aktenzeichen: 3 Y 14/06
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO, KWG


Vorschriften:

VwGO § 166
ZPO § 114 Satz
KWG § 47 Abs. 4
KWG § 48
KWG § 72 Abs. 1
Die Frage, ob ein amtierender Bürgermeister einer Gemeinde, der sich in einem Zeitungsinterview negativ über die Eignung eines Kandidaten für die Bürgermeisterwahl geäußert hat, die im als Gemeindeorgan im Wahlkampf obliegende Neutralitätspflicht verletzt hat, kann offen bleiben, wenn in Anbetracht des eindeutigen Wahlergebnisses von der konkreten und nicht ganz fernliegenden Möglichkeit, dass es ohne die von dem Kandidaten als herabsetzend empfundende Äußerung zu einem erheblich anderen Wahlausgang gekommen wäre, keine Rede sein kann.
Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 24. Oktober 2006 - 11 K 49/06 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Beschluss vom 24.10.2006, mit dem es das Verwaltungsgericht abgelehnt hat, dem Kläger Prozesskostenhilfe für seine von ihm am 3. Juli 2006 erhobene Klage betreffend die Anfechtung der am 7.5.2006 durchgeführten Wahl zum Bürgermeister der Gemeinde A-Stadt zu bewilligen, bleibt erfolglos.

Das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Beschluss zu Recht unter Bezugnahme auf die von ihm und auch vom Senat für zutreffend erachtete Begründung des Bescheides des Beklagten vom 14.6.2006 entschieden, dass diese Klage nicht die gemäß den §§ 166 VwGO, 114 Satz ZPO für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Das Beschwerdevorbringen des Klägers gibt keine Veranlassung zu einer anderen Beurteilung. Soweit der Kläger mit seiner Beschwerdeschrift geltend macht, sein Begehren richte sich gegen die Gemeinde A-Stadt sowie gegen den - obsiegenden - Kandidaten W. S. und nicht gegen den Beklagten als Kommunalaufsichtsbehörde ist darauf hinzuweisen, dass gemäß den §§ 72 Abs. 1, 47 Abs. 4, 48 KWG Wahlanfechtungen bei der Kommunalaufsichtsbehörde schriftlich einzureichen sind, die diese zu prüfen und im Falle ihrer Berechtigung, das heißt wenn ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften festgestellt wird und die Möglichkeit besteht, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis beeinflusst worden ist (§ 47 Abs. 2 KWG), die Wahl für ungültig zu erklären hat. Lehnt es die Kommunalaufsichtsbehörde wie hier ab, dem bei ihr gestellten Antrag auf Ungültigerklärung der Wahl zu entsprechen, so hat der Anfechtende die Möglichkeit, sein Begehren auf dem Verwaltungsrechtsweg mittels einer Klage auf Verpflichtung der Kommunalaufsichtsbehörde zur Ungültigerklärung der Wahl weiter zu verfolgen. Für eine Klage unmittelbar gegen die Gemeinde oder gar gegen den obsiegenden Kandidaten ist daneben kein Raum.

Zu der Rüge des Klägers, er sei durch den seinerzeit noch amtierenden Bürgermeister im Rahmen eines Interviews in der Bildzeitung diffamiert worden, der auf die Frage nach der Eignung des Klägers für das Bürgermeisteramt gesagt haben soll,

"Dass er jedem, der ihn wählt, einen 500,-- Euro-Gutschein verspricht, sagt schon alles. Für das Amt des Bürgermeisters sind gewisse Verhaltensweisen erforderlich,"

ist zu bemerken: Die - sofern das in dem betreffenden Zeitungsartikel wiedergegebene Zitat zutrifft - negative Äußerung des damaligen Bürgermeisters zur Eignung des Klägers für dieses Amt mag zwar in der Tat Anlass geben, die Frage aufzuwerfen, ob der Bürgermeister die ihm als Gemeindeorgan auch im Kommunalwahlkampf auferlegte Neutralitätspflicht beachtet hat vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, Urteil vom 18.4.1997 - 8 C 5/96 - E 104, 323.

Das bedürfte jedoch in dem hier in Rede stehenden Klageverfahren keiner abschließenden Klärung. Denn in Anbetracht des eindeutigen Wahlergebnisses - 13982 Wahlberechtigte, 8829 gültige Stimmen, davon 5954 gleich 67,437 % für den Kandidaten der SPD W. S. , 2772 Stimmen = 31,397 % für die Kandidatin der CDU A. H. und 103 Stimmen = 1,167 % für den Kläger - kann von der im Sinne der zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts konkreten und nicht ganz fern liegenden Möglichkeit, dass es ohne die von dem Kläger als herabsetzend empfundene Äußerung des damaligen Bürgermeisters zu seiner Eignung zu einem erheblich anderen Wahlausgang gekommen wäre, keine Rede sein. Die Annahme, ohne diese Äußerung hätte der Kläger selbst mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen - etwa bei unveränderter Zahl der gültigen Stimmen 4415 Stimmen statt 103 Stimmen - erzielt, entbehrt ebenso jeglicher realistischen Grundlage wie die Annahme, ohne diese Äußerung wären derart viele Stimmen auf den Kläger entfallen, dass dem letztlich obsiegenden Kandidaten weniger als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen verblieben und deshalb eine Stichwahl erforderlich geworden wäre (§ 72 KWG). Derartige Annahmen bewegten sich außerhalb jeglichen Verhältnisses zur objektiven Bedeutung der in Rede stehenden Äußerung des früheren Bürgermeisters. Die lediglich theoretische Möglichkeit eines erheblich anderen Ausganges der Wahl reicht in diesem Zusammenhang nicht aus. Selbst wenn der ehemalige Bürgermeister von A-Stadt mit der zitierten Äußerung seine Neutralitätspflicht verletzt haben sollte, wäre dieser Verstoß vorliegend nicht im Verständnis der §§ 72 Abs. 1, 47 Abs. 2 KWG entscheidungserheblich und führte deshalb nicht zum Erfolg der Wahlanfechtung.

Das übrige Beschwerdevorbringen, mit dem der Kläger seine im Wahlanfechtungsverfahren bei dem Beklagten und im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachten Einwände wiederholt, gibt keine Veranlassung zu weitergehenden Ausführungen.

Es muss daher auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in der Beschwerdeschrift und im Schriftsatz vom 8.12.2006 bei der erstinstanzlichen Entscheidung verbleiben.

Kosten werden im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht erstattet (§ 166 VwGO, 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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