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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 29.04.2009
Aktenzeichen: 1 L 39/09
Rechtsgebiete: BBesG, GG, LSA-LBesG, VwGO


Vorschriften:

BBesG § 2 Abs. 1
BBesG § 17
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 3
LSA-LBesG § 5 Abs. 1
LSA-LBesG § 5 Abs. 2
LSA-LBesG § 5 Abs. 3
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
1. Über die Gewährung von Aufwandsentschädigungen entscheidet bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 LBesG der Dienstherr nach seinem pflichtgemäßen Ermessen, das er im Interesse einer gleichmäßigen Behandlung durch Richtlinien binden kann (siehe § 5 Abs. 3 LBesG), sofern Vorschriften nicht gemäß § 5 Abs. 2 LBesG in Gestalt einer Verordnung erlassen wurden.

2. Aufwandsentschädigungen in festen Beträgen sind nach § 5 Abs. 1 Satz 2 LBesG nur dann zulässig, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte oder tatsächlicher Erhebungen nachvollziehbar ist, dass und in welcher Höhe finanzielle Aufwendungen dienstbezogen typischerweise entstehen.

3. Auch wenn der Haushaltsplan zweckbestimmte Mittel für Aufwandsentschädigungen zur Verfügung stellt, ergibt sich hieraus nicht schon die Rechtmäßigkeit deren Gewährung, erst recht aber kein individueller Rechtsanspruch auf eine Gewährung.

4. Werden Aufwandsentschädigungen entgegen der gesetzlichen Zweckbestimmung gezahlt, lässt sich hieraus auch unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG kein Zahlungsanspruch für Bedienstete herleiten.


Gründe:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Halle - 5. Kammer - vom 10. Februar 2009 hat keinen Erfolg.

Die von der Klägerin gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.

"Ernstliche Zweifel" an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen nur dann, wenn der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg; ist hingegen der Ausgang des Rechtsmittelverfahrens lediglich offen, rechtfertigt dies die Zulassung der Berufung nicht (OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa: Beschluss vom 3. Januar 2007 - Az.: 1 L 245/06 -, veröffentlicht bei juris [m. w. N.]). Deshalb reicht es nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen (BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 33). Da gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO der Zulassungsgrund zudem in der gebotenen Weise darzulegen ist, erfordert dies, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - Az.: 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Mithin ist zugleich erforderlich, dass sich der Zulassungsantrag substantiiert inhaltlich mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt und u. a. konkret ausgeführt wird, dass die erhobenen Einwände entscheidungserheblich sind (OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]).

Das Vorbringen der Klägerin, welches sich im Übrigen auf die Versagung pauschalen Bewegungsgeldes beschränkt, begründet im vorbezeichneten Sinne keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit - des Ergebnisses - der angefochtenen Entscheidung.

Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 LBesG dürfen Aufwandsentschädigungen nur gewährt werden, wenn und soweit aus dienstlicher Veranlassung finanzielle Aufwendungen entstehen, deren Übernahme dem Beamten nicht zugemutet werden kann, und der Haushaltsplan Mittel zur Verfügung stellt.

Über die Gewährung von Aufwandsentschädigungen entscheidet bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 LBesG der Dienstherr nach seinem pflichtgemäßen Ermessen, das er im Interesse einer gleichmäßigen Behandlung durch Richtlinien binden kann (siehe § 5 Abs. 3 LBesG), sofern Vorschriften nicht gemäß § 5 Abs. 2 LBesG in Gestalt einer Verordnung erlassen wurden. Die Richtlinien sind keine Rechtsnorm, sondern eine Verwaltungsvorschrift, durch die sich der Dienstherr selbst bindet, um - soweit ihm ein Ermessensspielraum zukommt - entsprechend der Zielsetzung der zugrundeliegenden Rechtsvorschriften eine gleichmäßige Ermessensausübung gegenüber den Betroffenen sicherzustellen (vgl.: BVerwG, Urteil vom 2. März 1995 - Az.: 2 C 17.94 -, Buchholz 240 § 17 BBesG Nr. 7 [m. w. N.]).

Aufwandsentschädigungen in - wie hier begehrt - festen Beträgen sind nach § 5 Abs. 1 Satz 2 LBesG nur dann zulässig, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte oder tatsächlicher Erhebungen nachvollziehbar ist, dass und in welcher Höhe finanzielle Aufwendungen dienstbezogen typischerweise entstehen. Die Vorschrift konkretisiert und ergänzt - wie die entsprechende Regelung des § 17 BBesG - § 2 Abs. 1 BBesG. Danach darf die durch Gesetz geregelte Besoldung einschließlich etwaiger Zulagen nicht im Verwaltungswege durch weitere Leistungen zur Bestreitung des allgemeinen Lebensunterhalts ergänzt werden. Finanzielle Leistungen, die der Sache nach Besoldung darstellen, dürfen nicht ohne gesetzliche Grundlage erbracht werden. Die neben der Besoldung zulässige Gewährung von Aufwandsentschädigungen setzt u. a. voraus, dass dem Beamten, Richter oder Soldaten aus dienstlicher Veranlassung - dienstbezogen - finanzielle Aufwendungen erwachsen, deren Übernahme ihm nicht zugemutet werden kann. Unerhebliche Aufwendungen haben außer Betracht zu bleiben. Die Kostenerstattung, nicht die Alimentation muss im Vordergrund stehen. Zwar muss der Aufwand nicht im Einzelfall abgerechnet, sondern darf in typisierender und pauschalierender Weise abgegolten werden. Die Gewährung einer Aufwandsentschädigung erfordert aber jedenfalls tatsächliche dienstbezogene finanzielle Aufwendungen des Besoldungsempfängers. Als abgeltungsfähiger dienstbezogener Aufwand kommt nicht schon eine allgemein aufwendigere Lebensführung in Betracht. Ebenso wenig genügen bloße Mutmaßungen über dienstbezogene finanzielle Aufwendungen ohne hinreichende, eine wirklichkeitsnahe Schätzung ermöglichende tatsächliche Grundlagen. Für die Gewährung einer Aufwandsentschädigung in - wie hier - festen Beträgen neben der Besoldung muss aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte oder tatsächlicher Erhebungen nachvollziehbar sein, dass und in welcher ungefähren Höhe dem Besoldungsempfänger dienstbezogene finanzielle Aufwendungen typischerweise erwachsen. § 5 Abs. 1 LBesG schließt ebenso wie § 17 BBesG Zuwendungen aus, die der Aufstockung oder Ergänzung der gesetzlich geregelten Besoldung oder anderer - als unzureichend empfundener - gesetzlich vorgesehener Leistungen dienen.

Diese sich aus §§ 2 Abs. 1 BBesG, 5 Abs. 1 LBesG ergebenden Beschränkungen sind verbindlich. Auch wenn der Haushaltsplan zweckbestimmte Mittel für Aufwandsentschädigungen zur Verfügung stellt, ergibt sich hieraus nicht schon die Rechtmäßigkeit deren Gewährung, erst recht aber kein individueller Rechtsanspruch auf eine Gewährung. Ob die Voraussetzungen für eine als Aufwandsentschädigung bezeichnete Zuwendung vorliegen, unterliegt in vollem Umfange gerichtlicher Überprüfung. Ein Ermessen ist dem Dienstherrn insoweit nicht eingeräumt (vgl. zum Vorstehenden: BVerwG, Urteil vom 13. Juli 2000 - Az.: 2 C 30.99 -, BVerwGE 111, 313 [m. w. N.]; OVG LSA, Urteile vom 30. Juli 1997 - Az.: A 3 S 62/96 - und vom 29. Oktober 1997 - Az.: A 3 S 277/97 -, jeweils veröffentlicht bei juris).

Hiervon ausgehend geht das Antragsvorbringen in der Sache fehl, soweit die Klägerin rügt, dass die Beklagte bei der Prüfung des Bestehens des Anspruches nicht maßgeblich auf die Dienstpostenbeschreibung abgestellt habe. Denn eine dahingehende, differenzierte Prüfung hat das Verwaltungsgericht nach Maßgabe der rechtlichen Vorgaben des § 5 Abs. 1 Satz 2 LBesG vielmehr selbst vorgenommen (siehe Seite 5 [Mitte] f. der Urteilsabschrift), um die Voraussetzungen für die Gewährung einer pauschalierten Aufwandsentschädigung feststellen zu können.

Nicht mit schlüssigen Gegenargumenten stellt die Klägerin die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichtes in Frage, soweit sie geltend macht, die Beklagte gewähre ihr wie auch anderen Beamten nunmehr aufgrund Verfügung vom 18. November 2008 rückwirkend zum 1. Januar 2008 wieder eine entsprechende Aufwandsentschädigung. Denn die Klägerin trägt weder substantiiert vor, noch ist anderweitig für den Senat ersichtlich, dass die jetzige Gewährung pauschalierten Bewegungsgeldes allein aus - wie die Klägerin ausführt - "Interessen der Gleichbehandlung" nach Maßgabe der vorbezeichneten rechtlichen Vorgaben des § 5 Abs. 1 LBesG rechtmäßig ist.

Werden Aufwandsentschädigungen entgegen der gesetzlichen Zweckbestimmung gezahlt, lässt sich hieraus auch unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG kein Zahlungsanspruch für Bedienstete herleiten, die die Entschädigung nicht erhalten haben. Auf eine rechtswidrige Leistung besteht auch aus Gründen der Gleichbehandlung kein Anspruch. Der Dienstherr ist im Hinblick auf die Gesetzesbindung der öffentlichen Verwaltung nach Art. 20 Abs. 3 GG gehindert, nachträglich einen Rechtsgrund für Aufwandsentschädigungen entgegen den gesetzlichen Vorgaben von § 5 Abs. 1 LBesG zu schaffen (so schon: OVG LSA, Urteil vom 30. Juli 1997, a. a. O.; vgl. auch: BVerwG, Urteil vom 13. Juli 2000, a. a. O.).

Die Klägerin macht insoweit selbst ein widersprüchliches bzw. gar "rein willkürliches" Verhalten der Beklagten geltend. Ein allein rechtswidriges Verhalten vermag einen Anspruch im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 LBesG indes ebenso wenig zu begründen wie das bloße Bereitstellen von Haushaltsmitteln durch den Haushaltsgesetzgeber. Für die Gewährung einer Aufwandsentschädigung in festen Beträgen muss vielmehr aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte oder tatsächlicher Erhebungen nachvollziehbar sein, dass und in welcher ungefähren Höhe dem Besoldungsempfänger dienstbezogene finanzielle Aufwendungen typischerweise erwachsen. Soweit die Klägerin den Ausführungen des Verwaltungsgerichtes hinsichtlich der sie betreffenden Dienstpostenbeschreibung und -tätigkeit entgegen tritt, ist anzumerken, dass sich das Verwaltungsgericht sowohl mit der (abstrakten) Dienstpostenbeschreibung als auch mit der konkreten Verwendung der Klägerin befasst hat. Der pauschale Einwand, das Verwaltungsgericht habe nicht die "Einzelgewichtung" der Tätigkeiten näher konkretisiert, lässt die gebotene Substantiierung vermissen und genügt damit nicht den Darlegungsanforderungen.

Ohne Erfolg wendet sich die Klägerin des Weiteren dagegen, dass das Verwaltungsgericht sie auf die Möglichkeit einer Abrechnung auf der Grundlage nachgewiesener Aufwendungen verwiesen hat. Denn selbst wenn - wie die Klägerin ausführt - der "Ansatzpunkt beider Zahlungsarten grundsätzlich ein anderer" sein sollte, führte dies vorliegend nicht dazu, dass § 5 Abs. 1 Satz 2 LBesG im Falle der Klägerin eine pauschalierte Bewilligung in der begehrten Höhe überhaupt zuließe.

Soweit in diesem Zusammenhang schließlich eine "unzureichende Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts" gerügt wird, ist der damit einhergehende Einwand nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung darzulegen. Die Rüge betrifft vielmehr die Sachverhaltserforschungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO). Etwaige Mängel in diesen Bereichen stellen indes Verfahrensfehler dar, die nicht geeignet sind, ernstliche Zweifel am Urteilsergebnis zu begründen, weil sich die in § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO genannten "ernstlichen Zweifel" auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen, nicht auf das Verfahren (vgl.: OVG LSA, Beschlüsse vom 17. November 2004 - Az.: 3 L 402/03 - [m. w. N.], vom 6. Oktober 2005 - Az.: 3 L 544/03 -, vom 3. Januar 2006 - Az.: 1 L 9/05 - und vom 5. November 2007 - Az.: 1 L 176/07 -). Den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO macht die Klägerin hingegen nicht geltend. Unabhängig davon legt die Klägerin aber auch einen dahingehenden Verfahrensmangel nicht substantiiert dar (vgl. zu den insoweitigen Darlegungsanforderungen etwa: OVG LSA Beschluss vom 8. März 2006 - Az.: 1 L 44/05 -, veröffentlicht bei juris [m. w. N.]).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Zulassungsverfahren beruht auf §§ 52 Abs. 1, 40, 47 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 124a Abs. 5 Satz 4, 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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