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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 30.01.2003
Aktenzeichen: 1 L 362/01
Rechtsgebiete: LSA-KAG, AO, GG


Vorschriften:

LSA-KAG § 5 Abs. III S. 5
LSA-KAG § 2 Abs. I S. 2
LSA-KAG § 5 Abs. III S. 1
AO § 220 Abs. II S. 1
GG Art. 3 Abs. I
Sieht der Satzungsgeber entgegen § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA davon ab, eine besondere Regelung über den Zeitpunkt der Fälligkeit der Schuld zu treffen, so bestimmt sich dieser Zeitpunkt nach der Regelung § 220 Abs. 1 AO. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Satzungsgeber einen Maßstab wählt, der anstelle einer abstrakten, für alle Anschlussnehmer einheitlich anzuwendenden Einheit, eine typologische Zuordnung von unterschiedlichen Nutzungsarten zu einer entsprechenden Anzahl von Grundeinheiten vorsieht.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 1 L 362/01

Datum: 30.01.2003

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zur Zahlung von Gebühren für die Inanspruchnahme der zentralen öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage des Beklagten. Er ist Eigentümer des in der in der ...., in der Gemeinde S... belegenen Grundstücks. Das Grundstück ist mit einem aus fünf abgeschlossenen Wohneinheiten bestehenden Mehrfamilienhaus bebaut. Unter dem 26. November 1998 erteilte der Beklagte dem Kläger die Erlaubnis zur Benutzung der zentralen öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage.

Mit Bescheid vom 18. Januar 1999 setzte der Beklagte die Gebühren für das Veranlagungsjahr 1998 unter Berücksichtigung einer Mengengebühr i. H. v. insgesamt 45,07 DM und einer auf den Zeitraum vom 26. November 1998 bis zum 31. Dezember 1998 entfallenden Grundgebühr i. H. v. 301,79 DM auf insgesamt 346,86 DM fest und erhob zugleich für das Veranlagungsjahr 1999 Vorausleistungen. Mit dem dagegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, die Abgabensatzung sei mangels wirksamen Maßstabes für die Bemessung der Grundgebührenhöhe nichtig. Es sei fraglich, ob es für die Bemessung von Vorhalteleistungen überhaupt einen geeigneten Maßstab gebe. Ungeachtet dessen biete die Bemessung nach Wohneinheiten keinen hinreichenden genauen Anknüpfungspunkt für das Maß der Inanspruchnahme der Höchstlastkapazität, die der Beklagte für die Anschlussnehmer vorhalte. Ein-Personen-Haushalte in Mehrfamilienhäusern würden gegenüber Mehr-Personen-Haushalten und insbesondere dem besonderen Maßstab für Wohn- oder Pflegeheime überproportional belastet. Zudem habe er Zweifel, ob der Gebührensatz ordnungsgemäß kalkuliert worden sei. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 1999 zurück.

Mit der gegen die Erhebung der Grundgebühren am 28. Juli 1999 erhobenen Klage hat der Kläger sein Vorbringen vertieft und ferner geltend gemacht, der Beklagte erhebe im Vergleich zu anderen Abwasserzweckverbänden im Land Sachsen-Anhalt mit Abstand die höchsten Grundgebühren. Zudem sei der Maßstab zu unbestimmt. Schließlich seien die Gebührensätze unwirksam, weil die Kalkulation bei der Beschlussfassung über die Abgabensatzung noch nicht vorgelegen habe.

Er hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 18. Januar 1999 hinsichtlich der Gebühr für die zentrale Abwasserentsorgung und den Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 1999 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat die Klage mit dem auf die mündliche Verhandlung vom 06. Juni 2001 ergangenen Urteil abgewiesen. Der Gebührenbescheid sei hinsichtlich der festgesetzten Grundgebühr rechtmäßig. Der nach Grund- und Wohneinheiten unterscheidende Maßstab biete einen hinreichenden Anknüpfungspunkt für das Maß der Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen. Auch die Gleichsetzung von Gewerbebetrieben, Schulen, Sportstätten, Wohn- und Pflegeheimen mit Wohneinheiten sei sachlich gerechtfertigt. Eine weitere Differenzierung sei nicht geboten. Der Maßstab sei auch hinreichend bestimmt.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung macht der Kläger geltend, die Abgabensatzung sei nichtig, weil sie nicht über wirksame Regelungen darüber verfüge, wann die Gebührenschuld entstehe und wann die Gebühr fällig werde. Ferner fehle es an einem Maßstab für die Bemessung der Grundgebühr, weil sich der Satzung nicht entnehmen lasse, was eine Grundeinheit sei. Insbesondere unklar sei, anhand welcher Maßstäbe die für Ein- und Zweifamilienhäuser in § 3 Abs. 4 AGS vorgesehene Möglichkeit einer abweichenden Heranziehung bemessen werde. Selbst wenn man den Maßstab als hinreichend bestimmt ansehen wolle, so verstoße er gegen den Gleichheitssatz. Zudem führe der festgesetzte Grundgebührensatz zu einer Gebührenüberdeckung, die auf methodischen Fehlern in der Gebührenbedarfsberechnung beruhe. Denn der Beklagte habe die Anzahl der Grundeinheiten i. H. v. insg. 167 ermittelt, indem er die Anzahl der Hausanschlüsse i. H. v. 1.566 mit dem Anschlussgrad an die zentrale Abwasserentsorgungsanlage i. H. v. 10,7 v. H. multipliziert habe. Die so ermittelte Anzahl der Anschlüsse an die zentrale Abwasserentsorgungsanlage habe er mit der Anzahl der Grundeinheiten gleichgesetzt. Das sei unzulässig, weil die Anzahl der Grundeinheiten wegen der Gewichtung nach dem Maßstab in § 3 Abs. 4 AGS höher sein müsse als die Anzahl der Hausanschlüsse. Zudem sei unberücksichtigt geblieben, dass sich die Verbandsversammlung darauf verständigt habe, bei Sparkassen und Banken von 2 Grundeinheiten auszugehen.

Er beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 8. Kammer - vom 06. Juni 2001 abzuändern und den Bescheid des Beklagten vom 8. Januar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 1999 aufzuheben.

Der Beklage hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Verhandlungsprotokolls verwiesen.

Gründe:

II.

Der Senat versteht den Berufungsantrag in der Weise, dass der Kläger die Aufhebung des Gebührenbescheides des Beklagten vom 18. Januar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 1999 nur insoweit begehrt, als darin eine Grundgebühr festgesetzt ist, wenngleich der Wortlaut des Antrages die Annahme nahelegen könnte, das der Bescheid auch im Übrigen, hinsichtlich der Mengengebühr i. H. v. 45,07 DM, angegriffen wird. Eine solche am Wortlaut orientierte weite Auslegung würde indes dem Umstand nicht gerecht, dass der Kläger seine Anfechtungsklage bereits in der ersten Instanz ausdrücklich auf die Grundgebühren beschränkte. Zudem beschränken sich auch die vom Kläger zur Begründung der Berufung vorgetragenen Erwägungen darauf, die Befugnis des Beklagten zur Erhebung der Grundgebühr in Frage zu stellen. Die so verstandene zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der angefochtene Bescheid hinsichtlich der erhobenen Grundgebühr rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1) Rechtsgrundlage für die Erhebung der Grundgebühr sind die §§ 2, 3 Abs. 1 der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die öffentlichen zentralen und dezentralen Abwasserbeseitigungsanlagen des Beklagten (Abwassergebührensatzung - AGS) vom 18. Februar 1998. Danach erhebt der Beklagte für die Inanspruchnahme der öffentlichen zentralen Abwasserbeseitigungsanlagen eine Abwassergebühr in Form einer Grundgebühr und einer Mengengebühr.

a) Gemäß § 8 Satz 1 AGS entsteht die Gebührenpflicht, sobald das Grundstück an die öffentliche zentrale Abwasserbeseitigungsanlage angeschlossen ist, auf dem Grundstück eine abflusslose Sammelgrube oder Kleinkläranlage vorhanden ist und auf dem Grundstück Abwasser auf Dauer anfällt. Entgegen der Auffassung des Klägers müssen nicht sämtliche dieser Tatbestandsvoraussetzungen kumulativ vorliegen, um die Gebührenpflicht auszulösen. Eine solche dem unklaren Wortlaut der Regelung nach mögliche Auslegung entspricht erkennbar nicht dem Sinn und Zweck der Bestimmung. Sie bezweckt klarzustellen, dass die Nutzung der rechtlich selbständigen Einrichtungen des Beklagten gebührenpflichtig ist. Das gilt für die Benutzung der zentralen wie der dezentralen Einrichtung in gleicher Weise. Dem entspricht auch die Stellung der Regelung in der Satzung. Denn die Abwassergebührensatzung des Beklagten regelt die Erhebung der Gebühren sowohl für die zentralen, wie für die dezentralen Abwasserbeseitigungseinrichtungen (vgl. § 1 Abs. 2 AGS). Da neben § 8 Satz 1 AGS eine gesonderte Regelung für das Entstehen der Gebührenpflicht bei der Nutzung der dezentralen Abwasserbeseitigungsanlage fehlt, ergibt die genannte Bestimmung Sinn nur, wenn sie die Gebührenpflicht alternativ für beide rechtlich selbständigen Einrichtungen regelt. Die Gebührenpflicht entsteht deshalb, sobald das Grundstück an die öffentliche zentrale Abwasserbeseitigungsanlage angeschlossen ist oder auf dem Grundstück eine abflusslose Sammelgrube oder Kleinkläranlage vorhanden ist und auf dem Grundstück Abwasser auf Dauer anfällt. Der Wortlaut der Regelung steht dieser Auslegung nicht entgegen. Denn der erste Halbsatz ist mit dem folgenden, die dezentrale Abwasserbeseitigung betreffenden Satzteil nicht durch das Wort "und", sondern durch ein Komma verbunden. Die Verwendung dieses Satzzeichens lässt auch den Schluss zu, dass die Voraussetzungen des ersten Halbsatzes und des folgenden Satzteils nur alternativ vorliegen müssen.

b) Entgegen der Auffassung des Klägers bedarf es einer gesonderten Regelung über die Fälligkeit der Gebühr nicht, wenngleich eine Abgabensatzung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA u. a. den Zeitpunkt der Fälligkeit der Schuld bestimmen muss. Der Sinn des Satzungsvorbehalts in § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA besteht darin vorzugeben, welche für die Abgabenerhebung wesentlichen Merkmale durch Rechtssatz zu regeln und damit einer Regelung durch die Verwaltung im Wege des Ermessens zu entziehen sind. Dieser Zweck des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA schließt es nicht aus, dass eine Satzung, die nicht sämtliche der dort genannten Merkmale selbst regelt, gleichwohl wirksam ist, wenn der Verwaltung hinsichtlich der in der Satzung nicht ausdrücklich geregelten Merkmale ein eigener Ermessensspielraum nicht verbleibt, weil diese durch Rechtsvorschriften abschließend geregelt sind. So verhält es sich hier. Sieht der Satzungsgeber nämlich entgegen § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA davon ab, eine besondere Regelung über den Zeitpunkt der Fälligkeit der Schuld zu treffen, so bestimmt sich dieser Zeitpunkt gemäß § 13 a Abs. 1 Satz 5 KAG LSA nach der Regelung des § 220 Abs. 2 Satz 1 AO. Einer gesonderten satzungsrechtlichen Bestimmung der Fälligkeit bedarf es unter diesen Umständen nicht (vgl. Driehaus, in: ders. , Kommunalabgabenrecht, zu § 2 Rdnr. 97).

Der Einwand des Klägers, § 13 a Abs. 1 Satz 5 KAG LSA sei nicht uneingeschränkt anwendbar, weil es sich nach der systematischen Stellung um eine Billigkeitsregelung handele, greift nicht durch. Billigkeitsregelungen, die es ermöglichen, von der Einziehung einer festgesetzten Abgabeschuld ganz oder teilweise abzusehen, enthält § 13 a Abs. 1 KAG LSA nur in den die Stundung und den Erlass betreffenden Sätzen 1 bis 4. Im Übrigen jedoch verweist § 13 Abs. 1 Satz 5 KAG LSA ohne Einschränkungen auf die dort genannten Regelungen in der Abgabenordnung und damit auch auf die Fälligkeitsregelung in § 220 Abs. 2 Satz 1 AO. Dass es sich bei der Verweisung auf § 220 Abs. 2 Satz 1 AO nicht um eine Regelung handelt, die nur auf Billigkeitsmaßnahmen Anwendung finden kann, wird auch aus der Entstehungsgeschichte der Regelung deutlich. Zwar ist § 13 a KAG LSA erst durch Art. 1 Nr. 10 des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 13. Juni 1996 (GVBl. LSA, S. 200) eingefügt worden. Die Verweisung auf die Regelungen über die Fälligkeit von Ansprüchen aus dem Abgabeschuldverhältnis einschließlich des § 220 Abs. 2 Satz 1 AO galt indes bereits vor der Einfügung des § 13 a KAG LSA (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b KAG LSA i. d. F. vom 11.06. 1991, GVBl. LSA 1991 S. 105). Die Übernahme der Verweisungsregelung in den § 13 a Abs. 1 KAG LSA hatte nur den Zweck, die (Billigkeits-) Regelungen über Stundung und Erlass mit den Regelungen über die Verwirklichung, die Fälligkeit und das Erlöschen von Ansprüchen aus dem Abgabeschuldverhältnis in einer Bestimmung zusammenzufassen. Eine inhaltliche Änderung der Verweisungsregelung war damit nicht beabsichtigt (vgl. LT-Drucks. 2/1556 S. 20).

c) Zu Unrecht wendet der Kläger ein, für die Bemessung der Grundgebühren fehle es an einem gültigen Verteilungsmaßstab.

aa) Die Grundgebühr wird gemäß § 3 Abs. 3 AGS nach Grundeinheiten erhoben. Die nähere Bestimmung des Begriffs Grundeinheit erfährt die Regelung in § 3 Abs. 4 AGS. In dieser Bestimmung werden die Grundeinheiten nach Maßgabe der dort genannten unterschiedlichen Nutzungsarten und dem Umfang der Grundstücksnutzung näher definiert, indem den einzelnen Nutzungsarten abhängig vom Ausmaß der Nutzung jeweils eine bestimmte Anzahl von Grundeinheiten zugeordnet wird. Zu Unrecht wendet der Kläger ein, es fehle an einem Maßstab, weil die Regelung in § 3 Abs. 4 AGS nicht erkennen lasse, nach welchen Kriterien der Satzungsgeber die dort jeweils festgesetzte Anzahl Grundeinheiten den einzelnen Nutzungsarten zugeordnet hat. Es ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu beanstanden, wenn der Satzungsgeber einen Maßstab wählt, der anstelle einer abstrakten, für alle Anschlussnehmer einheitlich anzuwendenden Einheit, eine typologische Zuordnung von unterschiedlichen Nutzungsarten zu einer entsprechenden Anzahl von Grundeinheiten vorsieht. Mit seinem Einwand macht der Kläger der Sache nach geltend, die Regelung in § 3 Abs. 4 AGS lasse nicht erkennen, anhand welcher Kriterien der Beklagte die Zuordnung vorgenommen hat. Der Satzungsgeber ist jedoch entgegen der Auffassung des Klägers nicht gezwungen, diese Kriterien in der Satzung offen zu legen, weil die Satzung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA nur einen Maßstab, nicht aber eine Begründung für den gewählten Maßstab enthalten muss.

Anlass, an der Bestimmtheit des § 3 Abs. 4 AGS zu zweifeln, besteht nicht. Das gilt auch für die vom Kläger beanstandete Regelung für die Wohnbebauung. § 3 Abs. 4 AGS sieht hierzu vor, dass die Zahl der Grundeinheiten nach der Anzahl der Wohneinheiten zu bestimmen ist. Unter einer Wohneinheit versteht man nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch eine selbständig nutzbare in sich abgeschlossene Wohnung. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Satzungsgeber nicht gehalten, in der Satzung zu begründen, welche Beweggründe ihn zur Verteilung der fixen Kosten nach Maßgabe der von ihm bestimmten Grundeinheiten veranlasst haben.

bb) Zu Unrecht wendet der Kläger sinngemäß ein, die Verteilung der invariablen Kosten nach Grundeinheiten verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Dem Satzungsgeber ist bei der Wahl und Ausgestaltung des Wahrscheinlichkeitsmaßstabes ein weites Ermessen eingeräumt (vgl. Kirchmer/ u. a., KAG LSA, 2. Auflage, zu § 5 Anm. 2.7 ). Begrenzt wird dieses Ermessen durch das Willkürverbot und durch das Gebot, die Gebühren unter Berücksichtigung von Art und Umfang der Inanspruchnahme der Einrichtung zu bemessen (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 1 KAG LSA). Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, die nach der Nutzungsart zugeordnete Anzahl von Grundeinheiten beruhe auf Empfehlungen in den ATV-Arbeitsblättern, die für die unterschiedlichen Nutzungsarten jeweils ein bestimmtes durchschnittliches Maß an Inanspruchnahme der Einrichtung erwarten lassen. Diesem Vortrag ist der Kläger substanziiert nicht entgegengetreten. Vielmehr bezweckte er mit dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag, ob diese vom Beklagten vorgenommene Zuordnung vorteilsgerecht ist. Dabei jedoch handelt es sich um eine Rechtsfrage, die eines Beweises nicht zugänglich ist.

Auch im Übrigen bietet der Vortrag des Klägers keinen Anlass, an der Zulässigkeit des vom Beklagten gewählten Maßstabes zu zweifeln. Die Bemessung nach Wohneinheiten ist von der zulässigen Erwägung getragen, dass das mögliche Maß der Inanspruchnahme der Einrichtung mit der Zahl der Wohneinheiten steigt (vgl. OVG SH, SchlHA 1994, 311 ; GA Bl. 25 ff.; ferner: Forst, Finanzwirtschaft 1999, 208 m. w. N.). Zwar mag es dem Beklagten freistehen, anstelle der von ihm vorgenommen Bemessung nach gestaffelten Grundeinheiten einen einfacheren Maßstab, etwa die Nenngröße der Wasserzähler oder die Anzahl der Wohnräume (vgl. Kirchmer/ u. a., a. a. O.) oder, wie der Kläger meint, die Anzahl der Hausanschlüsse zu wählen. Macht er davon jedoch keinen Gebrauch und wählt er einen anderen Maßstab, der geeignet ist, das Maß der Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen differenzierter abzubilden, so liegt dies innerhalb seines Ermessens. Ob es möglich, wünschenswert oder zweckmäßig wäre, das Maß der Inanspruchnahme noch vereinzelter zu erfassen, etwa nach Maßgabe der Personenzahl oder nach Einwohnergleichwerten, mag dahinstehen. Aus Rechtsgründen ist der Beklagte zu einer näheren Differenzierung nicht verpflichtet. Das gilt auch für den Einwand des Klägers, die Grundeinheiten für Gaststätten seien nicht hinreichend differenziert, weil sie nur zwischen Gaststätten mit bis zu 20 Plätzen und größeren Gaststätten unterscheide. Denn der Beklagte hat hierzu erläutert, dass die Vorhalteleistungen nicht linear mit der Größe einer Gaststätte ansteigen müssen. Der Satzungsgeber hat sich bei der Ausgestaltung des Maßstabes von der Annahme leiten lassen, dass kleine Gaststätten im Verhältnis zu großen Lokalen im täglichen Betrieb eine höhere prozentuale Auslastung aufweisen werden. Dagegen sind Einwände nicht erhoben.

d) Die Einwände des Klägers gegen den in § 5 Abs. 2 AGS festgesetzten Grundgebührensatz sind ebenfalls unbegründet. Der Grundgebührensatz verstößt nicht gegen das aus § 5 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 KAG LSA folgende Aufwandsüberschreitungsverbot.

Der Beklagte hat in seiner Kalkulation den ausschließlich auf die zentrale Abwasserentsorgungseinrichtung entfallenden umlagefähigen Aufwand mit 254.500,00 DM angenommen. Geht man zugunsten des Klägers abweichend von den Berechnungen auf Blatt 2 der Gebührenkalkulation 1998 nicht von 21.400 m³, sondern entsprechend den Angaben auf Blatt 7 der Gebührenkalkulation 1998 von einer kalkulierten Abwassermenge von jährlich 23.800 m³ aus, so ergibt dies ohne Erhebung einer Grundgebühr einen höchstzulässigen Gebührensatz von 10,69 DM/m³ Abwasser. Da der Beklagte gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 AGS nur eine Mengengebühr i. H. v. 6,41 DM/m³ Abwasser erhebt, würde er von dem Aufwand einen Anteil i. H. v. 152.558,00 DM refinanzieren können. Es verbliebe damit ein über Grundgebühren abzugeltender Aufwand i. H. v. 101.942,00 DM. Verteilt auf die kalkulierten 167 Grundeinheiten ergebe dies eine höchstzulässige monatliche Grundgebühr i. H. v. 50,86 DM/GE, die somit weit über der auf nur 25,00 DM festgesetzten Grundgebühr liegt.

Ohne Erfolg bleibt der Einwand des Klägers, der Beklagte habe die Anzahl der Grundeinheiten fehlerhaft ermittelt, indem er die Anzahl der Hausanschlüsse mit der Anzahl der Grundeinheiten gleichgesetzt habe. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, er habe die Anzahl der Grundeinheiten ermittelt, indem er als Basiswert anhand vorgefundener Nutzungen der angeschlossenen Grundstücke einen Ist-Wert von 110 Grundeinheiten ausgezählt hat. Sodann habe er für die im Kalkulationszeitraum geplanten Neuanschlüsse und für die in der Bahnhofstraße in Tuchheim befindlichen Grundstücke, die mit der Übernahme des vorhandenen Netzes durch den Beklagten nunmehr ebenfalls an die Einrichtung des Beklagten angeschlossen waren, die Anzahl der Hausanschlüsse mit dem auf den bisherigen Erfahrungen beruhenden Faktor 1,3 multipliziert, der sich aus dem Verhältnis der bislang angeschlossenen 110 Grundeinheiten zu der Anzahl der Hausanschlüsse ergebe. Es ist weder ersichtlich, noch vom Kläger geltend gemacht, dass und warum diese vom Beklagten verwendete Methode zur Ermittlung der Anzahl der Grundeinheiten fehlerhaft sein soll. Auch den vom Beklagten mit 110 angegebenen Basiswert hat der Kläger durch substanziierte Behauptungen nicht in Frage gestellt. Er hat nicht dargelegt, auf welche Erwägungen er seine durch nicht belegte Behauptung, es sei von einer höheren Anzahl von Grundeinheiten auszugehen, stützen will. Angesichts dessen bestand für den Senat kein Anlass, dieser Frage gemäß § 86 Abs. 1 VwGO von Amts wegen nachzugehen.

Dahingestellt bleiben kann, ob die Behauptung des Klägers, bereits im Jahr 1998 sei in der Gemeinde Tuchheim eine Schule angeschlossen worden, die in der Kalkulation hätte Berücksichtigt werden müssen, zutrifft. Die Gültigkeit des festgesetzten Gebührensatzes hängt nicht davon ab, ob sich die Gebührenbedarfsberechnung als fehlerhaft erweist. Entscheidend ist allein, ob sich der Gebührensatz im Ergebnis als richtig erweist (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 14.06.2001 - 1 L 211/01 -). Das Ergebnis wird indes auch dann nicht in Frage gestellt, wenn man mit dem Kläger davon ausgeht, dass die Schule in der Gemeinde T... bereits im Jahre 1998 an die zentrale Abwasserentsorgungsanlage angeschlossen worden ist und dass der Beklagte dies bei der Gebührenkalkulation hätte berücksichtigten müssen. Denn auch wenn man anstelle von 167 Grundeinheiten mit dem Kläger von 169 Grundeinheiten ausginge, so würde dies eine höchstzulässige monatliche Grundgebühr i. H. v. 50,27 DM/GE ergeben.

Gegen diese Berechnung kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, dass damit der gesamte Aufwand ohne Differenzierung nach den Kostenarten umgelegt würde, obwohl über die Grundgebühr nur die sog. fixen Kosten verteilt werden dürfen, die unabhängig vom Maß der Inanspruchnahme der Einrichtung entstehen. Geht man allein von der Summe aus kalkulatorischen Abschreibungen i. H. v. 35.000,00 DM und kalkulatorischen Zinsen i. H. v. 71.600,00 DM aus, so ergibt dies eine Mindestsumme an fixen Kosten i. H. v. 107.100,00 DM. Verteilt man diese Kosten auf die 169 Grundeinheiten, so ergibt dies eine höchstzulässige monatliche Grundgebühr i. H. v. 52,81 DM/GE.

Der Kläger wendet dagegen zu Unrecht ein, der Beklagte dürfe die Gesamtsumme von 254.500,00 DM nicht allein auf die Gebührenschuldner abwälzen, die an die zentrale Abwasserbeseitigungsanlage angeschlossen sind. Zwar trifft es zu, dass die Gebührenschuldner nicht mit den Kosten belastet werden dürfen, die mit der Behandlung von Abwasser verbunden ist, das aus Kleinkläranlagen und abflusslosen Sammelgruben stammt. Wird das Abwasser aus abflusslosen Sammelgruben und der Klärschlamm aus Kleinkläranlagen in derselben Anlage behandelt, in der das Abwasser gereinigt wird, das der Anlage aus der Kanalisation zufließt, so müsste ein auf die dezentrale Entsorgung entfallender angemessener Anteil an den fixen Kosten von den Gesamtkosten abgezogen werden, um zu vermeiden, dass die an die Kanalisation angeschlossenen Gebührenpflichtigen mit Aufwand belastet werden, der von denjenigen zu tragen ist, die dezentral entsorgt werden. Der Beklagte hat jedoch klargestellt, dass von dem Gesamtaufwand der auf die dezentrale Entsorgung entfallende Aufwand vorab abgezogen worden ist. Dieser Vortrag, der vom Kläger nicht substanziell in Frage gestellt worden ist, lässt sich anhand des Aufbaus der Kalkulation nachvollziehen. Die Kalkulation enthält unter der Ziffer I. mit den Kosten i. H. v. 254.500,00 DM nur die Kosten des Kostenträgers für zentrale Entsorgung. Die Kosten für Abwasserentsorgung aus Kleinkläranlagen und abflusslosen Sammelgruben werden sodann in einem weiteren Gliederungspunkt II gesondert dargestellt.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Beklagte bei der Bemessung des umlagefähigen Aufwands nicht gehalten, Abzüge wegen der durch die Mitgliedsgemeinden des Beklagten aufgebrachten Umlagen vorzusehen. Denn gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA soll das Gebührenaufkommen die Kosten der jeweiligen Einrichtung decken. Bei der Beurteilung, ob dem Kostenüberschreitungsverbot Rechnung getragen ist, ist mithin nur darauf abzustellen, ob der festgesetzte Gebührensatz den höchstzulässigen Gebührensatz überschreitet. Ob der Satzungsgeber - wie hier - unter diesem höchstzulässigen Gebührensatz bleibt, weil er den ungedeckten Aufwand entgegen der Vorgabe des § 5 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA nicht über eine kostendeckende Gebühr, sondern z. T. über eine Umlage refinanzieren will, ist für die Frage, ob dem Kostenüberschreitungsverbot Rechnung getragen ist, nicht von Belang. Bei der Bemessung der Kosten der Einrichtung, die gemäß § 5 Abs. 2 KAG LSA nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermitteln sind, sind nach § 5 Abs. 2 a Satz 2 Halbs. 2 KAG LSA Abzüge nur bei der Bemessung der Abschreibungen auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten vorzusehen, indem diese um Beiträge und Zuwendungen Dritter gemindert werden. Dass die Höhe der vom Beklagten in der Kalkulation vorgesehenen Abzüge wegen Beiträgen und Zuwendungen Dritter nicht den Vorgaben des § 5 Abs. 2 a Satz 2 Halbs. 2 KAG LSA entsprechen, hat der Kläger nicht geltend gemacht.

Der Einwand des Klägers, es sei nicht zulässig, Abschreibungen nur für die Benutzung der zentralen Abwasserbeseitigungsanlage, nicht aber zur Abgeltung des Aufwands für die Benutzung der dezentralen Entsorgungseinrichtung geltend zu machen, ist ebenfalls unbegründet. Der Beklagte hat dazu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, das aus abflusslosen Sammelgruben und aus Kleinkläranlagen stammende Abwasser werde nicht in seiner eigenen Kläranlage in S... gereinigt, weil diese Abwässer dort nach einer Auflage der Wasserbehörde nicht eingeleitet werden dürfe. Vielmehr werde das Abwasser aus abflusslosen Sammelgruben und aus Kleinkläranlagen zur Reinigung in eine Kläranlage verbracht, die nicht im Eigentum des Beklagten stehe. Gehört das Klärwerk nicht zum Anlagevermögen des Beklagten, kann er naturgemäß auch keine Abschreibungen auf die Herstellungskosten als kalkulatorische Kosten auf die Gebührenschuldner umlegen.

2) Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die nach dem oben gesagten gültige Abwassergebührensatzung hinsichtlich der Bemessung der Grundgebühr nicht zutreffend angewendet hat, sind weder ersichtlich noch vom Kläger geltend gemacht.

3) Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.



Ende der Entscheidung

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